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„Die malt!"" entwankend ruft's der Ih Und läßt den Maler stumm zurüð; Der ahnend, was der Sarg enthalte, Stürzt hin ja — er enthält sein Glüd Ja, er enthält sein Glück, sein Streben, Das Bild, für das er alles bot: Drum, konnt' er's malen nicht im Leben Wohlan, so kann er's doch im Tod!

Und, wie erfaßt von Wahnsinnsfeuer, Langt er nach Pinsel, Farb' und Brett, Und zieht mit stierem Aug' den Schleier Vom Liebchen auf dem Leichenbett; Und Stirn und Lock', und Mund und Züz Ahmt seine Hand, wie spiegelnd, nach: Die Stirn, die einst des Frohsinns Wiege Den Mund, der einst so lieblich sprach.

Zum Auge kommt er nun, zum Auge. Das einst geglüht in sel'ger Lust; Er starrt es an, und zuckt, als sauge Ein eis'ger Krampf ihm an der Brust. Geschlossen ist das Aug', das dunkle, Geschlossen ist's und geht nicht auf; Kein Kuß hilft, daß es wieder funkle, Vergebens strömt' er Thränen drauf.

Und wieder rafft er sich zusammen, Und malt, was war, statt dem, was ist; Das Aug' mit seinen alten Flammen, Die, wem sie galten, nicht vergißt; Die Lippen mit den vor'gen Rosen, Die Wangen mit dem vor'gen Rot: Und raubt sein Recht dem schonungslosen Und seine Macht dem mächt'gen Tod!

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Der tote Soldat.

Auf ferner fremder Aue Da liegt ein toter Soldat, Ein Ungezählter, Vergeßner, Wie brav er gekämpft auch hat.

Es reiten viel' Generale Mit Kreuzen an ihm vorbei; Denkt keiner, daß, der da lieget, Auch wert eines Kreuzleins sei.

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Ich trage, wo ich gehe, stets eine Uhr bei mir;
Wie viel es geschlagen habe, genau seh' ich an ihr.
Es ist ein großer Meister, der künstlich ihr Werk gefügt,
Wenngleich ihr Gang nicht immer dem thörichten Wunsche genügt.

Ich wollte, sie wäre rascher gegangen an manchem Tag;
Ich wollte, sie hätte manchmal verzögert den raschen Schlag.
In meinen Leiden und Freuden, in Sturm und in der Ruh,
Was immer geschah im Leben, sie pochte den Takt dazu.

Sie schlug am Sarge des Vaters, sie schlug an des Freundes Bahr',
Sie schlug am Morgen der Liebe, sie schlug am Traualtar,

Sie schlug an der Wiege des Kindes, sie schlägt, will's Gott, noch oft,
Wenn bessere Tage gekommen, wie meine Seel' es hofft.

Und ward sie auch manchmal träger, und drohte zu stocken ihr Lauf,
So zog der Meister immer großmütig sie wieder auf.

Doch stände sie einmal stille, dann wär's um sie gescheh'n,

Kein andrer, als der sie fügte, bringt die zerstörte zum Geh'n.

Dann müßt' ich zum Meister wandern, der wohnt am Ende wohl weit,
Wohl draußen, jenseit der Erde, wohl dort in der Ewigkeit.

Dann gäb' ich sie ihm zurücke, mit dankbar kindlichem Fleh'n:
„Sieh' Herr, ich hab' nichts verdorben, sie blieb von selber steh'n.“

Johann Gottfried Seume.

(Geschichte der deutschen National - Litteratur. § 62.)

Der Wilde. *)

Ein Kanadier, der noch Europens Uebertünchte Höflichkeit nicht kannte, Und ein Herz, wie Gott es ihm gegeben, Von Kultur noch frei, im Busen fühlte, Brachte, was er mit des Bogens Sehne Fern in Quebecks übereisten Wäldern Auf der Jagd erbeutet, zum Verkaufe. Als er ohne schlaue Rednerkünste, So wie man ihm bot, die Felsenvögel Um ein Kleines hingegeben hatte, Eilt er froh mit dem geringen Lohne Heim zu seinen tiefbedeckten Horden In die Arme seiner braunen Gattin,

Aber ferne noch von seiner Hütte Ueberfiel ihn unter freiem Himmel Schnell der schrecklichste der Donnerstürme,

*) Lüben und Nade III, 120.

Aus dem langen, rabenschwarzen Haare Troff der Guß herab auf seinen Gürtel, Und das grobe Haartuch seines Kleides Klebte rund an seinem hagern Leibe. Schaurig zitternd unter kaltem Regen Eilt' der gute, wackre Wilde

In ein Haus, das er von fern erblickte. „Herr, ach laßt mich, bis der Sturm sich leget," Bat er mit der herzlichsten Geberde Den gesittet seinen Eigentümer, „Obdach hier in eurem Hause finden!“ „Willst du mißgestaltes Ungeheuer,"" Schrie ergrimmt der Pflanzer ihm entgegen, ,,,,Willst du Diebsgesicht mir aus dem Hause!""

Und ergriff den schweren Stock im Winkel.

Traurig schritt der ehrliche Hurone rt von dieser unwirtbaren Schwelle, 8 durch Sturm und Guß der späte Abend

n in seine friedliche Behausung td zu seiner braunen Gattin brachte. ß und müde seyt' er bei dem Feuer ich zu seinen nackten Kleinen nieder id erzählte von den bunten Städtern ad den Kriegern, die den Donner tragen, nd dem Regensturm, der ihn ereilte, nd der Grausamkeit des weißen Mannes. chmeichelnd hingen sie an seinen Knieen, chlossen schmeichelnd sich um seinen Nacken, rockneten die langen, schwarzen Haare, nd durchsuchten seine Waidmannstasche, is sie die versprochnen Schäße fanden. Kurze Zeit darauf hatt' unser Pflanzer luf der Jagd im Walde sich verirret, leber Stock und Stein, durch Thal und Bäche

Stieg er schwer auf manchen jähen Felsen,
Um sich umzusehen nach dem Pfade,
Der ihn tief in diese Wildnis brachte.
Doch sein Späh'n und Rufen war ver-
gebens;

Nichts vernahm er als das hohle Echo
Längs den hohen schwarzen Felsenwänden.
Aengstlich ging er bis zur zwölften Stunde,
Wo er an dem Fuß des nächsten Berges
Noch ein kleines, schwaches Licht erblickte.
Furcht und Freude schlug in seinem Herzen,
Und er faßte Mut und nahte leise.
„Wer ist draußen?" sprach mit Schrecken-
tone

Fine Stimme tief her aus der Höhle,
Und ein Mann trat aus der kleinen Wohnung.
Freund, im Walde hab' ich mich ver-
irret,""

Sprach der Europäer furchtsam schmeichelnd;
-,,,Gönnet mir, die Nacht hier zuzubringen,
Und zeigt nach der Stadt, ich werd' euch
danken
Morgen früh mir die gewissen Wege.""

„Kommt herein,“ verseßt der Unbekannte, ‚Wärmt euch; noch ist Feuer in der Hütte!" Und er führt ihn auf das Binsenlager, Schreitet finster trozig in den Winkel, Holt den Rest von seinem Abendmahle, Hummer, Lachs und frischen Bärenschinken, Um den späten Fremdling zu bewirten. Mit dem Hunger eines Waidmanns speiste, Festlich wie bei einem Klosterschmause, Neben seinem Wirt der Europäer, Fest und ernsthaft schaute der Hurone Seinem Gaste spähend auf die Stirne, Der mit tiefem Schnitt den Schinken trennte Und mit Wollust trank vom Honigtranke, Den in einer großen Muschelschale Er ihm freundlich zu dem Mahle reichte. Eine Bärenhaut auf weichem Moose War des Pflanzers gute Lagerstätte, Und er schlief bis in die hohe Sonne.

Wie der wilden Zone wild'ster Krieger,
Schrecklich stand mit Köcher, Pfeil und Bogen
Der Hurone jezt vor seinem Gaste
Und er weckt ihn, und der Europäer
Griff bestürzt nach seinem Jagdgewehre;
Und der Wilde gab ihm eine Schale,
Angefüllt mit süßem Morgentrante.
Als er lächelnd seinen Gast gelabet,
Bracht' er ihn durch manche lange Windung,
Ueber Stock und Stein, durch Thal und Bäche
Durch das Dickicht auf die rechte Straße.
Höflich dankte fein der Europäer;

Finsterblickend blieb der Wilde steh'n,
Sahe starr dem Pflanzer in die Augen,
Sprach mit voller, fester, ernster Stimme:
„Haben wir vielleicht uns schon gesehen?"
Wie vom Blig getroffen stand der Jäger
Und erkannte nun in seinem Wirte
Jenen Mann, den er vor wenig Wochen
In dem Sturmwind aus dem Hause jagte,
Stammelte verwirrt Entschuldigungen.
Ruhig lächelnd sagte der Hurone:
Seht, ihr fremden, klugen weißen Leute,
Seht, wir Wilden sind doch bess're Menschen,
Und er schlug sich seitwärts in die Büsche.

Karl Johann Philipp Spitta."

(Geschichte der deutschen National-Litteratur § 65.)

Das Wort des Lebens.

Wort des Lebens, lautre Quelle, Die vom Himmel sich ergießt, Lebenskräfte giebst du jedem, Der dir Geist und Herz erschließt; Der sich wie die welke Blume, Die der Sonnenbrand gebleicht, Dürstend von dem dürren Lande Zu der Quelle niederneigt.

Ohne dich, was ist die Erde? Ein beschränktes, finstres Thal. Ohne dich, was ist der Himmel? Ein verschloss’ner Freudensaal. Ohne dich, was ist das Leben? Ein erneuter finstrer Tod. Ohne dich, was ist das Sterben? Nachtgrau'n ohne Morgenrot.

Wort des Lebens, du erleuchtest, Doch erwärmst du auch zugleich; Eine Hölle offenbarst du, Aber auch ein Himmelreich.

Furchtbar schreckest du den Sünder
Aus der dumpfen, trägen Ruh';
Doch mit Liebe deckst du wieder
Jedes Büßers Fehle zu.

Einen Richter lehrst du fürchten,
Der mit rechter Wage wägt;
Doch auch einen Vater lieben,
Der mit Langmut alle trägt,
Einen Gott, der den geliebten,
Ein'gen Sohn zum Opfer giebt,
Der an ihm die Sünde richtet
Und in ihm die Sünder liebt.

Wort des Lebens, wer dich höret, Dem versprichst du ew'ges Heil; Doch nur dem, der dich bewahret, Wird das Kleinod einst zu teil; Nun, so will ich dich bewahren, Schwert des Geistes, Gottes Wort, Hilf mir hier auf Erden streiten, Und die Kron' erwerben dort!

Kehre wieder!

Kehre wieder, kehre wieder, Der du dich verloren hast, Sinke reuig bittend nieder Vor dem Herrn mit deiner Last! Wie du bist, so darfst du kommen Und wirst gnädig aufgenommen. Sieh', der Herr kommt dir entgegen, Und sein heil'ges Wort verspricht Dir Vergebung, Heil und Segen; Kehre wieder, zaud're nicht!

Kehre aus der Welt Zerstreuung In die Einsamkeit zurück, Wo in geistiger Erneuung Deiner harrt ein neues Glück, Wo sich bald die Stürme legen, Die das Herz so wild bewegen; Wo des heil'gen Geistes Mahnen Du mit stillem Bangen hörst, Und von neuem zu den Fahnen Jesu Christi heilig schwörst.

Kehre wieder, irre Seele; Deines Gottes treues Herz Beut Vergebung deinem Fehle, Balsam für den Sündenschmerz. Sieh' auf den, der voll Erbarmen Dir mit ausgestreckten Armen Winket von dem Kreuzesstamme; Kehre wieder, fürchte nicht, Daß der Gnäd'ge dich verdamme, Dem sein Herz vor Liebe bricht.

Kehre wieder; neues Leben Trink' in seiner Liebeshuld; Bei dem Herrn ist viel Vergeben, Große Langmut und Geduld. Fass' ein Herz zu seinem Herzen. Er hat Trost für alle Schmerzen, Er kann alle Wunden heilen, Macht von allem Aussay rein, Darum kehre ohne Weilen Zu ihm um und bei ihm ein.

*) Spitta, Psalter und Harfe, 46. Aufl, 1881; zweite Sammlung, 34. Aufl. (Bremen, Heinsius); nachgelassene geistliche Lieder, 4. Aufl., 1880.

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