Wieland. Leicht, wenn du ihre unsterbliche Schönheit zu sehen entbrannt bist, Kann der heftige Wünsch Phantomen zu Wahrheit vers göttern. Hier ist ein Führer dir nöthig. Zwar legte der Schös pferder Seelen, Da sie, so viel sein belebendes Lächeln vor andern bes zeichnet, Aus Ideen zu Wesen erwuchsen, in jebe der See: Fähigkeit und unsterbliche Triebe nach Wahrheit, die immer Ihre Gränzen erweitern. Doch ist es keiner erlaubt, Vor der bestimmten Zeit sich über den Zirkel zu he ben, Ob die kühne Begierde die kurzen Flügel gleich über. Abzuhalten, und ihr den gewissen Weg zu eröffnen, Eingegossen, der Stral, den Engel an ihnen verehren.” Denn der allein ist Wahrheit, das übrige alles sein Aber er hat sich selbst in diese nachahmende Schats ten Bidderen Wesen verhüllt, und ihnen den Lichtstral ges geben, Daß sie durch ihn die Gottheit in allem durchscheinend entdeckten, Und von der Schönheit, die in der Verdunklung so reis zend geblieben Zur Nachahmung entflammt, nach ihrem Muster sich formten. Siehe, dieß lehrt der Verstand, und ihm gehorchen ist Weisheit, Und der einzige Weg, auf dem uns die Wahrheit begegs net. Prüfe Prüfe nach dieser Richtschnur die Weisheit der blöden Wieland, Sophisten. Diese der Weisheit Gestalt so schön nachahmende Molte, Die zwar von fern ein jugendlich Aug betrügerisch ans Aber mit ihrem Besih die Mühe wenig belohnet, Aufgeopfert zu haben. Zwar ihre Blicke sind reizend, Engel Ihrem Sirenenmund zu. Du glaubtest, sie hda Zu den geheimsten Tiefen der Schöpfung sei von der Anvertraut, und das geringste, wozu sie den Liebling ers hebe, Sei ein irrdischer Gott. Doch nahe, so wird die Die dir von fern mit olympischem Pompe die Augen Schnell sich in leichte Gewebe von Luft und Dünsten verlieren; Wie ein leuchtender Kåfer in Sommernächten von fers ne Sternen gleich schimmert, und wenn du ihn fångst, ein Sie entführt dich dem richtigen Pfad, und lässt dich im Zweifelhaft unter tausend verflochtenen Wegen zurús cfe. Wenn du dann unmuthsvoll tappst, so ist der Zauberin Freudes: Dich mit Strahlen von Hoffnung, die schnell sich ents zünden und plößlich Wieder verlöschen, zu martern. Und hat sie im nächts lichsten Irrgang Wieland. Lange genug dich gehalten, so webt sie Systeme von Träumen, Zwanzig Schritte vor dir, die lieblich glänzend dir wins ken, Wie zum Tempel der Wahrheit; denn eilst du durch dornige Büsche Sie zu erreichen, und wenn du den Fuß in die goldne Pforte Sehest, ist alles in siebenmal dichtere Schatten zerfloss fen. So ist das Ende der Arbeit, worein sie die Thoren vers stricket, Die ihr Zauberlied fångt: Verwirrung und Zweifel und Irrthum! * Statt die Quellen der Wahrheit zu finden, verliert man fich selber, Sich und Gott, und die heilsamste Frucht der Weiss heit, die Ruhe. Laß dieß, o Jüngling, so fest als ein diamantnes Denkbild Deinem Geiste vorschweben! Die Weisheit lehret bes glückt seyn; Sie ist die Kunst, die Freuden, die uns der Schöpfer erbietet, Anzunehmen; die Kunst, die Sphäre würksam zu füls len, Die er uns angewiesen. Sie ist bescheiden und mensch lich. Sie zu finden bedarfst du nicht über die Wolken zu steigen,... Oder in Tiefen zu sinken. Sie wohnt nicht in feierlis chem Dunkel, Unzugangbar, nur wenig Erwählten geneigt sich zu zeis gen. Nein, sie wird dir in offenen Fluren mit lächelndem Gleich als ob sie dich Antlig, suchte, begegnen, und hat dir dein Auge Ihre Feindin nicht schon verfälscht, so wirst du fie ses hen. Benn Wenn sie in deinem Herzen die sympathetische Eins, Wieland. falt, Die sie suchet, dann find't, so wird sie mit lieblicher Stimme, Und mit beredten Augen zu deiner Seele so sprechen: „Siehe mich hier, die du suchest. Der gütige Köz Hat den heimlichen Hang, der auf meine Spur dich Selbst in dein Herz gehaucht, mir, dich zu suchen ber fohlen. Komm und vertraue dich mir. Ich bin es, die von den Menschen, Obgleich mich wenig kennen, nachdem die Neigung den Führet, unähnlich gemahlt, und mit mancherlei Gaben Ito nennt man mich Tugend, ißt Wahrheit; und dies ses verleitet Biele mich von mir selber zu trennen, und Wahrheit und Tugend Auf verschiednen Wegen zu suchen, doch übel betros gen, Meinen Feindinnen sich in die goldnen Neße zu lies fern. Wer die Wahrheit in menschlicher Bildung und Mens schen bestimmt Sehen will, komme zu mir. In ihrer nackenden Un schuld Gab ich sie ihm. Er lernet von ihr, nicht Himmel Oder die ftillarbeitenden Kräfte der Wesen erforschen, den, Seine Mäander entwickeln, noch jene Ketten entdes Welche die irdische Welt an die idealische binden, schwebet. Aber Wieland. Aber sie öffnet die Augen, und weht die Nebel des Jrrz thums Und der Gewohnheit hinweg, die ihm die Schönheit 1 der Schöpfung, Ob sie durch jeden Sinn die Seele zu Freuden gleich ladet, Neidisch entziehn; sie lehrt ihn empfinden, und aus der Mit Betrachtung vermählt, Gedanken zeugen; dann sieht er Alles mit Gott erfüllt, von seiner Weisheit durchstrahs let, Alles mit Absicht geadelt, und nach den Geistern ger stimmet; Und er forscht die Natur, nur daß er Gott in ihr sehe, Von der unendlichen Menge bewundernswürdiger Zus ge Seiner Weisheit und Liebe durchdrungen; obgleich die Die sie ihm mahlet, nur klein und halb mit Nächten Ift er mit seinen Gränzen vergnügt, und wartet gedul dig Auf die hellere Klarheit, um die er die Engel nicht neis bet; Zweifellos, daß die moralische Welt, das schöns Und das edelste Theil, dem alles übrige dienet, Баи Einst sich befinde, wenn himmlisches Licht den schärferen Augen Ihren ganzen Entwurf zu übersehen erlaubet. Siehe, so lehr ich in der Gestalt der glänzenden Wahrheit. Hast du mich angenommen, so werd ich zur zärtlichert Tugend Und erheitre den Ernst der Stirne mit lächelnder Liebe. Dann |