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Der wahren Größe Freund, mit heimlichem Erbarmen
Der Herrschsucht Opferherd, das schöne Reich, verarmen,
Hier Felder unbesät, dort Städt' in Flammen stehn,
Und, den kein Sabel fällt, in Sklavenfesseln gehn.

Dieß sah er seufzend an; nur durft er es nicht wagen,
Bey Kriegesrüstungen den Frieden vorzuschlagen.
Doch seines Sultans Huld half dieser Blödigkeit,
Und gab auf einer Jagd hierzu Gelegenheit.

Es hatte Sulimann die Beyen, Agas, Bassen,
Der ganzen Hofstaat Zug, in schnellem Ritt verlassen.
Ihm folgte der Vezier, weil es sein Herr befahl,
Und beyde kamen bald in ein geweihtes Thal,

3

Wo noch zu Oßmanns 2 Zeit ein alter Santon wohnte,
Abdallah, der Prophet, in dem die Weisheit thronte,
Der Omars großer Sohn, ein Haubt der frommen Schar,
Der Todesengel Freund,4 Azraels Liebling, war,
Der fast, wie Mahomet, die sieben Himmel kannte,
Und den ganz Afien vor vielen heilig nannte.

Sie wuschen sich allhier Gesicht und Arm und Hand,
Nach Art des Muselmanns, mit dûrrem reinen Sand,
Und ehrten andachtvoll, an der bestaubten Ståte,
Abdallahs hohen Ruhm mit eifrigem Gebete.

Drauf hebt sich ein Gespräch von dessen Wundern an;
Da lächelt der Vezier, und spricht zum Sulimann :
Ich habe, großer Held, bereits vor vielen Jahren
Die schwerste Wissenschaft des Orients erfahren.

durch seine Siege in den Geschichten bekannt gemacht,

3 Abdallah war, nach dem Be richte des d'Herbelot, in der Bibliotheque Orientale pag. 7. ein Sohn des Omar, lebte zu den Zeiten Mahomets, und ward, seis ner Einsicht und Weisheit wegen, ein Saheb oder ein Gefährte des Propheten geheissen.

Und

4. Hadr. Reland, de Relig. Mohammed. L. I. p.48. imgleiz chen p. 28. und d'Herbelot p.256, insonderheit des gießischen Profeffors Neubauern Differt. de Angelo mortis. Halle, 1733. S. die gründlichen Auszüge von Dis. putationibus, im 4ten Stücke des ersten Bandes, n. 7. p. 363-373.

5 G. Reland. de Relig. Mohammed. L. 1. p. 82-85.

Und welche? Die vielleicht kein Imam eingesehn,
Kein Mufti lehren kann: Die Vögel zu verstehn.7
Der Schwanen Sterbelied, was Star und Aelster schwaßen,
Der Adler heisern Ruf, die Straussen und die Spaßen,
Des Pelikans Geschrey, selbst des Humai Stimm,8
O Herr der Könige! versteht dein Ibrahim.

Ein Dervis hat mir das in Bagdad einst entdecket,
In dem Abdallahs Geist und Kraft zu Wundern stecket,
Der kennt den Alcoran; und der besißt dabey
Die etwas schwarze Kunst der Cabalisterey.

Die Probe fällt mir leicht, und die soll nimmer trügen.

Der Sultan höret dieß mit innigem Vergnügen,
Und kehrt bey Nacht zurück; da ihn Dianens Schein
Zwo Eulen sehen läßt, die unaufhörlich schreyn.
Auf! ruft er; Ibrahim, du wirst dich zeigen müssen,
Was giebts? Was wollen die? Ich muß es alles wissen.

Der Großvezier gehorcht, und thut, als gåb er Acht
Zu forschen, was allhier die Vögel schwaßen macht;

6 Die Muselmanner legen die fen Namen dem Vorsteher oder Obersten ihrer Versammlungen in den Moscheen ben, insonderheit aber den rechtmäßigen Nachfolgern ihrer Propheten, oder dem Oberhaupte ihrer Secte in geist lichen und weltlichen Dingen. Es führten daher die Califen dies sen Titel. Unter denselben ließ Moctafi sich den einzigen wahren Imam nennen. Eine jede Stadt des türkischen Gebietes besiget ih: ren besondern Imam; dieser aber hat nur die Aufsicht über geistliche Angelegenheiten.

7 Simon Ockley in der Gez schichte der Saracenen, die Theo: dor Arnold 1745 verdeutscht her: ausgegeben hat, merket im 2ten Theile p. 492. an: „daß es Leute unter dem Volke von Arabern

¡Und

giebt, die sich auf die Sprache der
Vögel verstehen wollen. Sie
sprechen, (fahrt er fort) daß dies
se Wissenschaft seit Salomons und
der Königinn von Sheba Zeit bes
ständig unter ihnen bekannt ge
wesen wäre, welche einen Vogel,
Huhhud, das ist, Wiedehopf,
genannt, gehabt, durch den sie
ihr Liebesverständniß unterhäls
ten hätte.,,

Humai für den trefflichsten Vogel
8 Die Morgenländer halten den
in der ganzen Welt. Die Perfer
glauben, daß er nur von der Luft
lebet. Er soll dem Adler am dhn-
lichsten seyn, und wird von dem
bet, als ein gewisser Vorbote ci-
jenigen, über dessen Kopf er schive-
nes nahen Glückes angesehen.

9 Ein türkischer oder persischer
Mönch. Diese sind von allen an-

dern

.

Und endlich kömmt er schnell, als höchst bestürzt, zurücke,
O, spricht er: daß dein Reich der Mahomet beglücke !
Ich füß in tiefem Staub, Herr, deines Rockes Saum:
Nur gieb, dein Azem fleht, gieb einer Bitte Raum.
Verändre das Geboth; will ihm dein Wink befehlen,
So sey es, was er hört, dir ewig zu verhehlen,
Und ==

Was du işt gehört, soll mir verborgen seyn?
Mir! einem Sulimann! Nein, bey dem Allah!TM° nein.
Sag an!

Der ganze Lerm betrifft nur Heirathsachen.
Zween Väter sind bemüht, den Mahlschaß auszumachen,
Womit des einen Sohn, zu beyder Häuser Wol,
Des andern einzig Kind in kurzem freyen soll."

Er muß, spricht dieser Greis, vor allen andern Dingen Der Braut ein Heirathgut von funfzig Dörfern bringen, Nebst einer wüsten Stadt, die, raubt der Tod den Mann, Ihr Witwensitz verbleibt. Und wie? (hebt jener an) Nur funfzig? O wie leicht ist dieses einzugehen! Zweyhundert sollen dir, mein Freund, zu Diensten stehen.

dern sehr unterschieden, indem die fogenannten Calenders zu ihnen gehören, welchen der berühmte Saadi, der selbst ein Dervis war, gewisse seltsame Eigenschaften beyleget. Il conclut par les Cabenders, qu'il dit ne fortir jamais de table, tant que la refpiration leur dure & qu'il y refte quelque chofe à manger. Il dit auffi dans un autre endroit, que deux fortes de perfonnes ne doivent pas être fans fouci, à favoir un marchand dont le vaiffeau s'eft perdu, & un riche heritier qui eft tombé entre les mains des Calenders, D'HERBELOT.

,,Les Calenders chez les Mahometans font des gens qui abandonnent pere, mere, femmes, enfans, parens & toutes chofes, qui courent par le monde, & qui

Seit

vivent de ce qu'on leur donne: mais cela ne les rend pas meilleurs obfervateurs de leur Religion &c. On appelle encore Calender le chef d'une Nation, d'une Tribu, d'un Peuple.. Les Armeniens d'Ifpahan, qui demeurent dans le quartier de Julfa, ont auffi un Chef qui porte le nom de Calender, & en cette qualité c'eft lui qui reprefente les befoins de fa Nation au Roi de Perfe ou à fes Miniftres, & qui fait executer les intentions de la Cour par la même Nation.,, GALLAND in seinen Paroles remarquables, Bons Mots & Maximes des Orientaux. (à la Haye, 1694.) p. 14. 15.

10 Die Araber und alle Mahometaner legen den Namen Allah dem höchsten Wesen bey.

Seit des Propheten Flucht war keine beßre Zeit:
Der Janitschar verheert die Länder weit und breit.
Es lebe Sulimann! er müsse lange leben!
So wird uns jedes Jahr schon Wüsteneyen geben.

Hier schweiget der Vezier: der Kaiser merkt es sich; Er weiß ihm heimlich Dank, und folgt ihm öffentlich. Beschleußt, der Menschen Werth nie weiter zu vergessen, Und lernt der Länder Heil nicht nach den Siegen messen.

Ein guter Rath ist immer gut;

Doch lerne man die Wahrheit klüglich sagen.
Der Lehren Kraft und Glück beruht
Nur auf der Kunst, sie vorzutragen.

Wallraff und Traugott.

eulend drang sich Boreas in die dichtverzäunten Felder, Ueberraschte Berg und Thal, beugte, brach, zerriß die Wälder. Durch die räuberischen Winde ward in einer Unglücksnacht Nordens ewigbanger Wüste manches Tempe gleich gemacht. Rauhe Furchen, weiß von Reif, dde höckerichte Fluren, Leere Wiesen, fallend Laub, des entblößten Winters Spuren Droheten mit starrem Schrecken, wurden doppelt fürchterlich, Als die neue Wut der Stürme das betrübte Land durchstrich). Was des Pachters wacher Fleiß wohl verpflegt und eingeschlossen, Hohe Ranken an dem Ulm, in den Beeten zarte Sprossen, Zweige starker junger Bäume, die man alten eingeseßt, Hoffnungsvolle frische Pflanzen, die der Frost noch nicht verlegt, Was des rauhen Herbstes Grimm vielen Aesten lassen müssen, Ward geknickt, gebeugt, zerstreut, abgeschlagen, umgerissen. Endlich bringt der Tag die Stille: jeder eilt, um selbst zu sehn, Welche Bäume noch zu stüßen, welche noch zu retten stehn; Hausherr, Frau und Knecht und Magd macht sich auf, und forscht und zählet

Ranken,Sprossen, Baum u.Stock, die der Nordwind ist verfehlet.

1 Siehe die Fabel des Herodes Atticus beym Gellio Noct. Attic. L. XIX. c. 12. Die Breitinger im

Zur

iften Theile der critischen Dichtskunst, p. 231, anführet.

Zur Erhaltung der Gewächse lehren alle, was zu thun:
Jeder giebt dem Nachbar Anschlag; wederWiß noch Zunge ruhn.
Wallraff nur faßt den Entschluß, seine Bäume zu behauen,
Und weit emfiger, als sonst, das beraubte Feld zu bauen,
Greift zur nächsten Art u. Hacke, schneidet,pflöcket,kürzt und bricht;
Aber kürzt und bricht zu heftig, und verschont fast keinen nicht.
Zwar sein Nachbar Traugott kömmt,ausErfahrung ihn zu lehren,
Nicht durch Eile noch Gewalt Ordnung und Natur zu stöhren.
Schone, spricht er, deiner Bäume: glaube mir, allein die Zeit
Schaffet, ohne solche Mittel, die erwünschte Fruchtbarkeit.
Aber Wallraff hört ihn nicht. Als hierauf der Lenz erschienen,
Sahe man fast jeden Baum, nur nicht die gekappten, grünen,
Und des weisen Alten Stämme völler, als man sonst gesehn,
Reich an unerzwungnen Früchten, ungekünstelt prächtig stehn'
Diesen Bäumen gleicht der Wiß ; sucht ihn nicht zu übertreiben;
Ehrt die wirkende Natur; laßt das Künsteln ferne bleiben.
Soll die Seele sich entwickeln, und in rechter Größe blühn,
O so muß kein klügelnd Meistern ihr die Majestät entziehn. 2

Die Thiere.

An Herrn C. L. Liscow.

jer Freyheit unverfälschte Triebe

Erhöhn den Werth der Wahrheitliebe,

Die Deine Seele stark gemacht.

Dein glücklicher Verstand durchdringt in edler Eise

Den Nebel grauer Vorurtheile,

Des schulgelehrten Póbels Nacht.

Was Haller und die Wahrheit preisen,

Mein Freund! das wagst Du zu beweisen:
„Wer frey darf denken, denket wol.,,

Laß Deinen Ausspruch mich vertraulich überführen,
Ob ich die Urtheilskraft in Thieren
Bejahen oder leugnen soll.

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