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Das Schrecken mächtiger Regenten,
Der Vater, starb, nicht sehr betagt.
Man übte sich in Complimenten,
Man schickt Gesandten, lobt und klagt.

Der Sultan läßt den Brandfuchs kommen ;
Denn dieser Schalk war sein Vizir.
Du weißt, spricht er, was wir vernommen :
Der Löw ift todt; was fürchten wir?
Der Waise muß sich schon bequemen,
Und ihn beklag ich in der That:
Uns kann er auch kein Zicklein nehmen;
Er hûte das nur, was er hat.

Herr, sagt der Fuchs, spart eure Güte
Für andre Waisen, als für ihn.
Ihr zieht wohl nicht in sein Gebiete ;
Er kann, vielleicht, in eures ziehn.
Entschmeichelt euch dem nahen Rachen,
Macht ihn zum nachbarlichen Freund;
Wollt ihr ihn nicht zum Freunde machen,
So eilt, und schwächet diesen Feind.

Zwar bin ich kein Aspectenmesser,
Allein ich wittre Zank und Krieg,
Und unsre bärtchen Menschenfresser
Verhindern nicht des Löwen Sieg.
Ihm ist das Glück der Waffen eigen;
Nie wird er, eingeschläfert, ruhn:
Und, wann sich seine Rotten zeigen,
Ach! so behalten wir kein Huhn.

Der Sultan hålt die Furcht für eitel,
Und, so wie Mupf die Lehrer hört,
Vernimmt er Worte, kraht die Scheitel,
Jähnt, und entschlummert unbekehrt.
Bald aber zeigt die schnelle Strafe
Die Folgen großer Sicherheit.

Der Löwe weckt ihn aus dem Schlafe:

Er kömmt, und mit ihm Muth und Streit.

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Man meldet das den Bundsgenossen,
Macht Lärm, und schreyt verwirrungvoll.
Lang ist der Divan unentschlossen,
Wie man den Einfall hemmen soll.
Man fragt den Fuchs. Wie sehr gewöhnen
Wir uns zur blinden Zuversicht!

Spricht er. Laßt uns den Feind versöhnen,
Und fremder Hülfe trauet nicht.

Thun viele Helfer Wunderwerke?
Der Löwe hat nur drey:

O nein.

Den Muth, die Wachsamkeit, die Stärke,
Und siegreich stehn ihm diese bey.
Gebt ihm, daß er nicht mehr entführe,
Ein Schaf, ein Reh, ein feistes Rind;
Kurz, eines der geringern Thiere,
Die unserm Reich entbehrlich sind.

Sein Vorschlag wird verzagt befunden:
Der Reichsrath dachte nicht, wie er.
Man rüstet sich, wird überwunden,
Und macht sich Krieg und Frieden schwer.
Dieß lehrt uns eine Wahrheit fassen,
Die Regel der Regierungskunst:
Wollt ihr den Löwen wachsen lassen,
So suchet zeitig seine Gunst.

Die beyden Wölfe. *

In einem dicken Wald, wo Wind und Hunger heulten,

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War zweener Wölfe Sih, die sich in mancher Nacht Nichts im Gebiß, als Raubsucht, heimgebracht, Die sie recht brüderlich, und ohne Mißgunst theilten.

*Un Homme paffant dans une Campagne apperçut un Loup, qui fembloit guetter un Troupeau de Moutons; il en avertit le Berger & lui confeille de la faire pourfuivre par fes Chiens. Je m'en garderai bien, lui repondit le Berger: ce Loup que

Allein,

vous voyez n'est là que pour de tourner mon attention, & un autre Loup qui eft caché de l'autre côté, n'attend que le moment où je lacherai mes Chiens fur celuici pour m'enlever une Brebis. Le Pallant ayant voulu vérifier le fait, s'engagea à payer la Bre

Allein, sie hatten sich verirrt,

Und zu der Beute nicht den rechten Weg genommen.
Bald aber sehen sie die schönsten Schafe kommen;
Doch kommen auch zugleich der Hylar und der Hirt.
Wo die Gewalt unbrauchbar ist,

Bedient sich auch ein Wolf der List.

Sie halten Kriegesrath. Lycaons Enkel spricht: Ein rechter Angriff_hilft hier nicht.

Ich will mich hinter jenen Hecken,

Im Graben, tief genug verstecken,

Dann mußt du, fern von mir, der Herde Furcht erwecken :
Trab auf sie zu, und laß dich sehn:

Der Schäfer wird dich bald entdecken,

Und mit dem Hunde dir gewiß entgegen gehn.

Da werd ich schnell den Raub vollstrecken;

Die Kunst der Flucht mußt du verstehn.

Der andre Wolf bejahts, gestand, daß sein Gefährte
Sich, als ein alter Wolf, erklärte,

Und hieß den Anschlag wunderschön.

Sie trennen sich; und dieser naht hinan.

Man sieht ihn; Hylax billt! den Erbfeind zu erwischen,
Sucht ihn der Schäfer oft im Wettlauf anzufrischen.
Ihm sehen beyde nach: doch kömmt ihm keiner an,
Und jener schleicht aus den Gebüschen,

Und stiehlt das beste Schaf, das man nur stehlen kann.

So wird man oftmals der Gefahr,

Wo sie am größten ist, am wenigsten gewahr.

bis, & la chofe arriva comme le Berger l'avoit prévûë. Une rufe fi bien concertée ne fuppofet-elle pas évidemment que les deux Loups font convenus enfemble, l'un de fe montrer, l'autre de fe cacher, & comment peut-on convenir ainfi ensemble

I 3

Das

fans fe parler? Amusement philofophique fur le Langage des Bétes pag. 78. Aus dieser Begebenheit hat DELAUNAY in seinem Recueil de Fables die neunte geschöpfet. Die kleine Sammlung findet sich im dritten Bande des Nouveau Theatre François.

Das Reh und der Hund.

Sin zartes Reh, das gar zu sicher ruht,

Erhascht ein Hund, der keinen Dickigt * scheute,
Er beißt es an, leckt das vergoßne Blut,
Und küßt zugleich die angenehme Beute.
Da seufzt das Wild: Welch Mitleid rühret dich?
Du kommst als Feind, und raubest mir das Leben,
Und mir willst du doch solche Küsse geben,
Als wäre dir kein Freund so lieb, als ich?
Ich bitte sehr, hör auf mit deinen Bissen;
Wo nicht, verschone mich mit Küssen.

Der Hase und das Rebhuhn.

in Has und Rebhuhn fanden beyde

Im Vorholz, Feld und Busch Fraß, Sicherheit und Freude; Und jener saß ganz ruhig im Getreide,

Als Söllmann und die Jagd rasch ins Gehåge drang,
Hochlautend ihn zum öftern Wiedergang,

2

Und fürchterlich zum Absprung zwang.

zu oft ist manche Lust benachbart mit dem Leide.

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Sie rahmen ihn herum: er läuft, und ach! wie schnell!
Doch seine Fehrte kennt der treue Waldgesell.

Im Lager drückt er sich: noch hofft er zu entwischen;
Allein der Weidmann weiß die Stöber anzufrischen:
Der Flüchtling wird erreicht, so sehr er sich verbirgt,
Und, weil der Retters fehlt, indem er schreyt, erwürgt.

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Das Rebhuhn saß, und sprach : der Thor pflag sich zu preisen; Wie prahlend rühmt er mir der Läufte Vorzug an! Nun stirbt er lächerlich, und muß auch mir beweisen, Zehn Hasen können nicht, was ein Strick Hunde kann.

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Es höhnt': allein, wie lang? Es schoß aus ferner Höhe
Ein Habicht auf das Huhn herab;

Und, daß man oft den Spott sogleich bestrafet sehe,
Bekräftigte der Stoß, den er dem Spotter gab.

Auf ein gewisses Glück kann niemand Rechnung machen, Und nichts ist thörichter, als solche zu belachen,

Die ihr Verhängniß drückt. Rührt dich nicht andrer Leid;
Feind, so verdienest du barmherzger Henker Neid.
Die wären glücklicher, so oft sie Menschen quålen,
Besässen sie dein Herz, dem Lieb und Mitleid fehleu.

Der Esel, der Fuchs und der Löwe.

um Esel kam der Fuchs auf seine Diestelweide,
und sprach: Freund, meinen Gruß zuvor,

Du scheinst noch immer jung in deinem alten Kleide.
Wie lustig spielt noch ist dein hochansehnlich Ohr!·
Du bist und bleibst ein Freund der Freude.
Sieh auf! der Morgen wird recht schön.

Was fangen wir nun an? Nicht wahr, wir wollen beyde
Ju jenem Wald spazieren gehu?

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