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Als nun Pfaumis' Gattin so verkauft war
Und entwandert in das Schiff als Sklavin,
Rufet Puras:,,Nun, du Sklavenkäufer,
Auf die Segel: Flieg' in alle Winde,
Daß von Maina dich kein Schiff erreiche!"
Nicht versteht der Fremde diese Drohung;
Aber Puras jaget nach dem Ufer,
Mit beschwingtem Ruder nach dem Ufer,
Wo bereits die Kunde sich verbreitet
Von des Pfaumis That und der des Puras.

Als er nun ans Land springt jähen Sprunges, Schnell entgegen kommt ihm, tritt ihm Psaumis. Staunend vor einander steh'n sie, starren Aug' in Aug' sich an. Gedenkend beide, Wie sie sich vordem nur Holdes thaten, Wie sie jezt das Bitterste gethan sich, Starren lange sie, biz beider Augen Sich mit Thränen füllen, bis sie weinen, Bis sie sinken Herz an Herz! - Da drängt sich Freudig rings herzu das Volk von Maina. Aber Puras hebt das Haupt und rufet: „Auf nun, Psaumis! Auf, ihr meine Freunde! Auf, zu Schiff! Der Fremde spannt die Segel: Zeigen wir ihm schnell ein Schiff von Maina!"

Ha, wie rührt sich alles nun am Strande,
Auf dem Schiff, im Tauwerk, auf den Masten,
Auf den Raaen! Alle Segel fliegen,

Und im Winde schwebt das Schiff; wie Schwalben
Nur der Wogen weiße Spißen rührt es,
Tragend Phaumis und den kühnen Puras.
Bald erjagen sie des Fremden Fahrzeug,
Rufen schnell hinüber durch das Sprachrohr:
Nimm das Gold zurück, das du gezahlet!
Gieb heraus die Frauen, gieb heraus sie!“
Doch der Ucberkühne! nicht mit Worten,
Mit Kanonen donnert er die Antwort.
Ha, wie jagt da das Mainottenschiff ihm
Dicht hinan mit gleichen wilden Donnern!
Es verwickelt sich mit jenes Schnabel;
Mutig wehrt der Feind sich; doch sein Schiff ist
Bald erklettert und zu Grund geschmettert;
Ueberall hin treiben seine Planken.

Heimwärts mit den Weibern zieh'n die Sieger. Jubellaut empfängt am hohen Strand sie. Und ein Feuer schüren sie am Strande, Mächtig, übergroß und überprächtig; Puras selbst und Psaumis tragen Brände, Zu verbrennen jene Feindeswaffen, Mehons Waffen, die den Streit erreget.

Old Mütterchen. *)

O schöner Wintersonnenschein, Du lockst ins Freie groß und klein! Old Mütterchen läßt man im Haus allein! Old Mütterchen zählt an hundert Jahr'; Doch war in die Ferne ihr Blick noch klar. Ihr Ruhebett war so gestellt,

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Daß schauen sie konnt' in Gottes Welt:
Und wie sie so durchs Fenster sah
In die Husumer Bucht, was sah sie da?
Die Ufer waren von Schnee so weiß,
Die See stand fest als blankes Eis,
Und über das weit gefrorne Meer
Jagt' alles auf Schlittschuh'n hin und her;
Ein jeder schwingt sich auf seine Weise,
Die ganze Stadt schien auf dem Eise.
Es war ein Gewimmel und ein Gelauf,
Man stellte Zelt' und Buden auf;
Auch fuhren auf Schlitten die Knaben und
Frauen,
Die waren geputzt wie zum Feste zu schauen.
Das muntre Volk im jubelnden Reigen
Bedünkt Old Mütterchen gar eigen:
Wo neulich noch schlugen und tobten die
Wogen

Ward wie mit Flügeln auf Spiegeln geflogen,
Wo sonst nur schwammen Schiff und Fische,
Stellte man heute Bänke und Tische,
Man schmauste und trank und sang und
sprang,

Es wurde keinem die Weile lang.
Da dacht' in ihrer Einsamkeit
Old Mütterchen längst vergangner Zeit,
Wo sie die gleiche Lust erfahren,
Ch' fie gelangt zu zitternden Jahren,
Wie mancher junge schmucke Gesell
Sie einst gefahren im Schlitten schnell.
Sie dacht' auch des Gatten und ihrer Knaben,
Die ungestümes Meer begraben,
Wie heimgegangen all' ihre Lieben
Und sie zulegt so einsam blieben.
Da seufzte sie: Gott vergisset mein
Und läßt mich hier ganz seelenallein,
Ich muß hier als ganz unnüß sein,
Den Fremden schaff' ich nur Beschwerden,
Was soll ich noch fürder auf dieser Erden?
Doch wie Old Mütterchen das spricht,
Straft sie ihr Herz: o sündige nicht:
Der Ratschluß Gottes ist verborgen,
Laß ihn allein bestimmen und sorgen.

Leimbach III, 171.

In solchen und anderen Gedanken
Blickt weiter sie auf das Schwingen und
Schwanken,

Und spricht zu sich selber: thun doch heute,
Als wär' Meer Land, die tollen Leute;
Ist wohl so gesichert die weite Fläche,
Daß hie und da das Eis nicht breche?
Und wie sie dem nachsinnt nicht lange,
Pocht ihr das Herz in der Brust so bange,
Als könne solch ein Unglück gescheh'n,
Als solle sie bald Entseyliches seh'n.
Da erblicket sie über dem bunten Gewimmel
In fernster Ferne ein Wölkchen am Himmel,
Ein weißes, und spricht: Das deutet Sturm,
Und niemand läutet doch heut vom Turm.
Kommt Sturm mit der springenden Flut
im Bunde,

Zerbricht er das ganze Eis in der Runde,
Und alle die fröhlichen seligen Leute
Versinken in Schollen und Schäumen heute.
Ich will doch rufen, daß einer warnet,
Eh' alle des Todes Nez umgarnet.
Sie rust: Ist keiner, der hören will?
Sie ruft; doch alles ist totenstill.
Es ist wohl niemand, niemand im Haus.
Da müht sie sich aus dem Bett heraus
Und kriecht zum Fenster auf Händen und
Nüßen,

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Da muß der Frost es fest verschließen.
Das Volk darf auf dem Eise nicht bleiben!
Sie hat keine Rast, sie zerschlägt die Scheiben,
Sie ruft hinaus - sie winkt fie schreit -
Zu schwach, zu matt! ach, alle sind weit!
Herr Gott, was fang' vor Leid ich an,
Wenn ich das Volk nicht warnen kann;
Die Wolke wird größer, o bange Pein,
Sie werden alle verloren sein;
Ich kenne das Sturmgewölke genau
Als leiderfahr'ne Schiffersfrau.
Allmächtiger Gott! o Herre mein,
Laß hören doch mein schwaches Schrei'n!
Denn zögert das Warnen noch wenig
Minuten,

Versenkt sie alle das Rollen der Fluten.
Da hört sie ein Knabe; doch lacht er und läuft,
Weil, was sie rust, er nicht begreift.
,,Ach, alle, alle eilen nur zur Freude
Und wissen nicht, wie bald zum Leide!
Wie rett' ich, wie helf' ich, Gott, gieb Licht!

Ich bin zu schwach, ich treffe das nicht." Da zuckt ein Gedank' ihr durch den Sinn, Sie müht sich kriechend zum Herde hin, Und faßt einen Brand und entzündet das Stroh

Im Bett: das brennet lichterloh.

Sie rief: So schaff' ich ein Feuerzeichen,
Bald wird der Brand das Dach erreichen."
Indem der Qualm das Zimmer füllt,
Ergreift sie den Mantel und flieht verhüllt;
Doch kann sie vor Alter nicht schnell von
der Stelle,

Nur langsam erreicht sie der Thüre Schwelle.
Da schlägt die Lohe zum Dach hinaus.
„Leb' wohl, geliebtes Vaterhaus.
Und kann ich nur das Volk erretten,
Mag Gott mich selbst im Himmel betten."
Doch giebt der Herr, der alles schafft,
Den schwachen Gliedern fürder Kraft,
Sie erreicht die Straße und ruht am Stein,
Da gewahren von weitem die Leute den
Schein

Und sagen: Dort muß ein Feuer sein!
Und rennen herzu. Old Mütterchen schreit:
„Laß das! Mit dem Feuer hat's gute Zeit,
Ich lockt' Euch mit dem Feuer herbei,
Daß Ihr vernähmet, was ich schrei.
Laßt brennen mein Haus und eilt zum Turm,
Seht dort die Wolke, und läutet Sturm,
Daß alles Volk zum Lande kehr',
Ch' Sturm erregt das wilde Meer!“
Da schauen die Leute die Wolke erschreckt
Und sagen: Die Frau hat Gott erweckt!
Und rennen in Eile hin zum Turm
Und läuten aus Leibeskräften Sturm.
Der Qualm, das Läuten, ruft alle herbei,
Man eilt zum Strande mit bangem Geschrei.
Und alles ruft: „Geschwind, geschwind!“
Da floh das Husumer Volk vor dem Wind.
Sie gaben die Zelte, die Buden preis,
Denn fernher kam das Meer schon weiß,
Hoch über dem jagenden flüchtenden Volke
Verbreitet sich fliegend des Sturmes Wolke.
Die Husumer zeigten jenen Tag,

Wie man auf Schlittschuh'n fliegen mag:
Der ganze Schwarm wie weggeblasen,

Dicht, dicht dahinter des Sturmes Rasen.
Hei! wie es die leichten Buden, die Zelte
Hinwarf und zerspellt in die Well' hinschnellte.
Sturmvögel kamen mit Schreien geflogen,
Der ganze Himmel schwarz umzogen,
Darunter im Sturm der Springflut Wogen.
Man hörte sie schon bis her zum Strande,
Und als der lezte Mann am Lande,
Hob wie aufatmend das Meer in der Bucht
Weithin mit Gedonner des Eises Wucht.
Wie von springenden Rossen ein wildes Heer,
Sprang Brandung Sturz auf Sturz daher,
Und wogte zu Trümmern den Spiegel, der
eben

Noch trug des Volkes fröhliches Schweben,
Zerbrach ihn und türmte und rollte im Lauf
Ein Gebirg von Schollen am Ufer herauf.
Und wieder stürzt es zurück ins Gebraus,
Und wieder warf es das Meer heraus.
So tobte der Sturm die ganze Nacht
Und schwieg erst, als Gott Tag gemacht,
Und als die Sonne stieg empor,
Da sammelte sich das Volk zum Chor,
Und sangen Lieder und priesen Gott,
Der sie errettet aus solcher Not.

Old Mütterchens Haus war niedergebrannt; Doch als ihre That ward stadtbekannt, Da sah man das ganze Volk hinkommen, Wo gute Leute sie aufgenommen, Der Bettler, der Bürgermeister nicht minder, Sienannten sich alle Old Mütterchens Kinder. War ohne sie doch alles verloren, Sie hatte sie alle neu geboren, Drum wollt' ihr jeder ins Auge blicken, Sie laben und herzen und süß erquiden, Und brachten ihr für ihre Habe Viel Tausend' neue schöne Gabe. Old Mütterchen aber in Freudenthränen Sprach: Niemand soll aus der Welt sich sehnen,

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Und sei er noch so hoch betagt
Und siech und matt! Wer weiß, wer sagt,
Wozu der droben

Ihn aufgehoben?

Laßt uns den Herrn des Himmels loben!"

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Da kommt der Lenz, der schöne Junge, Den alles lieben muß,

Herein mit einem Freudensprunge
Und lächelt seinen Gruß;

Und schickt sich gleich mit frohem Necken Zu all' den Streichen an,

Die er auch sonst dem alten Recken,
Dem Winter, angethan.

Er giebt sie frei, die Bächlein alle,
Wie auch der Alte schilt,

Die der in seiner Eisessalle
So streng gefangen hielt.

Schon zieh'n die Wellen flink von dannen
Mit Tänzen und Geschwäy,
Und spötteln über des Tyrannen
Zerronnenes Gesez.

Den Jüngling freut es, wie die raschen Hinlärmen durchs Gefild,

Und wie sie scherzend sich erhaschen
Sein aufgeblühtes Bild.

Froh lächelt seine Mutter Erde
Nach ihrem langen Harm;
Sie schlingt mit jubelnder Geberde
Das Söhnlein in den Arm.

In ihren Busen greift der Lose
Und zieht ihr schmeichelnd keck
Das sanfte Veilchen und die Rose
Hervor aus dem Versteck.

Und sein geschmeidiges Gesinde
Schickt er zu Berg und Thal:

"

Sagt, daß ich da bin, meine Winde,
Den Freunden allzumal!“

Er zieht das Herz an Liebesketten
Rasch über manche Kluft,

Und schleudert seine Singrafeten,
Die Lerchen, in die Luft.

Liebesfeier.

An ihren bunten Liedern klettert Die Lerche selig in die Luft; Ein Jubelchor von Sängern schmettert Im Walde voller Blüt' und Duft.

*) Leimbach III, 188.

Da sind, so weit die Blicke gleiten, Altäre festlich aufgebaut, Und all' die tausend Herzen läuten Zur Liebesfeier dringend laut.

Der Lenz hat Rosen angezündet
An Leuchtern von Smaragd im Dom;
Und jede Seele schwillt und mündet
Hinüber in den Opferstrom.

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