Mag (der Wechselwinde Spiel
Hört ihr, wie der Fahrwind saust? Taumelnd flieh'n die Küsten; Der umschäumte Kiel durchbraust Rasch die Wasserwüsten.
Seht! von unsern Melodien Mächtig angezogen Gaukelt fröhlich der Delphin Im Kristall der Wogen.
Laßt, beim leßten Abendstrahl, An der Heimat Grenzen Syrakuser im Pokal
Noch zum Abschied glänzen.
Heil den Lieben, dreimal hoch! Bis zum Wiedersehen, Deren weiße Schleier noch Am Gestade wehen.
Dem Gedächtnis eures Hains,
Wo wir opfernd schieden, Sprengen wir des Götterweins Fromm, ihr Tyndariden!
Blickt voll Huld auf unser Schiff, Wenn Gewitter lohen Und bei Nacht am Felsenriff Wirbelströme drohen.
Auch den Schlummernden, die hier Schnell wie Schaum verschwanden, Eh' des Lorbeers Heldenzier
Um die Stirn sie wanden:
Werd' ein Kelch, umhaucht vom Duft Junger Blütensprossen, Auf die ungeheure Gruft Festlich ausgegossen.
Mit Sirenensang entries Hoffnung sie dem Hafen, Die, viel hundert Klafter tief, Unter uns nun schlafen.
Im gebroch'nen Dämmerschein Von Poseidons Hallen Schmiegen sich um ihr Gebein Zadige Korallen.
Froh gewagt, ist halb gethan! Mag der Abgrund stürmen, Und bis an des Mondes Bahn Sich die Woge türmen!
In der Brandung Rachen) Morsch des Fahrzeugs Bau vom Riel Bis zum Wimpel krachen:
Kühnheit dem Olymp entsandt Von den großen Göttern, Waltet noch mit starker Hand Auf zerschellten Brettern!
Kühnheit scheucht, wenn Erd' und Meer Leichen grau'nvoll decken, Tief zum Tartarus das Heer Blasser Todesschrecken.
Auf! im höchsten Feierton, Unter Jubelchören, Ihr bis an den Acheron Huldigung zu schwören!
Die Trophäen ihrer Macht
Strahlen, gleich den Sternen Der entwölkten Sommernacht,
Aus der Vorwelt Fernen.
Jasons Kampfgenossen hieß, Zwischen Ungeheuern, Sie dem gold'nen Wundervließ Stät entgegensteuern.
Sie beflügelte den Speer In Achilleus Händen, Tausendfach dem Troerheer
Tod und Schmach zu senden;
Stählte des Odysseus Kraft, Dem verruchten Thoren Lodernd den Olivenschaft In die Stirn zu bohren.
Stürzte sich bei Marathon Unter die Barbaren; Führte durch den Rubikon
Cäsars Heldenscharen;
Alles weicht, wo sie gebeut! Ihre Streitkohorten Sprengten der Unmöglichkeit Diamantne Pforten.
Auf! im höchsten Feierton, Unter Jubelchören, Ihr bis an den Acheron Huldigung zu schwören!
Ganz verborgen im Wald kenn' ich ein Pläßchen, da stehet Eine Buche, man sieht schöner im Bilde sie nicht. Rein und glatt, in gediegenem Wuchs erhebt sie sich einzeln, Keiner der Nachbarn rührt ihr an den seidenen Schmuck. Rings, so weit sein Gezweig der stattliche Baum ausbreitet,
Grünet der Rasen, das Aug' still zu erquicken, umher; Gleich nach allen Seiten umzirkt er den Stamm in der Mitte; Kunstlos schuf die Natur selber dies liebliche Rund. Zartes Gebüsch umkränzet es erst: hochstämmige Bäume, Folgend in dichtem Gedräng', wehren dem himmlischen Blau. Neben der dunkleren Fülle des Eichbaums wieget die Birke Ihr jungfräuliches Haupt schüchtern im goldnen Licht, Nur wo, verdeckt vom Felsen, der Fußsteig jäh sich hinabschlingt, Lässet die Hellung mich ahnen das offene Feld.
Als ich unlängst einsam, von neuen Gestalten des Sommers Ab dem Pfade gelockt, dort im Gebüsch mich verlor, Führt' ein freundlicher Geist, des Hains auflauschende Gottheit, Hier mich zum ersten Mal plöglich, den Staunenden, ein. Welch Entzücken! Es war um die hohe Stunde des Mittags, Lautlos aber, es schwieg selber der Vogel im Laub.
Und ich zauderte noch, auf den zierlichen Teppich zu treten; Festlich empfing er den Fuß, leise beschritt ich ihn nur. Jezo, gelehnt an den Stamm (er trägt ein breites Gewölbe Nicht zu hoch), ließ ich rundum die Augen ergeh'n, Wo den beschatteten Kreis die feurig strahlende Sonne,
Fast gleich messend umher, säumte mit blendendem Rand. Aber ich stand und rührte mich nicht; dämonischer Stille, Unergründlicher Ruh' lauschte mein innerer Sinn. Eingeschlossen mit dir in diesem sonnigen Zauber- Gürtel, o Einsamkeit, fühlt' ich und dachte nur dich!
Wie heißt König Ringangs Töchterlein? Rohtraut, Schön-Rohtraut.
Was thut sie denn den ganzen Tag, Da sie wohl nicht spinnen und nähen mag? Thut fischen und jagen.
O daß ich doch ihr Jäger wär'! Fischen und jagen freute mich sehr. Schweig' stille, mein Herze!
Und über eine kleine Weil', Rohtraut, Schön-Rohtraut,
So dient der Knab' auf Ringangs Schloß In Jägertracht und hat ein Roß,
Mit Rohtraut zu jagen.
O daß ich doch ein Königssohn wär'; Rohtraut, Schön-Rohtraut lieb' ich so sehr. -Schweig' stille, mein Herze!
Einstmals sie ruhten am Eichenbaum, Da lacht Schön-Rohtraut: Was siehst mich an so wunniglich? Wenn du das Herz hast, küsse mich:
Ach! erschrat der Knabe!
Doch denket er; mir ist's vergunnt! Und füsset Schön-Rohtraut auf den Mund. Schweig' stille, mein Herze!
Darauf sie ritten schweigend heim, Rohtraut, Schön-Rohtraut;
| Es jauchzt der Knab' in seinem Sinn: Und würd'st du heute Kaiserin,
Mich sollt's nicht kränken:
Ihr tausend Blätter im Walde wißt, Ich hab' Schön-Rohtrauts Mund geküßt! -Schweig' stille, mein Herze!
Auf das Grab von Schillers Mutter. Cleversulzbach, im Mai 1839.
Nach der Seite des Dorfs, wo jener alternde Zaun dort Ländliche Gräber umschließt, wall' ich in Einsamkeit oft. Sieh' den gesunkenen Hügel! es kennen die ältesten Greise Kaum ihn noch, und es ahnt niemand ein Heiligtum hier. Jegliche Zierde gebricht und jedes deutende Zeichen;
Dürftig breitet ein Baum schüßende Arme umher. Wilde Rose! dich find' ich allein statt anderer Blumen;
Ja, beschäme sie nur, brich als ein Wunder hervor! Tausendblättrig eröffne dein Herz! entzünde dich herrlich
Am begeisternden Duft, den aus der Tiefe du ziehst! Eines Unsterblichen Mutter liegt hier bestattet; es richten
Deutschlands Männer und Frau'n eben den Marmor ihm auf.
weh! das heil'ge Vaterland verloren! Ach, fraget nicht: wer uns dies Leid gethan? Weh' allen, die in Polenland geboren! Die Wunden fangen frisch zu bluten an; Doch fragt ihr: wo die tiefste Wunde brennt? Ach, Polen kennt sein viertes Regiment!
Ade, ihr Brüder, die zu Tod getroffen An uns'rer Seite dort wir stürzen sah'n! Wir leben noch, die Wunden stehen offen, Und um die Heimat ewig ist's gethan; Herr Gott im Himmel, schent' ein gnädig End Uns Lezten noch vom vierten Regiment! —
Von Polen her im Nebelgrauen rücken Zehn Grenadiere in das Preußenland Mit düst'rem Schweigen, gramumwölkten Blicken; Ein: Wer da?" schallt; sie stehen festgebannt,
Und einer spricht: „Vom Vaterland getrennt Die lezten zehn vom vierten Regiment!“
Zu Mantua in Banden Der treue Hofer war,
Führt ihn der Feinde Schar; Es blutete der Brüder Herz, Ganz Deutschland, ach, in Schmach und Schmerz!
Mit ihm das Land Tirol.
Die Hände auf dem Rücken Andreas Hofer ging Mit ruhig festen Schritten, Ihm schien der Tod gering;
Der Tod, den er so manches Mal Vom Jselberg geschickt ins Thal Im heil'gen Land Tirol.
Doch als aus Kerkergittern
Im festen Mantua Die treuen Waffenbrüder Die Händ' er strecken sah,
Da rief er aus: „Gott sei mit euch, Mit dem verrat'nen deutschen Reich Und mit dem Land Tirol!
Dem Tambour will der Wirbel Nicht unter'm Schlägel vor,
Als nun Andreas Hofer Schritt durch das finst're Thor; Andreas noch in Banden frei, Dort stand er fest auf der Bastei, Der Mann vom Land Tirol!"
Dort soll er niederknieen, Er sprach: „Das thu' ich nit! Will sterben, wie ich stehe, Will sterben, wie ich stritt,
So wie ich steh' auf dieser Schanz'; Es leb' mein guter Kaiser Franz, Mit ihm sein Land Tirol“.
Und von der Hand die Binde Nimmt ihm der Korporal; Andreas Hofer betet
Allhier zum lezten Mal
Dann ruft er: „Nun, so trefft mich recht! Gebt Feuer, ach wie schießt ihr schlecht! Ade, mein Land Tirol!"
*) Liben und Nade III, 506. **) Lüben und Nacke III, 508. Leimbach, III, 238.
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