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Das Vöglein legt ihm manch' gold 'nes Ei
Und singt: Sei zufrieden, zufrieden!
Er treibt sein Tagwerk fröhlich dabei,
Und Schlaf erquicket den Müden.

Doch wer einen Hättich ins Auge faßt,
Und ihn begierig erstrebet,

Der hat nicht Ruhe, der hat nicht Rast,
So lang er auf Erden lebet.

Er rennt und keucht bis an seine Gruft
Thal auf und wieder Thal nieder,
Und immer rauscht in der hohen Luft
Der Vogel mit gold'nem Gefieder.

Drum läßt sich jeder verständige Mann

Un seinem Habich genügen,

Und lacht ihn auch manchmal ein Hättich an,
So läßt er mit Gleichmuth ihn fliegen.

45. Die vier Wünsche.

Möcht ich doch der Felsen sein, Tief im Grunde das Urgestein, Hoch im Himmel das Angesicht, Ewig stehen und wanken nicht.

Langbein.

Möcht' ich doch das Brünnlein fein, Sprudelnd aus kühlem Grunde rein, Gehend durch grünes Ufergeschicht, Ewig rinnen und rasten nicht.

Möcht' ich doch das Bäumlein sein, Die Wurzel gestreckt ins Ufer hinein, Die Zweige wiegend im Himmelslicht, Ewig blühen und welken nicht.

Möcht' ich doch das Vöglein sein, Auf den Zweigen im Sonnenschein,

Das Stimmlein tönend zum Himmel gericht't,

Ewig tönen und schweigen nicht.

Rücker

46. Der Mensch, das Vergnügen und der Schmerz.

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Wer bist du?" sprach der
Mensch.,,Vergnügen

Werd' ich genannt.",, Und du, aus dessen finstern

3ügen

Verdruß und Trübsinn spricht?"

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,,Dich mag ich nicht;

Doch du, holdseliges Vergnügen,

Soulst mein sein, nimmer von mir geh'n."
,,Nein, guter Freund," verseßte das Vergnügen,
,,Was du begehrst, kann nicht gescheh'n.

Wer mich verlangt, muß sich bequemen,
Auch meinen Nachbar aufzunehmen,

Den zum Gefährten mir der Himmel auserkor;
Seit uns des Schicksals Hand verbunden,

Hat man uns nie getrennt gefunden;

Bald folg' ich nach, bald geh' ich vor.“

47. Das Kameel.

Nach Plato.

Es ging ein Mann in Syrerland,
Führt ein Kameel am Halfterband,
Das Thier mit grimmigen Gebärden
Urplößlich anfing scheu zu werden,
Und that so ganz entseßlich schnaufen ;
Der Führer von ihm mußt entlaufen.
Er lief, und einen Brunnen sah
Von ungefähr am Weg er da.

Das Thier hört er m Rücken schnauben,
Das mußt ihm die Besinnung rauben.
Er in den Schacht des Brunnens kroch;
Er stürzte nicht, er schwebte noch.
Gewachsen war ein Brombeerstrauch
Aus des geborstnen Brunnens Bauch;
Daran der Mann sich fest that klammern,
Und seinen Zustand drauf bejammern.

Er blickte in die Höh' und sah
Dort das Kameelhaupt furchtbar nah,
Das ihn wollt oben faffen wieder.
Dann blickt er in den Brunnen nieder,
Da sah am Grund er einen Drachen
Aufgähnen mit entsperrtem Rachen,
Der drunten ihn verschlingen wollte,
Wenn er hinunter fallen sollte.
So schwebend in der Beiden Mitte,
Da sah der Urme noch das Dritte.
Wo in die Mauerspalte ging

Des Sträuchlein's Wurzel, dran er hing,
Da sah er still ein Mäusepaar;
Schwarz eine, weiß die andre war.
Er sah die schwarze mit der weißen
Abwechselnd an der Wurzel beißen.
Sie nagten, zausten, gruben, wühlten,
Die Erd' ab von der Wurzel spülten,
Und wie sie rieselnd niederrann,
Der Drach' im Grund aufblickte dann,
Zu sehn, wie bald mit seiner Bürde
Der Strauch entwurzelt fallen würde.
Der Mann in Angst und Furcht und Noth,
Umstellt, umlagert und umdroht,

Im Stand des jammerhaften Schwebens,
Sah sich nach Rettung um vergebens.
Und da er also um sich blickte,

Sah er ein Zweiglein, welches nickte
Vom Brombeerstrauch mit reifen Beeren;
Da konnt er doch der Lust nicht wehren.
Er sah nicht des Kameeles Wuth,
Und nicht den Drachen in der Fluth,
Und nicht der Mäuse Tückespiel,
Als ihm die Beer' ins Auge fiel,
Er ließ das Thier von oben lauschen,
Und unter sich den Drachen rauschen,
Und neben sich die Mäuse nagen,

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Griff nach den Beerlein mit Behagen,
Sie däuchten ihm zu essen gut,
Af Beer' auf Beerlein wohlgemuth,
Und durch die Süßigkeit im Essen,
War alle feine Furcht vergessen. -

Du fragt, wer ist der thöricht' Mann,
Der so die Furcht vergessen kann ?
So wiss', o Freund, der Mann bist du!
Vernimm die Deutung auch dazu.
Es ist der Drach' im Brunnengrund
Des Todes aufgesperrter Schlund,
Und das Kameel, das oben droht,
Es ist des Lebens Angst und Noth.
Du bist's, der zwischen Tod und Leben,
Am grünen Strauch der Welt muß schweben,
Die beiden, so die Wurzel nagen,

Dich sammt den Zweigen, die dich tragen,
Zu liefern in des Todes Macht,
Die Mäuse heißen Tag und Nacht.
Es nagt die schwarze wohl verborgen,
Vom Abend heimlich bis zum Morgen;
Es nagt vom Morgen bis zum Abend,
Die weiße, wurzeluntergrabend.

Und zwischen diesem Graus und Wust,
Lockt dich die Beere,,,Sinneslust,"
Daß du Kameel: die Lebensnoth,
Daß du im Grund den Drachen: Tod,
Daß du die Mäuse: Tag und Nacht,
Vergissfest und auf Nichts hast Acht,
Als daß du recht viel Beerlein haschest,

Aus Grabes Brunnenrigen naschest. Rückert.

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48. Tragische Geschichte.

's war Einer, dem's zu Herzen ging, Daß ihm der Zopf so hinten hing, Er wollt es anders haben.

So denkt er dann :,,wie fang' ich's an?
Ich dreh mich um, so ist's gethan"
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Da hat er flink sich um gedreht
Und wie es stund, es annoch steht
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Da dreht er schnell sich

anders rum, 's wird aber noch nicht besser drum

Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Er dreht sich links, er dreht sich rechts,
Es thut nicht Gut's, es thut nicht Schlecht's
Der Zopf der hängt ihm hinten.
Er dreht sich, wie ein Kreisel fort,
Es hilft zu Nichts, in einem Wort

Der Zopf, der hängt ihm hinten. Und seht, er dreht sich immer noch Und denkt:,,es hilft am Ende doch" Der Zopf, der hängt ihm hinten.

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A. v. Chamisso.

49. Räthsel.

1.

Von Perlen. baut sich eine Brücke,
Hoch über einen grauen See;
Sie baut sich auf im Augenblicke,
Und schwindelnd steigt sie in die Höh.
Der höchsten Schiffe höchste Masten
Ziehn unter ihrem Bogen hin,

Sie selber trug noch keine Lasten

Und scheint, wenn du ihr nahst, zu fliehn. Sie wird erst mit dem Strom und schwindet, So wie des Wassers Fluth versiegt.

So sprich, wo sich die Brücke findet,
Und wer sie künstlich hat gefügt?

2.

Auf einer großen Weide gehen

Viel tausend Schaafe filberweis;

Schiller.

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