Dem Vogel Trotz! der in die Lufft sich schwingt Mit steiffem Aug sich wundert und erstarrt. Der hohe Geist würd über alles gehn, Vnd bey dem Thron der höchsten Weissheit stehn; Alsbald er auff den Kreiss der Dinge trat; Er schüttelte dreymal sein Schlangen-Har. Auff! Götter auff! die mit mir von dem Thron Man ging zu Rath: Es ward ein Schluss erkist Zu dämpfen was in Menschen Himmlisch ist, Doch allen flog erhitzte Brunst zuvor Die voll von List den Namen ihr erkor Ihr bot alsbald die Rach-Lust treue Hand Die, leider! jetzt der allgemeine Tand3 1 gebieten. 2 entzündet. 3 Leichtsinn. 10 20 30 Die Rasereyen pochen was man schätzt, Sie färben See und Wellen Purpur-roth, Sie reissen (ach!) des Menschen reine Seel 6. VANITAS! VANITATUM VANITAS! Die Herrlichkeit der Erden Muss Rauch und Aschen werden! Kein Fels, kein Erz kann stehn. Dies, was uns kann ergötzen, Was wir für ewig schätzen, Wird als ein leichter Traum vergehn. Was sind doch alle Sachen, Die uns ein Herze machen, Als schlechte Nichtigkeit ? Was ist des Menschen Leben, Als eine Phantasie der Zeit? Der Ruhm, nach dem wir trachten, Ist nur ein falscher Wahn. Sobald der Geist gewichen 10 20 Und dieser Mund erblichen, 30 Fragt keiner, was man hier gethan. Es hilft kein weises Wissen. Wir werden hingerissen Ohn' einen Unterscheid. Was nützt der Schlösser Menge? Dem hie die Welt zu enge, Dem wird ein enges Grab zu weit. Dies alles wird zerrinnen, Was Müh' und Fleiss gewinnen Und saurer Schweiss erwirbt. Was Menschen hier besitzen, Kann für den Tod nicht nützen; Dies alles stirbt uns, wenn man stirbt. Ist eine Lust, ein Scherzen, Das nicht ein heimlich Schmerzen Mit Herzensangst vergällt? Was ist's, womit wir prangen? Wo wirst du Ehr' erlangen, Die nicht in Hohn und Schmach verfällt? Was pocht man auf die Throne? Da keine Macht, noch Krone Kein Scepter dich befreien, Kein Purpur, Gold, noch edler Stein. Wie eine Rose blühet, Wenn man die Sonne siehet Begrüssen diese Welt, 10 20 Die, eh' der Tag sich neiget, Eh' sich der Abend zeiget, Verwelkt und unversehn's abfällt: 30 So wachsen wir auf Erden, Und hoffen, gross zu werden Und schmerz- und sorgenfrei. Doch, eh' wir zugenommen Und recht zur Blüte kommen, Bricht uns des Todes Sturm entzwei. Wir rechnen Jahr auf Jahre; Weil uns die Lust ergötzet, Hat uns der Tod bestricket, Die Wollust fortgeschicket Und Jugend, Stärk' und Muth verlacht. Wie viel' sind jetzt vergangen! Wie viel' liebreicher Wangen Sind diesen Tag erblasst, Die lange Raitung machten Und nicht einmal bedachten, Dass ihn'n ihr Recht so kurz verfasst. Auf, Herz! wach und bedenke, Dass dieser Zeit Geschenke Den Augenblick nur dein. Was du zuvor genossen, Ist als ein Strom verschossen; Was künftig, wessen wird es sein? Verlache Welt und Ehre, Furcht, Hoffen, Gunst und Lehre, Der immer König bleibet, Den keine Zeit vertreibet, 10 20 Der einig ewig machen kann. 30 Wohl dem, der auf ihn trauet ! Er hat recht fest gebauet; Und ob er hier gleich fällt, Wird er doch dort bestehen Und nimmermehr vergehen, Weil ihn die Stärke selbst erhält. 7. AUS DEM TRAUERSPIELE 'CAROLUS STUARDUS.' Der König. Juxton. Thomlisson. Hacker. Die Hencker. 1. Jungf. O schrecklich Schau-Gerüst! 2. Jungf. Soll Karl den Platz betreten? 3. Jungf. Sol er, wo vor sein Volck ihn schier pflag anzubeten, In höchster Schmach vergehn? 4. Jungf. Fällt er in seinem Land? Für seiner eignen Burg durch eines Henckers Hand? 1. Jungf. Ach hätte, wehrter Printz! das Schwerdt dich hinge nommen, Da wo auf blankem Feld Heer gegen Heer ankommen! Ach! hätte dich bey Wicht die tolle See bedeckt, So würde nicht dein Tod mit so viel Schmach befleckt! 7. Jungf. Der Tod hat keine Schmach; die Schmach liegt auf den Richtern. Sein Unschuld lässt sich schaun vor tausend Angesichtern. Den unbefleckten Geist, die Tugend, die wir schmehn, Die wir, wenn Gottes Rach wird Himmel ab erscheinen, Noch werden mit viel Reu in heisser Angst beweinen. 1. Jungf. Herr! scheub disz Urtheil auf, bis mein Gesicht erblasst! Wo nicht, so nimm nur bald der Glieder schwere Last Von dem gepressten Geist! 5. Jungf. O Schwestern! O sie kommen! 2. Jungf. Die Majestät hat gantz sein Antlitz eingenommen Und streicht, indem sie nicht in Purpur fünckeln kan, Mit unerschöpfftem Glantz die schönen Glieder an. 4. Jungf. Itzt sieht er nach dem Klotz auf dem er soll verschwinden. Carol. Ob denn kein höher Block in Britten mehr zu finden? 1. Jungf. Der vor drey Königreich mit höchster Macht besasz, Hat kein bequemer Holtz zu seinem Tod, als das. Carol. Man wird uns, leider! hier nicht viel Gehöre gönnen ; Drum zeugt uns, Thomlisson! Wir hätten schweigen können, 10 20 30 |