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Anschar verfallen war. Doch mit der Bekehrung der Wenden verzögerte es sich noch, indem die innern Unruhen des Landes fortdauerten. Als Vicelin hörte, daß ein neuer Wendenfürst Pribeslaus zu Lübeck den Christen nicht so abhold sein sollte, begab er sich zu demselben und erhielt die Erlaubniß, in der Kirche zu Lübeck, der einzigen, die sich seit den Wendenkriegen in Wagrien erhalten hatte, zu predigen; auch legte er neue Kirchen an, aber mehrmals wurden sie von den Heiden wieder zerstört und die eben gesammelten kleinen Gemeinden wieder versprengt, mehrmals sah Vicelin sich genö thigt, sich mit seinen Geistlichen nach Faldera zurückzuziehen und sich in dem dortigen befestigten Kloster zu verschließen, während die Feinde die Häuser umher verbrannten und das Land weithin verwüsteten, ja vielleicht mußte er sich einmal noch weiter flüchten und sich in Bishorst verbergen, einer Kirche, die in der Nähe des jeßigen Haseldorf und Haselau auf einer Elbinsel lag, die aber längst von dem Strom verschlungen ist. Doch jedesmal wagte sich Vicelin nach dem wildesten Sturm wieder hin ins Wendenland, um das Zerstörte wiederherzustellen und den armen Feinden des Evangeliums zu bringen, was der rechte Freund der Seelen für seine Feinde vom Himmel gebracht hat. Auch die Missionsanstalt zu Lübeck erfuhr eine mehrmalige Zerstörung, wurde aber jedesmal wiederhergestellt und sandte bald ihre Evangelisten ins Wendenland. Bei seinen Unternehmungen fand Vicelin kräftige Unterstützung beim Erzbischof von Bremen und den Holsteinischen Grafen, ja selbst beim deutschen Kaiser Lothar, der auf seinen Rath die Festung Siegesburg (Segeberg) anlegte und die Einkünfte für ein Kloster auswies, das am Fuß des dortigen Berges von Vicelin erbauet und eingerichtet ward. 1150 nach Chr. Geb., vier Jahr vor seinem Tode, ward das Bisthum zu Oldenburg und Wagrien, das, wie oben gesagt ward, 80 Jahre erledigt gewesen, wieder errichtet und dem Vicelin übergeben, dazu wurden ihm Ländereien am Ploener See geschenkt, er hielt sich häufig auf einer Halbinsel Bosau auf, erbaute dort die Kirche, die noch steht, und ein großes steinernes Fußgestell, das als zum Laufstein des Vicelin gehörig noch auf dem Bosauer Kirchhof gezeigt wird, erinnert uns daran, wie er es war, der 30 Jahre hindurch mit Wort und Sacrament denjenigen unter unsern Vorfahren nachging, die dem Evangelium die ausdauerndste Feindschaft

entgegenseßten. Vicelin starb 1154, als er es durch des Herrn Gnade dahin gebracht hatte, daß auch in Wagrien nur einzelne wenige Heiden noch lebten.

177. Johann Huß.

Es kommt aber die Zeit, daß, wer euch tödtet, wird meinen, er thue Gott einen Dienst daran. Joh. 16, 2.

Johann Huß wurde, als der Sohn eines Landmannes in dem Dorfe Hussinacz in Böhmen im J. 1373 geboren. Weil er herrliche Anlagen zeigte, so fand seine Liebe zu den Wissenschaften die verdiente Unterstüßung, und er konnte als sechszehnjähriger Jüngling die Universität zu Prag beziehen. Hier zeichnete er sich durch Fleiß und unbescholtenen Wandel sehr aus, und wurde schon in seinem fechsundzwanzigsten Jahre Magister. Er legte sich mit großem Eifer auf das Studium der Gottesgelahrtheit, hielt theologische Vorlesungen und wurde demnächst zum Prediger an der Bethlehemskirche in Prag ernannt, wo er täglich in böhmischer Sprache eine Predigt halten mußte. Daneben blieb er aber auch öffentlicher Lehrer an der Universität und Beichtvater der Königin von Böhmen. In seiner Lebensart strenge und in seinem Bes tragen gegen Andere sanft und herablasfend gewann er täglich an Achtung und Liebe. Wiklef's Schriften, von Hieronymus von Prag ins Böhmische überseßt, las Huß mit großem Verlangen, und die darin mit vieler Freimüthigkeit und Gründlichfeit vorgetragenen Wahrheiten machten einen so tiefen Eindruck auf sein Herz, daß er von der Zeit an vom Lehrstuhle wie von der Kanzel herab gegen die Mißbräuche des Papstthums zu eifern anfing. So groß der Beifall war, den er bei dem Volke fand, eben so groß war der Haß der Klerisei gegen ihn. Insonderheit verfolgte ihn der Erzbischof von Prag und wirkte einen Befehl gegen Huß aus, der ihm alles Lehren und Predigen untersagte. Huß appellirte, da sein Landesherr König Wenzel von Böhmen ihn nicht schüßte, an den Papst Johann XXIII., der ihn aber ohne Weiteres mit dem Bann belegte. Wiflef's Schriften wurden überall verbrannt; Huß hatte sie als biblisch und christlich empfohlen. Er mußte aus Prag entfliehen und begab sich nach seinem Geburtsort, wo der Gutsherr Nicolaus ihn in Schuß nahm. Er fuhr auch hier fort, das wahre Christenthum zu predigen, und wurde

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wegen seiner Redlichkeit und Leutseligkeit von Jedermann geschäßt und geliebt. Im J. 1414 ward zu Costniß am Bos densee eine allgemeine Kirchenversammlung gehalten, auf welcher die vornehmsten geistlichen und weltlichen Personen sich in der sehr löblichen Absicht vereinigten, den Gebrechen der Kirchhe abzuhelfen. Um so mehr ist es zu beklagen, daß die versammelten Väter sich mit einem Morde befleckten und den braven Huß ein Opfer der Rachsucht und der päpstlichen Tyrannei werden ließen. Johann Huß wurde nämlich auch vor die Kirchenversammlung in Costnih geladen, um sich wegen seiner Lehre zu verantworten. Der deutsche Kaiser Sigismund gab sein Ehrenwort oder einen sogenannten Geleits- und Sicherheitsbrief, wonach ihm weder auf der Reise noch in Cosiniz selber irgend eine Gewalt sollte angethan werden; selbst der Papst versprach, es solle ihm nichts Böses widers fahren, und wenn er auch seinen Bruder ermordet hätte. Konnte nicht Huß im Vertrauen auf diese Zusicherungen fürchtlos in Costniß erscheinen, zumal er nicht eben den Glauben der herrschenden Kirche geradezu verleugnet, sondern vielmehr nur die Gebrechen der Kirche und den verderbten Zustand der Geistlichkeit gerügt hatte, den die Costnißer Versammlung anerkannte? Aber zu seinem Unglücke fand Huß in Costniß viele seiner ärgsten und erbittertsten Feinde, die ihm den Untergang geschworen hatten. Man suchte nun den schwachen Sigismund gegen Huß einzunehmen, und ihm diesen als einen Feind der bürgerlichen Ordnung darzustellen, durch den am Ende noch ein höchst gefährlicher Aufruhr in Böhmen erregt werden. könnte. Mochte Sigismund, durch sein Gewissen gemahnt und durch sein Kaiserliches Wort gebunden, von den böhmis schen Ständen noch so flehentlich gebeten sein, den Verfolgten doch dem Hasse seiner Feinde nicht aufzuopfern: - es siegte auch dieß Mal „der Fürst dieser Welt, der in der Finsterniß dieser Welt herrschet. Einem Keßer darf man sein Wort nicht halten," dieser elende, lügenhafte Grundsay schlug des Kaisers Bedenklichkeit zu Boden; er ließ es geschehen, daß man den unschuldigen Mann bald nach seiner Ankunft in Costniß, den 3ten Nov., ins Gefängniß warf. Wie ein Verbrecher schmachtete hier der freimüthige Wahrheitslehrer über ein halbes Jahr in einem ungesunden Kerker, mit den härtesten Entbehrungen, zulegt mit Krankheiten und körperlichen Gebrechen kämpfend. Erst am 8ten Junius 1415 fam er

wieder ins Verhör. Ob er gleich die ihm vorgeworfenen Irrlehren gründlich widerlegte, so schrieen dennoch seine Feinde: „Er ist ein Kezer und muß sterben.“ Der Kaiser bat ihn, er möge widerrufen; Huß erklärte sich dazu willig und bereit, sobald man ihn aus der heiligen Schrift eines Irrthums überführen könnte; so man aber das nicht könne, wolle er seinem Glauben bis in den Tod getreu bleiben. Als ein besonderes Verbrechen gegen die herrschende Kirche ward ihm die Behauptung angerechnet, die er noch in einer während seiner Gefangenschaft verfaßten Schrift mit siegenden Gründen bes wiesen hatte: der Gebrauch), wonach den Laien der Kelch im Abendmahl versagt werde, sei gegen die Stiftung; das heilige Abendmahl müsse der Einschung gemäß unter beiderlei Gestalt ausgetheilt werden. Er konnte auch diese unleugbare Wahrheit nicht widerrufen, ohne sein Gewissen zu verleßen. Daher sprach man denn am 6ten Julius das Todesurtheil über ihn aus, daß er öffentlich verbrannt werden solle, und noch an demselben Tage ward es vollzogen. Seiner Priesterkleidung beraubt und mit einer papiernen Müße, auf welcher drei Teufel gemalt waren, ward er zum Richtplag geführt. Sein Glaube zeigte in diesen schrecklichen Augenblicken seine die Welt überwindende Kraft; er betete laut zum Herrn, und der Herr war bei ihm in der Noth. In Begleitung eines zahlreichen Volks kam Huß zum Richtplate, wo der Scheiterhaufen bereits errichtet war. Man band ihn an einen Pfahl. Da sein Gesicht zufällig nach Morgen blickte, schrieen die elenden Pfaffen: "Nach der Abendseite! der Keher blicke nicht gegen Morgen!" Es geschah, darauf legte man Holz um ihn her, von den Füßen bis zum Haupte; ein Bauer kam, so erzählte man, noch zulet keuchend herbei, und legte ein Scheit Holz zum Scheiterhaufen, weil er ein christliches Werk zu thun glaubte. Huß soll mit sanftem Lächeln ausgerufen haben: "O heilige Einfalt!" Das Feuer loderte auf; betend sank der treue Zeuge des Herrn in die Arme des Todes. Man will das prophetische Wort in den Augenblicken des legten Kampfes aus seinem Munde gehört haben: „Um hundert Jahre werdet ihr Gott und mir Rechenschaft geben!" So weit ging die Rachsucht seiner Feinde, daß sie seine Asche sorgfältig aufsammelten und in den Rhein werfen ließen. Ein gleiches Schicksal mit Johann Huß hatte ein Jahr später sein gleichgesinnter Freund, Hieronymus von Prag,

der noch gelehrter und beredter war als er, doch an weiser Mäßigung ihm nachstand. Da er in Orford studirt und sich daselbst mit Wiklef's Schriften bekannt gemacht hatte; so trat er so wie Huß als ein freimüthiger Vertheidiger des biblischen Christenthums und der vom Papst und von der Klerisei so sehr bedrohten Gewissensfreiheit auf, und begleitete Huß wider deffen Willen nach Cöstnig. Weil man ihm aber das sichere Geleit versagte, so suchte er in einem Anfalle von Feigheit wieder nach Böhmen zu entfliehen. Man nahm ihn aber gefangen, und er mußte im Gefängniß unbeschreibliche Leiden ausstehen, so daß er wirklich zum Widerruf sich bewegen ließ. Allein bald kehrte sein standhafter, beharrlicher Sinn zurück; er bereuete tief seinen Widerruf und war von nun an freudig und getrost in allen Leiden, die um der Wahrheit willen über ihn ergingen, fest entschlossen, lieber zu sterben als Christum zu verleugnen. So traf auch ihn das schreckliche Loos, lebendig verbrannt zu werden. Hohe Bewunderung erregte, wie seine Unerschrockenheit in den Verhören, so seine Standhaftigkeit im Lode. Das Blut dieser Märtyrer *) schrie zum Himmel um Rache; das Feuer, welches lange schon unter der Asche glimmte, brach bald in lichte Flamme aus, und es entstand der furchtbare Hussitenkrieg, in welchem Johannes Ziska, ein böhmischer Edelmann, Wunder der Lapferkeit that und an der Spige seiner treuen Böhmen gegen Kaiser und Papst sechs wüthende, siegreiche Feldzüge führte. Noch bis auf den heutigen Tag sind die Nachkommen der Hussiten unter dem Namen der böhmischen und mährischen Brüder in Polen und andern europäischen Ländern zu finden. Diese anfänglich so viel Gutes versprechende Kirchenversammlung dauerte bis 1418 und richtete Nichts aus, als daß sie die 3 Päpste, die es damals gab, abseßte, einen neuen, der Alles beim Alten ließ, einsegte und zwei fromme Glaubenshelden verbrannte.

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178. Die Reformation.

Martin Luther, geb. 1483, Nov. 10., ein Mönch aus dem Orden der Augustiner und Lehrer der Theologie auf der

*) Ob Marter von Martyrer, Märtyrer komme oder umgekehrt? Martyrer kommt nicht von Marter, denn es ist ein griechisches Wort, welches heißt: ein Zeuge.

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