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Nicht tauschen um eine Königsstadt:
Die für Gewinn es achten, ihr Leben
Der süßen Heimath, als Opfer zu

geben

Wer anders denket immerhin
Behalt' er seinen Weltbürgersînn,
Und gleiche, wenn es ihn gelüftet,
Dem Vogel, der aller Orten nißet,
Wo Baum oder Busch eine Woh Nur sie, wenn des Schicksals Un-
nung beut;
Der, ohne sicheres Geleit,
So lange von Wipfel zu Wipfel
irrt,

Bis er des Zufalle Beute wird.
Dagegen loben wir und preisen
Den Storch, der von den weitesten
Reisen

Zurück zur gewohnten Stätte kehrt,
Den Jubelruf der Knaben hört,
Und auch willkommen ist den Alten.
Schon oft, das theure Neft zu ers

halten,

Hat er von ihm den beginnenden
Brand

Mit rasch benetzter Schwinge ge
wandt,

Und so der Nachbarn Giebel gerettet.
Wen Liebe nicht ans Vaterland

fettet,
Wem jeder fremde Boden gefällt,
Der kann, als Bürger einer Welt,
In ihr, mit innigem Verlangen,
Fest in der Treue, nichts umfangen.
Sie aber, die, so arm und klein
Es ist, sich ihrem Städtchen weihn:
Es mit dem Wenigen, was es hat,

bestand Vom eignen Herde die Liebenden bannt,

Sind nirgend fremd, wo Menschen wohnen

Sind Bürger unter allen Zonen.

Drum meinen besten Segensgruß Dem Deutschen, der mit stolzem Fuß Auch jeßt auf Deutschem Boden kühn Daher geht; dem die Wangen glühn Beym heiligen Nahmen: Vaterland! Noch hofft er: Was so mächtig stand, Das werde ferner stehen; erzicht, Veym väterlichen Becher und Lied Uns keine Zwitterart von Söhnen, Die sich an knechtisches Joch ge

wöhnen,'

Daß, wenn Germania je dem Drang
Der Zeit erliegt, und Deutscher Ge-

sang

Verstummt, ihr Genius fort und
fort

Noch rede zum Enkel ein männliches
Wort,
Und, wer sie erblickt in ihrem Falle,
Mit Ehrfurcht um die Trümmer
walle.

Salomon Geßner. 1730-1787.

Salomon Geßner wurde den 1. April 1730 zu Zürich geboren. Sein Vater war Buchhändler und Mitglied des großen Raths. Als Kind zeigte er nicht große Fähigkeiten, woran auch zum Theil der mangelhafte

1. Es ist wohl zu beachten, daß dieser Zuruf im Januar 1807 unter der Swingherrschaft Napoleons geschrieben ist.

Unterricht, den er genofs, Schuld sein mochte. Dagegen legte er sich in den Schulstunden auf die Verfertigung von Figuren aus Wachs und bes friedigte diesen Trieb treh aller Strafen, welche er wegen Vernachlässigung des Unterrichts sich zuzog. Eben so ging es ihm, als er einer anderu Neigung sich hingab, wozu ihn das Lefen des Robinson Crusoe veranlasste. Er schrieb nehmlich Robinsonaden und da die Strenge, womit man ihn hiervon abhalten wollte, um ihn für die Sprachstudien zu gewinnen, nichts fruchtete; so gab man ihn ganz für die Wissenschaften verloren, statt sein Talent zu nähren und zu leiten. Im Leben dagegen, bei den Spic. len seiner Mitschüler, war er wohl zu gebrauchen und diese dachten bei weitem besser von ihm als seine Lehrer Als ihn nun die Ältern zu einem Landgeistlichen brachten, fand er hier bei milderer Aufsicht auch mehr Geschmack am Studium der lateinischen Sprache und bildete seine Neigung zur Poesie mehr aus, versuchte sich aber am meisten an erotischen und anas kreontischen Liedern. Hierauf sendete ihn sein Vater nach Berlin, die Buchhandlung zu lernen, aber die niedern Geschäffte, zu denen er gebraucht wurde, verleideten ihm auch diesen Beruf. Ohne Wissen des Vaters ging er aus der Buchhandlung fort, miethete sich ein eignes Zimmer und mahlte Landschaften. Die Ältern ließen ihm endlich zu, noch eine Zeit in Berlin zu bleiben und den Aufenthalt nach seinem Willen zu nüßen Jeht wurde er auch mit Ramler bekannt, welchen seine Dichtungen wohl ansprachen, aber den er in Nücksicht auf Profodie und Ebenmaaß der Verse durchaus nicht befriedigen konnte, weshalb ihm Ramler den Rath_gab, lieber in harmonischer Prosa zu schreiben, wie er es auch späterhin fast immer gethan hat. Nachdem er noch Hamburg besucht, wo ihn Hagedorn freundlich aufgenommen hatte, kehrte er in die Vaterstadt zurück und machte sich seit 1751 als Schriftsteller bekannt. Sein Daphnis, der aus der Lesung des von Amiot übersetzten Longus entstand, erschien 1754, ein Bändchen Idyllen 1756, und diese machten besonders sein Glück. Den Tod Abels dichtete er 1758, weil Bodmer gesagt, an eine Epopõe werde er sich wohl nie wagen. Eine Sammlung seiner Gedichte in 4 Bänden erschien 1762, erst zehn Jahr später ein zweites Bändchen Idyllen.

Viel mehr als im Vaterlande wurden Geßners Gedichte in Frankreich geschäßt, als Huber den Tod Abels, welcher in Einem Jahre drei Auflagen erhielt, und bald darauf auch die Idyllen, Daphnis, den ersten Schiffer und Erast ins Französische überseßt hatte. Bald wur den auch seine Werke ins Englische und Italische übertragen, bald auch in alle andern europäischen Sprachen.

Nachdem Geßner ein schönes und geistreiches Mädchen, doch ohne äußern Reichthum, geheirathet hatte, suchte er sich wieder durch Mahlerei zu nähren und seine Landschaften wurden sehr gesucht und theuer bezahlt.

Bald wählte man ihn auch in den täglichen Rath und gab ihm die Oberaufsicht über die Hoch- und Frohnwälder des Kantons Zürich und er lebte still und zufrieden, oft auch in größeren Kreisen. In seinem Hause sammelten sich, besonders an zwei Abenden, Zürichs Gelehrte, Kunst ler und Staatsleute. Den Sommer brachte er gewöhnlich in einem Land: hause in einer reizenden Gegend an der Limmat zu. In den leṣtern Jahren bezog er eine einfache bequeme Wohnung in dem seiner Aufsicht vertrautem Sihlwalde, wohin seine Freunde ihm gern folgten. Dort wurde ihm auch nach seinem Tode am Zusammenfluss der Sihl und Lim mat von seinen Mitbürgern ein Denkmahl errichtet. Geßner starb an einem Schlagfluss den 2. März 1787

Geßner hat sich wie aus Breckes, mit welchem er bei seiner Erziehung auf dem Lande bekannt wurde, und aus Bodmer, so auch aus Klopstock herausgebildet, was in seinen Schilderungen in den Jdyllen und vor allem im Tode Abels erscheint. Er is in seiner Poesie ganz Maler, wie in seis nen Gemälden Dichter. Kräftigen Seelen kann freilich das Weiche und Schlaffe seiner Charactere nicht zusagen, wie man wohl gesagt hat, im Tode Abels sei Kain der einzige leidliche Character. Können wir uns aber mit der Idyllengattung dieser Zeit erst befreunden, so wird die Schönheit der Schilderungen uns ansprechen, wie sie in Frankreich so großes Glück gemacht hat.

Die erste Hauptausgabe der Geßnerschen Werke ist folgende. Sal. Gefsners Schriften. Vier Theile. Zürich 1762. gr. S. mit Titelfupfern und Vignetten von Geßners Hand. Dann er schienen: Sal. Gefsners Schriften. Fünf Theile. Zürich 1772. 8. mit den neuen Idyllen und der Überseßung von Diderot's moralischen Erzählungen, welche früher als das französische Original erschien. Abdrücke mit deutschen Lettern kamen 1774 und 1782 heraus. Eine Prachtausgabe ist:

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Sal. Gefsners Schriften. Zwei Bände Zürich 1777. 1778. gr. 4. (16 Thlr.) mit Kupfern und Vignetten. Andre Octavausgaben sind von 1782 und 1788. (diese nach Geßners Tode.) — Eine kleine sehr saubere Ausgabe in 16. erschien in 3 Auflagen Sal. Gessners Schriften. Drei Bändchen. Zürich 1789, dann 1795 u. 1801., mit Geßners Bild von Graff gemalt, von Lips ge stochen. Sie enthalten: Bändchen L.: Der Tod Abels (zuerst Zürich 1758. 8) in 5 Gefängen. Ein kleiner mythischer Roman mit vielen Gesängen und Gesprächen, aber geringer Handlung, mit weichen,

1. Vergl. darüber die treffliche Darstellung in Gervinus: Neuere Gesch. der pect. Lit. Th. I. (IV.) S. 163 flg.

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hinfließenden Characteren, aber einzelnen schönen Schilderungen. ́ ́(In deutsche Verse gebracht von Joh. Sam. Paßke in seinen musikali schen Gedichten. Magdeb. 1780, auch als musikalisches Drama von Rolle in Musik gesetzt. Leipz. 1771. Querfol.) 2 Der erste Schif fer in zwei Gesängen. (Zuerst erschien es, im Landhause bei Zürich gedichtet, in der Ausg. 1762. 8. Versificirt von Ramler (ohne Geßners Danf) Berlin 1789. 8. - Bändchen II: 1. Daphnis in drei Büchern, auf Veranlassung des griechischen Schäferromans des Longus gedichtet, ohne diesen weiter zu benußen. Die Episoden des Lamon und des tugendhaften Ariston sind später eingewebt. -2. Evander und Alcimna, ein Schäferspiel in 3 Aufzügen. 3. Erast, in einem Aufzuge. Ein Schauspiel. Arme Unschuld und reiches mächtiges Laster gegenüber gestellt. 4. Ein Gemählde aus der Sündfluth - 5. Der Wunsch. Bändchen III.: 1. Jdyl, len, 45 an der Zahl. 2. Vermischte Gedichte, worunter die Nacht, eins der ersten Gedichte Geßnere, 1753 erschienen, der Frühling und Jnkel und Varifo. 3. Brief über die Landschaftsmalerey.

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Beispiel 1.

Der Schöpfungsmorgen.

Aus Abels Gesang im Tod Abels. Erster Gesang. (Ausg. 1795. Bdch. 1. S. 24.) Wenn auf seinen Wink die Sonne heraufgeht, und die Nacht verjagt; wenn dann die Natur in verjüngter Schönheit glänzet, und jedes schlummernde Geschöpfe zu seinem Lob erwachet, bist du, thauender Morgen, bist du da nicht ein nachahmendes Bildniß der Schöpfung, ein Bildniß jenes Morgens, da der Herr schaffend über der neuen Erde schwebte? Dede Stille ruhete da auf der unbewohneten Erde, da sprach die schaffende Stimme; schnell rauscht' ein Heer, unendlich mannichfaltig an Bildung und Schönheit, auf bunten Flügeln, stieg hoch empor in die Luft, spielt, in blumigen Fluren, in Büschen und schattigen Wipfeln; ihr wirbelndes Lied tönte durch den erstaunten Hain und die rauschende Luft laut des Schaffenden Lob. Oder da, als er wieder über der Erde schwebte und die Thiere hervorrief, die auf der Erde dahergehn. Er sprach noch, schnell wanden Klöße fich los, und formten sich zu unzähligen Gestalten; da hüpfte der belebte Kloß als Pferd auf der Flur, und schüttelte wichernd die Mähne; der starke Löw' entwickelte sich, halb Kloß noch und halb Löwe versucht er's die ersten Töne zu brüllen; dort bebt' ein Hügel, und ist gieng er belebt als Elephante daher: So stiegen auf einmal unzählige Stimmen zum Schöpfer empor. Eben so weckest du jeden Morgen deine Geschöpf aus dem ohnmächtigen Schlummer; ste erwachen, und sehen um sich her den Reichthum deiner Güte, und unzähliche Stimmen leben dich.

Einst, ich sehe die heilige Zukunft! einst wird der Mensch über die ganze Erde fortgepflanzet; dann, o dann werden auf jedem Hügel deine heiligen Altäre stehn; aus jedem Schatten, von jeder Flur wird dann Lob und Dank zu dir empor tönen, von der Erd' empor, wenn die Morgensonne die Nationen weckt, von da wo sie aufgeht, bis da wo sie niedergeht, zerstreut.

Beispiel 2.

Abels Tod.

(Der Ted Abels. Tb. I. S. 148.)

,,Kain! mein Bruder!" sprach Abel, banges Erstaunen und zärtliche Liebe sassen in seinem Gesichte, was für ein häßlicher Traum hat dich ge täuscht? Geliebter! ich kam mit dem Morgenroth dich zu suchen, dich zu umarmen, mit dem kommenden Tag dich zu segnen: Aber, o was für ein Gewitter tobet um dich her! wie unfreundlich empfängst du meine zärtliche Liebe! Wann ach! wann werden einß die seligen Tage, die Tage voll Wonne herauf gehn, da Friede unter uns ist, und harmlose ungestörte Liebe die sanfte Ruh' in der Seele, und jede lächelnde Freude, wieder aufblühen läßt; jene Tage, denen der bekümmerte Vater so sehnlich ent: gegenseufzet, und die zärtliche Mutter! O Kain, Kain! wie trittst du wü tend die Freuden zu Boden, mit denen du da uns betrogest, da, als ich entzückt in deiner Umarmung weinte! Hab' ich dich beleidigt, mein Brus der! unwissend dich beleidigt dann bey allem was heilig ist, beschwör ich dich, tritt aus dem tobenden Gewitter hervor, verzeihe mir, und laß mich dich umarmen!" So sprach Abel, trat näher, und wollte flehend den Bruder umfassen; aber Kain sprang zurück: -Ha Schlange! du willst mich umwinden!“ So rief er, hob wütend den Arm, und schwang die Keule durch die heulende Luft auf Abels Haupt; der Unschuldige sant vor ihm hin, mit zerschmettertem Schedel, blickt mit Verzeihung im star: renden Auge noch einmal ihn an, und starb; sein Blut floß durch die goldnen Locken an des Mörders Füsse.

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Kain stund in betäubendem Schrecken todblaß, kalter Schweiß umfles die bebenden Glieder; er sah des Erschlagenen leßte krampfigte Bewegung, und das rinnende, zu ihm aufrauchende Blut, „Verfluchter Schlag!" rief er:,,Bruder! erwache erwache Bruder! Wie blaß ist sein Geficht! wie starr sein Auge! wie das Blut um sein Haupt hinfließt! Ich Elen der! o was ahnt mir!" Höllische Schrecken!" So brüllt er und

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1. Ein Satan Anamelech hatte Kain einen Traum gesendet, in welchem er sah, wie seine Kinder und Enkel ein schweres mühseliges Leben führen und den Nachkommen Abels, welche in trägem Überfluss lebten, als Sklaven dienen mussten. Dieser Traum batte Kain so schrecklich aufgeregt.

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