Imágenes de páginas
PDF
EPUB

taten wozu Storm schon im Jahre 1878 gelangt war. Und Steenstrups Einwand im zweiten Teile seines Buches hat mich nicht überzeugen können. Namentlich in Hinsicht auf die Identität des Ragnars Lodbrok und des orknöischen Raghnalls, von dem die irische Chronik bei O'Donovan erzählt, ist Steenstrups Beweisführung äusserst schwach. Er geht aus von der Voraussetzung, dass die Lodbrókarsöhne den Mittelmeerzug mitgemacht haben, aber das wäre eben erst zu beweisen. Das wird ja nicht sichergestellt, weder durch die isländische Sagentradition, noch durch Geschichtsschreiber wie Wilhelm von Jumièges. Und ich sehe nicht ein, weshalb nicht ein anderer Raghnall der Vater der bis in das Mittelmeer vordringenden Wikinger gewesen sein könnte, da ja eben dieser Namen in der irischen Wikingergeschichte ein überaus häufiger war.

Ich will aber nicht behaupten, dass meine obigen Ausführungen in allen Pünkten das Richtige getroffen haben. Es waren zu viel Fragen zu lösen, wozu wir leider kein genügendes Material besitzen. Das Verhältnis von Halfdan zu Ivar und Ubbe ist besonders schwierig zu beurteilen. Es scheint verfehlt, die Mitteilung der Saxon Chronicle als einen Beweis für ihr brüderliches Verhältnis zu betrachten; sie wird in zu eigentümlicher Form gegeben 1; auch verdient es Beachtung, dass diese die einzige Stelle ist, welche Ivar nennt und dass uns Ubbe nirgends begegnet. Sogar in den wichtigen Jahren 870 und 871 werden sie nicht erwähnt, während doch wohl eine Menge anderer Wikingerführer genannt werden. Wir fragen: warum lesen wir die Namen von Bagsecg, Fræne, Ásbjorn, Hárald und Sigtrygg, und warum fehlen Ivar und Ubbe so ganz und gar?

So führt uns die Geschichte in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts eine Reihe von Führern vor, welche während kürzerer oder längerer Zeit zusammengekämpft, oft aber auch selbständig gestritten haben.

1 Weshalb sollte wohl der Chronikschreiber statt des einfachen Namens Ubbe die rätselhafte Umschreibung Iweres brođor and Healfdenes» gebraucht haben?

Bjorn Járnsida wird nur in den fränkischen Jahrbüchern genannt; er hat nur einige Jahre mit Halfdan, Ivar und Ubbe zusammen Raubzüge gemacht, war aber während dieser Zeit durchaus nicht immer in gutem Einvernehmen mit diesen. Die ältesten Quellen enthalten keinen positiven Beweis, dass er den Mittelmeerzug geleitet habe; die Data sprechen eher dagegen. Die normannische Tradition hat ihn aber zu ihrem Lieblingshelden erkoren, ihn mit Hasting verbunden, und eine kleine Novelle um seine Person ersonnen, welche von grösster Bedeutung für die spätere Sagatradition gewesen ist. Der Zusammenhang der Ragnarssaga mit der normannischen Historiographie ist eine der ersten Fragen, welche es zu lösen gilt, bevor man an die Quellenfrage der Saga überhaupt herantritt.

Halfdan war allem Anscheine nach ein Sohn des historisch bezeugten Ragnars. Weil er aber in Dänemark zusammen mit Sigfrid regiert hat, wurde er von diesem der viel länger geherrscht zu haben scheint, in der dänischen Überlieferung verdrängt und Sigfrid wurde der Ragnarssohn xzt tov. Das beweisen die späteren Königslisten.

Eine Zwischenstellung nehmen Ivar und Ubbe ein. Diese waren die handelnden Personen in einem kleinen, aber merkwürdigen Abschnitte der grossen Kämpfe in England. Die Mitteilung bei Adam von Bremen, dass sie Söhne eines Lodbróks gewesen waren, mag wohl richtig sein; die Autorität dieses berühmten Schriftstellers hat jedenfalls diese Notiz auf weite Wege geführt.

Die Vorliebe, welche die Saga für Ivar hegt, ist wohl so zu erklären, dass in dem Sagenkerne diese Figur eine grosse Bedeutung gehabt hat. Dadurch werden wir gebracht auf den Gedanken, dass die englisch-dänische Tradition von besonderer Bedeutung bei der Ausbildung der Sage von den Loðbrókarsöhnen gewesen sein muss. Hier lässt sich auch die Verbindung mit Halfdan am besten erklären. Hier entstand vielleicht schon aus der Kombination von Halfdans Vater Raghnall oder Ragnar mit dem obengenannten Loðbrók, die neue Sagenfigur Ragnar Lodbrók.

ARKIV FÖR NORDISK FILOLOGI XXXIX, NY FÖLJD XXXV.

18

Die Aufnahme von Bjorn Járnsiđa beruht auf Beeinflussung durch die normannische Tradition, welche zudem wesentlich vieles zum Inhalte der Sage von den Ragnarssöhnen beigesteuert hat. Die grösste Veranlassung zu dieser Mischung der Traditionen war wohl diese, dass in der französischen Tradition dieser Bjorn mit Lodbrok in Verbindung gesetzt war, was offenbar durch die Chronik von Adam veranlasst wurde.

In der dänischen Phase der Sagenentwicklung wurde die Figur von Sigfrid weiter ausgebildet und überhaupt der dänischen Geschichte mehr Rechnung getragen. Und so war allmählich die Sage von den Ragnarssöhnen entstanden. Ich komme hier zu demselben Ergebnis, das ich schon früher auf anderem Wege erreicht hatte (vgl. meine Studien over Færösche Balladen S. 194), dass die Sage erst von den Lodbrókarsöhnen erzählte und dass erst nachträglich die Person des Vaters in den Vordergrund geschoben wurde.

Ich hoffe an anderer Stelle die Entwicklung dieser Sagentradition im Einzelnen zu behandeln. Hier war die Hauptsache nur die Festlegung der historischen Tatsachen. Aber dies möchte ich noch bemerken: die historischen, lateinisch geschriebenen Quellen des frühen Mittelalters sind von grösster Bedeutung für die Ausbildung einer Sagentradition gewesen, die man später zu einseitig volkstümlich genannt hat. Auf gelehrtem und halb-gelehrtem Wege sind die wichtigsten und die meisten Umgestaltungen und Ausbildungen der Sage entstanden. Darauf weist schon die merkwürdige Sagenfigur des Königs Hringr hin, der ohne sein lateinisches Vorbild Anulo niemals hätte entstehen können.

Arnhem.

Jan de Vries.

Eine gotische beugungsform und ein
gotisches lautgesetz.

Das got. pronomen ainshun (ni ainshun 'niemand') heisst bekanntlich in dat. sg. ainummēhun, obgleich der dat. sg. der kardinalzahl ains ainamma (z. b. Röm. 9: 10) heisst. Der dat. sg. ainummēhun ist fünf mal (Joh. zwei m., Röm. zwei m., II. Kor. ein m.) belegt; Leo Meyer Die gotische Sprache s. 474; ausserdem findet sich ein mal in Lukas der dat. ainomēhun. Diese form mit o bei Lukas ist ohne zweifel damit in verbindung zu stellen, dass in diesem evangelium o mehrmals als endungsvokal statt des normalgotischen u belegt ist, z. b. sunjos st. sunjus 'söhne'; vgl. Braune Got. grammatik § 14 anm. 3, § 163 anm. 1; Streitberg Got. Elementarbuch5-6 § 23.

So weit ich mich erinnern kann, ist die ursache des gegensatzes au (o) in dat. ainamma: ainummēhun (ainomēhun) nicht erörtert worden.

Zur erläuterung der frage erinnere ich an folgendes.

Dialektisch ist im altschwedischen (in dem Västmanna-gesetz [VML.] und in dem Dala-gesetz [DL.]) die lautgruppe am in einer relativ unbetonten silbe zu om, um geworden, z. b. normal-altschw. likame 'körper': licomi VML. - normal-altschw. ensaman 'einsam': enzoman VML. normal-altschw. iam- 'gleich' iomdy'r 'gleich teuer' u. s. w. mit fortis auf der zweiten silbe; vgl. die neuschw. betonung jämvä'l 'desgleichen' normal-altschw. saman- ‘zusammen': sumankálla 'zusammenrufen', somankóma 'zusammenkommen', somanlæggia 'zusammenlegen' u. s. w. mit fortis auf dem zweiten kompositionsgliede in dem VML. Dagegen bleibt am in iamn 'eben' etc. mit fortis erhalten. Das lehnwort bálsam ist im älteren neudän. zu bálsum mit dem übergang am > um geworden.

[ocr errors]

Es ist natürlich der bilabiale konsonant m, welcher den vorhergehenden vokal a in relativ unbetonter stellung zu o, u

ARKIV FÖR Nordisk FILOLOGI XXXIX, NY FÖLJD XXXV,

276 Kock: Eine got. beugungsform u. ein got. lautgesetz.

in li'comi, sumankalla, bálsum etc. labialisiert hat. Vgl. Kock Svensk akcent II, 338 ff., Svensk ljudhistoria I, 306.

um

Weiter ist hervorzuheben, dass in ein und derselben sprache die lautbehandlung in einer levissimus-silbe sehr oft eine andere gewesen ist als in einer levis-silbe. So hat bekanntlich nur éin beispiel zu nennen altschwed. skadha (obl. kasus von dem subst. skadhi 'schaden') mit levis auf der ultima noch immer den endungsvokal a im neuschwed. skada erhalten, aber das altschwed. zu skadhi gebildete adjektiv skadhaliker 'schädlich' mit fortis auf der ersten, levissimus (nicht levis) auf der zweiten und semifortis auf der langen dritten silbe wurde schon in der altschw. zeit durch den übergang a>e (a) in der levissimussilbe zu skadheliker, neuschw. skadelig.

Wenn man sich dies vergegenwärtigt, so dürfte der gegensatz dat. ainamma : ainummēhun im gotischen selbstverständlich sein.

Ebenso wie dat. isl. einum, altschw. enom (zu einn, en 'ein'), obl. kasus isl. altschw. skapa (zu schapi 'schaden'), prät. sg. isl. altschw. kallapi, -e (zu kalla 'rufen') u. s. w. fortis auf der ersten und levis (nicht levissimus) auf der zweiten silbe hatten (Kock, Alt- u. neuschwedische accentuierung s. 77 ff., s. 83 ff.), so war ohne zweifel die betonung dieselbe in dem got. dat. ainamma, d. h. die betonung dieses got. dat. entsprach der altnordischen betonung no. 2 mit fortis auf der ersten und levis (nicht levissimus) auf der zweiten silbe.

Ebenso wie z. b. das altschw. skádhali ker mit langer dritter silbe trug das mit hun zusammengesetzte got. ainummehun mit langer dritter silbe fortis auf der ersten, levissimus auf der zweiten und semifortis auf der langen dritten silbe (möglicherweise auf -hun); auf jeden fall ruhte der levissimus (nicht der levis) auf der zweiten silbe von ainummēhun.

Dies erklärt den gegensatz ainamma: ainummēhun.

Nachdem das urgerm. -om in endungen zu -am im gotischen (dat. pl. dagam, 1. pl. präs. bindam u. s. w.) geworden war, so blieb dies -am in gotischen endungen mit levis (dagam, bindam

« AnteriorContinuar »