„Ich fürchte, es ist nur zu wahr, was eine Stimme der Nation an seinem Grabe zeugt, daß die Stätte, die er füllte, lange ledig blei ben wird! um „Die Künstler des Vaterlandes haben die Trauer des Volks seinen Liebling durch Denkmäler geheiligt. Ein Bildhauer zu Braun Abramson prägte sein schweig stellte seine Büste in Marmor auf. Bildniß auf eine Münze, und setzte auf die Kehrseite die unverloschene Lampe, die trauernde Wahrheit und Natur, und die Erinnerung an das lezte Meisterstück des Verstorbeneu; und Seine Königliche Hoheit, der Markgraf von Schwedt, ließen Leffings und Shakespeares Büsten auf den Vorhang Ihrer Bühne malen, mit der Unterschrift: Alt zwei und funfzig Jahr; der Zeitraum, in welchem beide ihre rühmliche Laufbahn zurücklegten. Doch ehrenvoller noch war die Rührung eben dieses edlen Großen bei Leffings Gedächtnißfeier! Man sah einen deutschen Fürsten, der um einen deutschen Weisen weinte! Laut tönte die Wehklage des deutschen Schauspiels, an der Urne des Mannes, dem es Alles verdankt, Lehre, Größe, Vorbild, der ihm Muster gab, die es kühn seinen frem= den Schwestern entgegen halten, und ihnen zurufen darf: seht, sie wägen die eurigen auf!" Die erste Bühne, welche Leffings Todtenfeier beging, war die Döbbelinische zu Berlin, am 24. Februar des vergangenen Jahres. Das Theater stellte ein erleuchtetes Castrum doloris mit dem Grabmal und Bildniß des Verstorbenen dar, zu dessen Seiten der größte Theil der Schauspieler und Schauspielerinnen, an deren Spize sich auch Herr Döbbelin befand, in Trauerkleidern standen. Ein Anblick, der bei Eröffnung der Bühne auf jeden Zuschauer den lebhaftesten Eindruck machte. Sobald der Vorhang aufgegangen war, hörte man hinter der Bühne eine Trauermusik, bei welcher das Bendaische Chor am Grabe Julians mit einiger Abänderung des Textes zu Grunde gelegt war. Die vortreffliche Stimme der Demoiselle Niclas machte diesen Gesang noch herzeindringender. Nach Endigung desselben hielt Demoiselle Döbbelin folgende vom Professor Engel verfertigte Rede: ,,Den ihr bewundertet; Er, dessen Meisterhand Mit Eurem Dank und Eurem Schmerz vereint! gönnt dann Ihr des großen Mannes Asche, Sie ist zu klein, Verdienst, wie so ein Geist erwarb, Zu arm, mit Blumen nur die Urne zu umwinden: „Die allgemeine Stille, die während dieses ganzen Auftritts im Schauspielhause herrschte, war ein Beweis der aufrichtigen Theilnehmung des Publicums. Dieser Trauer-Feierlichkeit folgte die Aufführung der Emilia Galotti; auch hier erschienen die meisten Schauspieler noch in Trauer. -Da das Schauspielhaus die Menge der Zuschauer, die sich an diesem Tage hinzudrängte, nicht fassen konnte, so wurden sämmtliche Vorstellungen am 27. desselben Monats auf dringendes Verlangen nochmals wiederholt." „Auch Hamburgs Schaubühne klagte am 9. März den Ersten der dramatischen Dichter. Nach der Aufführung der Emilia Galotti hörte man eine vortreffliche Trauermusik, unter welcher der Vorhang ge= öffnet wurde. Das Theater war durchaus mit schwarzem Tuch bekleidet: in der Mitte stand auf einem durch fünf Stufen erhöhten Posta= ment eine Urne, um welche alle Mitglieder des Theaters in tiefster Trauer gruppirt waren. Dann folgte ein feierliches Chor von Madame Benda, Mademoiselle Keilholz und Mademoiselle Kreß angestimmt und vom Herrn Hönicke componirt; hierauf ein Recitativ und Arie von Madame Benda gesungen, und endlich eine Rede von Herrn Schröder gesprochen: Daß Deutschlands Weh um ihn sie noch belebe, Ihm selbst, dem Edlen, Ihm ist wohl! Ihn dürstete; nun ist er an der Quelle, Laß, Vaterland, ihn nicht durch kleines Lob, Durch Schmeicheln und Nachahmung schmähen, Auf seinem Grabe mag der Künstler Fahne wehen, Die Ewigkeit sei ihre Krone drob!" „Die Menge der Zuschauer und ihr feierliches Schweigen war ein deutlicher Beweis ihres Antheils an diesem großen Verlust.“ 3u Schwedt befahl der Markgraf, der Wissenschaft und Talent wägt und schäßt, der Asche des großen Mannes ein Trauerfest zu weihen. Die Bühne, vorne schwarz bekleidet, stellte einen Eichenhain vor, im Hintergrunde den Tempel der Unsterblichkeit, an dessen Schwelle lagen zween trauernde Barden; im Innern stand Lessings Urne und Büste auf einem allegorischen Altar; auf beiden Seiten die Bildsäulen der per sonificirten Ideen: Natur, Erziehung, Toleranz, Poesie, Philosophie, Geschichte; auch sah man in Medaillons die Namen der sechs großen Schauspiele des Dichters. Unter einer dazu passenden schönen Ouvertüre, die von einem ausdrucksvollen Orchester mit inniger Theilnehmung vorgetragen wurde, erschienen sämmtliche Schauspieler in Trauer mit Lorbeerkränzen und Weihrauch in den Händen, unter ihnen Möller als Odoardo Galotti, der nach Endigung der Musik folgende in diesem Charakter gesetzte Rede hielt: Ha! wär' nur Albion sein Vaterland Und noch im Grabe sich mit Ihm vereinen! - In Deinem weit gestreckten Lande Nicht solch' ein Volk, solch einen Fürsten? Schande! Ja Schande wär's! Doch, meine Mutter, doch! - Denn Friedrich Heinrich lebt und Lessing lebt! Hoch in des Empyräums Kreisen schwebt Er da, wo Shakespeare sich und Leibniz zu Ihm gatten, Und theile, großer Brennusjohn, das Opfer, Unsterblichkeit." „Die Thräne in den Augen des Fürsten bei der vortrefflichen Declamation des Redners gab diesem Auftritte seinen völligen Werth.*) „Am 25. März feierte das Privattheater in Ellrich am Harze Lessings Andenken. Die Bühne war schwarz bezogen und stellte ein Castrum doloris vor, welches einen Sarg trug, auf dem Dolch und Maske, mit einem Lorbeerkranze umschlungen, auf einem Kissen von Silberstück lagen. Im Hintergrunde hielt ein Genius mit umgekehrter Lebensfackel Lessings Bildniß. Das Portrait war mit Spiegel-Wandleuchtern umgeben, der Sarg mit Gueridons. Auf der rechten Seite des Sarges stauden die Schauspielerinnen, auf der linken die Schauspieler, alle in tiefer Trauer. Nach dem Eingange einer dazu besonders gefeßten Trauermusik ward ein Grablied auf den Verstorbenen, bald im Chor, bald im Duett abgesungen, und hierauf durch Madame Rhenzel eine vortrefliche Rede von Goekingk vorgetragen." „Nach Endigung der Rede verlor sich die Musik in sanften Schmerz. Hinterher ward Miß Sara Sampson aufgeführt." *) Vergl. Guhrauer II. 319. |