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Beispiel 3.

Die Krähe und der Reimer.

Eine Fabel. (Verm. Ged. II. S. 392.)1

Als eine Kräh' einst ihr Gefieder
Mit Pfauenfedern ausgeschmückt,

Besah sie sich, und gleich schritt sïe, von sich entzückt,
Mit mehr als Pfauenstolz gar langsam auf und nieder,
Schien sich an Reiz dem Pfau der Juno gleich zu seyn,
Und mischte keck sich unter Pfauen ein.

Doch sie, die das verdroß, beraubten ihr Gefieder

Der ihnen abgeborgten Pracht.

Der kaum gewordne Pfau ward schnell zur Krähe wieder,
Und selbst von Schwalben ausgelacht.

Als einst ein Reimer seiner Lieder

Mit Raub aus Britten ausgeschmückt:

Las er sich selbst, und sah, von sich stets mehr entzückt,
Auf andre Reimer stolz aus seiner Höh hernieder,
Vermehnt' aufs wenigste doch Hallern gleich zu seyn
Und mischte keck sich unter Dichter ein.

Doch bald sah er durch die den Diebstal seiner Lieder
Vor aller Welt ans Licht gebracht.

Der neue Haller ward zum magern Reimer wieder
Und selbst von Schülern ausgelacht.

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1. Diese Fabel war früher schon erschienen und von Lessing getadelt worden. Hier hat sie Schlegel bedeutend abgekürzt,

Hier hofft ihr das vergebens;
Hier herrschen Furcht und Müh.
Gebraucht denn dieses Lebens
Wozu es Gott verlieh!
Der Hoheit euch bewußt,
Zu der euch Gott erhöhet,
Flicht Weltlust. Es vergehet
Die Welt mit ihrer Luft.

Euch, Staub, hat Gott erwählet,
Daß ihr mit Engeln dort

Sein hohes Lob erzählet.
Seht froh die Wallfahrt fort!
Auf! Bis euch Gottes Ruh
In ihren Schooß empfange:
Wallt unter Lobgefange
Der Engel Chören zu!

Beispiel 5.

Von der Seligkeit des Himmels.

1777.

Mel. O Vaterherz, o Licht, o Leben. (ib, 128.)

Jauchzt! Es ist eine Ruh vorhanden,
Wo tapfre Streiter Gottes nun,
Wenn sie durch Christum überwanden,
Von aller ihrer Arbeit ruhn.
Dort fließen ferner keine Zähren,

Kein Mund läßt dort noch Seufzer hören.
Dort ängsten Schmerz und Plagen nie.
Dort sind sie selbst der Furcht entrücket.
Nuh, die den müden Geist erquicket,
Folgt auf des Lebens Laft und und Müh.

Stirb, Christ, getrost auf Jesu Namen,
Denn der ist, wenn du stirbst, dir nah..
Voll Freudigkeit sprich: Amen! Amen!
Die feyerliche Stund' ist da.
Ich bin am Ziel. Genug gelitten!
Genug gestrebet und gestritten!
Es ist vollbracht, der schwere Lauf.
Nun folgt die Rnh. Aus allen Leiden
Schwing ich mich nun in ewgen Freuden
Zu dem verklärten Mittler auf.

Beispiel 6.

Der kräftige Trost,

daß Gott alles wohl macht.

Ein Trofilied.

Mel. Jesu meine Freude.

(Geistl. Gesänge. Dritte Samml. S. 155.)

Christ aus deinem Herzen
Banne Gram und Schmerzen!
Schöpfe neuen Muth!

Wenn schon Kreuz dich drücket,
Gott ists, der es schicket.
Was der schickt, ist gut.
Wenn dich Noth
Ringsum bedroht,

Sorgen stets mit dir erwachen;
Wohl wirds Gott doch machen.

Soll die Wahrheit schweigen;
Drohet ihren Zeugen
Der Verfolgung Schwerdt;
Will man deinen Glauben
Dir vom Herzen rauben;
Fleh zu Gott; er hört.
Schäumt voll Wut
Schon Flut auf Flut
Wider dich der Hölle Rachen;
Wohl wirds Gott doch machen;

Ist der Himmel trübe;
Wankt der Freunde Liebe;
Wird die Last zu schwer;
Stürzt mit jedem Tage
Eine neue Plage
Über dich daher;

Weicht das Glück

Stets mehr zurück;

Scheints dich nicht mehr anzula chen;

Wohl wirds Gott doch machen.

Bürden abzunehmen,

Hilft nichts Angst noch Grämen ;
Schafft auch keine Rast.
Ungeduld macht Bürden,
Die dir leicht seyn würden,
Nun zur Felsenlast.
Zagend Herz,

Zähm deinen Schmerz!
Drückt die Bürde schon die Schwa-
chen;
Wohl wirds Gott doch machen.

Du führst Christi Namen.
Christum nachzuahmen,
Das ist deine Pflicht.
Werde nicht erschüttert,
Wenn die Erd' erzittert,
Und der Himmel bricht.
Der steht fest,

Den Gott nicht läßt.

Laß rings um dich Wetter frachen!
Wohl wirds Gott doch machen.

Herrlich ist die Krone,
Die der Christ zum Lohne
Seiner Treu empfängt.
Nur nichts selbst verschuldet!
Und dann freh erduldet,
Was dein Gott verhängt!

Sieg', als Held!
Mag doch die Welt

Deiner Hoffnung spöttisch lachen!
Wohl wirds Gott doch machen.

Nun, so soll es bleiben
Ich will nie mich sträuben,
Stets Gott folgsam seyn.
Stets, im Tod und Leben,
Bleib ich Gott ergeben.
Ich bin sein; er mein.
Was er will,

Sen stets mein Ziel.

Wunderbar mag Gott es machen;
Wohl wird ers doch machen.

5. Abraham Gotthelf Kästner. 1719-1800.

Abraham Gotthelf Kästner war am 27. September 1719 in Leipzig geboren, wo sein Vater Dr. und Professor der Rechte an der dortigen Universität war. Als einziges Kind seiner Eltern wurde er sehr sorgfältig, doch einfach, erzogen und nur vom Vater und Oheim, dem Dr. jaris Pommer, im Hause unterrichtet. Leichte Fassungsgabe, glückliches Gedächtniss und lebhafte Lernbegierde förderten seinen Unterricht und die Frühreife des Geistes in dem Knaben erregte allgemeine Bewunderung. Auch der Unterricht in der Religion war lebendig, einfach und streng or theder auf das Lesen der heil. Schrift gegründet. Alles was der Knabe lernte ergriff er mit Luft und Liebe, vor allem aber ergab er sich den mathematischen Studien und nie wollte er sein Gedächtniss ohne Überle gung arbeiten lassen. Schon im zehnten Jahre hielt ihn der Vater für reif, an seinen juristischen Vorlesungen Theil zu nehmen und mit dem zwölften Jahre wurde er als ftudiosus juris immatrikulirt, woneben er eifrig Mathematik und classische Sprachen trieb. Obwohl er sich bald der Neigung, nur Philosophie und Mathematik zu studiren, überwiegend hingab, wurde er doch im Jahre 1733 Notar, sich etwas verdienen zu können, war daneben ein fleißiger Schüler Gottsched's in der Dichtkunst und Beredsamkeit und rühmte sich dessen auch späterhin, obschon er auch, wie seine Vorlesung und manche Epigramme zeigen, seine Schwächen wohl anerkannte. Er wurde auch Mitarbeiter an den Schwa-beschen Beluftigungen des Verstandes und Wißes und schonte auch zuweilen der Schweizer nicht. Im Jahre 1735 wurde er Baccalaureus und im folgenden Magister der Philosophie in Leipzig. Im Jahre 1739, in seinem zwanzigsten Jahre, trat er selbst als Docent an der Leipziger Universität auf und las Mathematik, Logik, Naturrecht und praktische Übungen in der Logik mit großem Beifall, daß ihm auch 1746 eine außeror dentliche Professur der Mathematik übertragen wurde, welche aber

nur 100 Thaler eintrug, daß er sich zu manchen unfreiwilligen schriftstellerischen Arbeiten genöthigt sah, um sich und die nun verwittwete Mutter zu ernähren.

Nach zehn Jahren entschloß sich Kästner dem Rufe zur ordentlichen Professur der Mathematik und Physik nach Göttingen 1756 ju folgen und verheirathete sich kurz vorher mit Rosine Baumann, welche er innig liebte, aber schon 1758 durch den Tod verlor. Bier und vierzig Jahre lang ist nun Kästner Lehrer und eine Hauptzierde der Universität Göttingen gewesen und erwarb sich durch seine Vorlesungen und seine Schriften eine außerordentliche Berühmtheit. Er wurde allmählich Mit glied fast aller gelehrten Gesellschaften Europas und stand mit den bedeutendsten Gelehrten in Briefwechsel. Der Cardinal Quirini überseßte se: gar zu Kästners Triumph dessen „kleine Theodicee" als eine Andachtsübung in lateinische Verse. Zu seinen bedeutenden Schülern gehört auch) Karsten Niebuhr, welchen er selbst zu seiner Reise noch Arabien veranlasste. Er wurde als Vorsteher der deutschen Gesellschaft in Göttingen zugleich der Protector des Hainbundes, wie sehr auch seine Ansichten über Poesie von der der hochfirebenden Jünglinge jenes Bundes verschieden war. Im Jahre 1765 wurde er zum großbritt. und braunschweigschen Hofrath ernannt und genoß das große Vertrauen des Minifters Münchhausen, welches er nur späterhin sich verscherzte, da er seinen Hang zur Satire nicht zu beherrschen verstand. Hierdurch ist er vielen Menschen, besonders auch seinen Collegen lästig, und oft ist dadurch sein Character in ein falsches Licht gestellt worden, da, wie wenig Rücksicht er auch in Streit und Laune selbst auf seine Freunde nahm, doch sein Herz fern war von aller Bosheit und Hinterlist und er für durchaus bieder und ehrenwerth, das Gute aus edler Denkungsart und mit Aufopferung fördernd, auch fremdes Verdienst neidlos anerkennend und seinen Freunden und Verwandten unwandelbar treu anhangend immerdor erscheinen muß. Er farb, nachdem er sein goldnes Jubiläum als Magifter schon dreizehn Jahre überlebt hatte, sehr sanft am 20. Juni 1800 im ein und achtzigsien Jahre seines Alters.

Kästner hat sich den Namen eines Poeten lediglich durch seine Epis gramme erworben und das epigrammatische Element bildet auch den cha rakteristischen Zug aller seiner Schriften. Die Epigramme sind meist ne gativer Natur, mehr voll Witz und Spott als Humor und Satire, kräftig und scharf, öfter schonungslos, daneben komisch, ergötzlich und sinnreich. Seine didaktischen Gedichte, welche Opitz und Haller zum Muster haben und unter denen das von den Kometen am bedeutendsten ist, find zu

1) Vergl. darüber die treffliche Darstellung von Pruß: Götting. Dichterbund. Leipz. 1811. S. 186 ff.

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