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Beilage n.

In chronologischer Folge.

Von Anfang 1861 bis 16. Juni 1862.

"Ich fürchte, es ist nur zu wahr, was eine Stimme der Nation an seinem Grabe zeugt, daß die Stätte, die er füllte, lange ledig blei ben wird!

„Die Künstler des Vaterlandes haben die Trauer des Volks um seinen Liebling durch Denkmäler geheiligt. Ein Bildhauer zu BraunAbramson prägte sein

schweig stellte seine Büste in Marmor auf. Bildniß auf eine Münze, und setzte auf die Kehrseite die unverloschene Lampe, die trauernde Wahrheit und Natur, und die Erinnerung an das lezte Meisterstück des Verstorbeneu; und Seine Königliche Hoheit, der Markgraf von Schwedt, ließen Lessings und Shakespeares Büsten auf den Vorhang Ihrer Bühne malen, mit der Unterschrift: Alt zwei und funfzig Jahr; der Zeitraum, in welchem beide ihre rühmliche Laufbahn zurücklegten. Doch ehrenvoller noch war die Rührung eben dieses edlen Großen bei Lessings Gedächtnißfeier! Man sah einen deutschen Fürsten, der um einen deutschen Weisen weinte! Laut tönte die Wehklage des deutschen Schauspiels, an der Urne des Mannes, dem es Alles verdankt, Lehre, Größe, Vorbild, der ihm Muster gab, die es kühn seinen fremden Schwestern entgegen halten, und ihnen zurufen darf: seht, fie wägen die eurigen auf!"

"

Die erste Bühne, welche Lessings Todtenfeier beging, war die Döbbelinische zu Berlin, am 24. Februar des vergangenen Jahres. Das Theater stellte ein erleuchtetes Castrum doloris mit dem Grabmal und Bildniß des Verstorbenen dar, zu deffen Seiten der größte Theil der Schauspieler und Schauspielerinnen, an deren Spitze sich auch Herr Döbbelin befand, in Trauerkleidern standen. Ein Anblick, der bei Eröffnung der Bühne auf jeden Zuschauer den lebhaftesten Eindruck machte. Sobald der Vorhang aufgegangen war, hörte man hinter der Bühne eine Trauermusik, bei welcher das Bendaische Chor am Grabe Julians mit einiger Abänderung des Tertes zu Grunde gelegt war. Die vortreffliche Stimme der Demoiselle Niclas machte diesen Gesang noch herzeindringender. Nach Endigung desselben hielt Demoiselle Döbbelin folgende vom Professor Engel verfertigte Rede:

Den ihr bewundertet; Er, deffen Meisterhand
Emilien erschuf, der Leidenschaft mit Wize,
Geschmack mit Phantasie, wie keiner noch verband;
Er, der voran an aller Deutschen Spize
So ruhmvoll und so einzig stand: -
Er ist nicht mehr! auf öffentlicher Scene,
Aus voller Brust dem Edlen hingeweint,
Sei unsres Danks gerechte fromme Thräne

Mit Eurem Dank und Eurem Schmerz vereint!
Wenn Er ein Deutscher nicht, wenn Er ein Britte wäre:
Da schlösse seinen Sarg die Gruft der Kön'ge ein,
Da würd' ein Volk, gefühlvoll für die Ehre,
Ihm öffentlich ein ewig Denkmal weih'n

O gönnt dann Ihr des großen Mannes Asche,
Daß jenen Todtenkrug, der sie gesammelt hat,
Die deutsche Künstlerin, in Deutschlands erster Stadt,
Mit töchterlichen Thränen wasche!

Sie ist zu klein, Verdienst, wie so ein Geist erwarb,
Mehr als bewundernd zu empfinden;

Zu arm, mit Blumen nur die Urne zu umwinden:
Denn ach! sie welken, da Er starb!

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„Die allgemeine Stille, die während dieses ganzen Auftritts im Schauspielhause herrschte, war ein Beweis der aufrichtigen Theilnehmung des Publicums. Dieser Trauer-Feierlichkeit folgte die Aufführung der Emilia Galotti; auch hier erschienen die meisten Schauspieler noch in Trauer. -Da das Schauspielhaus die Menge der Zuschauer, die sich an diesem Tage hinzudrängte, nicht fassen konnte, so wurden sämmtliche Vorstellungen am 27. desselben Monats auf dringendes Verlangen nochmals wiederholt."

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Auch Hamburgs Schaubühne klagte am 9. März den Ersten der dramatischen Dichter. Nach der Aufführung der Emilia Galotti hörte man eine vortreffliche Trauermusik, unter welcher der Vorhang geöffnet wurde. Das Theater war durchaus mit schwarzem Tuch bekleidet: in der Mitte stand auf einem durch fünf Stufen erhöhten Posta= ment eine Urne, um welche alle Mitglieder des Theaters in tiefster Trauer gruppirt waren. Dann folgte ein feierliches Chor von Madame Benda, Mademoiselle Keilholz und Mademoiselle Kreß angestimmt und vom Herrn Hönicke componirt; hierauf ein Recitativ und Arie von Madame Benda gesungen, und endlich eine Rede von Herrn Schröder gesprochen:

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Daß Deutschlands Weh um ihn sie noch belebe,
Und Sporn ihm nachzustreben sei. -

Ihm selbst, dem Edlen, Ihm ist wohl!
Er weiß nun, welche höh're Stelle
Ein höh'rer Geist bekleiden soll,

Ihn dürftete; nun ist er an der Quelle,
Er spürte nach der Erde Leidenschaften,
Nach Größ' und Schönheit der Natur;
Nun sieht er ihre ersten Faden haften,
Tritt auf der Grundgeseße erste Spur,
Nun weiß er, daß der treue Sucher
Erst hinter den entfernten Vorhang dringt,
Daß ird'sche Weisheit Millionen Wucher
Und Kleine Aussaat große Früchte bringt!
Sprichst, Deutschland, Du von Dir, erwähne seiner;
An Neid und Undank sei die Rache Dein;
Ja unsre Kunst soll am Altare keiner
Sich, ohne Ihm zu opfern, weihn.

Laß, Vaterland, ihn nicht durch kleines Lob,

Durch Schmeicheln und Nachahmung schmähen,

Auf seinem Grabe mag der Künstler Fahne wehen,

Die Ewigkeit jei ihre Krone drob!"

„Die Menge der Zuschauer und ihr feierliches Schweigen war ein deutlicher Beweis ihres Antheils an diesem großen Verlust."

„Zu Schwedt befahl der Markgraf, der Wissenschaft und Talent wägt und schätzt, der Asche des großzen Mannes ein Trauerfest zu weihen. Die Bühne, vorne schwarz bekleidet, stellte einen Eichenhain vor, im Hintergrunde den Tempel der Unsterblichkeit, an dessen Schwelle lagen zween trauernde Barden; im Innern stand Lessings Urne und Büste auf einem allegorischen Altar; auf beiden Seiten die Bildsäulen der personificirten Ideen: Natur, Erziehung, Toleranz, Poesie, Philosophie, Geschichte; auch sah man in Medaillons die Namen der sechs großen Schauspiele des Dichters. Unter einer dazu passenden schönen Ouvertüre, die von einem ausdrucksvollen Orchester mit inniger Theilnehmung vorgetragen wurde, erschienen sämmtliche Schauspieler in Trauer mit Lorbeerkränzen und Weihrauch in den Händen, unter ihnen Möller als Odoardo Galotti, der nach Endigung der Musik folgende in diesem Cha= rakter gesetzte Rede hielt:

- Nur eine Unschuld ruft Emilia! -
Ein Lessing nur, feufzt laut Germania!
Und diejen lieben großen Einen!! -

Ha! wär' nur Albion sein Vaterland
Wie bald ständ' dann an Avon's Strand
Von seiuem Volk ein Denkmal für Ihn da;
Wie würd' um Ihn sein König weinen,
Und noch im Grabe sich mit Ihm vereinen!
So hast denn Du, Germania,

In Deinem weit gestreckten Lande

Nicht solch ein Volk, solch einen Fürsten?

Schande!

Ja Schande wär's! Doch, meine Mutter, doch!
Du hast solch einen Fürsten noch.

Denn Friedrich Heinrich lebt und Lessing lebt!

Ich seh' ihn den erhab'nen Schatten:

Hoch in des Empyräums Kreisen schwebt

Er da, wo Shakespeare sich und Leibniß zu Ihm gatten,
Wo sie sich haben, die noch nie sich hatten.

Vergöttert winkt Er Dank mir zu, für Dich,

Nimm hin empfang' ihn feierlich,

und theile, großer Brennussohn, das Opfer,
Das noch Melpomene dem Liebling heut

In diesem Lorbeer bringt Unsterblichkeit."

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„Die Thräne in den Augen des Fürsten bei der vortrefflichen Declamation des Redners gab diesem Auftritte seinen völligen Werth.*)

Am 25. März feierte das Privattheater in Ellrich am Harze Lessings Andenken. Die Bühne war schwarz bezogen und stellte ein Castrum doloris vor, welches einen Sarg trug, auf dem Dolch und Maske, mit einem Lorbeerkranze umschlungen, auf einem Kissen von Silberstück lagen. Im Hintergrunde hielt ein Genius mit umgekehrter Lebensfackel Leffings Bildniß. Das Portrait war mit Spiegel-Wandleuchtern umgeben, der Sarg mit Gueridons. Auf der rechten Seite des Sarges stauden die Schauspielerinnen, auf der linken die Schauspieler, alle in tiefer Trauer. Nach dem Eingange einer dazu besonders gesetzten Trauermusik ward ein Grablied auf den Verstorbenen, bald im Chor, bald im Duett abgesungen, und hierauf durch Madame Rhenzel eine vortrefliche Rede von Goekingk vorgetragen."

„Nach Endigung der Rede verlor sich die Musik in sanften Schmerz. Hinterher ward Miß Sara Sampson aufgeführt."

*) Vergl. Guhrauer II. 319.

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