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wenn sich diese Mischung der Gattungen, des didactischen und des beschreibenden oder handelnden Gedichts, noch weiter treiben; wena fich durch die Reihe von Betrachtungen eine Reihe von Situationen hindurchschlingen ließe, so daß noch immer das HauptInteresse nicht so wohl auf die Geschichte, als auf die Wahrheiten fiele, und das Gedicht also ein wahres didactisches bliebe? Die hier angegebene Idee ist wirklich schon mehrmahl ausgeführt; aber vielleicht noch nie so reigend, als in Musarion oder der Philofophie der Grazien“ von Wieland. Die Geschichte selbst bedeutet hier äußerst wenig; sie ist in der That nur die Form, das Vęhiculum gleichsam für die Reihe der philosophischen Ideen, die das eigentlich Wesentliche des Werks find. Einige dieser Ideen legt der Dichter in die Schilderungen der Charaktere, Sitten und Handlungen selbst, die er in einem halb erzählenden, halb raisonnirenden Tone ausführt; andere trägt er durch den Mund seiner unterredenden Personen, hauptsächlich der Musarion, vor: und alles zusammen macht am Ende ein völliges, ausführliches System über die Glückseligkeit, unit dichterischen Beweisen und Widerlegungen; ein System, das freylich nicht so ganz richtig gedacht, aber dagegen desto anmuthiger und hinreiffender geschrieben ist. Wir müssen uns hier, obgleich ungern, mit der Anführung einiger Stellen begnügen.

Aus dem ersten Buche.

Der großen Wahrheit voll, daß Alles eitel sey,
Womit der Mensch in seinen Frühlingsjahren,
Berauscht von süßer Raferey,

Leichtsinnig, lústern, rasch und unerfahren,
In seinem Paradies von Rosen und Jasmin
Ein kleiner Gott sich dúnkt;

sest Phanias, der Weise,

Wie Herkules sich auf den Scheidweg hin

(Bum Unglück nur zu spåt), und sinnt der schweren Reise Des Lebens nach. Was soll, was kann er thun?

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Es ist so füß, auf Flaum und Rosenblättern

Im Arm der Wolluft sich vergöttern,

Und nur vom Uebermaß der Freuden auszuruhn!
Es ist so unbequem, den Dornenpfad zu klettern!
Was thätet Ihr ? Hier ist, wie Vielen däucht,
Das Wählen schwer; dem Phanias wars leicht,

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Zu jüngern Günfilingen aus feinen Armen fliehn;

Die Scherz und Liebesgötter flichn

Der Göttinn nach, verlassen lachend ihn,
Und schicken ihm zum Zeitvertreib die Reue.
Dagegen winken ihm aus ihrem Heiligthum
Die Tugend, und ihr Sohn, der Ruhm,
Und zeigen ihm den edlen Weg der Ehren.
Der neue Herkules sieht sich noch ein Mahl um,
Ob feine Flüchtlinge vielleicht noch wiederkehren ?

Sie kehren ach! nicht wieder um`;

Er siehts, und faßt den Schluß, der Helden Zahl zu mehren. Der Helden Zahl? Hier steht er ań;

Der kühne Vorfah bleibt in neuen Zweifeln schweben.

Zwar ist es schön, auf lorbervoller Bahn

Zum Rang der Göttlichen, die in der Nachwelt leben, Zu einem Plaz im Sternenplan

Und im Plutarch sich zu erheben;
Schon, fich der tragen Ruh' entziehn,
Gefahren suchen, niemahl fliehn,

Auf edle Abenteuer ziehn,

Und die gerächte Welt mit Riesenblute fårben;
Echón, süß sogar (zum mindsten singet so

Ein Dichter, welcher selbst beym erften Anlaß floh),
Süß ifts und ehrenvoll, fürs Vaterland zu fterben.
Doch, auch die Weisheit kann Unsterblichkeit erwerben.
Wie prachtig klingts, den feffelfreyen Geift

Im reinen Quell des Lichts von seinen Flecken waschen;
Die Wahrheit, die sich sonst nie ohne Schleyer weist
(Nie, oder Göttern nur), entkleidet überraschen;
Der Schöpfung Grundriß übersehn,

Der Sphären mystischen verworrnen Tanz verftehn;
Vermuthungen auf stolze Schlüsse thürmen,
Und Titans Söhnen gleich die Geißterwelt erstürmen.
Wie glorreich! Welche Luft! – Rennt immer den beglückt
Und frey und groß, den Mann, der nie gezittert,
Den der Trompete Ruf zur wilden Schlacht entzückt,
Der lächelnd sieht, was Menschen sonst erschüttert,
Und selbst den Tod, der ihn mit Lorbern schmückt,
Wie eine Braut an feinen Busen drückt!
Noch größer, glücklicher ist der mit Recht zu nennen,
Den, von Minerveus Schild bedeckt,

Kein nächtliches Phantom, kein Aberglaube schreckt;
Den Flammen, die auf Leinwand Brennen,

Und Styr und Acheron nicht blåsser machen können;
Der ohne Furcht Kometen brennen sieht',
Der höh're Geister nicht mit Taschenspiel bemüht,
Und, weil kein Wahn die Augen ihm verbindet,
Sters die Natur sich gleich, stets regelmäßig findet.. . .
Um wie viel mehr, als Helden, Weltbezwinger,

Ist der ein Held, ein Halbgott, kaum geringer

Als Jupiter, der tugendhaft zu seyn

Sich kühn entschließt; dem Luft kein Gut, und Pein

Kein Uebel ist; zu groß, fich zu beklagen,

Zuweise, fich zu freu'n; der jede Leidenschaft
Gefeffel: an der Tugend Wagen

Befestigt hat, und im Triumphe führt ;

Den alles Gold der Inden nicht verführt;

Den nur sein eigener, kein fremder Beyfall rührt:
Kurz, der in Phalaris durchglühten Stier verdårbe,
Eh er ein Diadem in Phryuens Arm erwårbe!.

Aus dem zweyten Buche.

Das Schöne kann allein

Der Gegenstand von unsrer Liebe seyn.

Die große Kunft ist nur, vom Stoff es abzuscheiden.
Der Weise fühlt. Dieß bleibt ihm ftets gemein
Mit allen andern Erdenföhnen.

Doch diese stürzen sich, vom körperlichen Schönen
Geblendet, in den Schlamm der Sinnlichkeit hinein;
Indeß wir uns daran, als einem Wiederschein,
Des Urbilds Anschaun felbft zu tragen angewöhnen.
Dieß ifts, was ein Adept in allem Schönen sieht,
Was in der Sonn' ihm strahlt, und in der Rose blüht.
Der Sinnen Sclave klebt, wie Vögel an der Stange,
An einem Liljenhals, an einer Rosenwange;
Der Weise sieht und liebt, im Schönen der Natur,
Bom Unvergånglichen die abgedrückte Spur.
Der Seele Fittig wächst in diesen geift'gen Strahlen,
Die aus dem Ursprungsquell des Lichts

Ergoffen, die Natur bis an den Rand des Nichts
Mit fern nachahmenden, nicht eignen, Farben mahlen.
Sie wächst, entfaltet sich, wagt immer höhern Flug,
Und trinkt aus reinern Wolluftbächen;

Ihr thut nichts Sterbliches genug,

Ja Götterluft kann einen Durst nicht schwächen,
Den nur die Quelle ftillt. So, meine Freunde, wird,
Was andre Sterblichen, aus Mangel

Der hohen Scheidkunst, gleich der bunten Flieg' am Angel, Zu füßem Untergange kirrt;

So wird es für den echten Weisen

Ein Flügelpferd zu überird'schen Reisen.

Auch die Musik, so roh und mangelhaft

Sie unterm Monde bleibt (denn ihrer Zauberkraft

Sich recht vollkommen zu belehren,

Muß man, wie Scipio, die Sphären,

Zum wenigften im Traume, fingen hören),

Auch die Musik bezåhmt die wilde Leidenschaft,

Verfeinert das Gefühl, und schwellt die Seelenflügel;
Sie ftillt den Kummer, heilt die Milzsucht aus dem Grund,
Und wirkt, zumahl aus einem schönen Mund,

Mehr Wunderding' als Salomonis Siegel....

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Aus dem dritten Buche.

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„Doch ist vielleicht nichts mächtiger, die Seelen

3u flarken Eugenden zu bilden, unsern Muth

,,Zu dieser Festigkeit zu ståhlen,

Die großen Uebeln troßt und große Thaten thut ;«

„Als eben dieser Sah, für den Kleanth

Zum Mårterer fich trank. Die Herakliden,

,,Die Männer, die ihr Vaterland

„Mehr als sich selbst geliebt, die Ariftiden,

,,Die. Phocions, und die Leonidas.“

Ruhmvolle Nahmen, gut! (ruft unfer Mann) und waren Sie etwa Stoiker?

,,Sie waren, Phanias,

,,Noch etwas mehr! Sie haben das erfahren,

,,Was Zeno spèculirt; fie haben es gethan!

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Warum hat Herkules Altäre?

,,Der Weg, den Prodikus nicht gehn, nur mahlen kann, „Den ging der Held.“ Und wem gebührt davon die

Ehre,

Als der Natur, die ihn, und wer ihm gleicht, gebar
Und auferzog, eh' eine Stoa nar?

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