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zureden ist, schmecken wirst. Dieses dreyerleyes Gebets Exempel, Lehr, Art vnd Weise haben wir an vnserm HERRn Jesu Christo, wenn wir seine weise zu beten recht ansehen. Denn er offt etliche Tage vnd Nacht im Gebet verharret, vnd mit allen Kräfften gebetet, vnd sich im Gebet vnd im Geist gefrewet. Darumb er vns mit Worten vnd Wercken, mit seinem Exempel hat lehren beten, wie er sprach zu seinen Jüngern: Wachet vnd Betet, dass jr nicht in Anfechtung fallet. Vnd wie sehr offt vermahnet er vns zum Gebet, zubezeugen, dass ihm nichts liebers vnd angenehmers sey, denn vnser Gebet, vnd dass er vns warhafftig also lieb habe, dass wir 10 durchs Gebet das edelste vnd köstlich Gut der Seelen erlangen möchten. Vnd damit wir keine Entschüldigung hätten, als könten wir diese edle hohe Frucht des Gebets nit erlangen, so hat er nicht allein gesagt: Bittet so werdet jhr nehmen, dass ewer Frewde vollkommen sey, sondern er hat mit seinem Exempel vns zum Gebet bewegen wollen, in dem er für vns gebetet in seinem Leyden, wie der Evangelist sagt: Es kam aber, dass er mit dem Tode rang, vnd betet hefftiger, Es war aber sein Schweiss wie Bluts-Tropffen, die fielen auff die Erden. Setze diesen Bet-Spiegel für deine Augen, vnd lerne im Gebet verharren, vnd ob du schwach bist im 20 Gebet, so sihe deinen HERRN Jesum an. Denn er hat nicht für sich, sondern für dich gebetet, vnd dadurch dein Gebet geheiliget, gesegnet, vnd kräfftig gemacht. Sihestu, dass dein Erlöser, ob er gleich als warer Gott alles hatte, so hat er doch als ein Mensch alles durchs Gebet von seinem himlischen Vater erlangt vnd erbetet vmb deinet willen. Darumb sein gantzes Leben nichts anders gewest ist denn ein stetig Gebet vnd Seufftzen den Willen Gottes zuthun. Darumb er auch sein Leben am Creutz mit dem Gebet beschlossen hat. So nun der HERR Christus vmb deinet willen so hefftig gebetet, vnd erhöret worden ist, Ach so wird er dich auch 30 ja vmbsonst nit beten lassen: Vnd so dein HERR vnd Erlöser durchs Gebet alles erlanget hat, dir zu gut, meynestu denn, dass du ohne Gebet etwas erlangen wirst? Du weist ja, dass ohne Gottes Gnade, Liecht, Erkäntniss, vnd Glauben niemand kan selig werden: Wiltu aber Gottes Gnade, Liecht vnd Erkäntniss haben, so mustu beten. Denn ohn Gebet wirstu es nicht erlangen. Bitte vmb den Glauben, vmb die Liebe, vmb die Hoffnung, vmb De

muth, vmb Gedult, vmb den H. Geist, vmb alle Christliche Tugende, sie werden dir gegeben, vnd vermehret werden durch den, der sie hat. Denn der sie nicht hat, der kan sie dir nicht geben. Der sie dir aber geben kan, vnd wil, von dem mustu sie bitten. Du kanst aber nimmer brünstiger vnd andächtiger beten, du setzest dir denn den Spiegel des demütigen sanfftmütigen Lebens Christi für deine Augen, seine Armuth, Verachtung, Schmertzen, vnd seinen schmählichen Tod. Wenn du in diss Bettbüchlein sihest, so wird dein Hertz vnd Gemüt angezündet werden mit inniglichem brünstigem fewrigem Seufftzen, vnd werden dir zwar viel Anfechtungen 10 des Teuffels vnd deines Fleisches begegnen, aber du wirst sie durch beten vberwinden. Durch das anschawen des gecreutzigten Christi wird das Gebet erwecket vnd wird starck. Dardurch wird auch das Hertz gereiniget. Ohne welche Reinigung des Hertzens durch den Glauben kein recht Gebet geschehen kan. Vnd durch solch Gebet kompt der H. Geist zu dir, wie am Pfingsttage vber die Apostel, als sie beteten. In deinen Anfechtungen aber vber deinem Gebet thue, wie der HERR JEsus that: Je hefftiger er angefochten ward in seinem Gebet am Ölberg, je hefftiger er betet. So wirstu auch durchs Gebet vberwinden. Durchs Gebet offenbaret sich 20 Gott den Menschen, durchs Gebet wird die Demut recht geübet. Da kömpt denn zusammen das höchste vnd nidrigste, das demütigste Hertz, vnd der höchste Gott. Vnd durch solche Demut wird viel Gnade in des Menschen Seele eingegossen. Denn je mehr die Gnade Gottes den Menschen demütigt, je mehr in solcher Demut die Gnade Gottes wächset vnd zunimpt, vnd je mehr Gottes Gnade im Menschen zunimpt, je mehr sich die Seele demütiget. Die gröste Anfechtung vnd Hinderung aber des Gebets ist, wenn Gott die Gnade der Andacht vnd Inbrünstigkeit entzeucht, vnd denn solt du am meisten beten. Denn ob wol Gott ein inbrünstiges 30 Gebet sehr lieb ist, so ist jhm doch das Gebet vil lieber, welches du in solcher deiner Seelen noth, in deiner Anfechtung, Betrübniss vnd Trawrigkeit thust. Denn gleich als es einem natürlichen Vater viel mehr jammert, wenn jhn ein kranckes Kind mit kläglicher Stimme anwinselt, denn wenn jhn ein starckes gesundes Kind mit vollem Munde anruffet: Also ist dem lieben Gott eines kleinmütigen, schwachgläubigen, trostlosen, geistarmen Menschen innerlich heim

liches Leyden vnd Seufftzen viel lieber denn eines starckgläubigens Gebet, der voller Frewde ist. Gott wird dir seine Gnade zu seiner zeit wol wiedergeben, vnd dieselben dir nicht vergünnen oder ver

sagen.

ЧАСОВ ВОН МЕ.

[Scherer D. 315, E. 315]

Geboren 1575 zu Altseidenberg bei Görlitz. Er erhielt eine streng religiöse Erziehung und einen guten Schulunterricht in der Stadtschule seiner Vaterstadt. Zu schwach um den väterlichen Beruf, Bauernwirthschaft, zu betreiben, wurde er Schuhmacher. Er verfasste mehrere mystische Werke, die er als Offenbarungen ausgab. Die bedeutendsten sind: 'Aurora, oder Morgenröthe im Aufgang,' verfasst 1612; 'Psychologia Vera, oder vierzig Fragen von der Seelen Urstand,' 1618; 'Mysterium Magnum, oder Erklärung des ersten Buches Mosis.' Er zog sich Verfolgungen der Geistlichkeit zu, gab später sein Schuhmacherhandwerk auf, und starb 1624. Herausgegeben von Schiebler (7 Bde. Leipzig, 1831-1846).

AUS DEM MYSTERIUM MAGNUM.

VON ERSCHAFFUNG DES HIMMELS UND DER ÄUSSERN WELT. Wunderlich kommts der Vernunft vor, wenn sich dieselbe beschauet, wie Gott habe Sternen und 4 Elementen geschaffen: Sonderlich wenn sie die Erde mit den harten Steinen, und gantz rauhen strengen Wesen betrachtet und siehet wie grosse Felsen und 10 Steine geschaffen sind, welche ein Theil zu nichts mögen gebraucht werden, und dem Gebrauche der Creaturen dieser Welt nur hinderlich sind: So dencket sie, woraus mag eine solche Compaction entstanden seyn in so vielerley Formen und Eigenschaften? Denn es sind mancherley Steine, mancherley Metalle, und mancherley Erde, daraus auch mancherley Bäume und Kräuter wachsen.

2. So sie sich nun also besiehet, so findet sie nichts, als dass sie erkennet, es müsse eine verborgene Kraft und Macht sein, welche unergründlich und unerforschlich sey, welche alle Dinge habe also erschaffen; dabey läst sie es bleiben, und läuffet also in dem 20 Geschöpf hin und her, als wie ein Vogel in der Luft flieget, und

siehets an, als die Kuhe eine neue Stallthür; und betrachtet sich niemals, was sie selber sey; und kommt selten also weit, dass sie erkennete, dass der Mensch ein Bilde aus alle diesem Wesen sey. Sie lauffet dahin als das Vieh, das keinen Verstand hat, das nur begehret sich zu füllen und zu gebären: und wenns am höchsten mit ihr kommt, dass sie will etwas forschen, so forschet sie in dem äussern Spielwercke der Sternen, oder sonsten um ein Schnitzwerck der äussern Natur, sie will schlecht ihren Schöpfer nicht lernen kennen; und ob es geschiehet dass ein Mensch dahin kommet, dass er Ihn lernet kennen, so heisset sie ihn närrisch; und verbeut 10 ihme den edlen Verstand an Gott, und rechnets ihm noch wol für Sünde zu, und verspottet ihn darinnen.

3. Solche Viehe-Menschen sind wir nach dem Fall Adams worden: Dass wir nicht eins betrachten, dass wir sind in Gottes Bilde geschaffen, und mit rechten natürlichen Verstande beydes nach der ewigen und zeitlichen Natur begabet worden, dass wir gedächten das Verlorne durch grossen Ernst wieder zu erlangen; und da wir noch eben dieselbe erste Seele haben, darinnen der wahre Verstand lieget, so wir nur dahin möchten arbeiten, dass dasselbe verlorne Licht wieder in uns scheine, welches uns doch 20 aus Gnaden angeboten wird.

4. Darum wird keine Entschuldigung seyn auf dem grossen Tage des HErrn, da Gott das Verborgene der Menschheit richten wird; dieweil wir Ihn nicht haben wollen lernen erkennen, und seiner Stimme, welche täglich bey und in uns angeklopfet, nicht gehorchen und uns ihme nicht ergeben: dass unser Verstand aufgethan würde; und wird ein strenges Gericht über den ergehen, welcher sich läst Meister und Herr nennen, und doch den Weg Gottes nicht kennet noch wandelt, und auch noch darzu denen verbeut, so ihn kennen und gehen wollen.

5. Die Schöpfung der äussern Welt ist eine Offenbarung des innern Geistlichen Mysteriïi, als des Centri der ewigen Natur mit dem heiligen Elemente: Und ist durch die Bewegung des Innern als ein Ausbauchen, erboren worden durch das ewig-sprechende Wort, welches aus der innern Geistlichen Welt das Wesen hat ausgesprochen; und da es im Sprechen doch kein solch Wesen ge1 schlechthin.

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wesen ist, sondern als ein Brodem1 oder Rauch vor dem Innern, beydes aus der finstern Welt und Licht-Welt Eigenschaft, darum ist das äussere Wesen der Welt bös und gut.

6. Und ist uns dieselbe Bewegung des ewigen Mysterii der geistlichen Welt gar wol und gantz-inniglich zu betrachten. Wie das sey zugangen, dass ein solch grimmig rauhe, gantz stachlicht? Wesen und Regiment sey erboren, und offenbar worden, wie wir an den äussern Gestalten der Natur, an dem webenden3 Wesen, sowol an Stein und Erden sehen. Wovon ein solcher Grimm entstanden sey, welcher die Kräfte der Eigenschaften also in solche 10 wilde Art compactirt und eingeführet hat, wie wir an der Erden und Steinen sehen.

7. Denn uns ist gar nicht zu dencken, dass im Himmel, als in der geistlichen Welt, dergleichen sey; Es sind nur die Eigenschaften der Möglichkeit in der Geistlichen Welt: Sind aber in solcher wilden Eigenschaft nicht offenbar, sondern als wie verschlungen, gleichwie das Licht die Finsterniss verschlinget, und da doch die Finsterniss wahrhaftig im Lichte wohnet, aber es nicht ergreiffet.

8. So ist uns deme nachzuforschen; Wie doch die finstere Be- 20 gierde sey in der Kraft des Lichts offenbar worden, dass sie beyde sind mit einander in die Compaction oder Coagulation eingangen. Und noch viel ein grösser Nachdencken gibt uns das, dass da der Mensch nicht bestehen konte im Geistlichen Mysterio der Paradeisischen Eigenschaft, Gott dieselbe Compaction, als die Erde, verfluchte, und ein ernst Gericht anstellete: das Gute in der Compaction der Erden vom Bösen wieder zu scheiden, dass das Gute soll also im Fluche als im Tode stehen; wer allhier nichts siehet, der ist ja blind. Warum wolte Gott sein gutes Wesen verfluchen, so nicht etwas wäre darein kommen, dass dem Guten zuwieder sey? 30 oder ist Gott mit Ihme uneins worden? würde die Vernunft sagen; Denn bey Mose stehet: Und Gott sahe an alles was er gemacht hatte; und siehe, es war sehr gut. Gen. 1: 31.

9. Nun hatte doch der Mensch (um welches willen die Erde verfluchet ward) nichts in die Erde gebracht, davon sie dismal

1 wie ein Dampf.

2 husky.

3 sich bewegenden.

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