Imágenes de páginas
PDF
EPUB

Klarheit und Methode auszudrücken wußte als ich. Das weckte in mir den Entschluß, mir Mühe zu geben, meinen Styl zu bessern. Ich kaufte einen Theil des Spectators, ein Buch, das mir vortrefflich geschrieben zu sein schien. Beim Lesen desselben zog ich den Inhalt eines jeden Saßes in kurzen Worten aus, und versuchte dann nach einigen Lagen, ohne wieder ins Buch zu sehen, die Gedanken mit meinen eigenen Worten auszuführen. Darauf verglich ich meine Säße mit den Originalsägen, entdeckte meine Fehler und verbesserte sie. Es fehlte mir hauptsächlich an Wortvorrath, oder an der Fertigkeit, die rechten Worte zur Hand zu haben und zu_gebrauchen. Diesen Mangel glaubte ich durch Versemachen ersehen zu können, wobei man ja genöthigt ist, theils des Versmaßes, theils des Reims wegen, beständig mehrere Ausdrücke für dieselben Gedanken aufzusuchen und sich zu eigen zu machen. Deßhalb brachte ich einige Erzählungen aus dem Spectator in Verse und verwandelte später, wenn ich das Original ziemlich vergessen hatte, meine Verse wieder in Prosa. Auch warf ich zuweilen die oben erwähnten kurzen Auszüge durcheinander, und versuchte dann später, sie wieder richtig zu ordnen und darauf auszuführen, um mich so in der Methode und in der Anordnung meiner Gedanken zu üben. Dann verglich ich wieder meine Arbeit mit dem Öriginal und verbesserte meine Fehler. Zuweilen bildete ich mir aber auch ein, daß meine Arbeit, in Hinsicht der Methode oder der Sprache, in einzelnen Punkten das Original überträfe, und dieß ermu thigte mich zu der Hoffnung, gut schreiben zu lernen. Die Zeit, die ich auf diese Sprachübungen verwenden konnte, war spät Abends oder in der Frühe, ehe die Tagesarbeit begann.

Das rechte Wort an der rechten Stelle, das ist der rechte Styl, sagt Swift.

[ocr errors]

Laß etwas auf dich rechten Eindruck machen,

So wirst du schnell den rechten Ausdruck finden,

Und kannst du nur den rechten Ausdruck finden,

So wirst du schnell den rechten Eindruck machen.

(Rückert.)

Aber der Eindruck will es manchmal noch nicht thun, auch der tiefste nicht, es muß ein Einschnitt gemacht werden. Pr. Sal. 12, 11.

7. An Andres.

Mein lieber Andres!

Seine Astronomie hat er wol mit Haut und Haar wieder vergessen? Ich weiß noch, 's pflegt' Ihm hart einzugehn, was Herr Ahrens uns von Triangeln und Cirkeln vormachte, und doch mocht' ich Ihn damals schon lieber leiden. Herr Ahrens wußte wol Alles auf'n Fingern, und Er konnte Nichts begreifen; aber dagegen konnt Er auch in Seiner Einfalt so 'ne ganze halbe Stund' einen hellen Stern ansehen und sich so in sich darüber freuen, und das konnte Herr Ahrens nicht, und darum mochte ich Ihn lieber leiden, sieht Er! und darum schrieb ich Ihm auch diesen Brief, weil übermorgen Abend recht was Schönes am Himmel zu sehen ist. 's wird nämlich der Abendstern eine Stund' nach Sonnenuntergang, wenn reine Luft ist versteht sich, groß und hell am Himmel da stehen im Westen, und dicht unter ihm zur Linken der Jupiter und zur Rechten der Mond.

Wie das zusammenhängt, daß die drei schönen Himmelslichter so dicht neben einander stehen, das mag Herr Ahrens demonstriren; Er aber soll vor Seine Thür heraustreten und nach meinem lieben Mond und den beiden freundlichen Sternen hinschen, und was Ihm, wenn Er nun vor Seiner Thür steht und hinsicht, Andres, was ihm denn durch'n Sinn fahren wird, sieht Er! das gönnt Ihm sein alter Schulkam'rad und davon weiß Herr Ahrens Nichts.

Leb Er wohl, Andres, und vergeß. Er nicht die Thür zu verriegeln, wenn Er wieder h'reingeht. Den 11. Febr. 1774.

Brief an Andres.

Da schreib ich Ihm schon wieder, und dießmal halt Er mir nur noch Stand, mein lieber Andres, dann soll Er auch. fürerst Ruhe haben. Ich kann doch nicht so ins große Blaue schießen, muß doch Jemand haben, nach dem ich ziele, und Er ist mir so recht bequem und paßlich, nicht zu dumm und nicht zu flug, und Sein Gemüth ist nicht böse. Will auch Brüderschaft mit Dir gemacht haben, Bruder Andres.

Was Du mir unterm 31sten passati von dem neuen Holzbein und der Bärenmüß schreibst, die Du dem alten lahmen

Dietrich heimlich auf sein Strohlager hast hinlegen lassen, hat mir nicht unrecht gefallen; darüber aber mnß ich recht lachen, daß Dir nun nach seinem Dank '3 Maul doch so wässert. 's wässert einem denn so, Andres, mußt aber Alles hübsch hinunter schlucken. Dietrich bleibt ja im Lande, kannst ja alle Tage, wenn er vorbeihinkt, Dein Holzbein nachsehen und Deine Bärenmütz. Aber dem Dank wolltest Du gar zu gern zu Leibe? Nun, reiß Dir deshalb kein Haar aus, 's geht andern ehrlichen Leuten auch so; man meint Wunder, was einem damit geholfen sein werde, und ist nicht wahr; hab's auch wol eher gemeint; aber seit Bartholomäi habe ich mich darauf gesezt, daß ich von keinem Dank wissen will, und wenn mir nun einer damit weitläuftig angestiegen kommt, so karbatsch' ich darauf los, und Alles aus purem leidigen Intereffe, wahrhaftig aus purem Interesse. Denn sich, Andres, Du wirst auch finden, wenn die Sachy' unter die Leut' ist, und Dietrich gedankt hat, denn hat man seinen Lohn dahin, und 's ist Alles vorbei; und was ist es denn groß, zu geben, wenn man's hat? Wenn aber keine Seel 'von weiß, sieh! denn hat man noch immer den Knopf auf'm Beutel, denn ist's noch immer ein treuer Gefährt um Mitternacht und auf Reisen, und man kann's ordentlich als'n Helm aufn Kopf seßen, wenn ein Gewitter aufsteigt. Herzlicher Dank thut wohl sanft, alter Narre, doch ist das auch keine Hundsvötterei, heimlich hinlegen und denn dem armen Volk als 'n_unsichtbarer Engel hinterm Rücken stehen und zusehen, wie's wirkt, wie sie sich freuen und handschlagen und nach dem unbekannten Wohlthäter suchen. Und da muß man sie suchen lassen, Andres, und mit seinem Herzen in alle Welt gehen.

Aber, hör', man muß auch nicht jedem Narren geben, der einen anpfeift. Die Leut' wollen alle gern haben, und ist doch nicht immer gut. Mangel ist überhaupt gesunder als Ueberfluß, und traun, glaube mir, '3 ist viel leichter zu geben, als recht zu geben. Aufn Kopf mußte Dietrich was haben und 'n neues Bein auch, das versteht sich, aber es giebt sehr oft Fälle, wo es besser und edler ist, abzuschlagen und hart zu thun.

Versteh mich nicht unrecht; wir sollen nicht vergessen, wohlzuthun und mitzutheilen, das hat uns Herr Christus auch gesagt, und was der gesagt hat, Andres, da laß ich mich todt darauf schlagen.

Hast Du wol eher die Evangelisten mit Bedacht gelez sen, Andres? Wie Alles, was Er sagt und thut, so wohlthätig und sinnreich_ist! klein und stille, daß man's kaum glaubt, und zugleich so über Alles groß und herrlich, daß einem's Kniebeugen ankömmt, und man's nicht begreifen kann. Und was meinst Du von einem Lande, wo seine herrliche Lehr' in eines jedweden Mannes Herzen wäre? Möchtest wol in dem Lande wohnen?

Ich habe mir einen hellen schönen Stern am Himmel ausgesucht, wo ich mir in meinen Gedanken vorstelle, daß Er da sein Wesen mit seinen Jüngern habe. Ich segne den Stern in meinem Herzen und bet' ihn an, und oft, wenn ich Nachts unterwegs an den Rabbuni denke und zu dem Stern aufseh', überfällt mich ein Herzklopfen und eine so kühne, überirdische Unruhe, daß ich wirklich manchmal denke, ich sei zu etwas Besserm bestimmt als zum Brieftragen; ich trag' indeß immer den Weg hin und find' auch bald wieder, daß es mein Beruf sei. Halt! '3 wird schon Lag und der Morgen guckt durch die Vorhänge in's Fenster! Junge mir ist's wohl dahier hinter den Vorhängen in dieser Frühstund'! möchte dich gleich umarmen. Leb wohl, Andres, und grüße Deinen Herrn Pastor, vor dem ich Respect habe, weil er so'n lieber, guter Herr Pastor ist, und so fromm aussehend, als ob er immer an Etwas jenseits dieser Welt dächte.

28 Morgens bei meiner Lampe, die keine von den berühmten nächtlichen Lampen der Weisen“ ist, sondern eine ganz natürliche Thranlampe.

8. An meinen Sohn Johannes.

Lieber Johannes! Die Zeit kommt allgemach heran, daß ich den Weg gehen muß, den man nicht wiederkommt. Ich kann Dich nicht mitnehmen, und lasse Dich in einer Welt zurück, wo guter Rath nicht überflüssig ist. Niemand ist weise von Mutterleibe an, Zeit und Erfahrung lehren hier und fegen die Lenne. Ich habe die Welt länger gesehen als Du. Es ist nicht alles Gold, lieber Sohn, was glänzet; und ich habe manchen Stern vom Himmel fallen, und manchen Stab, auf den man sich verließ, brechen sehen. Darum will ich Dir einigen Rath geben, und Dir sagen, was ich funden habe, und was die Zeit mich gelehret hat.

*

*

Es ist Nichts groß, was nicht gut ist, und ist Nichts wahr, was nicht bestehet. - Der Mensch ist hier nicht zu Hause. Diese Welt ist für ihn zu wenig, und die unsichtbare siehet er nicht und kennet sie nicht. — Es ist nicht gleichgültig, ob er rechts oder links gehe. Doch laß Dir nicht weiß machen, daß er sich rathen könne, und selbst seinen Weg wisse. Halte Dich zu gut, Böses zu thun. Hänge dein Herz an kein vergänglich Ding. Die Wahrheit richtet sich nicht nach uns, lieber Sohn, sondern wir müssen uns nach ihr richten. Was Du sehen kannst, das siehe, und brauche Deine Augen, und über das Unsichtbare und Ewige halte Dich an Gottes Wort.

[ocr errors]

Scheue Niemand so viel als Dich selbst. Inwendig in uns wohnet der Richter, der nicht trügt, und an dessen Stimme uns mehr gelegen ist, als an dem Beifall der ganzen Welt und der Weisheit der Griechen und Aegypter. Nimm es Dir vor, Sohn, nicht wider seine Stimme zn thun; und was Du sinnest und vorhaft, frag' ihn zuvor um Rath. Er spricht anfangs nur leise, und stammelt wie ein unschuldiges Kind; doch wenn Du seine Unschuld ehrst, löset er gemach seine Zunge, und wird Dir vernehmlicher sprechen.

Lerne gerne von Andern, und wo von Weisheit, Menschenglück, Licht, Freiheit, Lugend u. dgl. geredet wird, da höre fleißig zu. Doch traue nicht flugs und allerdings, denn die Wolken haben nicht alle Wasser. Manche meinen, sie haben die Sache, wann sie davon reden können und davon reden. Worte sind nur Worte, und wo sie gar leicht und behende dahin fahren, da sei auf Deiner Hut. Denn die Pferde, die den Wagen mit Gütern hinter sich haben, gehen langsameren Schrittes.

Wenn Dich Jemand will Weisheit lehren, so siehe in sein Angesicht. Dünket er sich hoch, und sei er noch so gelehrt und noch so berühmt, laß ihn und gehe seiner Kundschaft müssig. Was einer nicht hat, das kann er auch nicht geben. Und der ist nicht frei, der da will thun können, was er will; sondern der ist frei, der da wollen kann, was er thun soll. Und der ist nicht weise, der sich dünket, daß er wisse; sondern der ist weise, der seiner Unwissenheit inne geworden, und vom Dünkel genesen ist. Wenn es Dir um Weisheit zu thun ist, so suche sie, und nicht das. Deine, und brich Deinen Willen, und erwarte geduldig die Folgen.

« AnteriorContinuar »