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hebt sich die Heuschrecke, und es bricht die Kapper, denn der Mensch zieht hin in sein ewiges Haus und draußen gehen umher die Klagenden.

Wer ist der Hohe, vor dem Alles niedrig ist? Das ist Gott in der Höhe. Wann fürchtet man sich vor ihm? Wenn er seine hohe Majestät offenbaret und aller Menschen Macht und Wih Nichts verschlägt. So ist es, wenn der alte Mensch nun endlich sterben soll. Da steht man und sieht es an und kann Nichts helfen noch rathen. Bei solchem Anblick überfällt die Menschen die Furcht vor dem höchsten Gott und wo sie stehen und gehen ist Schrecken um sie. Das Leben des Menschen, der dem Tode nahe ist, gleicht dem Blümchen auf nacktem, kahlem Baume, um den Alles erstorben ist. Das ist der Mandelbaum, der im Winter blühet blätterlos. Oder wie die Heuschrecke sich zum Fliegen erhebt und ihre alte Hülle abstreift oder wie die Kapper plößlich ihre Schote aufreißt und herausspringt, so will das Leben jezt den alten Leib von sich stoßen und davon eilen, denn der Mensch gehet ein in sein ewiges Haus. Er hat bisher auch ein Haus gehabt, eine Hütte oder einen Pallast, aber es war nur ein flüchtiger, unstäter Aufenthalt, endlich kommt er in ein Haus, welches im Vergleich mit jenem ein ewiges genannt wird, denn hier kommt er zur völligen Ruhe. Aber ach, dieses Haus ist eine finstere, tiefe Kammer, darum klagen die, welche draußen sind, über den, welcher drinnen ist.

V. 6. Ehe die silberne Kette zerspringt und der goldene Krug zerschmettert, der Eimer über dem Quell zerbricht und das Rad am Brunnen zertrümmert.

Er sagt noch einmal "ehe" wie V. 2. Die Jugend soll ihres Schöpfers gedenken, ehe der Tod kommt. Denn der Lod zeigt, daß das Leben nicht dem Menschen gehört, sondern ihm nur als eine Liebesgabe von Gott verliehen ist. Der Prediger denkt sich an einer silbernen Kette einen goldenen Delkrug, aus welchem die Lampe brennt. Das ist des Menschen herrlich und wundersam bereiteter Leib, in welchem wohnet der Geist, der da ist die Leuchte des Herrn (Sprüchw. 20, 19). Der Leib des Menschen hängt aber an dem silbernen Faden des Lebens. Zerreißt nun dieser, so geht der kunstvolle Bau des Leibes in Trümmer. Oder er denkt sich einen tiefen Brunnen, aus dem man schöpfe mit einem Eimer, der am Rade heraufgezogen wird. Zerbricht der Eimer oder zer

trümmert das Rad, so ist das ganze Werk unnüß. So zergeht das schöne Werk des Menschenlebens durch den Tod. Aber warum malet der Prediger den Tod so schrecklich? Erstlich, weil es so ist, denn wohlgemerkt, eine Sache wird das durch nicht anders, weil man sie anders deukt. Der Tod ist und bleibet schrecklich, man mag in seinen Schrecken hineinschauen oder davon wegsehen. Darum lehret der Prediger nur gleich in den Lod hineinsehen und führet noch weiter in die Liefe.

V. 7. Denn der Staub muß wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.

Das ist die tiefste Tiefe, daß dieser unser Leib sich wieder vermischen soll mit dem Staube. Aber hier zeigt sich noch ein zweiter Grund, weßhalb der Prediger tief in das Grab hinein blicket. Denn da er seinen Blick nicht wegwendet, siehet er nicht bloß hinein, sondern auch hindurch und schauet, daß der Geist wieder zu Gott gehet. Ist aber der Geist, das innerste Wesen des Menschen, bei Gott, so ist der Menschh auch unverloren und um seines Geistes willen muß auch der erstorbene Leib wieder auferstehen, wie das erstorbene Waizenkorn wieder belebet wird. So ist denn das wahre Ende doch nicht der Lod, sondern Gott, sowie der Anfang Gott gewesen ist, und der zwiefache Blick, den der Prediger thun heißet, wird ein Flügelpaar, welches den Menschen aus der Liefe der Langeweile, der Verdrießlichkeit, der Traurigkeit und des Lodesgrauens emporhebet in die freie, reine Luft der Freude, in der er gleich dem Vogel nicht sorget, sondern singet.

63. Youngs Klage.

Des Müden füße Stärkung, Balfamschlaf!
Ach, gleich der Welt verweilt er gern nur da,
Wo Freude lacht verläßt den Jammernden
Und flieht auf leichtem Fittig schnell vom Weh
Zu Augen hin, die keine Thräne neßt.

Von einer kurzen, unterbrochnen Ruh
Erwach ich. Glücklich, wer nicht mehr erwacht
(Wofern das Grab uns nur vor Träumen schüßt).
Ich wach' und hebe mich aus einer See

Von stürm'schen Träumen, mein gescheiterter

Gedanke wogt auf wilder Phantafte

Des Elends, ohne Ruder der Vernunft.

Jeßt halt' ich's wieder ach, ich tauschte nur
(Ein bittrer Tausch) für Leiden Jammer ein.
Der Tag ist meinem Schmerz zu kurz. Die Nacht
Selbst im Zenith von ihrer Finsterniß

Ift Sonnenschein zur Farbe meines Glücks.
Nacht! düstre Göttin, von dem schwarzen Thron
Streckt über eine schlummervolle Welt
Sie jest in strahlenloser Majestät

Den schweren Scepter aus. Wie todtenstill,
Wie finster ist's umher. Kein Auge stößt,
Kein lauschend Ohr auf einen Gegenstand.
Die Schöpfung schläft. Der allgemeine Puls
Des Lebens stockt. Die Pause der Natur,
Sie ahnet furchtbar ihren Untergang.
Erfülle nur die Ahnung! Schicksal, zich
Den Vorhang zu! Verlieren kann ich Nichts.
Ruh und Finsterniß, du ernstes Paar
Von Schwestern, aus der alten Nacht erzeugt,
Die ihr den zarten Keim des Denkens nährt
Und zur Vernunft erzieht und zum Entschluß
(Die Stüße von des Menschen Majestät),

steht mir bei! im Grabe noch will ich
Euch danken, ach, im Grabe, eurem Reich.
Schon fällt der morsche Bau, ein Opfer, ach!
Längst eurem schrecklichen Altar geweiht.
Doch wer seid ihr?

Du, der die erste Ruh
Entfliehen hieß, als nun der Morgenstern
Entzückt den jungen Erdball wandeln sah,
Du, deffen Wort aus dichter Finsterniß
Den Sonnenfunken schlug, erhelle du

Mit Weisheit meinen Geist, er flieht zu dir,

Mein Trost, mein Reichthum, wie wenn Andre ruhn
Der Geizige zu feinem Golde flieht.
Ofende einen mitleidsvollen Strahl
Von Licht und Trost in diese Doppelnacht
Von Finsterniß der Seele und Natur!
O führe meinen Geist, der sich so gern
Von seinem Weh einmal entreißen will,
Des Lebens und des Todes Scenen durch
Und jede flöß' ihm theure Wahrheit ein!
Doch auch mein Leben sei wie mein Gefang
Von dir begeistert, lehre die Vernunft
Vernünftig fein, lehr' meinen Willen du
Das Rechte thun und stärke den Entschluß,
Der Weisheit lange Schuld zu tilgen, laß
Den Becher der Vergeltung nicht umsonst
Auf dieß geweihte Haupt vergoffen sein.

Die Uhr schlägt Eins.

Wir merken nur die Zeit

An dem Verlust. Ihr eine Zunge leihn
Ift Weisheit. Ach ich fühl' den ernsten Schall

Als wenn ein Engel spräche. Hör' ich recht?
Das war entflohner Stunden Grabgesang.
Wo seid ihr? bei den Jahren vor der Flut.
Das ist mein Aufbruchszeichen. O wie viel
Ift noch zu thun! Ach, Furcht und Hoffnung fährt
Schnell auf und schaut des Lebens Klippe jäh
Hinab in einen fürchterlichen Grund,

Die Ewigkeit eröffnet fich für mich.

Kann Ewigkeit das Loos des Bettlers sein,
Der von der Gnade jeder Stunde lebt?
Wie arm, wie reich, wie niedrig und wie groß.
Wie wundervoll verwoben ist der Mensch!
Ein größer Wunder ist sein Schöpfer nur,
Der in ihm folche Fernungen vereint,
Aus fremden Stoffen wundervoll_gemischt.
Er ist entfernter Welten schönes Band,
Endloser Wesenkette großes Glied,

Vom Nichts zur Gottheit leiser Uebergang,
Ein Aetherstrahl, verdunkelt und verschluckt,
Verdunkelt und entweiht und göttlich doch;
Der unbeschränkten Größe kleinstes Bild,
Der Hoheit Erbe und der Sohn des Staubs,
Hülfloser Geist, unsterbliches Insect,

Of California.

Library.

Ein Wurm, ein Gott. Ich zittre vor mir selbst,
Verlier' mich selbst und mein Gedanke ist
Zu Hause fremd. Hier taumelt die Vernunft.
Welch Wunder für den Menschen ist der Mensch,
Siegreich, besiegt, voll Freude und voll Furcht,
Abwechselnd bald entzückt und bald erschreckt!
Wer schüßt mein Leben? wer zerstört es mir?
Kein Engel hält vom Grabe mich zurück,
Und tausend schließen mich ins Grab nicht ein.

64. Parentation über Anselmo.

Gehalten am ersten Weihnachtstage. NB. Richt in der Kirche, sondern nur im Zimmer neben dem offenen Sarge, und war Niemand da als Andres.

Andres, hier liegt er! Aber er hört und sieht uns nicht mehr. Anselmo ist todt, unser lieber Anselmo! Wie ist dir zu Muth, Andres? Er pflegte, wie du weißt, die Welt 'n Krankenhospital zu nennen, darin die Menschen bis zu ihrer Genesung verpflegt werden. Er ist nun genesen und hat seinen Hospitalkittel ausgezogen. Und wir stehen neben dem Kittel und haben ihn nicht mehr und finden so einen Anselmo nicht wieder. Wie ist dir zu Muth, Andres?

Er war so fromm und geduldig, und die Engel haben

seine Seele gewiß gerade in Abrahams Schooß getragen. Sieh' her! Er sieht noch aus, als da er lebte, nur hat ihn der Tod blaß gemacht. Der Tod macht blaß, Andres.

Hast du wol eher eine Leiche in voller Verwesung ge= sehen?

So lange noch die Gestalt da ist, dünkt's einen, als wäre der Freund noch nicht ganz verloren. Er wohnt zwar jenseit des Wassers, daß wir nicht zu ihm können; doch wohnt er noch da, und wir können doch seinen Schornstein rauchen sehn. Aber auch das darf nicht so bleiben, eh' es wieder vorwärts gehen kann, das hat Gott so geordnet. Anselmo muß ganz weg aus unsern Augen, muß Asche und Staub werden.

Ich bin so betrübt, Andres! Wollte dich gern trösten, aber ich kann nicht. Lehne dich an die Wand oder in eine Ecke und weine dich satt; ich will mich hier hinseßen und 'n Kopf wider den Sarg stüßen.

Es ist doch Alles eitel und vergänglich; Sorge, Furcht, Hoffnung und zuleßt der Lod! — Die Zeit wird kommen, Andres, wo sie uns auch in Leinen wickeln und in einen Sarg legen. Laß uns thun, lieber Junge, was wir dann gerne möchten gethan haben und unser Vertrauen auf Gott seßen! Und nun Abschied nehmen, Andres. Wir können ihm doch Nichts mehr helfen.

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Ich habe hier einen Blumenstrauß, den will ich ihm noch in den Sarg legen; schenk' du ihm dein kleines Silberkreuz und leg's ihm auf die Brust. Und dann wollen wir beide hintreten und ihn zu guterlegt noch einmal ansehen.

Anselmo! Lieber Anselmo! mit deinen blassen gefalteten Händen, schlafe wohl! Gott sei mit dir!! O du lieber Herzens Anselmo!!! Gott sei mit dir!!!

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Wir werden uns wieder sehen. Und komm', Andres, und gutes Muths! Mußt nun recht gutes Muths sein. Unser Herr Christus ist auch heute geboren.

65. Des Todes Bild.

Des Todes rührendes Bild steht

Nicht als Schrecken dem Weisen und nicht als Ende dem Frommen.

Jenen drängt es ins Leben zurück und lehret ihn handeln,
Diefem stärkt es, zu künftigem Heil, in Trübsal die Hoffnung;
Beiden wird zum Leben der Tod.

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