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der

Deutschen Synonymen.

Von

Friedrich Ludwig Karl Weigand,

Doctor der Philosophie, ordentlichem Lehrer an der Großherzoglichen Realschule
zu Gießen, des Weglar'schen Vereins für Geschichte und Alterthumskunde correspon-
direndem und der Gesellschaft für deutsche Sprache zu Berlin außerordentlichem
Mitgliede.

Dritter Band.

6-3, Nachträge und Register.

Mainz.

Drud und Verlag von Florian Kupferberg.

1843.

1514

43-178 41-2

Harvard College Library,

22 May, 1390.

From the Library of PROF. H. W. GURNEY,

1566. ache. Gegenstand. Ü. Das worauf eine geiftige Anschauung gerichtet ist. V. Die Sache bez. dieß an sich, ohne Rücksicht auf ein vorstellendes Wesen und als etwas Unpersönliches (Vgl. Sache Nr. 481.). Der Gegenstand aber, worüber f. Nr. 793., ist immer ein Vorgestelltes (geistig Angeschautes) in Rücksicht auf ein vorstellendes Wesen (Subject). So spricht man z. B. bei einer Begebenheit von der Sache (schon mhd." dises mæres sachewalte = der Gegenstand dieser Geschichte. Parzival 112, 17.] oder dem Gegenstande, wovon es sich handle; aber bei gewaltsamen Volksaufständen ist es eine bekannte Sache, daß Leben und Besig vieler Menschen unsicher werden, und bei einer Rede behandelt der Redner immer einen Gegenstand, den er den Zuhörern vorführt.

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1567. Sach walter. Anwalt. (Advocat). Ü. Wer eines Andern Rechtsangelegenheit für diesen führt, - gleichsam der für einen Andern rechtsangelegenheitlich Waltende. V. Der Sachwalter, niedersächs. sakewolde, ist zunächst der einen Rechtsftreit für einen Andern Führende", v. d. aus goth, sakan u. ahd. sahhan,,anklagen" abgeleiteten abd. sahha u. mbd. sache Sache = Klage, dann Rechtsstreit, Gegenstand der Gerichtsverhandlung (S. Nr. 481. Anm.), woher auch z. B. ahd. sahho Anklåger, gasachio Gegner vor Gericht, der mit dem man den Rechtsstreit (die Sache) hat, u. s. f. Ehedem ist der sachwaltige Anfläger (Sachsenspiegel I, 7.), wie der sachewalte, was auch s. v. a. Gegner im Rechtsstreit, also selbst Angeklagter sein kann. In weiterer Bed. aber ist unser Sach walter Rechtsvertheidiger überhaupt, er mag dieß nun gerichtlich sein oder nicht. Außerdem bed. auch das Wort im weitesten Sinne: bevollmächtigter Geschäftsführer für einen Andern. Der Anwalt, ahd. der anawalto, neben ahd. anawalt Schug (Otfr. II, 11, 24.), von ahd. anawaltan = schüßende Gewalt ausüben, bed. zunächst „Bevollmächtigter rechtlich für einen Andern zu handeln" (Schmeller IV, 72.), sogar,,amtlicher Gemeindevorsteher" (Vocabular. v. 1618.); dann Rechtsbevoll= mächtigter"; bei uns aber nur noch: gerichtlicher Rechtsvertheidiger, ein den Rechtshandel eines Andern gerichtlich Führender. Hierfür ist indessen im Gewöhnlichen am üblichsten die fremde Benennung Advocat, das lat. advocatus, woher unser Vogt ahd. fogat, was sowohl amtlicher Stellvertreter, als auch Schußherr und Verthei= diger, Rechtsvertheidiger bedeutet, in welchem legten Sinn ehedem auch das oberd. der Fürsprech ahd. furisprëhho gesagt wurde. Weigand, Wörterb, d. deutsch. Synonym. II.

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1568. Sage. Gerücht. Überlieferung. Ü. Etwas Weitererzähltes, dessen Urheber unbekannt ist. V. Die Überlie= ferung ist eig. s. v. a. „förmliche Übergabe in eines Andern Gewalt", dann in einem besondern Sinne, wo das Wort das fremde, dem Lat. entnommene,, die Tradition“ ausdrücklich wiedergibt: mündlich oder schriftlich aus unbekannter Quelle in der Zeitfolge Fortgepflanztes, sei dieß nun eine Begebenheit, øder eine Lehre u. f. f. So läßt z. B. die römisch-katholische Kirche neben der Bibel in gleichem Ansehen auch die kirchliche Überlieferung, von den Zeiten der Apostel her unverfälscht erhalten, gelten. Die Sage, ahd. saga, mbd. sage, eig. die Aussage (noch b. Opig), das was erzählt wird, v. sagen ahd. sagên, bed. dann: mündlich in der Zeitfolge ohne Kenntniß des Urhebers fortgepflanzte Bege benheit, Da nun sowohl diese Begebenheit selbst eine erdichtete sein kann, als auch in der mündlichen Fortpflanzung sich leicht Erdichtung beimischt, so ist Sage gerne schlechthin s. v. a. „mündlich in der Zeitfolge fortgepflanzte erdichtete Erzählung“, wie schon mittelniederländ. saghe Erdichtung (Lantsloot 833.), woher ebens daselbst sonder saghe in Wahrheit. Unsre deutschen Sagen 3. B. haben die Brüder Grimm in zwei Bänden gesammelt. Die Alten hatten Sagen von ihren Göttern und Helden; aber z. B. die Heiligen - Legenden werden in der römisch-katholischen Kirche nicht als Sagen angesehen, sondern als Überlieferungen. Das Gerücht ist von Überlieferung und Sage wesentlich dadurch verschieden, daß das Wort ein zu gleicher Zeit (nicht in der Zeitfolge) fortgepflanztes oder vielmehr verbreitetes, in Umlauf gekommenes ungewisses Gerede bedeutet, dessen Urheber verborgen ist (Vgl. das Wort Nr. 1380.). Aus einem Gerüchte kann übrigens leicht durch Überlieferung eine Sage entstehen.

1569. Sagen. Besagen. Ü. Wörtlich oder nach Inhalt zu erkennen geben. V. Sagen (S. Nr. 1570.) bez. dieß allge= mein und steht sowohl von der sprechenden Person, als auch dem gesprochenen Worte. 3. B. „Das hast Du gesagt, aber was wollen Deine Worte sagen?" Das in seinem be- die Anwen= dung des Zeitwortbegriffe auf einen Gegenstand ausdrückende und jenen nur auf diesen hin beschränkende besagen, mhd. besagen, bed. zunächst ehedem s. v. a. durch Aussage bekannt machen, melden (Tristan u. Isolt 4775.); dann oberd. besagen wie niederd. beseggen beschuldigen, anklagen. Überhaupt: wörtlich bestimmt angeben oder ausdrücken", und sofort weiter nach Inhalt (inhaltlich bestimmt zu erkennen geben, inhaltlich bestimmt ausdrücken" aber beides gerne von gegebenem Unpersönlichem. So kann z. B. ein Brief, ein Wort u. s. w. viel oder wenig besagen oder, allgemeiner und unbestimmter, sagen; aber der Briefschreiber, der Schriftsteller u. f. f. sagen irgend etwas, und nur etwa in alterthümlicher Weise und kanzeleimäßig würde man sagen, daß sie etwas besagen. Meinen besagten Grund" (Wieland). Obbesagt oben wörtlich angegeben oder ausgedrückt. „So

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sollte es beinahe scheinen, als ob das Regentenverdienst eines Narrenwärters mehr besage, als das eines Fürsten" (Thümmel).

1570. Sagen. Reden. Sprechen. Ü. Vermittelst der Stimme Wörter hervorbringen. V. Sprechen, abd. sprëhhan, mhd. sprechen, alts. u. ags. sprecan, engl. mit Ausstoßung des r nach der Versegung vor k speak, altfries. sprëka, bed. zunächst s. v. a. „tönen" (gloss. mons. 341.)1), wie auch z. B. Adelung a. d. 1483 zu Augsburg gedruckten, Buch der Natur" anführt: << Darum spricht eine rauhe Fidel, nit als wol als ein polierte. >> Dann allgemein: vermittelst der Stimme oder mechanischen Gebrauches der Sprachorgane articulirte Töne und Wörter hervorbringen, Wörter hören lassen. So lernt z. B. das Kind sprechen, wenn es erst Papa und Mama hervorbringt und diese Wörter spricht, aber auch der spricht, welcher seine Vorstellungen und Gedanken vermittelst der Stimme in Wörtern ausdrückt. Davon weiter: vermittelst der Stimme Gedanken in Wörtern ausdrücken, z. B. ein Urtheil, den Segen u. f. w. sprechen. Daher das Hauptw. die Sprache ahd. diu sprâhha, mhd. sprâche, ags. spræce, = wörtliche Stimmäußerung, Gedankenäußerung vermittelst der Stimme; Gesammtheit der Wörter eines Volkes; ehedem auch Besprechung u. a. m. Reden, ahd. rediôn, redinôn, mbd. reden, affs. rethiôn, v. Rede (S. Nr. 226. Anm.), bed. zunächst: „sich vermittelst der Stimme in Wörtern äußern" (lat. fari. Graff 11, 449.), in welcher Bed. bas Wort bei dem Gebrauche uns edler scheint, als sprechen, z. B. wenn wir sagen, daß ein Kind noch nicht reden (= fich in Wörtern äußern) könne, wiewohl wieder in baierischer Mundart reden der gewöhnliche Ausdruck ist und sprechen affec= tirt flingt (Schmeller III, 51.). Dann aber bed. das Wort: gedankenverbindend in Wörtern vermittelst der Stimme sich äußern, besonders in fortgehender Gedankenverbindung. So z. B. redet

der Mensch, wenn er zu dem rechten Gebrauche seiner Vernunft kommt, und so redet ein Redner, wenn er seinen Vortrag (seine Rede) hält. Sagen, ahd. sak(g)ên u. segjan, alts. seggian, niederd. seggen, agf. secgan (aus segjan), altn. segja, schwed. säga, dän, sige, bed. überhaupt: „durch Sprachtöne oder Wörter zu erkennen geben“, zunächst vermittelst der Stimme, dann allgemein wie „nach Inhalt, Ausdruck, Sinn u. dgl. zu erkennen geben" (S. Fischer, Syn. 159. u. vgl. Ausrede Nr. 263. Vgl. auch Nr. 1569.). 3. B.,,Was sagst du? Welches Wort hast du geredet?" (Schiller, Br. v. M.). „Ich schone dich; denn sonst würd' ich dir sagen: Ift's edel, so zu reden, wie du sprichst?" (Göthe, T. Tasso V, 4.). „Wer viel zu sprechen, aber Nichts zu sagen, geschweige recht und gefällig zu sagen weiß, ist ein Ungebildeter (Herder b. Eberhard). Wer reden will, muß sprechen fönnen und zu sagen wissen, was seinen Geist bewegt. Man spricht jemanden (Accusativ) und mit jemanden, man redet mit jemanden und sagt jemanden (Dativ) etwas. Außerdem unterscheidet sich sagen von den übrigen Ausdrücken, daß es auch, vielleicht nach

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