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Wunden, sind meine Wunden so gut, als wären sie ganz alleine für mein
Herz da! da heißts: Eleison! Gott Erbarme sich! warum nicht, danks
Gott! Warum höret man dabey kein Hallelujah erklingen; sondern singen,
Kyrie Eleison! statt der Wonn: Weil wir uns der Wundengaben meh-
rentheils zu schämen haben, denn was hat das Lamm davon?

Aber doch komt uns auch ein Troft zu Hülfe, den uns die Mutter der Heilige Geist gleich gibt und vors Herze bringt: Er wird uns die Wunden so lange predigen, und die Seite so lange offen halten, wie so der Sacristan die Reliquien öffnet, oder der Lehrmeister das Stöckgen nimt, und aufs Täflein weiset: so wird Er stehen und uns das SeitenLoch, das Seiten-Höhlgen, die Seiten - Spalte so lange zeigen, bis wir endlich werden an Leib und Seele zu einer Wunde, zu einer Wunde JEju geworden seyn, so Heilig als JEsu Wunden, an Seel und Leib. Eher wird er nicht aufhören JEsu Wunden zu zeigen, zu erklären, zu appliciren und zu demonstriren. Ja in dem letzten Moment, wenn wir hintreten und den Tag seiner Zukunft da haben werden: so ist Ers der uns wenn Er komt der Fürst, das Aug aufs Zeichen heften wird: noch da wird Er das Stäbgen bringen, und wird wieder anfangen zu demonstriren; da ist es, das ist das Zeichen, davon Ich euch sagte zur Hütten-Zeit, das ist die Conclusion meiner Lection der Schluß, nun bin Ich fertig, nun seht euch selber satt, fahrt hinein, wohnt ewiglich.

Beispiel 3.

Aus dem Gesangbuch z. Gebrauch der evang. Brüdergemeine.

Gnadau 1819. S. 751. No. 1557,

Vor Jesu Augen schweben,

ist wahre Seligkeit,

ein unverrücktes Leben

mit ihm schon in der Zeit:

nichts können, und nichts wissen,
nichts wollen und nichts thun,
als Jesu folgen müssen,
das heißt im Frieden ruhn.

2. Man sieht aus seinem Schlafe
in Christi Freundschaft auf;
man fürchtet keine Strafe
im ganzen Lebenslauf;
man ißt und trinkt in Liebe,
man hungerte wol auch,
und hält im Gnadentriebe
beständig einen Brauch.

3. Wenn man den Tag vollendet,
so legt man sich zur Ruh;
von Christo unverwendet,
thut man die Sinnen zu,

und wünschet selbst den Träumen,
(wenns ja geträumt muß seyn,)
nichts anders einzuräumen,
als Chrifti Wundenschein.

4. Gewiß, wer erst die Sünde
in Christi Blut ertränkt,
und dann, gleich einem Kinde,
ihm unverrückt anhängt;
der wird auch heilig handeln,
und kann dann anders nicht:
Herr Jesu! lehr uns wandeln.
in deiner Augen Licht!

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Popular philosophen.

1. Johann Georg Sulzer. 1720-1779.

Johann Georg Sulzer wurde am 16. October 1720 zu Winterthur im Kanton Zürich als das fünf und zwanzigste Kind seiner Ältern geboren. Der Vater war Mitglied des Raths und Säckelmeister der Stadt, hatte sich eine Zeitlang in Nismes aufgehalten und die Verfolgungen der Reformirten in Frankreich erfahren, wodurch ein gründlicher Abscheu gegen religiösen Parteigeist in ihm erwuchs, den er auf den Sohn übertrug. Dieser zeichnete sich durch Körperkraft aus, wurde in der Stadtschule unterrichtet und sollte Prediger werden, doch widerstand ihm der pedantische Unterricht und er las lieber Reisebeschreibungen und Scheuchzers Naturgeschichte. Im Jahre 1734 starben ihm beide Ältern an demselben Tage und sein Erbtheil reichte kaum zu seiner Erziehung hin. Im 16ten Jahr kam er auf das Gymnasium zu Zürich, wo er Wolfs deutsche Metaphysik mit Liebe studirte und der Theologe Zimmermann, der Naturs forscher Joh. Geßner und Bodmer und Breitinger seine Lehrer waren. Mathematik, Physik und Philosophie waren seine Hauptstudien. Nach vollendetem theologischen Cursus wurde er 1739 zum Prediger ordinirt und unterstüßte dann den Prediger in Maschwanden, schrieb dort auch: moralische Betrachtungen über die Werke der Natur, machte Reisen in die Alpen und gab die Scheuchzersche Naturgeschichte heraus. - - Nachdem er eine Zeitlang im Schlosse Wyden an der Thur Hauslehrer gewesen war, ging er 1743 in gleicher Stellung nach Magde: burg und unterrichtete die Kinder des Kaufmanns Bachmann, wurde hier mit Sack und andern Gelehrten bekannt und gab eine Übersetzung der Itinera Alpina von Scheuchzer heraus. Als er 1744 nach Berlin ges gangen war, wo er sich Eulers und Maupertuis Freundschaft erwarb, erhielt er auf Eulers und Sacks Empfehlung 1747 die Profeffur der Mathematik am joachimsthalschen Gymnasium. Auf einer Reise nach Zürich, wohin er Klopstock begleitete, 1750, verheirathete er sich und wurde nach seiner Rückkehr Mitglied der Königl. Akademie der Wissenschaften. Nach dem frühen Tod seiner geliebten Gattinn 1760 verließ er eine Zeitlang Berlin, reiste nach der Schweiz und fing an, seine Allgemeine Theorie der schönen Künfte zu bearbeiten. Er legte 1763 seine Stelle am Joachimsthal nieder und wollte sein Leben im Vaterlande beschließen, aber König Friedrich ernannte ihn mit ansehnlicher Pension zum Professor an der neu errichteten Ritteracademie (école militaire) und schenkte ihm ein Stück Land in Moabit zu einem Landhause und Garten, ernannte ihn. dann auch, neben andern Aufträgen zum Visitator des Joachims thalschen Gymnasiums. Als solcher schrieb er sein bekanntes Lesebuch: Vorübungen zur Erweckung der Aufmerksamkeit und

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des Nachdenkens. Mit Sack und Spalding machte er mehrere Schulreisen, wie er auch dem Herzog von Kurland einen Plan zur Er richtung eines Gymnasiums in Mitau entwarf. Im Jahr 1771 trat der erste Theil seiner allgem. Theorie ans Licht, welche ihm einen bedentenden Namen erworben hat. Seit 1772 fing er an zu kränkeln und eine Reise nach der Schweiz, Frankreich und der Lombarbei 1775, wäh rend welcher er zum Director der philosoph. Klasse der Akademie ernannt wurde, half nur vorübergehend. Am Ende des Jahres 1777 hatte er noch eine lange Unterredung mit Friedrich, den er mit Voltaire als den geistreichsten und angenehmsten aller Menschen in der Unterhaltung ansah. Immer mehr welkten seine Kräfte im Jahr 1778 dahin und am 25. Febr. 1779 schlummerte er sanft ein, nachdem er noch am Tage vor seinem Tode eine merkwürdige Unterredung mit seinen Freunden gehabt hatte.

Sulzer war ein emsiger Naturforscher, Kenner der Alten, Beförderer des guten Geschmacks und der Künste und ist als Pädagog und Philosoph auf vielfache Weise verdient. Herder sagt von ihm:,, Als Phi,,losoph war Sulzer ein Philosoph des gesunden Verstandes, der planen, ,,nicht spitsindigen Vernunft. Psychologie war das Feld, wo ihm die Zer ,,legung der Begriffe am meisten glückte; und gibt's in der ganzen Philo ,,sophie ein angenehmeres, nüßlicheres Feld, als dieses? Seine Theorie ,,der angenehmen Empfindungen, seine Abhandlungen über Sprache ,,und Vernunft, über dunkle Begriffe und Triebe zuletzt über das ,,Wesen und die Unsterblichkeit der Seele sind voll schöner Wahr,,nehmungen. Das größeste Gebäude, das Sulzer errichtete, ist sein „Wörterbuch der schönen Wissenschaften und Künste: ein Dädalisches, viel: ,,leicht unvollendetes und nie zu vollendendes Gebäude, das seinen Erbauer „aber, wenn er auch nur der erste Erbauer wäre, gewiß nicht ohne „Kranz ließe."

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Die vornehmsten Schriften Sulzers find:

1. Allgemeine Theorie der schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter aufeinander folgenden Artikeln abgehandelt von Joh. George Sulzer, Mitglied der Kön. Akad. der Wissensch. in Berlin. Erst. Th. Lpz. 1772. 4. Zw. Th. 1774. 4. Ein neuer Abdruck erschien in 4 Vdn. gr. 8. 1773 u. 74. Zw. Aufl. 4 Bde. gr. 8. 1777. 78. Dritte Aufl. Vier Theile. Neue verm. Aufl. Lpz. 1786. 87. gr. 8. Hierbei erschienen zugleich die literarischen Zus sähe Friedrichs von Blankenburg, welche besonders herauskamen in 3 Bdn. Lpz. 1796–98. gr. 8. — Endlich erschien von Sulzers Theo. rie: Neue verm. zweite Aufl. Vier Theile. Lpz. 1792-94. gr. 8.

Die nächste Veranlassung gab ein französisches Werkchen Dictionnaire des beaux Arts von la Combe und dies war auch der Grund, warum Sulzer eine Theorie in ein Wörterbuch einkleidete. Das Man

gelhafte der Arbeit erkannte Sulzer wohl, doch wird ihm immer das Verdienst bleiben, den Grund zu einem solchen Werke gelegt zu haben. - Nachträge und Umarbeitungen sind außer den 2 oben genannten erschienen unter dem Tit.: Charactere der vornehmsten Dichter aller Nationen nebst krit. und histor. Abhandlungen u. f. f. von e. Gesellschaft von Gelehrten (herausg. v. J. G. Dyk und G. Schatz. Vieles darin von Manso). Acht Bde. Lpz. 1792-1808. J. G. Sulzers Theorie und Praktik der Beredsamkeit von Albr. Kirchmayer. München 1786. Von dems. J. G. Sulzers Theorie der Dichtkunst. 2 Th. München 1789. 8.

2. Joh. George Sulzers Vermischte philosophische Schriften. Aus den Jahrb. der Akademie gesammelt. Erst. Th. Zw. Aufl. Lpz. 1782. gr. 8. (Erste 1773. Dritte 1800.) Zw. Th. nebst einigen Nachrichten von dem Leben und den Schriften des Hrn. J. G. Sulzer von F. v. Blankenburg. 1781. Zw. Aufl. 1800. (In Th. II. auch Eh. rengedächtniß der Frau Kath. Wilhelmine Sulzer, geb. Keusenhof und Entwurf des Gymnasii in Mitau.)

3. J. G. Sulzers Unterredungen über die Schönheit der Natur, nebst desselben moralischen Betrachtungen über besondre Ge genstände der Naturlehre. Neue Aufl. Brl. 1774. 8. (Sie erschienen schon mit e. empfehlenden Vorrede vom Oberconsistorialrath Sack. Berl. 1745. 8.)

4. J. G. Sulzers Versuch einiger vernünftigen Gedanken von der Auferziehung und Unterweisung der Kinder. Zürich 1745. 8. Zw. vermehrte Aufl. (woran auch Freunde Sulzers Theil hatten) 1748. 8. Später erschien noch: Anweisung zur Erziehung seiner Töchter (nach S's Tode). Zürich 1781. 8.

5. Kurzer Begriff aller Wissenschaften und andern Theile der Gelehrsamkeit. Erste Ausg. Lpz. 1745. Sechete 1786. 8.

6. Vorübungen zur Erweckung der Aufmerksamkeit und des Nachdenkens. Erst. Th. zum Gebrauch der letzten Klasse des Joach. Gyının. Zw. und Dritt. Th. zum Gebrauch einiger Klassen. Die erste Aufl. Lpz. 1767. 8. Die zweite 1771. 8. Die dritte gab Meierotto ganz umgearbeitet heraus mit e. vierten Theil für Lehrer. 4 Th. Berlin 1780-1782. 8.

7. J. G. Sulzers Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglicheu Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Lpz. 1780. gr. 8. mit Kupf.

Außerdem hat Sulzer noch: Gedanken über den vorzügl. Werth der epischen Gedichte Bodmers, e. Lobrede auf den König v. Preußen, Cymbelline, Trauerspiel nach Shakespeare, Damon

od. die platonische Liebe, viele Briefe, die Gedichte der Karschinn u. a. m. herausgegeben.

Beispiel 1.
Choral.

Aus der Theorie der schönen Künste. Zw. Aufl. Lpz. 1792. Th. I. S. 468.

Ein sehr einfacher Gesang, der blos aus Haupttönen ohne Verzie rung besteht, und von langsamer etwas feierlicher Bewegung. Er ist ges seht um in Kirchen vor der ganzen Gemeinde abgesungen zu werden. Man nennt ihn auch den Gregorianischen Gesang, weil Pabst Gregos rius der Große ihn eingeführt haben soll. Die Franzosen nennen ihn plain chant und die Italiäner Canto firmo. Er ist der einfachesie Ge sang, der möglich ist und schicket sich zu stillen und etwas ruhigen Be trachtungen und Empfindungen, die insgemein den Charakter der Kirchenlieder ausmachen. Er ist einer großen Rührung fähig, und scheinet zu ruhigen Empfindungen weit vorzüglicher zu seyn, als der figurirte melis matische Gesang: wie denn überhaupt überaus wenig dazu gehört, sehr tiefe Empfindungen einer ruhigen Art zu erweken. Wenn er aber seine ganze Kraft behälten soll, so muß durch den Gesang der Fall der Verse, und folglich das richtige Zeitmaas der Sylben nicht verloren gehen; nur das cadenzirte, zu abgemessene rythmische Wesen, welches unsre heutigen figurirten Tonstücke gemeiniglich gar zu sehr der Tanzmusik nähert, muß aus dem Choral gänzlich wegbleiben.

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In den ältern Zeiten war er einstimmig, und die alten Melodien find eigentlich das, was der Cantus firmus genannt wird. Gegenwärtig 4 wird der Choral allemal vierstimmig gesetzt, und jede der vier Stimmen ist eine Hauptstimme. Dieses macht seine Verfertigung, obgleich gar wenig Erfindung dazu gehört, dem, der nicht ein vollkommener Harmoniste ist, sehr schwer; weil bey dem langsamen und nachdrücklichen Gange desselben, auch die kleinste Unrichtigkeit in der Harmonie sehr fühlbar wird. muß dabey mit den Dissonanzen sparsam seyn, die sich ohnedem zu dem sanften Affect des Kirchengesanges nicht so gut, als zu unruhigen Leidenschaften schiken. Es ist möglich, daß ein bloß zweystimmiger Choral, da die Harmonie der Mittelstimmen etwa, wo es nöthig ist durch die Orgel ausgefüllt würde, noch bessere Würkung thäte. Denn da die Stimmen doch, um harmonische Fehler zu vermeiden, sich gegen einander bewegen müssen: so scheinet es nicht natürlich, daß bey einerley Empfindung einer mit der Stimme steigt, da der andre fällt, und der dritte auf derselben Höhe stehen bleibt.

Der beste Choralgesang scheinet der zu seyn, der am einfacheften, durch kleinere diatonische Intervalle fortschreitet, und die wenigsten Disso

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