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Beispiel 4.

In einer stillen Nacht. (Tb. I. S. 166.)
Am 2. April 1763.

Ruht sanft, ruht sanft, ihr matte Sorgen!
Das Schiffal lenket euren Kahn,
Und an dem schönsten Frühlingsmorgen
Kommt er vielleicht im Hafen an.

Die Vorsicht hat sich vorbehalten
Der Stunde Loos, die Wahl der Zeit:
, so laßt nur die Vorsicht walten,
Sie herrscht ja schon von Ewigkeit.

Für unsre Wünsche, unser Sehnen
Ift dort noch ein unendlichs Feld;
Hier Ströme Bluts; hier Ströme Thränen,
Sind Tropfen in der andern Welt.

Ich seh euch, Wolken, nun zufrieden,
Doch ungestraft des Sturmes Wut,
Wär uns ein solches Herz beschieden,
Das ungerochen sanfter ruht!

Die Sonne, die den Tag uns nahme,
Ließ uns des Mondes Licht zurück:
So läßt das Glücke unserm Grame
In seiner Nacht der Hofnung Blif.

Seht die Natur, nicht nur erhalten ;
Sie bringt auch stets was neues für.
Ihr Wolken, bildet nur Gestalten,
Und schildert ihre Werkstatt mir!

Seht sie an neuen Welten zimmern ;
Wie klug sie ihr Geschäft verkürzt,
Zum neuen Bau braucht sie die Trümmern
Der Welten, die sie niederstürzt.

Sehn wir nicht selbst des Meers Gebiete
Verrüft, und manchen Stern nicht mehr?
Und unserm murrenden Gemühte
Ist noch der Welt Gesez zu schwer?

Was ists? ist alles auch verlohren,
Der Leib, der Ball von Staub ist hin.
Er wurd, ich Seele nicht, gebohren;
Ich weiß, daß ich unsterblich bin.

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Hier ist der Ort, hier finden meine Klagen

Ihr leztes, ihr erkornes Ziel.

Hier endet sich mit meinen Trauertagen

Des Glückes blindes Spiel.

Hier hört das Labyrinth von meiner Laufbahn auf.

Hier endet sich mit meinen Kräften,

Von so viel quälenden Geschäften,

Von so viel Sorgen einst der Lauf.

Von so viel Wünschen, die dann mit den Sorgen schlafen,

Vereint im Arme der Zufriedenheit:

So samlen Schiffe sich im angewisnen Hafen,

Von Sturm und Nacht zerstreut.

Hier fassen meines Sarges enge Räume

Des Lebens ganze Luft und Müh,
Entwürfe, Hofnungen und Träume,
Schluß, Wahrheit, Wahn und Phantasie.

Ich sehe mich schon an des Flusses Munde,

Der meines Lebens Kahn ins Meer des Todes führt:

Sie rauscht daher, die fürchterliche Stunde,

Wo sich mein Herz zum leztenmale rührt;

Wo es kein Blut mehr durch den Körper sprißet,
Das kalt in ihm sich häuft, und jene Angst gebiert,
Wo auf der Stirn der kalte Schrecken sihet,
Der Athem, den ich such, auch einmal sich verliert;
Wo meine Haut ein Eis aus allen Röhren schwitzet;
Wo aus dem trüben Aug, das sich noch ängstlich dreht,
Des Lebens kleiner Reft zulezt noch sparsam blihet,

Und dann sein Glas zerbricht, und dann sein Licht vergeht;
Und dann sein Licht vergeht!

Wo ist mein Geist, der sonst aus diesem Auge stralte?
Der Himmel, der sich sonst in ihm so prächtig malte?
Ach! alles ist beraubt des Lichts,

Für mich nunmehr ein Schatten und ein Nichts.

Der Wangen Feld verblüht, nun bald der Würmer Weide;

Ihr Purpur gleichet schon dem blassen Todenkleide,

Und Erd und Moder ist mein Leib nun unterthan,
Und den Lebendigen ist er nun schon zuwider;
Ein ewger Frost dekt seine Glieder,

Die keine Sonne mehr erwärmen kan.

So sterb ich? Ja, ihr Freunde seht mich sterben,

Nur eine Scham nur fan die bleichen Wangen färben;
Dem Schmerz fan ich vielleicht nicht widerstehn;

Ihr werdet mich vielleicht ihn noch empfinden sehn,
Und unruhvoll tret ich vielleicht von dieser Bühne,

Es sey; doch seht, es flieht mein Geist,

Noch zornig auf den Schmerz, voll Zorns auf die Maschine,
Von der er sich großmütig reißt:

Ja, seht, wie ich ganz ohne Furcht erblasse

Und himmlischer Gedanken voll,

Gleich einem Licht, das jezt verleschen soll,
Die lezten Funken noch zusammen fasse,
Und vor der Seele, die nun ewig scheiden soll,
Den lezten Stral noch glänzend spielen lasse.

Beispiel 6.

Aus den: Lucrezischen Gedanken.

Ende des vierten Stücks. Forts. von der Seele. (Th. II. S. 224.)

So, wie wann schon das Todesurtheil redet,

Und laut und ernst die harte Stimme spricht,
Der Priester schon mit seinem Sünder bätet,
Der Richter schon den schwarzen Stab zerbricht:

Der Mörder nun, der Bühne zugeführet,

Noch scherzt, und lacht, noch wild und treßig thut,
Und sieht das Schwerdt, das wie ein Bliz, ihn rühret,
Und könt ers sehn, er säh sein springend Blut:

So stunde dort auf seinem falschen Boden
Die prächtge Stadt, wie auf des Glückes Bord,
Ach, Lissabon, auf einer Welt von Toden
Tief unter sich, und sann auf Königsmord;
So stehst du, Welt, auf deinem falschen Boden,
Und merfest nicht den Unfall, der dir droht:
So stehest du auf einem Wall von Toden,
Elender Mensch! und denkst nicht an den Tod.

O, wenn man doch nur einzeln also dächte;
Allein so denkt, so träumt die ganze Welt!
Der Sterblichen unzählbares Geschlechte,
Und selbst der Freund, der unser Grab bestellt.
Wir sehn den Pfeil, wie scharf er auf uns zielet,
Und unser Rausch heißt ihn vorüber gehn.
Wann hat die Welt die Rollen ausgespielet?
Wann werden wir gelöst den Knoten sehn?

Ein neuer Geiz wird in die Seegeln blasen;
Wir werden noch des Nordpols Thiere jehn:
Der Krieg wird fern um neue Beuten rasen,
Das Eismeer sich voll von Fregatten sehn.
Noch einmal wird Europens geilen Blicken
Ein naktes Volk zum Schauspiel aufgestellt:
Noch einmal wirds dem Aberglauben glücken;
Ach, ist sein Ziel denn nicht das Ziel der Welt?

Doch dann wird auch der Dinge Lauf sich kürzen, Dem Weise schon zu lange zugesehn,

Und alles wird in eins zusammen stürzen,

Und schneller, als ein Wolkenschloß vergehn.
Es donnert tief von unten - - Welch Getümmel!
Welch ein Gebrüll schallt aus des Abgrunds Schlund!
Mit welchem Knall springt der crystallne Himmel.
Welch Feuerstrom schießt aus der Sonne Mund!

Wie siedet nicht das Meer und seine Wellen,
Wie bäumen sie, gleich wilden Rossen, sich!
Die Monster, nun verjagt von ihren Stellen,
Wie toben sie, wie laut, wie fürchterlich!

Der Wallfisch schwingt, von Todesangst verwirret,
Sich in die Luft Will fliegen, und vergeht,
Wann in dem Meer der große Kondor irret,
Sein Element verkennt, und untergeht.

b. Joh. Philipp Lorenz With of. 1725-1789

Johann Philipp Lorenz Withof, der Sohn eines berühmten Vaters, des Professors der Geschichte, Beredsamkeit und griechischen Sprache, Johann Hildebrand With of, war am 1. Junius 1725 zu Duisburg am Rhein geboren. Vom Vater und andern Privatlehrern unterrichtet bildete er sich zugleich auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt aus und bezog 1740 die Universität Duisburg, wo er drei Jahre lang Humaniora stu dirte, dann aber sich der Heilkunde widmete. Nachdem er sich noch in eignen Vorlesungen geübt hatte, besuchte er die Universitäten Utrecht und Leiden und lernte die holländischen Gelehrten kennen. Er promovirte 1747 in seiner Vaterstadt als Doctor der Arzneiwissenschaft und wurde daselbst, nach kurzem Aufenthalt in Lingen, 1750 doctor legens, nachher Assessor der medicinischen Facultät und las über Anatomie, Pathologie u a. medicinische Wissenschaften. Seit 1752 war er Professor der Geschichte, Philosophie und Beredsamkeit am akademischen Gymnasium in Hamm und nachher in seiner Vaterhadt Profeffor der Beredsamkeit und griechischen Sprache, auch Bentheim-Steinfurtscher Hofrath und Leibarzt und ssiarb am 3. Julius 1789.

Withof gehört zu den bedeutenderen didaktischen Dichtern der Deut schen, nicht zu den leichteren, er ist schwer und kernig, scharf, tiefsînnig und gelehrt. Der Gedanke ist ihm Alles und er opfert ihm Schönheit der Form und des Wohlflangs; doch fehlt es ihm nicht an Kraft und Begeisterung, wie die Liebe zum besungenen Gegenstande sie in ihm erzeugt. Es erschienen von ihm zuerst: Gedichte. Bremen 1751. 8., aus denen er nur Einzelnes bearbeitet in den spätern Werken beibehielt. Dann folgten:

Aufmunterungen in moralischen Gedichten von J. L. Withof J. H. fil. aus Duisburg der Arznei Doctorn auf der hohen Schule zu Hamm u. f. f. Dortmund 1755. 8.

Endlich erschienen:

Akademische Gedichte von Joh. Phil. Lorenz Withof. Erst. Th. Leipz. 1782. 3w. Th. das. 1783. gr. 8. Die Gedichte der frühern Ausgaben sind darin bedeutend verändert.

Der erste Theil enthält: 1. Die moralischen Keter. Schon 1751, dann allein 1760 erschienen. Der Hauptgedanke ist, daß alle Glückseligkeitssysteme zu nichts führen und nur die Religion das einzig wahre

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