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Da riefen die Leute:,,Das wissen wir schon!
Das braucht uns der Mann nicht zu sagen"—
Doch sprach ein Gesetz: es verbreitet am
Thron

Die Lehre gar großes Behagen.

Drum gehorcht den Gesezen der Mäßigkeit-
Das Leben wird lang, flieht zögernd die Zeit,
Und mit Zeit ist doch Alles gewonnen!

Und richtig! Bald waren die Klänge ver-
stummt

Von des Lebens verdrießlicher Kürze.
Die Genies zwar haben geseufzt und ge-
brummt:

,,So fehlt ja dem Leben die Würze!"
Doch stets ward der Frevel sogleich unter-
drückt.
,,Lang wird jetzt die Zeit, drum sind wir be-
glückt!"

Erklärten die Richter mit Salbung.

Da plötzlich, da liefen in Dorf und in Stadt
Außer Athem umher die Doctoren,
Die halbe Bevölk'rung kränkelnd und matt,
Die andre hing seufzend die Ohren.
Und zu Ende der Woche, da meldet am
Thron

Ein Bericht: das Zehntheil des Volkes ist
schon

Gestorben an Langerweile!

Entsetzt fuhr der König vom Sessel empor:
,,Wie? Tod statt Verläng’rung des Lebens?
Fort zur Schußfee des Reichs! Um Hülfe
beschwor

Man die Gute noch nimmer vergebens!"
Und sie zogen zur Fee die lächelte mild,
Sie winkt und beran kam lustig und wild
Ein prächtiges Dirnchen gesprungen.

Kaum sehn die Gesandten das drollige Kind,
So müssen von Herzen sie lachen.
,,Fort," sagte die Fee,,,jetzt gilt es geschwind,
Mit der euch nach Hause zu machen!“
Und kaum ist die heimische Grenze berührt,
Da wird schon die Wirkung im Volke ver-
spürt,

Das laut jubilirend umher schwärmt.

Und früh wird das Mädchen zum König ge-
bracht:
Von der Krankheit sind Alle genesen.
Der König begrüßt sie:,,Heil sei deiner
Macht!

Wie dank ich dir, rettendes Wesen ?"
,,Wohlan“, rief die Kleine, „so gieb mir als
Lohn

Mein altes Plätzchen, ganz unten am Thron,
Denn ich, Majestät, bin die Thorheit!"

,,Du banntest mich fort durch das strenge Gesetz,
Das Mäßigkeit furchtbar befohlen.

Da spann Langeweile das tödtliche Netz,

Sie durfte die Opfer sich holen.

Ihr lebt doch nicht lange, wird lang euch die Zeit,
Dem Glück sind nur flüchtige Stunden geweiht
Und ich bin euch rein unentbehrlich!"

Vom geliebten Dornenflrauch.

In meinem Blumengarten steht
Ein wilder Strauch im Rosenbeet
Voll schwarzer, spitzer Nadeln.
Die Freunde lachen, die ihn seh'n:
,,Bei Rosen hier die sauren Schlehn!"
ind spotten laut und tadeln.

..Der Strauch ist seinen Platz nicht werth!

as wird der Dornbusch so geehrt,

Der häßliche, der alte?"

Ci, zieht mir nur den Mund dazu,
Ich habe meinen Grund dazu,
Daß ich so hoch ihn halte!

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ein vorzüglicher Lyriker und Historiker, besonders auf nationalem Felde durch Patriotismus und Charaktergröße hervorragend, erblickte das Licht am 26. December 1769 zu Schorig auf der Insel Rügen. Der Sohn eines Bauern, suchte er die Welt nicht blos im Studirzimmer kennen zu lernen, sondern durch unmittelbare Anschauung des Volkslebens und durch den Verkehr mit verschiedenen Nationen. So unternahm er denn, wie Alexander von Humboldt vor seinen weiteren Weltfahrten, große europäische Reisen und durchzog Schweden, Deutschland, Frankreich, Italien und Ungarn. Im Jahre 1806 trat er als Professor der Geschichte an der Universität Greifswalde auf; allein schon zwei Jahre später (1808) sah er sich genöthigt nach Schweden zu flüchten, weil er als Mann des Fortschritts zu kühn gewirkt hatte und durch die Veröffentlichung mehrerer Schriften in jenen traurigen Tagen sich von allen Seiten schußlos erblickte. Durch seine Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen" hatte er sich den Haß einer unverständigen Adelsparthei, durch

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seinen Geist der Zeit" die tyrannische Verfolgung des siegreichen Napoleon auf den Nacken geladen. So lebte er als Flüchtling bis zum Jahre 1812, wo das Glück des französischen Eroberers wankte, erst auf schwedischem, dann auf russischem Gebiete; kaum aber waren die Heerschaaren des Kaisers durch den russischen Feld= zug vernichtet, so kehrte Arndt nach Deutschland zurück und half mit seiner ganzen genialen Persönlichkeit an dem großen Befreiungswerke unserer tiefgebeugten Nation, indem er sich jenen edeln willenskräftigen Männern anschloß, die, wie Stein, Scharnhorst und Gneisenau, an der Spitze der denkwürdigen Bewegung standen. Er wirkte sowohl durch thätige Theilnahme als durch das mannhafte Wort der Prosa wie der Poesie für die Losjochung von gallischer Knechtschaft: in Prosa verfaßte er einen ,,Soldatenkatechismus“ und eine Schrift,,Ueber Landwehr und Landsturm," während seine Leier, in patriotischen Liedern erklingend, die Gemüther nahe und ferne begei= sterte. Nachdem der Heldenkampf gegen den ruhelosen Tyrannen durchgefochten war, wandte sich Arndt (1815) an die Ufer des befreiten Rheinstroms, die er nicht wieder verließ; zuerst gab er eine Zeitschrift,,Der Wächter“ heraus, dann wurde er an der kürzlich gegründeten Universität Bonn (1818) zum Professor der neuern Geschichte ernannt. Leider indessen erfuhr seine Lehrthätigkeit sehr bald eine langwierige Unterbrechung. Denn schon nach wenigen Monaten sah er sich heimlicher Betheiligung an jenen burschenschaftlichen oder demagogischen Umtrieben angeklagt, die man um die Zeit der Ermordung Koßebue's durch den Fanatiker Sand (1819) jeder jugendlich strebsamen Thatkraft Schuld zu geben anfing; zwar wurde er nach kurzer Untersuchung von der hämischen Verdächtigung freigesprochen, aber gleichwohl im Jahre 1820 in Ruhestand versetzt und selbst mit dem Verluste seiner „Ba= piere" bestraft.

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So war Arndt in seinen kraftvollsten Lebensjahren zu stiller Muße verurtheilt, die er jedoch fleißig für neue historische Arbeiten benußte; unterdessen sang die deutsche Jugend seine unvergessenen herrlichen Lieder fort in Stadt und Land. Endlich hob den Undank für den großen Dienst, den er in schwerster Zeit unserer Nation geleistet hatte, der anerkennende Wille des Königs Friedrich Wilhelm IV.; einer der ersten Schritte, welche dieser Schirmherr von Kunst und Wissenschaft bei seiner Threnbesteigung 1840 that, war die Wiedereinsetzung Arndt's in sein früheres Lehramt an der Universität Bonn. Noch war die frische Lebenskraft in dem rüstigen Greise nicht erloschen; er nahm seine für Recht, Wahrheit und Freiheit strebende Thätigkeit neuen Muthes auf und betrat sogar noch einmal den politischen Schauplay, als die staatlichen Gefahren Europa's 1848-1849 hereinbrachen. Der „,alte Vater“ Arndt, zum Mitglied der deutschen Nationalversammlung in die Paulskirche

gewählt, gesellte sich derjenigen Parthei zu, welche das Heil des gemeinsamen Vaterlands am besten gesichert glaubte durch die Errichtung eines konstitutionellen erb= kaiserlichen Regiments; als dieses Ziel unerreichbar wurde, schied er mit den übrigen Vertretern jener Parthei am 21. Mai 1849 aus der streitsüchtigen Versammlung. Auch in den trüben Zeiten, welche ein unheilvoller Umschwung herbeiführte, verlor der Greis nicht die Freudigkeit des Wirkens; noch oft ließ er öffentlich gegen den Rückschritt seine jugendlich frische Stimme erschallen in jener Weise, die er selbst am treffendsten bezeichnet hat, indem er sagte:,,Des Alten Schnabel ist nun einmal so gestellt, daß er sich, wenn er den Mund aufthut, unwillkürlich alles liebe deutsche Volk als Zuhörer denken muß." Noch neuerdings (1858) geschah das Unerhörte: man gedachte dem ehrenvesten und nur die Wahrheit aussagenden Manne mit den silbernen Locken dadurch eine Unehre anzuheften, daß er in einer deutschen Provinz vor Gericht geladen wurde, des Vergehens beschuldigt, er habe einen verstorbenen bayerischen General verleumdet; aber dieses eitle Unterfangen schlug zur Ehre des Redlichen aus. Heutzutag lebt der neunzigjährige Arndt erhaben über die Kleinlichkeit einzelner Zeitgenossen und von allen Partheien gefeiert als einer der wackersten Männer, die je in Deutschland entsprossen sind.

Wie in seinen prosaischen Darstellungen ein eigenthümlicher Charakter sich ausspricht, der den Selbstdenker und Selbstforscher offenbart, so tritt uns auch aus seinen Poesien, von welchen hier vornehmlich die Rede ist, das Zeichen einer aus dem Innersten hervorgegangenen und das Innerste getreu abspiegelnden Ausdrucksweise entgegen. Arndt hat sich auf poetischem Felde nach und nach durch eigene innwohnende Kraft zu dem herausgearbeitet, was er erreicht hat, und zwar ohne auf einen andern Meister zu blicken und fast, möchte man sagen, ohne alle vorausgegangene Theorie. Er strebte nach der besten Form, die seiner Begabung möglich war, und nach einem ächt volksthümlichen Ausdrucke, da er im Sinne hatte auf das allgemeinste Publikum einzuwirken; auf künstlerische Vollendung der Darstellung kam es ihm dabei nicht an. Unter die eigentlich „romantischen“ Dichter kann man ihn nicht rechnen; er gehörte zu sehr dem Leben an, als daß er sich verirrt hätte in jenen phantastischen Gefühlsschimmer, womit die falsche Romantik deutschen Ursprungs in seiner Jugend zu glänzen suchte. In vielen seiner Gedichte weht ein frommer Hauch gläubigen Gottvertrauens. Seine herrlichste Leistung besteht in den Vaterlandsliedern und Freiheitsgefängen. Eine Menge Poeten haben in jener Epoche nationaler Erhebung nationale Gedichte gesungen: unter ihnen bildet Arndt mit Max von Schenkendorf und Theodor Körner das unvergleichliche Kleeblatt der Freiheitssänger, welches auf die Nation und ihren Waffenerfolg die meiste Wirkung ausübte. Arndt ist der erste und größte des Kleeblatts, er dachte und sprach gleichsam für die ganze Nation und im Namen der ganzen Nation; sein feuriges Lied galt Allen, wenn er auch einzelne Helden besang, und er hat auf Alle gewirkt von dieser Epoche an bis heute und den erhabenen Gedanken der Einheit und Freiheit germanischer Brüderstämme genährt. Körner ist vorzugsweise der Dichter der Feldschlacht und der Befeurer des kriegerischen Männerstreits. Schenkendorf, der sanstere

Genius, steht mitten inne zwischen Beiden. Die Frische und Gluth der Arndt'schen Dichtung wurde unterstüßt durch sangbare treffliche Melodien, die theilweise von dem Dichter selbst ausgingen, gleichzeitig mit der Dichtung entstanden waren. Man darf im Uebrigen dem Urtheile beistimmen, welches Wilhelm Herbst in einem „Vortrage über die deutsche Dichtung im Befreiungskriege“ (Mainz, 1859) dahin gegeben hat: „Arndt ist der energischste, lauteste Vertreter dieser Zeit in Liedern; ein Mann voll Thatkraft ohne Thatenruhe, rastlos, ebenso fortreißend wie hingeriffen von der Bewegung. Am meisten frei von den Bildungseinflüssen unserer Litteratur; dabei als Bauernsohn und jahrelanger Durchwanderer des Vaterlands und andrer Länder ein gründlicher Volkskenner, ist er der volksthümlichste Dichter von allen, der mit blißender Unmittelbarkeit und dem glücklichsten Treffer, kunstlos und oft formlos, das rechte Wort zur rechten Zeit findet; nicht selten ein kühner Sprachbildner und immer dem Singen, der Melodie vor- oder nacharbeitend. Alle diese Gaben und Neigungen machten ihn vorzüglich zum Dichter des Moments, der einzelnen That, mit dem ganzen Horizont freilich und Hintergrund dessen, was den Moment trägt und weiht.“

Schriften. 1),,Gedichte.“ Rostock 1804, 2) Der Storch und seine Familie. Leipzig 1804. 3) Kriegslieder und Wehrlieder. Frankfurt 1815. 4) Märchen und Jugenderinnerungen. Berlin 1818. 5) „Gedichte.“ Frankfurt 1818. Neuere Ausgaben, Leipzig von 1840 ab. 6) Die Frage über die Niederlande. Leipzig 1831. 7) Schwedische Geschichten unter „Gustav III. und Gustav IV. Adolf.“ Leipzig 1839. 8) Erinnerungen aus dem äußern Leben. Leipzig 1840. 3. Aufl. 1842, 9) Versuch in vergleichenden Völkergeschichten. 2. Aufl. Leipzig 1844. 10) Schritten für und an seine lieben Deutschen. 3 Bde. Leipzig 1845. 11) Nothgedrungener Bericht aus meinem Leben. Leipzig 1847. (Ausschlüsse über die ihm 1819 gewordene Verfolgung enthaltend). 12) Blätter der Erinnerung meistens um und aus der Paulskirche. Leipzig 1849, 13) Meine Wandlungen mit dem Freiherrn von Stein. Leipzig 1858.

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