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Und nähte sich mit eigner Hand
Ihr Sterbehemde fonder Tadel.

Ihr Hemd, ihr Sterbehemd, sie schäßt es, Verwahri's im Schrein am Ehrenplag;

Es ist ihr Erstes und ihr Lehtes,
Ihr Kleinod, ihr ersparter Schaß.
Sie legt es an, des Herren Wort
Am Sonntag früh sich einzuprägen,
Dann legt sie's wohlgefällig fort,
Bis sie darin zur Ruh sie legen.
Und ich, an meinem Abend, wollte,
Ich hätte, diesem Weibe gleich,
Erfüllt, was ich erfüllen sollte
In meinen Grenzen und Bereich;
Ich wollt', ich hätte so gewußt
Am Kelch des Lebens mich zu laben,
Und könnt' am Ende gleiche Lust
An meinem Sterbehemde haben.

Chamisso.

54. Das bestrafte Kind.

Das Kind spielt in der Stub' umher,
Doch war's verdrießlich, matt und schwer;
Spricht Mütterlein: du kleiner Wicht,
Du sahst so früh heut' in das Licht,
Nun bist du müd'; auch ist die Zeit
Zum Mittagsschläfchen nicht mehr weit.
Komm her, mein Kind, erst wasch' ich dich,
Bring dann zu Bett dich säuberlich;
Ein Stündchen und zum frischen Lauf
Wachst munter du mir wieder auf.
Da fängt das Kindlein an zu schrein,
Und stammelt: Nein, ach Mutter, nein!
Nicht schlafen, und auch waschen nicht!
Da denkt die Mutter ihrer Pflicht
Und sagt mit liebevollem Ernst:
Zeit wird's, daß du Gehorsam lernst!

Und faßt ihr Kind mit festem Urm:
Das thut, als widerfahr' ihm Harm
Und übergroßes Herzeleid.

Und nicht nur, daß es heult und schreit
Es schäßt nicht feine Kraft gering,
Und wehrt sich gar, das dumme Ding.
Da kriegt es einen leichten Schlag,
Der hilft nicht, ernste kommen nach.
Nun läßt es zwar vom Widerstand,
Doch mehr noch zum Geschrei entbrannt
Strömt's immer Thrän' auf Thräne fort.
Die Mutter spricht manch' holdes Wort
Und singt manch' Liedchen süß darein
Und wäscht dabei ihr Kindchen rein.
Das wird denn auch vom Weinen still,
Thut schier als ob es lachen will,
Und matt geworden von dem Sperrn,
Schließt's nun die Aeuglein sanft und gern,
Und sanft mit zart getreuem Sinn
Legt's Mutter in sein Bettchen hin,
Und wacht dabei recht liebevoll,
Daß keine Flieg' es stören soll.

Nun schläft das Kind recht leis und füß
und lächelt wie im Paradies.

So rinnt das Stündlein mild vorbei,
Da wacht das Kindchen, stammelt: Ei,
Da bist tu ja, lieb Mütterlein!

Und spielt nun so, recht frisch und rein,
Und hold vom Mutterangesicht
Spielt auf das Kind ein Freudenlicht.

Führt wohl ein überweiser Mann
Vielleicht also dies Liedchen an:
Was spiegelst du die Kinderstube?
Das hab' ich selbst erlebt als Bube!"
Dann dient zur Untwort: Ja, ich auch !

Und auch noch jest nach gleichem Brauch
Wirst du, mein Freund, und ich gewaschen,
Wenn's Noth thut, gar mit Laug' und Aschen.
Die ew'ge Liebe wäscht uns so,

Legt uns zur Ruh und weckt uns froh.

Fr. d. 1. M. Fouqué.

55. Lied eines Armen.

Ich bin so gar ein armer Mann
Und gehe ganz allein;

Ich möchte wohl nur einmal noch
Recht frohen Muthes sein.

In meiner lieben Eltern Haus
War ich ein frohes Kind;

Der bittre Kummer ist mein Theil,
Seit sie begraben sind.

Der Reichen Gärten seh' ich blühn,

Ich seh die goldne Saat:

Mein ist der unfruchtbare Weg,

Den Műh' und Sorge trat.

Doch weil ich gern mit stillem Weh'

In froher Menschen Schwarm,

Und wünsche Jedem guten Tag,

So herzlich und so warm.

reicher Gott, du ließest doch

Nicht ganz mich freudenleer :
Ein süßer Trost für alle Welt

Ergießt sich himmelher.

Noch steigt in jedem Dörfchen ja

Dein heilig Haus empor;

Die Orgel und der Chorgesang

Ertőnet jedem Ohr.

Noch leuchtet Sonne, Mond und Stern

So liebevoll auch mir,

Und wann die Abendglocke hallt,

Da red' ich, Herr, mit dir.

Einst öffnet jedem Guten sich
Dein hoher Freudensaal,

Dann komm' auch ich im Feierkleid

Und sebe mich an's Mahl.

56. Das Spinnlein.

Uhland.

Nein, schaut mir doch das Spinnlein an,
Wie's zarte Fäden zwirnen kann!

Frau Muhme, du spinnst auch wohl fein,
Doch das möcht' wohl noch feiner sein,
Es macht es so subtil und 'nett,
Möcht' nicht, daß ich's zu haspeln hätt'!

Wo nahm es her den Flachs so fein?
Wer mag sein Hechelmeister sein?

Gelt, wenn man's wüßt', du gingst auch hin
Und wärst so klug und holtest ihn?

Jezt schau nur, wie's sein Füßchen seht,
Die Aermel streift, die Finger nest.
Es ziehet lange Faden aus

Und spinnt eine Brück' an's Nachbarhaus:
Ein breiter Weg ist's in der Luft,
Der Morgens hangt voll frischem Duft;
Baut einen Fußweg neben dran,
Daß es auch drüber gehen kann.

Es spinnt und wandelt auf und ab,
Nun in Galopp und nun in Trab ;
Jezt geht's ringsum; was wird das sein?
Fürwahr, es giebt ein Ringelein!
Jest schließt es zarte Fäden ein,
Das soll wohl gar gewoben sein?
Es scheint verwirrt, es hält jest still,
Es weiß nicht recht, wohin es will.
Es geht zurück; ich seh's ihm an,
Es hat etwas vergessen dran.
3war, denkt es, das pressirt ja nicht,
Mein Haus drum nicht zusammen bricht!

Jeht steht es, pußt die Hände ab
Und schneidet seinen Faden ab.
Jest seht sich's in sein Sommerhaus
Und schaut die lange Straß' hinaus,
Es sagt:,,Man baut sich halb zu Schand',
Doch freut es, ist das Haus im Stand!"
In freien Lüften wogt's und schwankt's,
Und an der lieben Sonne hangt's,
Und siht in ihrem Schein so warm;
Wie wohl ist's ihm! In großem Schwarm
Sieht's Mücklein tanzen, jung und fett,
Und denkt, wenn ich doch eines hätt'!
Wie hast du, Spinnlein, mich entzückt,
So klein und doch auch so geschickt!
Wer hat dies alles dich gelehrt?
Ich denk', er der uns alle nährt,
Er giebt auch dir, was dir gebricht;
Sei ruhig, er vergißt dich nicht.

Da kommt ein Mücklein; nein, wie dumm!
Es rannt' ihm schier das Häuschen um;
Nun schreit's und winselt's Weh und Ach.
Du armer Schlucker, nur gemach,
Hier heißt es, Augen aufgethan!
Was gehn dich fremde Sachen an?

Schau, Spinnchen merkt schon was davon, Es zuckt und springt und hat sie schon. Es denkt:,,Biel Arbeit hatt' ich hier, Nun schmeckt auch wohl das Brätchen mir!" Ich sag's ja, der uns alle nährt,

Auch jedem, was er braucht, bescheert.

Nach Hebel.

57. Die Störchlein.

Mein Kind, siehst du das Storchennest

Auf jenem hohen Haus?

Drei junge Störche sind darin,

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