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die Ursach geworden, daß viele zweite oder dritte Predigerstellen eingezogen sind.

Mit dem Hausgottesdienst stand es vor ein 50 Jahren also. Was jest selten ist, fand sich ehemals beinah in allen Häusern, wenigstens in beinah allen größern Häusern auf dem Lande, dieß, daß am Sonnabendabend aus einer Hauspostille den sämmtlichen Hausgenossen eine Predigt vorgelesen wurde, vornehmlich im Winter, dann oder auch Sonntagsvormittags während der Kirchzeit den zu Hause Gebliebenen. In die Hauspostille hinein oder in die Hausbibel hinein fand sich häufig die Hauschronik geschrieben: der Trauungstag, die Geburts- und Sterbetage, auch manchmal andre denkwürdige Tage, mit frommen Sprüchen zu den einzelnen Begebenheiten geschrieben. An Stellen versammelten sich auch wol ein paar Nachbarn zu einer gemeinschaftlichen Erbauung. Am Weihnachts- und am Neujahrsabend wurden von der ganzen Hausgenossenschaft mehrere Festgesänge noch dazu gesungen. Des Morgens und des Abends wurde Andacht gehalten aus einem sogenannten Morgen- und Abendsegenbuch. Die geistliche Wasserquelle und Benjamin Schmolkens Gebetbuch waren die gebräuchlichsten, auch, obwol seltener, Starke, Rambach, Tiede. Die jüngern Kinder mußten Abends ihre kleinen Gebete sprechen oder nachsprechen. Keine Mahlzeit ohne Beten vor und nach, meistens laut, und still sogar, wenn zur Erntezeit auf dem Felde gegessen wurde. Wo die Betglocke in und außer dem Kirchort gehört wurde, war's in einigen Häusern damals noch Sitte, daß man ein stilles Gebet sprach, selbst wurde von Arbeitern auf dem Felde, von Mähern dann inne gehalten und der Hut abgezogen. Beim Gewitter sie waren ehedem häufiger und stärker stand, wenn es Nacht war, ein Jeder auf, und beim stärkern Gewitter wurde gemeinschaftlich gebetet, auch wol gesungen. Und von Jedermann wurde damals mit gefalteten Händen gebetet. Was bekommt man jezt zu sehen? Die Hände auf dem Rücken, oder in den Taschen oder am Leibe niederhängend, wie ein Soldat vor dem Öfficier steht. Die gefalteten Hände, bis in die Särge hinein dringt die Abnahme der Gottesfurcht und ihrer Zeichen: jest legt man die Hände der Leichen an ihrem Leibe nieder schon in mancher Gegend, während ehedem kein Kind anders, als die Hände auf der Brust gefaltet, in seinem Sarge lag. Begraben werden die Todten nach wie vor in

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Särgen, nicht in Säcken, in bretternen Särgen, nicht in geflochtenen Körben, allein wie sind seit ein 50 Jahren besonders in Städten die Glocken stumm geworden bei Begräbnissen, die Schulen stumm, die Prediger auch stumm, alle drei, weil nicht bestellt. Warum nicht bestellt? Dann noch, die Verlegung der Kirchhöfe, da es nöthig gewesen ist, an Oertern auch, da es wol nicht so nöthig gewesen wäre, da man den Kirchhof wol hätte vergrößern können. Freilich wie man sich hilft hin und wieder durch das Begraben der Reihe nach, wie eine Leiche kommt, ach das schneidet ein Band des ohnehin schon lose gewordenen Familienlebens ab, Ruth 1, 17, und ein Heide, Cicero in den Büchern von den Pflichten hat gesagt: Es ist etwas Wichtiges, dieselbigen Heiligthümer, dieselbigen Denkmäler zu haben und dieselbigen Begräbnisse.

Auch im öffentlichen Leben zeigte sich vor ein 50 Jahren die Gottesfurcht noch weit mehr. Oder muß gesagt werden: Damals zeigte sie sich im öffentlichen Leben noch? Kein ebenvermähltes Paar ließ sich in Gesellschaften sehen, bevor sie als junger Mann und junge Frau in der Kirche gesehen waren. Eine Sechswöchnerin machte keine Visiten, ging in keines Menschen Haus, nicht einmal auf die Straße, bevor sie ihren Kirchgang gehalten hatte; u. dgl. mehr. Nies mand trat zu einem stehenden Arbeiter oder ging an Arbeitern vorüber, der nicht sprach: Guten Tag; Gott helf! So manches Tagewerk und gemeinschaftliches Werk wurde mit einem frommen Wort angefangen. Ging man aus einem Hause weg, besonders zur Abendzeit, dann hieß es: Gute Nacht; Gott bewahr euch! Kein Bettler, alt oder jung, stand an der Thür stumm, sondern sprach ein Gebet, sang auch wol ein paar Gesangverse, zum wenigsten sprach der Bettler von höhern Jahren: Armen Mann ein Bischen mittheilen um Gottes willen, der liebe Gott segn' es euch reichlich wieder. Wo gab es vor 50 Jahren Nachtwächter, welche, wenn sie die Stunde ausgerufen hatten, nicht einen Vers sangen? Zu Abend: Ein Jeder bewahr' sein Feuer und Licht ic. mit wegen dieser Unterlassung die seitdem so häufigern Brände! — Und besondere Verse vor einzelnen Häusern, in denen etwas Besonderes vorging oder vorgegangen war, z. B. wo eine Leiche stand oder ein Schwerkranker lag. Ja, das hatte man zu der Zeit gar gern. Werd' ein Beispiel vollständig gegeben. Der dieses schreibt ist ein Prediger. In seinen ersten Amts

jahren saß er zuweilen Sonnabends spät in die Nacht hinein an der Ausarbeitung seiner Predigt, dann sang zu Mitternacht unter seinen Fenstern der Wächter den Vers: Wo eilet ihr Gedanken hin? wo habt ihr euren Lauf? Ihr richtet wol in eurem Sinn Gott einen Tempel auf. *) O füße, wehmüthigfüße Erinnerung! Ungläubige, Spötter, Lästerer haben sich vor 50 Jahren auch schon gefunden, haben sich immer gefunden, doch herrschend ist der Glaube noch in der Zeit zu nennen, daß es einen Segen und einen Fluch gebe, wenn jest der Segen bloß eine Menge heißt und der Fluch ein wiederkehrendes Mißglücken; daß noch etwas Anderes als zeitliches Gut und leibliche Gestalt sich von den Eltern auf die Kinder vererbe, namentlich, daß nach dem Sprüchwort unrecht Gut nicht gedeihe und selten auf den dritten Erben komme. So von der Strafgerechtigkeit weltlicher Richter, daß die vorhanden sei, gab es Zeichen: Schandpfahl (Kaak), Galgen, Pfahl und Rad darauf, diese Wahrzeichen und Wahrschauungen sind verschwunden, bis auf die Namen: Galgenberg, Galgenteich, Köppelberg, die aber nur lehren, daß jeßt nicht mehr so wie ehemals bestraft werde. Das Fluchen hat in den lehten 50 Jahren sich vermehrt und hat sich wieder vermindert. Die Furcht vor Gott war dahin, oder fand sich nur schwach bei demjenigen, welcher sagen konnte: Gott straf mich! oder gar: Gott verdamm' mich! den frommen Anhörer überlief ein Schauer dabei. Es hat sich das Fluchen wieder vermindert in der genannten Zeit, weil es einmal gegen die aufgekommene beßre Sitte streitet; anderntheils, ja, auch aus diesem Grunde, weil es unter den Anhörern an Gottesfurcht fehlt und es damit dem Fluch an einem Resonanzboden fehlt.

Knabenwelt, wo steckst Du? und, jüngere Jugend, wo sizest Du? Eure Väter und Großväter, als die in Eurem Alter lebten, fand man Sonntagsnachmittags und an Sommerabenden auf den Hofstellen in Haufen und auf freien Dorfsplähen sich und Zuschauer mit körperlichen (gymnastischen) Uebungen ergeßen. Die rangen und sprangen, die schlugen und trugen: sie schlu

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*) Gehört habe ich den Vers so, mag aber wol Eibert, wail. Nachtwächter in Lunden, ihn nach der Urfaffung aus Nun sich der Tag" 2c. gesungen haben: Weicht, nichtige Gedanken, hin, wo ihr babt euren Lauf! Ich baue jeßt in meinem Sinn Gott einen Tempel auf.

gen Ball und Rad, bis in die sinkende Nacht davon nicht fatt, sie trugen 50 & an einem Finger der Hand und wagten ihren Rücken unter einen Sack Sand, krochen aus dem polnischen Bock, voltigirten mit Steh fest, Bock! wanden sich, die Linke an der Erd', unterm Besenstock, spielten Kreis im langen Lau, jagten mit der Keule die faule Sau, und was sie derlei mehr trieben, deß ist bei Euch wenig blieben. Was man dafür schulmäßig einzuführen gesucht hat und noch sucht, das Turnen ist das nicht, allein es möchte doch dazu dienen, daß die Kunst die Natur uns wiederbringt, die Natur, welche ihre Regeln in Arm und Bein schreibet und läßt in jeder Planke eine Turnreck sehen.

Die Ueberschrift dieses Aufsages heißt: Was Alles seit 2c. Allein das Gefäß des Lebens in seinen Erscheinungen und Veränderungen ist so voll, daß nur das Ueberlaufende, Ueberfließende aufgefaßt worden. So siehet es wirklich aus. Meistens hat auch der Aufsaß die eingetretenen Verschlimmerungen aufgefaßt, da es doch eingetretene Verbesserungen eben= falls giebt und nicht wenige, nicht geringe. Seße, wer will und kann, diese leßtern den erstern gegenüber; sie sind ohne Laterne zu finden. Um selber Eins zu nennen, weist der Verfasser auf die vor 50 Jahren auf dem Lande noch überall unbekannten Sparcassen, auf diese so überaus nüßlichen Anstalten, welche sich in jedwedem größern Kirchspiel finden sollten. Die zu Marne, meine ich, ist eine der ältesten; in Städten hat man sie früher gehabt, die Kieler ist 1796 schon gestiftet. Aber gebt nicht zu niedrige Procente! Und noch Eins zum Lobe. Wie sehr hat in ein 50 Jahren sich der Aberglaube vermindert! Spucken, Nach- und Vorspucken, (Vorüben, Vorwarnen, Vorbrennen,) Heren *) (das Wort Here soll vom althochdeutschen Hac stammen, der Wald, ein Waldweib), Beheren, einen Bund mit dem Teufel machen, die schwarze Kunst treiben, Schah graben, Geister bannen, Besprechen, fest machen, Aug' ausschlagen, Sieb laufen lassen, Sympathie brauchen,

*) Die leßte Herenverbrennung in unserm Lande nach gesprochnem Urtheil und Recht hat 1679 zu Schmol Statt gefunden, später verfuhr man mit den unglücklichen Menschen milder, sie würden mit Staupenschlag und Landesverweisung bestraft, bis um 1700 die Herenproceffe gänzlich aufgehört haben, der Glaube an Heren freilich damit noch nicht.

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davon die besondre Art: Rathen, wegrathen lassen, u. m. dgl. - ist zum Theil mit der Spur verschwunden - hinter Niß Puk, Gret Fei (etwas feien, verfeien, Zauberkraft hineinlegen, eine Fee, von fatum, Schicksal), dem Drost Chahl di de Dros!), dem Wehrwolf, dem wilden Jäger und den Unterirdischen her. Aber lasse man nicht mit dem Aberglauben zugleich auch den Glauben fahren! Es behalte indessen doch die alte Zeit ihr einmal gesprochnes Lob, mit diesem Spruch noch dazu, der von einem alten römischen Poeten herkommt: Moribus antiquis res stat romana vireisque, deutsch: Seinen Bestand hat Rom durch Väter-Sitten und Männer.

135. Genealogie unsers Königlichen und Fürstlichen Hauses.

Königl. Dänisches Haus.

König: Christian VIII., Friedrich, Enkel Königs Friedrich V., geb. d. 18. Sept. 1786, succed. seinem Vetter, König Frederik VI., d. 3. Dec. 1839, gekrönt im Schloffe Frederiksburg d. 28. Juni 1840.

Gemahlin: Königin Caroline Amalie, Tochter des verstorbenen Herzogs Friedrich Christian zu SchleswigHolstein-Sonderburg-Augustenburg, geb. d. 28. Juni 1796, verm. d. 22. Mai 1815, gekrönt im Schlosse Frederiksburg d. 28. Juni 1840.

Sohn des Königs erster Ehe: Kronprinz Friedrich Carl Christian, geb. d. 6. Det. 1808, verlobt d. 4. Dec. 1840, verm. d. 10. Juli 1841 zu Neustrelitz mit Prinzessin Caroline Charlotte Mariane, geb. d. 10. Jan. 1821, jüngste Tochter des Großherzogs Georg Friedrich Carl Joseph zu Mecklenburg-Streliß und Maria Wilhelmine Friederike, Prinzessin von Hessen-Kaffel.

Geschwister des Königs: 1) Juliane Sophie, geb. d. 18. Febr. 1788, verm. d. 22. August 1813 mit Friedrich Wilhelm Carl Ludwig, Prinz zu Hessen-PhilipsthalBarchfeld, verw. d. 30. Nov. 1834. 2) Louise Charlotte, geb. d. 30. Oct. 1789, verm. d. 10. Nov. 1810 mit Landgraf Wilhelm zu Hessen-Kassel, geb. d. 24 Dec. 1787. 3) Friedrich Ferdinand, geb. d. 22. Nov. 1792, verm. d. 1. August 1829 mit Caroline, Prinzessin zu Dänemark,

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