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Schelfen" (Ganther). Aber gerne nennt man, wie in der Pflanzenkunde, die Klappen einer Hülfe Schelfen. Ein hochdeutsch seltenes Wort ist die Schlaue oder Schlaube, aus niederd. slûe eingedrungen anstatt des urspr. hochd. die Schlaufe, mbd. diu sloufe, eig.,,worein man schlieft, Überzug", so auch, aufgeblähter Fruchtüberzug“, insbesondere,, aufgeblähte Hülle der f. g. Hülsenfrüchte“, z. B. mhd. «Als man die erwiz [Erbsen] drischet aus halmen vnd aus schlouffen» (Titurel, bei Schmeller II, 435.). Dann weiter: die äußerste Fruchthülle, z. B. „Die Haselnuß in ihren falben Schlauen“ (Filip Zésen, Prirau 749.). "So hoffe ich nicht, man werde die fünf Kapitel reihen von Schlauben wieder abdrucken lassen, ohne mit einer Note' wenigstens Winke zu geben, wo der Kern liegt“ (Herder). Die Hülse, ahd. diu hulse (gloss. Herrad. 182b), eig. hulisa, mit der schwäbischen Nebenform Helbe, abd. diu helawa (wie sceliva neben schal) = Spreu, Getraideschalen (gloss. mons. 392. Notker), v. hehlen ahd. hëlan (Vorgegenw. hal, Mittelw. d. Verg. holaner), woher auch goth. huljan hüllen, altn. hul Bedeckung, mhd. hulst Hülle, ahd. hol hohl u. a. m., bed. eig. und gewöhnlich das schmale, aus zweien durch eine s. g. Näht verbundenen Klappen zusammengesezte hautartige Fruchtgehäuse (lat. siliqua), also das Kerngehäuse z. B. von Bohnen, Erbsen, Linsen, Wicken u. f. f. 3. B. Ihr treffet Hülsen an und Schalen ohne Kern" (Paul Fleming). Dann auch weiter harte anliegende Haut des festen Samenfernes, wie z. B. des Erbsen-, Bohnenmarkes u. s. w. Überhaupt neuhochd.: balg- oder hautartiges Kerngehäuse. So z. B. auch Weinbeer-, Getraidehülse (Bälglein, worin das Korn stedt) u. s. w. Figürlich ist Hülse ein scheidenartiger Behälter, z. B. die papierne Schwärmerröhre (Göthe, Wilh. Meist. Lehri. II, 1.) u. s. w. Die Schote, mhd. schôte (? Heil. Georg 4594.), vielleicht zu abd. scuan beschatten (gloss. paris. I, 153) in dem Sinne von bedecken, abb. scugina Hütte (Docen 1, 234a). gehörig, bez. überhaupt: das aus zwei durch Nähte geschlossenen länglichen Klappen gebildete Samengehäuse. Auch heißt man das Schotengewächs selbst Schote.

Anm. In der Pflanzenkunde ist die Hülse = Samenbehältniß aus zweien mit zwei Nähten geschlossenen länglichen Klappen, wo die Samen nur an den beiden Rändern der untern Naht haften (legumen), während jenes Samenbehältniß Schote heißt, wenn der Same wechselsweise an den Rändern der obern und der untern Naht steht (siliqua im Besondern ). So haben z. B. Erbsen, Linsen, Wicken, Kichern, türkische u. Feigbohnen, der Klee u. a. m. Hülsen, aber die Kresse, der Kohl, Rettig, Senf, Hederich, die Levkoje u. f. f. Schoten.

1596. Schalf. Schelm. Ü. Mensch, der sich vergnügt, versteckt listig zu sein. V. Der Schalk ist im goth. skalks = Knecht, im ahd. scalh. mbd. schale, agf. scëale,,,Diener" und auch s. v. a.,,Eigenknecht" (Vgl. Grimm, D. Rechtsalt. 302 f.)), lat. servus; daher mbd. diu schelchin Magd (Diut. III, 156.), goth. skalkinon dienen, abd. scalchjan zum Kuecht

machen, u. a. m. Dann bed. das Wort, in Beziehung des Knechtssinnes, schon in mhd. schalc: ein Mensch von roher, boshafter Gesinnung, schadenfroher Bube (Iwein 6561. 6241.), wie das Beiwort schale ränfevoll (Minnes. II, 147); daneben altn. skålkr Taugenichts, elender Mensch, wie b. Kaysersberg u. Luther Schalk= Taugenichts (Matth. 6, 23.)2), und baierisch in abstractem Begriffe f. v. a. „Verstellung“ (Schmeller II, 356.). Sofort auch, wobei mittelniererl. scale schlau (Abele Spelen S. 257.) zu vergleichen steht, die Bed.:,,ein mit Verstellung vergnüglich listiger Mensch ), selbst zu ernstem Zwecke". Der Schelm ist im ahd. scelmo, scalmo, mbd. schelme, zunächst s. v. a. Seuche, Pestilenz. eig. und vornehmlich Viehseuche (fihusterbo. Gloss. Jun. 219.), und davon übergetragen auf gefallenes Stück Vieh, Aas, wahrschein lich in Rücksicht des Abziehens der Haut auf eine Wurzel mit Schale (Nr. 1595.) zurückgehend. So tödtet der schelme, aber es spricht auch z. B. David zu Goliath noch in Reimen v. 1562: «Dem Viech auf dem Felde will ich dein Schelm geben. >> Durch Über gang der Bed., daß man z. B. sagt zum Schelmen machen“ = für unehrlich und meist zugleich auch für vogelfrei erklären (Schmeller III, 358.), und daß Schelm auch verstecktes förperliches Gebrechen (Ebend. 357 f.), Verführer eines Frauenzimmers (Frisch I, 172), dann schelmen schinden (Ebendas.), nahm Schelm schon im spätern Mhd. die Bed. an, die es in altu. skelmir hat: fein versteckt listiger ehrloser Betrieger in böser Absicht. So z. B., wenn Wallenstein zu Mar Piccolomini vom Octavio sagt: „Dein Vater ist zum Schelm an mir geworden" (Schiller, W. T. III, 18.), und gleich nachber„ mich hat O Höllenkunst getäuscht. Mir fandte Der Abgrund den verstecktesten der Geister, - Der lügenkundigsten herauf, und stellt ihn Als Freund an meine Seite." Dann in gelinderm Sinne: fein versteckt listiger Mensch zu Vergnüglichem, der in scherzoder spaßhaften Streichen Verschmigte. Während z. B. der Schalk auch mit einer Ironie den Andern zu bessern beabsichtigen kann, geht der Schelm nur auf fein angelegte, listige scherzhafte Streiche aus. ,,Ach Schelm, so neckst du mich!" (Göthe, Faust).

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1) Mihd. Er hiez si schalche sîn, Dienen sinen bruoderen. (D. Buochir Mosis 1520 f.). Im Nhd. hat sich das Wort noch in dem aus Marschalk entstellten, ehrenden Marschall (S. Nr. 1460.) erhalten. Da der auslautende Kehllaut Ableitungslaut ist, so gehört das Wort vielleicht zu goth. skal, ahd. scal, agf. scëal, altu. skal, (ich) soll, bin schuldig, habe zur Obliegenheit, v. sollen goth. skulan ¿c. Nr. 1362. Anm.

2). Der nüt wert, noch eyenen zu nütz ist, weder zu syeden noch zu broten, ein vnmensch. (Kaysersberg, Postill Straszb. 1522. III, Bl. 101 b).

3) Do ich was [war] noch jung vnd klain, Rieb ich mich an ains schelmen bain, Vnd het den schalk hinder main orn, Do ich erst kürzlich was [war] geborn » (Thomas Murner, Schelmenzunft).

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1597. Schalkhaft. Lose. Schelmisch. Ü. Heimlich vergnüglich liftig gegen Andre. V. Lose munter und schlau in kleinen lustigen oder empfindlichen Scherzen und Späßen (S. Nr. 1193.). Schelmisch sein versteckt liftig betrieglich mit boshafter Absicht"; dann: fein versteckt listig zu Scherz oder Spaß gegen den Andern (Vgl. Nr. 1596.). Schalkhaft bed. in mhd. schalkaft f. v. a. schadenfroh (Iwein 2566.), boshaft listig; dann neuhochd.: fein und gewandt zu scherz- oder spaßhafter List (Vgl. Nr. 1596.). Die schalkhafte Äpfelpflückerin in dem Liede z. B. war lose genug, den vorübergehenden Bekannten heimlich mit Äpfeln zu werfen.

1598. Schall. Knall. Ü. Das bei stärkerer Lufterschütterung dem Gehörfinn Empfindbare. V. Der Schall = nachhaltiger (d. i. andauernder) Laut; dann stärkerer Laut. In der Naturlehre und oft auch im Leben gemeinhin, was gehört wird“. S. das Wort. Nr. 1171. Der neuhochd. Ausdruck der Knall, von dem hochdeutsch veralteten knellen (Nr. 1091.), bed.: hörbare starke plöglich ausbrechende Entladung gepreßter Luft, der stark ausbrechende Schall einer plöglichen Entladung gepreßter Luft. Ein Ruf in den Wald z. B. ist nur ein Schall; aber eine geschwungene Peitsche, die Entladung einer Flinte durch Entzündung des Pulvers u. s. w., verursachen einen Knall.

1599. Schalten. Walten. Ü. Freies Vermögen in Beziehung eines Statthabens, Zustandes, oder einer Anwendung, eines Geschehens ausüben. V. Schalten, ahd. scaltan (Vorgegenw, scialt schielt, Mittelw. d. Verg. scaltaner geschalten), alts. scaldan, vielleicht urspr. s. v. a. spälten, scheiden, durchschneiden, wofür sich 3. B. oberd. "Holz schalten" = spalten, abd. scaldeiche= Steineiche, d. i. zum Werkholzspalten geschickte Eiche (wëreheih)? u. a. m. (Schmeller III, 358.), anführen ließe, bed. zunächst fortstoßen, schieben, mit schiebendem Stoße treiben, besonders vom Wasserfahrzeug (Tatian XIX, 6. Diut. II, 165. Heliand 73, 3.), woher die Schalte ahd. scalta mit Hafen und Zinken versehene Schiebestange der Schiffer. Davon einem Dinge seine Bewegungsrichtung geben, es lenken (Notker, Ps. 20, 12.), besonders durch Handhabung und mit dem Nebenbegriffe kräftiger Anwendung, z. B. Doch wer mit Waffen nur vermag zu schalten, Wirft eilig sich in kriegerische Tracht“ (Gries). Das auch, wenn schalten kräftigen Gang wohin richten (J. H. Voß). Dann überhaupt: mit beliebigem Anordnen, mit beliebigem Bestimmen thätig sein in etwas. Z. B. „Aber des Tydeus Sohn, nicht wußte man, welcherlei Volks er Schaltete, ob er mit Troern umberging, ob mit Achaiern" (I. H. Voß). Walten, goth. valdan, ahd. waltan (Vorgegenw. wîalt wielt, Mittelw. d. Verg. waltaner gewalten), alts. waldan, agf, wëaldan, verwandt mit lat. valère stark sein, vermögen, bed. zunächst: ,,freies übermögend wirkendes Sein worüber oder worin, zwin

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gende Macht ausüben“, wie auch z. B. ahd. waltanto Herrscher, Gewalt (Nr. 1255.), u. a. m. bezeugen. Weil er des Reiches waltete" (J. H. Voß). Dann: freie sorgende Anordnung, beliebiges sorgendes Bestimmen ausgedehnt ausüben (Notker, Mart. Cap.). So z. B., wenn wir beten: „Das walt' Gott der Vater 2c." ,,Und drinnen [im Hause] waltet Die züchtige Hausfrau, Die Mutter der Kinder, -Und berrschet weise, -Im häuslichen Kreise, Und lebret die Mädchen, - Und wehret den Knaben 2c." (Schiller, Glocke). ,,Sei ein Be= schüßer! Walte beglückend" (Herder). Derselbe Begriff ift auch in Anwalt (abd. anawalt Schug b. Otfr. II, 11, 24.), verwalten u. s. f., hervorstechend. Auch überhaupt:,,ein übermögendes Dasein haben“. 3. B. Rings waltet die Nacht" (I. H. Voß). „laß königlich des Gastrechts Fülle walten“ (Schiller, Dido 10.). Hier nicht schalten: denn walten drückt das übermögend wirkende Sein aus, im Besondern bei Personen mit dem Begriffe der anordnenden Fürsorge; schalten geht auf das Ausüben eines freien kräftigen Thätigseins in etwas nach eigner Bestimmung wie es gehalten werden soll, weßhalb auch nur von Personen gebraucht. Die Vernunft, der Friede z. B. walten, aber schalten nicht. Ein guter Fürst waltet mit Liebe und Gerechtigkeit in seinem Lande, aber ein Feind schaltet in einem eroberten.

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1600. Scham. Scheu. Sich schämen. Sich scheuen. Ü. Unangenehme sich abwendende Empfindung bei Wahrnehmung von etwas. V. Die Scham, ahd. u. alts. diu scama, mbd. schame, scham u. schëm (Parzival 88, 30.), agf. scëomu, altn. skömm, scheint mit dem schwachbiegenden sich schämen goth. skaman sik, abd. scamên sih, mbd. sich schamen, und dem einfachen starkbiegenden schemen schamroth werden (Grimm 11, 30.), im Grundbegriffe, wie Schande, auf Blöße sonst verhüllter Körpertheile zu gehen (Cadmon 58, 7. 95, 3.), und bez. durch natürliche Begriffsentwicklung: sich abwendende niederschlagende sittliche Empfindung über Unehre. Scham und sich schämen kommen also nur den sittlichen Wesen, z. B. dem Menschen, zu in Beziehung auf das Urtheil sittlicher Wesen, z. B. Gottes, der Menschen u. s. f. Die Scheu, eig. Scheue (Steinbach. Frisch), das Hauptw. v. scheu und scheuen (Nr. 745.), bed.: stark fernhaltende oder entfernende, das Annahen benehmende Empfindung vor Übelm, oder solchem woher Übles fommen kann, vor Widerlichem, oder vor dem was das Gemüth durch unnahbare Größe und unantastbare Unverleglichkeit erfüllt. Dieß Lezte z. B. Nichts Heiliges ist mehr, es lösen - Sich alle Bande frommer Scheu" (Schiller, Glocke). Die Scheu und sich scheuen drücken also überhaupt eine meidende Empfindung aus, die jedes lebende Wesen haben und die in Beziehung auf alles sich äußern kann, was sie erregt. Man kann Scham haben, sich schämen z. B. vor Gott und der Welt, wie auch vor sich selbst; aber man kann Scheu haben, sich scheuen nicht allein vor Gott und Menschen, sondern auch

vor Wasser (die Wasser scheu), Feuer, einer That, Begebenheit u. f. f.), und auch die Thiere haben Scheu und scheuen sich. ,,Scheu und Scham" (Frisch II, 175) ließ ihn fein Unrecht zum zweiten Male begehen. „Blöde Kinder schämen sich leicht in Gesellschaft, und sie scheuen sich daher darin zu erscheinen“ (Eberhard). Scheue dich, Böses zu thun, damit du nachber dich nicht zu schämen hast! Der ungerechte Haushalter Luf. 16, 3. hatte Scheu vor der Arbeit, und Scham um zu betteln, aber Scham zu arbeiten und Scheu vor dem Betteln wird ihm nicht beigemessen.

1) Daß in Beziehung auf Handlungen und Begebenheiten Scheu und sich scheuen auf bevorstehende, kommende, mögliche gehen, läßt sich aus der Sinnverwandtschaft dieser Wörter mit Furcht und fürchten entneh men (Nr. 745. ).

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1601. Schä mig. Schamhaft. Versch ä m t. Verschämt. Ů. Eine sich abwendende niederschlagende sittliche Empfindung über Unehre (Scham, f. Nr. 1600.) äußernd, vornehmlich wenn diese Empfindung leicht erregbar, lebendig ist. V. Schämig, ahd. scamac u. scamig (Notker, Ps. 108, 29.), mbd. schemec (vielleicht schemec v. schem Scham), bez. den Begriff am Allgemeinsten, ist aber im Neuhochd., schon von Frisch 11, 160b für veraltet erklärt, außergewöhnlichen Gebrauchs und klingt darum gewählt. 3. B. Muß er schämig sich drücken" (E. M. Arndt). Nichts redete Hans und lachte so schämig“ (I. H. Voß). Schamhaft, abd. scamahaft, ist zunächst: Scham gefühl äußernd. Dann und zwar am Üblichsten: ein tiefes und leises Gefühl der Scham habend; im Besondern und gewöhnlich, wenn dieses Gefühl selbst durch die leiseste Verlegung des Sittlichen oder der Züchtigkeit oder auch nur eine leise Erinnerung an Geschlechtsneigung erregt wird, daß es sich abwendet oder doch Berlegenheit erzeugt (Nr. 1064.). Das Anwohnen dieses Schamgefühls drückt haft aus (S. -haft Nr. 1001.). Verschämt, Mittelw. d. Vergang. eines nur in dieser Form vorkommenden Zeitwortes, dessen ver- dem eine gelinde innere Verstärkung des Zeitwortbegriffes ausdrückenden goth. fairentspricht '), bed., in diesem Begriffe mehr einen Zustand an= zeigend: in Scham befangen, Eingenommensein von Scham äußernd. 3. B. Die holde Leibfarb keuscher Tugend Deckt dein verschämtes Angesicht" (Haller). Vornehmlich: erfüllt von sich abwendender feinen und leisen sittlichen Empfindung in Beziehung einer Unehre oder was auch nur einen leisen Anstrich von Unehre geben könnte. Eine schamhafte Jungfrau erröthet über ein in ihrer Gegenwart gesprochenes schlüpfriges Wort und begibt sich schämig hinweg; eine verschämte aber fühlt sich durch ein solches tief verlegt. Der verschämte Arme (pauvre honteux) kann sich nicht überwinden, um ein Almosen anzusprechen; der schamhafte verbirgt sich, ehe er in einem zerrissenen Kleide sich zeigt, das die Blößen seines Körpers nicht deckt. Schamhafte Demuth ist der Reize Krone“ (Schiller, Br. v. M.); aber der

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