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der Schramme, so viel dem Pächter, wie viel darunter, dem Verpächter.

4. Ein Krokodil nimmt einer Mutter, die sich des Ungethüms nicht versiehet, ihr Kind von der Seite und läuft dem Schilf zu. Die Mutter schreiet, daß es dem Krokodil zu Herzen geht, es steht still und spricht zu der Mutter: Du sollst denn dein Kind auch wieder haben, aber nur, wenn du inir sagen kannst, was ich mit dem Kinde thun will. Da spricht die Mutter: Dann habe ich mein Kind wieder, denn du willst es fressen. Nun hast du es verloren, spricht das Krokodil, in jedem Fall werde ich jeßt es fressen. Denn hast du es gerathen, was ich thun will, so muß ich das Kind fressen, um zu zeigen, daß du richtig gerathen hast; hast du es aber nicht gerathen, so werde ich das Kind fressen, weil du es nicht gerathen hast. Nein, versezte die Mutter zuver sichtlich, ich werde mein Kind in jedem Fall wieder erhalten, wenn du bei deinem Worte bleibst. Denn habe ich es gerathen, so mußt du mir das Kind wieder geben nach deinem Versprechen, habe ich es aber nicht gerathen, so wirst du ja mein Kind nicht fressen, mir also wieder geben. Wie wäre die Sache zu entscheiden?

5. Zu einem berühmten Rechtsgelehrten und Anwalt geht ein junger Mann: Was soll ich dir geben, wenn du mich deine Kunst lehrest? Sie werden sich um eine bestimmte Sum me Gelds einig und zwar so, daß die Hälfte sofort beim beginnenden Unterricht solle bezahlt werden, die andre Hälfte, wann der Lehrling den ersten Proceß würde gewonnen haben. Die erste Hälfte wird gezahlt, der Unterricht gehet glücklich von Statten, der Schüler wird wohlbefähigt entlassen. Allein er fängt nicht an, Processe zu führen. Dem Lehrer wird die Zeit lang, er erinnert, mahnet, aber vergeblich, da fordert er ihn vor Gericht. Er erscheint. Der Kläger beginnt: Du wirst mir die noch unbezahlte andre Hälfte des Lehrgeldes bezahlen müssen jedenfalls, ich gewinue oder verliere. Gewinn' ich, so wird ja der Richter dich auch zwingen zu bes zahlen, verlier' ich aber, so hast du gewonnen, hast deinen erften Proceß gewonnen und mußt vermöge unsres Contracts. bezahlen. Nein, sagt der Beklagte, du bekommst das Geld auf keinen Fall, ich mag gewinnen oder verlieren. Verlier' ich, so habe ich, da bisher noch gar kein Proceß von mir geführt worden ist, auch noch keinen gewonnen, bin daher

contractsmäßig zur Zahlung nicht verpflichtet, gewinn' ich aber, so heißt das nichts anders, als der Richter spricht mich von der Verpflichtung zu bezahlen frei. Wie mag das Gericht erkannt haben?

6. Eine Administrativ-Behörde so, eine Justizbehörde so. Ein wirklicher, hiesiger, frischer Rechtsfall. Der Eigenthumsinste H. Luysch zu Ascheffel, welcher der Abnahmefran, Widwe Bader, daselbst in Gemäßheit Abnahmecontracts vom 2. Juli 1833 außer andern Leistungen eine Kuh „bei des Hofbesizers beßten milchgebenden Kühen“ zu gräsen hat, machte dem Hüttener Amthause vorstellig, daß die Widwe Bader ihre Kuh jeden Abend nach Hause nehme, dadurch aber seine, des Stellbesizers, Kühe beunruhigt würden und Schaden das von hätten. Mit Rücksicht hierauf ward der Widwe Bader unterm 12. August 1841 vom Amthause der Befehl beigelegt, ihre Kuh, gleich den Kühen des Stellbesizers, in der Nacht im Felde zu lassen und nicht des Abends nach Hause zu nehmen. Die Bader verantwortete sich gegen diesen Befehl, indem sie die Verpflichtung, ihre Kuh Nachts auf dem Felde zu lassen, in Abrede stellte und die Gründe anführte, weßhalb sie es vorgezogen habe, selbige nach Hause zu nehmen. In dem darauf abgehaltenen Termin behauptete der Kläger, wie es ein allgemeiner landwirthschaftlicher Gebrauch sei, die zusammenweidenden Kühe auch des Nachts beisammen zu lassen, weil sonst die zurückbleibenden unruhig würden. Unterm 27. August 1841 erging darauf der Bescheid: „Wenn gleich es der Beklagten unbenommen bleibt, von der ihr contractlich zustehenden Gräsung keinen Gebrauch zu machen, so ist sel bige, falls sie ihre Kuh mit den Kühen des Klägers grasen läßt, dennoch verpflichtet, ihre Kuh auch des Nachts so lange draußen zu lassen, als der Kläger seine Kühe, landwirthschaftlichen Regeln gemäß, im Freien übernachten läßt, da es wes sentliche Nachtheile für die beiden Kühe des Klägers hervors bringen muß, wenn eine am Tage mit ihnen weidende Kuh am Abende von der Weide genommen wird. Die Beklagte hat es hiernach zu verhalten und dem Kläger die angeursachten Kosten zu erstatten."

Auf die wider dieß Erkenntniß erhobene Supplication erfolgte unterm 9. Dec. 1841

in Erwägung, daß weder von Seiten des Supplicaten der seiner Behauptung nach allgemein stattfindende Gebrauch, nach welchem

die gemeinschaftlich mit einander weidenden Kühe auch des Nachts zusammen gelassen werden, noch auch der dem Supplicaten angeb lich dadurch erwachsene Schade, daß die Supplicantin ihre Kuh von der Weide genommen, näher nachgewiesen worden, eine Verpflich tung aber, welche dem Weideberechtigten obläge, sein Vich mit dem übrigen auf der Weide befindlichen Vieh unausgesezt weiden zu lassen, um so weniger angenommen werden kann, als nicht selten Umstände eintreten werden, die eine Entfernung des einen oder des andern Stück Viehes von der Weide entweder nothwendig oder doch höchst rathsam machen;

in Erwägung ferner, daß es der Supplicantin frei gestellt bleiben muß, darüber zu bestimmen, ob sie von dem ihr zukommenden Rechte auf Weide während eines gewiffen Zeits abschnittes Gebrauch machen will oder nicht,

der Bescheid: daß das angefochtene decisum aufzuheben und Supplicat mit der wider die Supplicantin erhobenen Klage, unter Erstattung der in inferiori erwachsenen Kosten, abzuweisen sei.

decisum, in inferiori, Kinder, etwas Latein lernen, das ist nicht vom Uebel, so lange man Federn und Zungen noch lässet so gehen.

111. Billigkeit im Recht.

In allen Sachen, sagt Dr Martin Luther, soll man mehr sehen auf die Billigkeit, denn auf gestreng und scharf Recht. Also sagt St. Jacob in seiner Epistel: Barmhers gigkeit erhebt das Gericht. (Cap. 2, 13. Die Barmherzigkeit rühmet sich wider das Gericht.) Darum soll man die Billigkeit ansehen und darnach richten, welche das Recht und die Disciplin nicht los macht, noch bricht und aufhebt, sondern dieselbe auslegt und lindert nach Gelegenheit der Umstände, denn Umstände verändern die Sache, vornehmlich in den Fällen, davon das Recht insonderheit nichts redet. Doch soll man gleichwol in solcher Milderung Fleiß zusehen, daß uns ter solchem Scheine der Billigkeit nicht wider Recht etwas ges handelt werde. Der Richter ist der Vertheiler, aber nicht der Verthuner (Vecthuer) des Rechts. Der Jurist ist wie ein Apotheker, er giebt aus und dispensirt, was er nicht verschrie ben und was er nicht zu verschreiben hat; er soll das Recht dispensiren, aber nicht davon dispensiren. Darum soll man

mit großer Vorsichtigkeit und Gottesfurcht und unter fleißiger Anrufung Gottes unsers Heilands handeln, nicht unbedächtig und plöglich bald herausfahren und sagen: Das ist billig und recht, wie junge, unerfahrene Leute pflegen. Ein junger Jurist will haben das höchste und das schärfste Recht, aber es fehlet ihnen weit, man kann's nicht alles zu Bolzen drehen. Doch in den Artikeln des Glaubens und in Gottes Wort, da soll man weder zur Rechten noch zur Linken weichen.

112. Rechts- Sprüchwörter.

Die Vorzeit hat ihre Erfahrungen und die daraus geschöpften Lehren der Weisheit in kurzen Sprüchen zusammengefaßt, die von Mund zu Mund durch Jahrhunderte gegangen sind.

Dem Sinn ein treu Geleit zu geben
Durch krauses Erdenlabyrinth,

Vermählt sich Weisheit mit dem Leben

Und Sprüchwort heißt ihr freundlich Kind.

Ein großer Theil derselben ist auch schriftlich aufgezeich net. Das Sprüchwort ist der älteste Ausdruck für Lehren der Weisheit, findet sich häufig in der heiligen Schrift, und als den Anfang griechischer Weltweisheit kann man die Sprüch wörter ansehen, welche den sieben Weisen beigelegt werden. In ihrer leichten Faßlichkeit enthalten die auf uns gekommenen Sprüchwörter aller Zeit einen Schaß von Lehren, den auch die Gegenwart nicht unbeachtet läßt.

Das Sprüchwort ist zwar eine kurze Rede, in den meis sten findet aber Jeder, der sich recht darauf versteht, viele Weisheit. Ihrer allgemeinen Verbreitung wegen, und weil sie noch jezt unter allem Volk von Mund zu Munde gehen, hat man den Inbegriff von Sprüchwörtern, den ein Volk besißt, die Weisheit auf der Gaffe genannt. Sie sind von sehr verschiedener Art. Einige sprechen allgemeine Erfahrungen über die Schicksale und das Verhalten der Menschen aus. Andere beziehen sich auf besondere Stände und auf einzelne Lebensverhältnisse, namentlich giebt es eine ganze Reihe von Sprüchwörtern, welche das Recht angehen, ja man hat ganze Bücher, welche die Grundsäße der deutschen Rechte in Sprüch wörtern erläutern. Von diesen Rechtssprüchwörtern folgen hier einige Beispiele. ⠀

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Was 100 Jahr unrecht Kinder und Narren reden

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Ländlich, sittlich. Landes Weise ist Landes Ehre. Mißbrauch ist keine Gewohnheit. ist, das ist nicht 1 Jahr recht. die Wahrheit. - Jugend hat nicht allezeit Tugend. — Bürger und Bauer scheidet nichts denn die Mauer. - Die Aeme ter und Zünfte müssen so rein sein, als wären sie von den Lauben gelesen. Anwerbung macht keine Verbindung. → Heirathen ins Blut thut selten gut. Wer freien will, muß erst ausdienen. - Mann und Weib find Ein Leib. - Die dem Manne traut, die traut der Schuld. Reiche Weiber machen arme Kinder. — Kinder zeugen bricht Ehestiftung. — Wenn die Frau todt ist, hat die Schwägerschaft ein Ende. Die Frau erwirbt Nichts und verdirbt Nichts. — Kirchengut hat eiserne Zähne. Dein Fund mein halb. Ein Fund verhohlen ist so gut als gestohlen. - Der Hehler ist nicht besser als der Stehler. Gissen gaht missen. (Gissen: Muthmaßungen, Vermuthungen güter und schlimmer Art, von der lehtern Art Argwahn, heißt so, nicht: Argwohn, Verdacht, Anzeigen, Indicien.) - Wo du deinen Glauben hingelegt hast, da mußt du ihn wieder suchen. Gelichen Gut muß lachend wiederkommen. - Wo ich mein Gut finde, da nehm' ichs. Hand muß Hand warten. (Hand mutt Hand wahrn. Wahrn, heißt es warten, abwarten, bis die Sache wieder in der zweiten Hand sein wird? oder verwahren, bewahren vor derjenigen Hand, welche behauptet, daß sie die erste sei? oder wahrnehmen, Acht geben, also auch angeben können, aus welcher Hand sie empfangen oder in welche sie gegeben habe?) - Worüber zwei sich einig werden, das geht den Dritten nichts an. Wer säet, der mähet. Was in des Nachbars Garten fällt, das ist sein. Dem der Hagen, dem ist auch der Graben. Der Nächste zur Sippe, der Nächste zur Erbschaft. So viel Mund, so viel Pfund. Die Schulden sind der nächste Erbe. Wer einen Heller erbt, muß einen Thaler bezahlen. - Zusagen macht Schuld. Geborgt ist nicht geschenkt. Das Besehen hat man umsonst. -Kauf- und Backenstreich sind ungleich. -Wer die Augen nicht aufthut, muß den Beutel aufthun. Wer aus Gnaden dient, soll mit Barmherzigkeit belohnt werden. - Freier Kauf treibt Häuer auf. Wer seine Schuld bezahlt, bessert sein Gut. Gedanken sind zollfrei. Was bei trunkenem Muth gesündigt wird, das muß bei nüchternem Muth gebüßt werden,

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