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ihr Haupt unter das eiserne Joch und flüchten sich in ihr Inneres zurück.

54. Der Mensch in Beziehung zur Natur. Die Natur wurde in Rücksicht auf den Menschen geschaffen, welcher ihr Herr ist.

Die Natur unterhält das physische Leben des Menschen; sie reicht ihm Speise und Trank, umgiebt ihn mit Luft, Licht und Wärme, ohne welche er nicht bestehen könnte. Sie sorgt für seine Kleidung und Wohnung, wozu sie Stoffe im Ueberfluß in den Vorrathskammern ihrer drei Reiche besißt. Ohne daß er es ahnt, wirkt sie auf seinen Körper und seine Seele durch das Klima und die Art der Nahrung, durch die Beschäftigungen, welche sie ihn ergreifen heißt, durch die Ansicht des Landes, welches er bewohnt. Sie weckt alle schlafenden Kräfte seines Verstandes. Vermittelst der Sinne bringt sie ihm unzählige Bilder zur Anschauung, welche sein Gedächtniß bereichern, seine Wißbegierde rege machen, seinen Verstand und sein Gefühl für das Schöne entwickeln. Sie führt ihn zum Selbstbewußtsein, indem sie ihn sich von der äußern Welt unterscheiden lehrt. Sie ist endlich eine Offenbarung Gottes, dessen Vollkommenheiten man gleichsam mit dem Auge in seinen Werken erblickt. (Röm. 1, 20. Ps. 19, 2-7.)

Aber auch der Mensch übt einen mächtigen Einfluß auf die Natur aus. Er macht den Boden urbar und bearbeitet ihn; durch seine Pflege verbessert er die Erd- und Baumfrüchte und erhöht die Schönheit der Blumen; den Stier, das Schaf, die Ziege, das Schwein, das Pferd, den Esel, das Kameel, das Rennthier und das Lama, den Hund und die Kaße, das Huhn, die Taube, die Ente und die Gans fesselt er mit Liebe an sich, oder unterwirft sie mit Gewalt. Er hat den Gebrauch des Feuers entdeckt, durch welches er das Fleisch der zahmen und wilden Thiere und eine Menge Vegetabilien, wie Getraide, Gemüse, Thee, Kaffe 2c. zu heilsamen und angenehmen Nahs rungsstoffen macht. Das Feuer ist es auch, vermittelst dessen er die Metalle bearbeitet und sie in Pflüge, Hausgeräthe, Waffen, Münzen, Kunstgegenstände und Zierrathen verwandelt. Flachs, Hanf, Baumwolle, Schafwolle, Seide werden zu tausend verschiedenartigen Stoffen verarbeitet, die Bäume zu Zims mergeräthen, gewisse Mineralien zu Fayence, Porcellan, Glas; und Maschinen, welche der Wind, das Feuer oder das Wasser

treibt, nehmen dem Menschen das Mühsamere und Materiellere der Arbeit ab. Unter der Hand des Künstlers wird der Fels ein prächtiges Gebäude, der Marmorblock eine Bildsäule, einige Farben ein Gemälde. Aber der Mensch giebt nicht nur einzelnen Gegenständen eines Naturreiches eine neue Gestalt; er wirkt auf eine ganze Landschaft, ja auf die ganze Oberfläche des Planeten. Er baut auf Ebenen und im Gebirge eine unzählbare Menge von Städten, Tempeln und Pallästen, Festungen, Dörfern, Weilern. Er haut die Wälder aus, welche eine Gegend bedecken, verbessert durch den Anbau ein Clima, welches ungefund war, oder vermindert seine zu große Kälte; er verwandelt Sümpfe in fruchtbare Ebenen, verheerende Ströme werden eingedämmt, Strecken, welche das Meer bedeckte, werden der Wohnplatz eines zahlreichen Volkes. An einer Küste ohne Zufluchtsort entstehen Häfen; kühne Straßen führen über hohe Bergketten, welche man für unübersteiglich hielt, und die nun aufhören, absondernde Mauern zu sein; künstliche Wasserstraßen verbinden benachbarte Flüsse und entgegengeseßte Meere. Schiffe, von Rudern, Winden und Strömungen oder von Dampf bewegt, durchschneiden den Ocean in allen Richtungen, welcher jetzt die Nationen nähert und verbindet, die er während einer Reihe von Jahrhunderten abgesondert hatte. Ein unermeßlicher Austausch von Pflanzen und Thieren geht in allen Theilen des Continents, zwischen dem Morgen- und Abendlande, der alten und neuen Welt vor sich, und mehrere Gegenden, deren ursprüngliche Erzeugnisse andern gewichen sind, haben ein neues Aussehen erhalten. Endlich haben sich alle ursprünglichen Entfernungsverhältnisse sowohl durch die Vervollkommnung der Schiffahrt, als durch die Erfindung der Dampfmaschinen verändert: ein Weg, zu welchem der Mensch in einem einfachen Boote mehrere Wochen brauchen würde, wird nun in einigen Lagen zurückgelegt. Von Hamburg gelangt man durch den Canal und um das Vorgebirge der guten Hoffnung herum schneller nach Canton, als durch Rußland und Mittelasien; die neue Welt ist Europas naher Nachbar geworden, und der Handel zu Land und zu Wasser bewirkt zwischen allen Völkern leichte und schnelle materielle oder moralische Verbindungen, welche diejenigen, die das Christenthum zwischen allen Gliedern der Menschenfamilie zu erzielen strebt, porbereiten und unterhalten.

Dieß ist der wohlthätige oder vernünftige Einfluß, wel

chen der Mensch und die Natur auf einander ausüben. Aber bisweilen, ja oft fügen sie sich gegenseitig Schaden zu, und der Mensch wird der Sclave oder der Tyrann der Natur. Er verheert fruchtbare, volkreiche Gegenden, verwandelt sie in Wüsten und bedeckt sie mit Trümmern; er verändert die waldigen Abhänge der Gebirge zu dürren Felsen, macht, daß Quellen versiegen, und stört die Geseße der Atmosphäre; er benußt die Vortheile nicht, welche ihm die Natur darbietet, oder verachtet alle ihre Weisungen und fordert von ihr, was sie nicht gewähren kann. Von ihrer Seite scheint die Natur gegen die Menschen verschworen zu sein; beständig bedroht sie unser Leben durch ihre Elemente oder ungesunde Stoffe, und endigt es plößlich durch ihre Gifte; sie reicht unter allen Zonen unsern unersättlichen Begierden immer neue Nahrung und thut das Ihrige, uns noch tiefer als das unvernünftige Thier sinken zu lassen. In den Tropenländern versenkt sie den Menschen in ein träges, einem langen Schlafe ähnliches Leben, oder erhigt alle seine Begierden so, daß er ihnen unterliegt; im Norden läßt sie seinen Körper wie die Pflanzen verkrüppeln oder erstickt seinen Geist durch leibliche Sorgen. Sie lenkt selbst Jeden, der sich mit ihr beschäftigt, um sie zu bearbeiten oder zu verstehen, von Gott ab, sogar den, der seine Freude darin findet, sie zu bewundern; sie giebt sich für die Gottheit selbst aus, deren Offenbarung sie doch nur ist, und läßt sich verehren von allen Nationen, welche sie durch ihre Macht in Schrecken seßt und mit der Last ihrer Wohlthaten oder ihrer Strenge zu Boden drückt.

Die Wirkung der Natur auf die Individuen wechselt mit den Ländern; denn die Erde besteht aus Gegenden, von denen jede ihren eigenthümlichen Character hat, und deren Einfluß auf ihre Bewohner verschieden ist. Jede Landschaft hat ihr Volk.

55. Gleichzahl beider Geschlechter.

1) Bei den Thieren hat in der Regel das weibliche Geschlecht in der Zahl ein bedeutendes Uebergewicht über das männliche. 2) Bei dem Menschengeschlecht allein steht das Gesetz fest, daß das männliche Geschlecht bei der Geburt einen kleinen Ueberschuß über das weibliche hat, in dem Verhältniß wie 21 zu 20, welches aber schon vor dem vierzehnten Jahre sich wieder aufhebt, daß also die völlige Gleichheit der Geschlechter hergestellt wird. 3) Dieses bestimmte Verhältniß ist über

die ganze Erde verbreitet, und in allen Himmelsstrichen das nämliche. 4) Bei einzelnen Familien zeigt sich keine Spur davon. 5) Bei mehreren Familien, die zusammen wohnen, tritt es nach einer Reihe von 10 bis 15 Jahren hervor. 6) Bei Massen von 10,000 Menschen alle Jahre. 7) Bei Masfen über 50,000 Menschen alle Monate. 8) Bei Massen von mehreren 100,000 Menschen alle Wochen. 9) Bei 10 Millionen jeden Tag. 10)Die Ungleichheit in kleinern Zahlen der Gebornen wird durch die Zeit aufgehoben und in das Grundverhältniß verwandelt. 11) Dasselbe geschieht durch die gröBere Menge bei gleichzeitigen Geburten. 12) Es liegt also ein Gesetz zum Grunde, welches an Zeit und Raum zugleich gebunden ist. Denn ohne das Lehtere wäre die gleichmäßige Vertheilung beider Geschlechter in jedem Punkte der Erde unmöglich. 13) Dieses Gesetz liegt höher als die Gefeße des individuellen Lebens, höher als die Geseße der Erdenphysik. Es läßt sich weder aus diesen noch aus den Geseßen der Wahrscheinlichkeit erklären. Es gehört der Gattung an und zeugt von einer höhern Ordnung der Natur.

Fürwahr, hier sind dem menschlichen Denken seine Gränzen gesezt, und wir müssen mit Demuth und Anbetung ausrufen: Du hast uns gemacht und nicht wir selbst. Du schenktest uns einen Strahl deines Lichts, aber so wie das Geschöpf zu dem Schöpfer sich verhält, so verhält sich die menschliche Vernunft zu der göttlichen, und eben dadurch erhält sie das wahre Unterpfand ihres göttlichen Ursprungs, daß sie dieß einsieht, und daß sie erkennt, es eristire etwas Höheres als sie, es eristire eine Unbegreiflichkeit.

Hier verschwindet in der That jeder Schatten von Nothwendigkeit von diesem mit Recht angenommenen Grundgesetz der Natur; hier stoßen wir auf einen Punkt, wo alle Naturgeseze, ja jede Möglichkeit derselben, uns verlassen, und wo wir an eine höhere Ordnung der Dinge glauben müssen, in welcher die Endlichkeit an die Unendlichkeit angränzt, und in welcher jene geheime Macht fortwirkt, die unaufhörlich ihre Schöpfung trägt und hält; an eine fortdauernde Schöpfung, wo das erste schöpferische Werde, was Alles zum Dasein rief, forttönet von Ewigkeit zu Ewigkeit, wo jeder Augenblick des Daseins eines Wesens eine neue Schöpfung ist, und wo selbst die sogenannte Naturnothwendigkeit nicht mehr als tod

ter Mechanismus erscheint, sondern als die unaufhörliche Offenbarung der Gottheit, ihres Willens und Daseins, als die höchste Freiheit, in welcher sich die uns scheinbaren Beschränkungen zur höchsten Idee des All auflösen.

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Das kindliche Gemüth nennt es die Vorschung. Giebt es wol ein besseres Wort dafür?

Es giebt eine höhere Ordnung der Dinge auch in der Natur. Hinter der sichtbaren lebt eine unsichtbare Welt, die sich durch jene offenbaret.

Allerdings können wir in dieser Erdensphäre die Natur nur ergreifen, aber nie begreifen; nur das, was von ihr in die Erscheinung tritt, sorgfältig auffassen, die Geseze ihres Wirkens auffinden, daraus neue Combinationen, und daraus wieder neue Resultate und Schlüsse hervorbringen, die uns in der Erkenntniß und der Vollkommenheit des Lebens weiter bringen.

Dieser sinnlich empirische Weg bleibt ewig der einzige, in der Naturerkenntniß weiter zu kommen. Nur sollen wir uns hüten, in den Wahn zu verfallen, als sei nun auch gar nichts weiter vorhanden, als was sich uns sinnlich darstellt, und als hätten wir das begriffen, was wir doch nur ergriffen haben. Wir sollen nicht über das Sichtbare das Unsicht bare verlieren und durch die empirische Ansicht auch empirische Menschen werden. Nicht wähnen, es habe Gott die Welt nur einmal geschaffen, und seitdem gehe Alles nach einem mecha, nisch nothwendigen Gesetz von selbst so fort, sondern uns überzeugen und davon durchdrungen werden, daß dieselbe ewige Kraft, die die Natur und ihre Geseze aus Nichts ins Dasein rief, immer dieselbe bleibt, und immer fortfährt sie zu tragen und zu halten. In Gott und durch Gott allein leben, weben und sind wir.

56. Die wahrscheinliche Lebensdauer des Menschen.

Wie sehr auch im Einzelfalle der Tod eines Menschen ein Zufall scheinen mag, so hat die Beobachtung im Großen doch gelehrt, daß, weit entfernt von einem bloßen blinden Zufalle, Leben und Tod auch dem Zählenverhältnisse nach gewissen festen und unwandelbaren Gefeßen folgen. Man hat gefunden, daß nicht nur in gegebenen Bevölkerungen die Ster

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