Imágenes de páginas
PDF
EPUB

und die Schmach, die Unwerth schweigendem Verbienst erweist, wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte mit einer Radel bloß? Wer trüge Lasten und stöhnt' und schwißte unter Lebensmüh? Nur daß die Furcht vor Etwas nach dem Tod, das unentdeckte Land, von deß Bezirk kein Wandrer wieders kehrt, den Willen irrt, daß wir die Uebel, die wir haben, lies ber ertragen, als zu unbekannten fliehn. So macht Gewissen Feige aus uns allen; der angebornen Farbe der Entschließung wird des Gedankens Blässe angekränkelt, und Unternehmungen voll Mark und Nachdruck, durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt, verlieren so der Handlung Namen.

123. Sinn-Sprüche.

Wer lieb' mit Lieb' umfaßt, und selbst den Haß nicht haßt,
Der ist zu Haufe dort, hier auf der Welt ein Gast.

So manches Rehmen giebt, so manches Zögern eilet,
Eo manches Zürnen licht, so manch Verwunden heilet.
Denkft du, wie schön es wär', ob du ein Gut gewannst,
Dent' auch, noch schöner ist, daß du's entbehren kannst.
Kind lerne zweierlei, so wirst du nicht verderben:
Zum ersten lerne was, um Etwas zu erwerben;
Zum andern lerne das, was Niemand dich kann lehren,
Gern das, was du nicht kannst erwerben, zu entbehren.
Auswendiglernen sei, mein Sohn, dir eine Pflicht;
Versäume nur dabei inwendig lernen nicht.
Auswendig ist gelernt, was dir vom Munde fließt;
Inwendig, was im Sinn lebendig sich erschließt.
Die wahre Tugend ist, daß Jeder jede Frift
Das tüchtig thut, wozu er taugt und tüchtig ist.
Weißt du dein Thun gerecht und andres ungerecht,
So laß die Rache dem, der Nichts läßt ungerächt.
Ich steh' in Gottes Hand und ruh' in Gottes Schooß.
Vor ihm fühl ich mich klein, in ihm fühl ich mich groß.
Glückseligkeit zerpflück und Jedem gieb ein Stück,
Gieb mir die Seligkeit und dem, wer's will, das Glück.
Dein höchstes Leben sei zu leben gottbewußt;
Darin ist zweierlei: gottwiffend, gottgewußt;
Daß du dich wissest stets von Gott gewußt, gekannt,
Gemahnt, gestraft, geprüft, geliebt und Kind genannt.
In Gott sind wir vereint und außer ihm geschieden;
Ohn' ihn ist ew'ger Krieg und durch ihn ew'ger Frieden.
Sich selbst nur sieht der Mensch im Spiegel der Natur,
Und was er sie befragt, das wiederholt sie nur.

Wer einmal fügt, muß oft zu lügen sich gewöhnen;
Denn sieben Lügen braucht's, um Eine zu beschönen.
Das Unkraut, ausgerauft, wächst eben immer wieder,
Und immer kämpfen mußt du neu das Böse nieder.

Wie du mußt jeden Tag neu waschen deine Glieder,
So die Gedanken auch an jedem Tage wieder.

Ein Mühlstein und ein Menschenherz wird stets herumgetrieben,
Wo beides Nichts zu reiben hat, wird beides selbft zerrieben.
Geh ohne Stab nicht durch den Schnee,
Geh ohne Steuer nicht zur See,

Geh ohne Gottes Geist und Wort
Niemals aus deinem Hause fort.

124. Pythagoras goldene Sprüche.
Er hat gegen 600 Jahr vor Chr. Geb. gelebt, ein griechischer Weiser.
Ehre vor Allem, getreu dem Gefeß, die unsterblichen Götter!
Heilig sei dir der Eid! Auch für die verklärten Heroen
Bringe dein Opfer und für die unterird'schen Dämonen.
Ehre die Eltern und wen die Geburt dir nahe verbindet;

Unter den Andern gewinne durch Tugend zu Freunden die Beßten.
Weiche dem freundlichen Wort, sei dankbar dem nüßlichen Werke.
Haffe nimmer den Freund, beschwert ihn ein kleines Vergehen,
Wie du es kannst, denn es endet das Können erst nahe dem Müssen.
Deffen sei dir bewußt; gewöhne dich auch zu beherrschen
Deinen Gaumen zuerst, den Schlaf und die lockende Wolluft

Und den Zorn. Was schändlich ist sollst du nicht üben mit Andern,
Nicht allein; von Allen am meisten scheue dich selber.

Immer ftrebe gerecht in Worten und Werken zu bleiben.

Handle nie ohne den Rath der Vernunft im Großen und Kleinen.
Nie vergiß, daß Allen ein Tag zu sterben bestimmt ist.

Auch der Reichthum kommt und vergeht nach der Laune des Zufalls.
Duld' ohn' Eifer und Zorn dein Maß des Leidens, denn jedem
Sterblichen wurde sein Theil durch's Loos der Götter beschieden.
Lindre das Herbe, so viel du vermagst, zum Troste bedenkend,
Daß im Kummer sogar das Schicksal dem Redlichen mild ist.
Manche Reden entfliehen dem Munde der Menschen, an Inhalt
Gut und schlimm; es schrecke dich nie der Worte Bedeutung,
Hindre nie, was du beginnst; mit Nachsicht dulde die Lüge,
Die du vernimmst, stets eingedenk der Lehre der Klugheit:
Nie durch Worte dich, nie durch Werke bethören zu lassen,
Daß du begehest, was dir nicht ansteht, oder nur sprechest.
Handle nicht, ohne vorher zu denken; so meide die Thorheit;
Fürchte die That und das Wort, die des Unverstandes dich zeihen,
Und beginne nur, was dich in der Folge nicht kränket.
Unternimm Nichts, was du nicht selbst versteheft, und lerne
Nügliche Dinge, so wird dein Leben dir freudig verfließen. *)
Sei bedacht zu pflegen des Leib's und seiner Gesundheit;

Mäßig genieße der Speis und des Tranks und der ftärkenden Uebung,

*) Ob auch in einen Serameter nicht gefaßt sondern nur in eine trochäische Gesangzeile, so ist es doch ein goldener Spruch zu nennen, der in 565, 5: Seine Pflicht zur Luft sich machen.

Mäßig, fag' ich, und nicht bis Schmerz und Beschwerde dich quälen.
Reinlich, von üppiger Pracht sei fern dein häusliches Leben.
Hüte dich etwas zu thun, was Neid bei Andern erreget.
Frei von schmußigem Geiz und von unnüßer Verschwendung
Wandle den Mittelweg, den Weg des Guten und Schönen.
Thue, was nimmer dich reut, vorm Handeln die Folgen bedenkend,
Dreimal, ehe der Schlaf die müden Augen dir zuschließt,

Weile mit prüfendem Sinn bei jedem Werke des Tages:

Wohin ging ich? was that ich? und was, das zu thun war, verfäumt'

ich ?

Vom Erwachen beginn und schreite weiter, und zürne,
Hast du was Böses gethan; erfreue dich über das Gute.
Dieß verrichte mit Ernst und mit forgfältiger Liebe
Zu dem Wesen, das mit der vierfachen Quelle *)_der_ew'gen
Dauer den menschlichen Geist begabt hat, also gelangst du
Auf die göttliche Spur der Tugend. Bitte die Götter,
Wenn du ein Werk beginnst, es zu vollbringen, so wirst du
Bald erkennen, wie durch der sterblichen Menschen Verbindung
Mit den Unsterblichen Alles gedeiht und Alles besiegt wird;
Siehst, wie überall sich der Natur Verhältnisse gleich find,

*) Wörtlich: Vierheit als Quelle 2c. Das Eins wird die Eins. Mit der Eins zugleich wird die Zwei, diese bei einander ein inzweites (entzw.) getheiltes Eins, vereinigt, geheilt in der Drei ist wieder das Eins, Abschluß des vollkommenen Seins und das Dreieck ein Bild davon. Alles Vollständige, Ganze hat die Dreitbeiligkeit: Himmel, Erde, Meer; Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft; Geist, Leib, Seele. Sprüchwort: Alle guten Dinge find drei, könnte heißen: Alle Dinge find drei. Aber auch das vereinigte Eins will ein Anderes sein, aus sich hinaustreten, zeugen, schaffen, welches Andere nichts anders sein kann als ein Anderes und das Eins, welches die Drei in sich faffet, eine Vierheit also, steiget in Sieben auf, Gott und Welt, und ist mit der Eins, der Zwei, der Drei zusammen die Zehn, welche ist das Maß und Ende und die Ordnung aller Zahl. Daher die Vierheit in Form des Quadrats die vollkommene Form und von ihr das Bild. Der Raum wird dargestellt in Ost, Süd, West, Nord, die Zeit in Morgen, Mittag, Abend, Mitternacht, und aller Körper Element erscheint vierfach: Luft, Feuer, Wasser, Erde. Probe,. Versuch eines Eindringens in die Vierzahl und in die Dreizahl und in alle Zahl. Das Zahlquadrat, auch Planetensieget ge nannt, als Amulet getragen, stehe noch hier.

672

15

834

Immer 15, und 5 in der Mitte.

[ocr errors]

Hoffest dann nichts Unerreichbares mehr, Nichts staunst du als fremd an;
Finden wirst du, wie sich die unglückseligen Menschen

Selbst verschaffen ihr Leid; wie blind und taub für das nahe
Gute, fie felten sogar die Befreiung vom Uebel erkennen.
Also bethört das Schicksal den Sinn der Sterblichen. Schwankend
Gleich beweglichen Wellen crdulden fie gränzloses Elend,
Heimlich begleitet sie von der Geburt an die traurige Zwietracht,
Unglückstiftend; o laß fie verborgen und weiche ihr fliehend!
Bater Zeus, von vielem Leid find Alle befreiet,

Wenn du lehreft erkennen Alle den Gott, den sie haben.
Sei getroft, die Sterblichen sind von göttlicher Abkunft,
Selbst die heil'ge Natur legt ihnen Aues vor Augen.
Jegliches dir zugehende Schlimme bewältigt die Uebung
Meiner Lehren und löft, was dir die Seele gehalten.
Meide die Speisen, die ich dir verbiete; die Reinigungsmittel,
Was die Scele befreit, und alles Andre mit Sorgfalt

Wählend und nie der Vernunft die lenkenden Zügel entreißend.
Einst wenn du ledig des Leib's in den freien Aether emporschwebst
Wirst du kein Sterblicher mehr, wirst unvergänglich, ein Gott sein.
125. Die Bittgöttinnen, griechisch die Litai.
(Daher das Wort Litanei.)

Denn die reuigen Bitten find Zeus, des allmächtigen, Töchter,
Lahm und runzelig fie und feitwärts irrendes Auges,

Die auch hinter der Schuld sich mit Sorg' anstrengen zu wandeln.
Aber die Schuld ist frisch und hurtig zu Fuß, denn vor Allen
Weithin läuft sie voraus und zuvor, in jegliches Land auch
Kommt sie, schadend den Menschen; doch jen' als Heilende folgen.
Wer nun mit Scheu aufnimmt die mahnenden Töchter Kronions,
Diefem frommen sie sehr und hören auch seine Gebete.
Doch wenn Einer verschmäht und troßiges Sinnes sich weigert,
Jeho flehn die Bitten, dem Zeus Kronion sich nahend,

Daß ihm folge die Schuld, bis er durch Schaden gebüßet.

126. Ein goldenes ABC.

1. Am Anfang schuf Gott Himmel und Erd'. Auf daß dein Thun gedeihlich werd', fangs an mit dem, wer du auch bist, der alles Dinges Anfang ist!

2. Bei deiner Bibel size gern! Sie ist der Weisheit Kern und Stern. Die schlage auf, die schlage du erst mit des Sarges Deckel zu!

3. Christ sein, Christ sein, das ist die Sach', der du am ersten trachtest nach. Wie's dann mit allem Andern geht, Matthäi sechs geschrieben steht.

4. Die Demuth stehet oben an, wie man den Christen kennen kann. Ist eigen, ja, toch ist es wahr, ten Heiden fehlt das Wort sogar.

5. Es sei dir allzeit rechter Ernst, was du auch thust, treibst, sinnest, lernst! Die Halbheit taugt in keinem Stück, sie tritt noch hinters Nichts zurück.

6. Freundlich und ernst, das mische wohl, wenn dir's mit Menschen glücken soll! Der Ernst zuweilen wehe thut, die Freundlichkeit machts wieder gut.

7. Gerecht sollst du in Allem sein, es heiße groß, es heiße klein. Doch sagt die Schrift: „Sei's nicht zu sehr!" Die Billigkeit find' auch Gehör. Pred. 7, 17.

8. Hat Jemand dir ein Leids gethan, fang' nicht gleich Streit und Hader an! Ein Messer sich am andern west; Macht Fried' und bleibet unverlegt.

9. Jagd, Lanz, Spiel, Schauspiel und derlei, an sich ist es zwar sündenfrei; doch willst du hören guten Rath? Es ist ein Eis, das Waken hat.

10. Kein Geld bringt so viel Zinsen ein, kein Tanzund Ballschmuck steht so fein, kein Helm und Harnisch deckt so gut, als Keuschheit thut! als Keuschheit thut!

11. Laut magst du reden überall, wo's Wahrheit gilt und Recht zumal; doch vorlaut sein paßt nirgends hin, fehlt meistens auch Verstand darin.

12. Man ruft nicht übel: Halte Maß, und wandele die Mittelstraß'! Nur sei zu keinem Gang gewinkt, da man nach beiden Seiten hinkt.

13. Nimm vor dem Reide dich in Acht! Kein Schwert so böse Wunden macht. Er ist ein Reis, doch alleweil wird aus ihm eine Cainskeul'.

14. Ohn' Ordnung kann kein Haus bestehn. Ohn' Ordnung müßt die Welt vergehn. Hältst Ordnung du, hält Ordnung dich mit guten Geistern hinter sich.

15. Pracht, Prunk, Puk, wo das hingehört, wers kann, dem ist es unverwehrt, schallt nur jeweil die Frage drein: Ach, sollt's mir auch gefährlich sein?

16. Quell aller Qual, das ist der Geiz. Erst des Gewinnes Stachelreiz, dann des Bewahrens Sorg' und Noth, zuleht, der's nimmt, der bittre Lod. *)

*) An der Decke eines Churfürstlichen Zimmers hat die politische Sentenz gestanden: Die Monarchie ist ein dreifacher Seufzer: zu erlangen, zu behalten, zu verlieren. Ueber einer Hausthür irgendwo ift gelesen worden: Wir sind nur kurze Gäfte und ban'n uns hier so feste, doch wo wir sollen ewig sein, da richten wir uns wenig ein.

« AnteriorContinuar »