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ungloublth (Notker, Boëth.), ficht auf unser Urtheil über Wirks lichkeit und Möglichkeit des Gegenstandes, und bed.: „einer beifälligen Annahme der Wirklichkeit und Möglichkeit von etwas entgegen." Der vorhin Nr. 1726. genannte fabelhafte Seekraken erscheint als ein seltsames Thier; was die Alten von ihm erzählen, ist unglaublich.

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1728. Seuche. Sucht. Pest. Pestilenz. Ü. Heftige Krankheit, besonders insofern sie sich mittheilt. V. Die Sucht) ist eine langwierige (chronische) Krankheit. Am Liebsten aber steht das Wort mit näherer Bestimmung, z. B. Fall-, Gelb-, Lungen-, Schwind-, Tob-, Wasser sucht, auch ahd. fuozsuht = podagra, bluotsuht hæmorrhois, miselsuht Aussag u. a. m. Davon dann Sucht fittliche (moralische) Krankheit einer heftigen, unmäßigen Be gierde, heftige, krankhafte Leidenschaft nach etwas, z. B. Ehr=, Geld-, Hab-, Selbst sucht u. s. f., in welchem Begriffe schon mhd. diu suchede (Berhtold, Predd.) steht; auch Sehnsucht" läßt sich hierher rechnen. Die Seuche (anst. Sieche, vgl. Nr. 1000. ie u. eu), aus ahd. siubhi, mbd. siuche u. sieche, dem Hauptw. v. siech (S. Ungesund), bed. zunächst: „sich lang hinziehende Krankheit oder Krankhaftigkeit" (Otfr. V, 23, 251. Gloss. mons. 389.); auch bildlich in sittlicher Beziehung, z. B. Matth. 8, 17. Im Neuhochd. am üblichsten in der Bed.:,, herrschende, um sich greifende Krankheit"; auch bildlich auf um sich greifende sittliche Krankheit übergetragen, nicht aber, wie Sucht, von der einzelen Krankheit der einzelen Person gesagt. Hier z. B. die schwindelnde Gewinn sucht, die Seuche unsrer Zeit", wo Gewinn sucht auf die einzele Krankheit, Seuche auf die um sich greifende Ansteckung geht. Das Fremdwort die Pest, das lat. pestis, franz. peste, bed. die weitverbreitete ansteckende tödtliche Krankheit, besonders die über ein Land herrschende; auch bildlich von weit verbreiteter herrschenden sittlichen Krankheit, wie vorhin Seuche. Das vers längerte die Pestilenz, das lat. pestilentia, französ. pestilence, bez. dasselbe, wie Pest; doch scheint das Wort zuweilen wegen seiner Verlängerung nachdrücklicher im Gebrauche. Beide Wörter, so wie Seuche, als dieß die jest übliche Bed. annahm, verdrängten die guten altd. Ausdrücke: der Schelm ahd. scelmo (S. Nr. 1596.), der Sterbe (das Sterben) ahd. stërp(b)o, der Wuhl ahd. wuol (Reichen. Gloss. 501 a) u. ags. wôl.

1) Sucht, eine uralte, wie Seuche, zu fiech gehörige Ableitung, bez. in goth. sáuhts, agf. suht, altn. die sôtt, schwed. der sot, Krankheit überhaupt; ahd. suht bed. nicht allein dieß, sondern auch schleichende tödt: liche Krankheit (gloss. mons. 331.), so wie gleich niederd. sufte) an= steckende herrschende Krankheit (gloss. mons. 337. 390.), in der Luft liegende Krankheit. Davon noch oberd. (baierisch): « eine vorübergehende, sich zu gleicher Zeit mehrern Individuen mittheilende krankhafte Erscheinung», wie z. B. Augenentzündung, Halsweh u. dŷl. (Schmetter III, 195. ).

1729. Seufzen. Ächzen. Stöhnen. Ü. Aus innerm Schmerz den Athem mühsam ausstoßen. V. Seufzen „tief

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aufathmend den Athem ausstoßen". Stöhnen = ,,den Athem schwer beengt und mühsam ausstoßen." So auch nach der schweren beengten Lautäußerung in lebendiger, dichterischer Anwendung auf Unbelebtes, z. B. Hoch wehn die schlanken Fichten Und stöhnen Seufzerlaut" (Salis). Achzen = „schwer_athmen in flagenden Lauten"; auch überhaupt,,Klagelaute einer Bedrängniß ausstoßen"; z. B. Und in der Felsenrige - Ein Ringeltäubchen ächzt" (Salis). Achzen wie stöhnen sind also wesentlich verschieden von seufzen, da das durch dieses Wort ausgedrückte tiefe Aufathmen nicht nothwendig in ihrem Begriffe liegt. Ein Holzhauer z. B. kann bei jedem schweren Hiebe stöh= nen oder ächzen, aber seufzen wird er nicht; wohl indessen mag er seufzen, wenn er den Klog betrachtet, an dem er sich vergeblich abgemüht hat. Der arme Kranke stöhnt und ächzt vor Schmerz, auch seufzt er mitunter über sein nie endendes Leiden.

Anm. Seufzen, mhd. siuffizen (Barlaam 34, 20.), ist neben dem gleichbed. ahd. süftôn, mhd. siuften, aus ags. sëófian, mhd. säwfen tief aufathmen (suspirâre. Vocabular. v. 1419.), abgeleitet. Stöhnen, mittelniederl. (starkbieg.) stënen, ist mit ahd. stunôd tiefes Aufathmen, Keichen, altn. stynja tief aufathmen, litthauisch steneti, slaw. ctenati, aus einer Wurzel, welche sich in gr. oreveiv beengen u. dann stöhnen, sansfr. stan lant seufzen (Pott I, 255.), deutlicher zeigt. Achsen ist mit unorganischem Auflaut (ã) v. d. späten mhd. achen Schmerzlaute von sich geben (Hätzlerin I, 7, 34.) abgeleitet, was wieder v. d. mhd. Hauptw. daz ach= Schmerz kommt (S. Ach). Ähnlich stammt ahd. sêrazan schmerzen v. sêr Schmerz.

1730. Sicher. Geborgen. Ü. Der Wirkung eines betreffenden Uebels entzogen. V. Dieß ist der Begriff von geborgen, dem Mittelw. v. bergen (Nr. 357.). Aber sicher (Nr. 846.) hat weitern Begriff, und bed. in dieser Sinnverwandtschaft: frei von Befürchtung (Befahren) eines Uebels. Ähnlich stehen im Latein. tutus und securus, und Eberhard (Syn. V, 211.) übersezt schön die Stelle von Seneca (Ep. 97.) «Tuta scelera esse possunt, secura non possunt» durch geborgen können Verbrecher oft sein, sicher nie."

1731. Siechen. Quienen. Ü. Langwierig kränklich sein. V. Siechen, in goth. siukan, abd. siuhhên, mbd. siechen, von siech (S. Ungesund), ist eig. überhaupt,,krank sein“, und bed. dann eine sich hinziehende, schleichende Kränklichkeit haben" (H. v. Friberg, Tristan u. Isolt 5027.). Das der Schriftsprache entschwundene und nur noch landschaftliche quienen '), niederd. quynen (Richey, Idiot. Hamb. 201.), bed.: matt und traurig hinschwindend kränkeln". Auch von dürre stehender Saat sagt man, daß sie quiene.

1) Mhd. qwînen (Nyerup symbolæ 102.), ags. acwînan kränklich hinschwinden, ist, neben agf. ewânjan matt u. freudlös sein, verwandt mit goth. quainôn, ahd. weinon weinen.

1732. Sieben. Kochen. 1. Ü. „Durch Hige in wallender Bewegung sein“; dann auch überleitend (transitiv): „durch Hige in wallende Bewegung bringen." V. Sieden, ahd. siodan, mbb. sieden, agf. sëóŎan, altn. siôda, ist urspr. allgemein,,sprus delnd aufwallen '); so noch dichterisch, z. B. von der Charybde in Schiller's Taucher. Kochen steht so, wie Nr. 757. zu ersehen ift, erst in angewandtem, erweitertem Begriffe. Dann ist sieden ,, durch Hige in wallender Bewegung sein". Hier der Unterschied von kochen, daß im Gewöhnlichen mit sieden mehr das innerliche durch einander gehende Wallen vor Hige, mit kochen das stärkere Bewegtsein in einem äußerlichen Aufwallen von plagenden Dampfblasen ausgedrückt wird; aber dichterisch und in höherer Schreibart ist sieden edlerer Ausdruck auch in dem Sinne von fochen, welches Wort dann für gemeiner gilt. Figürlich auf innerlich wallende, leidenschaftliche Bewegung des Menschen angewandt, scheint ebenfalls sieden edler. 3. B.,,Noch siedet das Blut mir im Leibe" (Göthe, d. Müll. Reue). Aber das gemeinere kochen steht hier auch überleitend (transitiv), wie ein Beispiel von Schiller am Ende von Nr. 757. zeigt; fieden nicht. II. U. In einer durch Hige aufwallenden Flüssigkeit erweichen und zubereiten." V. Kochen steht hier in seiner eigentlichen Bed. (Nr. 757.), und wird schlechthin ohne Beisag für vermittelst des Feuers Speise zubereiten" gesagt, z. B. die Hausfrau will heute selbst fochen"; fieden hat hier angewandte Bedeutung, wird nur von kunstlosem, einfachem Entziehen des rohen Zustandes in einer erhigten Flüssigfeit gebraucht, und steht nicht so schlechthin, wie kochen. Aber auch in diesem Sinne wird gerne das Zubereiten in einer von Hige stark aufwallenden Flüssigkeit mit kochen, das in gelinder bewegtem mit sieden bezeichnet. Man siedet Eier, Krebse u. s. w. ; aber man focht Suppe, Gemüse und Fleisch, wenn sie mit Zuthat zubereitet werden und die legten recht weich sein sollen.

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1) Dieß mögen ags. seáð u. mhd. sôt Brunnen bezeugen, welche ähn= liche Ableitung haben, wie Brunnen von ahd. brinnan (Nr. 414. Anm.), agf. wëal Quelle v. wëallan wallen (Grimm's Reinh. Fuchs S. 377.).

1733. Siegen. Besiegen. Übermannen. Überwältigen. Überwinden. Ü. Die Oberhand über Entgegenstehendes gewinnen. V. Siegen') ift allgemein: „über Entgegenstehendes die Oberhand bekommen". Das Zeitw. steht unüberleitend (intransitiv); überleitend (transitiv) ist besiegen, was in seinem be- den ganzen und vollen Begriff seines einfachen Zeitwortes (siegen) in Anwendung auf einen Gegenstand ausdrückt, der dann im Accusativ steht (Grimm II, 798.). Wenn z. B. in der Kunst die Vortrefflichkeit einer Form die Kostbarkeit des Stoffes verdunkelt, so kann man sagen, die Kunst siege über den Stoff; aber in vollerer Anwendung des Begriffes sagt der Dichter: „Aber den Stoff besiegte die Kunst“ (I. H. Voß). Das überleitende wie unüberleitende überwinden, ahd. up(b)arwintan, mhd. überwinden, neben dem nicht damit zu verwechselnden gleichbed. ahd.

Weigand, Wörterb. d. deutsch. Synonym. II.

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up(b)arwinnan (fiberwinnen) u. ags. oferwinnan v. abb. winnan in gewinnen, bed. allgemein:,, durch Kraftanwendung über einen Gegenstand Herr werden ". Der Begriff der Kraftanwendung liegt in dem Stammworte winden; siegen fann auch leicht sein und ohne Kraftaufwand geschehen, z. B. (Jery:) Ich streite für dich und werde besiegt! (Bätely:) Nein, Jery, du hast mich gerächt, auch überwunden hast du gesiegt. Sieh er [der Gegner] treibt sein Vich hinweg, er macht dem Unfug ein Ende" (Göthe). Vom sterbenden Jesus heißt es:,,Konnte seine sanfte Brust So viel Schmerz ertragen? Es hat überwunden der Löwe vom Stamm Juda“ (Ramler). Abd. der ubarwant u. uberwint Überwindung, Sieg. überwältigen und übermannen stehen nur überleitend; fenes drückt ein die Oberhand über den Gegenstand gewinnendes Anwenden von Gewalt aus, dieses, mhd. übermennen, das Mann werden über die entgegenstehende Person, d. i. das Befaßtwerden dieserselben unter eine überwiegend wirkende Kraft, sei diese nun einzeln oder sei sie die vereinte einer Menge. Es steht also übermannen zunächst nur in Beziehung auf Personen und dann auch ausgedehnt in weiterer Bezie hung auf Lebendes überhaupt, insofern auf dieselben andre Personen oder überhaupt Lebendes oder eine Kraft als solche wirkt, um jene unter ihre Wirkung zu bringen. Den tapfersten Kämpfer z. B. können viele schwache Feinde vereint übermannen und tro_des ausgezeichnetsten Widerstandes überwältigen. Wen der Zorn übermannt, der ist nicht mehr Herr seiner selbst.

1) Siegen, mhd. sigen, ags. sigrian, altn. sigra, kommt v. Sieg goth. sigis, ahd. sik(g)u, sik(g)o, agf. sige u. sigor, altn. sigur, sigr. Ungewiß bleibt aber nun, ob Sieg verwandt ist mit ahd. sîk(g)an (mýð. sigen) und altn. siga finken (vom Tage. Erec 221.), wöher ahd. u. mhd, seigen sinken machen, dann «den Feind niederstrecken»; auch altn, sigur Glück gehört hierher. Vgl. S ch mitt henner u. Grimm II, 17.

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1734. Sinnbild. Emblem. Ü. Sinnlich dargestellter Ge genstand (Bild) zu Vorstellung und Bezeichnung eines von demselben verschiedenen sinnlichen oder geistigen Gegenstandes. V. Dieß drückt das Sinnbild allgemein aus; im Besondern versteht man darunter das selbstständige Sinnbild, bei welchem ein Gegenstand unab hängig von einem andern vorgestellt wird. So ist z. B. das Auge ein Sinnbild der Vorsehung und der Vorsicht, und Jean Paul nennt die zuweilen eintretende Erscheinung des Morgen- und Abendsternes neben der verfinsterten Sonne mitten am Tage ein schönes Sinnbild", wie in den Verfinsterungen des Lebens recht deutlich Jugend (Morgenstern) und Sterben (Abendstern) erscheine. Das Kunstwort das Emblem, das gr. Eußλnua (embléma) eig. = Anwurf, Hinzugefügtes, dann angebrachter Zierat, bez. nur ein anhängendes Sinnbild (ein Sinnbild das Attribut ift), zunächst eine finnbildliche Verzierung", oder das Sinnbild einer Eigenschaft eines einzelen bestimmten Gegenstandes“, gewöhnlich bei den

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Neuern zur Versinnlichung eines beigefeßten Sinn- oder Wahlspruches (einer Devise) mit verborgener Anwendung auf eine bes sondere Sache oder Person. So hatte z. B. der König von Frankreich Ludwig XIV. bei dem Sinnspruch: „Er ist Mehreren gewachfen", als Emblem eine Sonne.

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1735. Sinnesart. Gesinnung. Ü. Eigenthümliches Verhalten des Menschen, wie es durch sein Empfindungsvermögen bestimmt wird. V. Die Sinnesart der eigne Ton, in welchen das ganze Wesen eines Menschen in Beziehung seiner Anfichten nach seinem eigenthümlichen Empfinden gestimmt ist. So find 3. B. Tiefsinn, Leicht sinn, Trübsinn u. dgl. Sinnesarten. Die Gesinnung aber ist die jenem Tone gemäße eigenthümliche (individuelle) Regel oder Außerung des Menschen für sein Handeln oder in Beziehung auf sich selbst und das, was außer ihm ist. Sie verhält sich also zur Sinnesart, wie Wirkung zur Ursache. Wer eine gute, tüchtige Sinnesart hat, der hat auch gute, tüchtige Gesinnungen.

1736. Sinngedicht. Epigramm. Ü. Kleines Gedicht, in welchem eine poetische Idee in anschaulicher, treffender, geistreicher Kürze dargestellt ist. V. Das Kunstwort das Epigramm bez. diese Gedichtgattung allgemein, das Gedicht kann nun empfindsam, komisch, satyrisch, didactisch, lyrisch, elegisch u. s. f. sein. Das Wort ist das gr. eniygauua (epigramma), was wörtlich Auf-, Inschrift bedeutet, besonders eine dichterisch abgefaßte und den Namen des Verfertigers oder des Schenkers enthaltende unter einem Kunstwerk oder Weihgeschenk", woraus dann die mit dieser Benennung belegte Gedichtgattung hervorgieng, in welcher ein einzeler, ernster oder geistreicher, rührender oder wißiger Gedanke, eine geschichtliche Erinnerung, ein Bild des Lebens in treffender anschaulicher Kürze dargestellt wurde. Das Sinngedicht ift ein für Epigramm gebildeter und durch Fr. v. Logau's Gebrauch gewöhnlich gewordener Ausdruck, scheint aber nur für das wißige Epigramm gebraucht zu sein, welches man, als das wißig satyrische und wizig komische, schlechthin unter Epigramm im Besondern versteht.

1737. Das Singen. Gefang. Gesinge. Singfang. Ü. Tönen mit erhobener Stimme zu musikalischem Zwecke. V. Das Singen') bez. den Begriff allgemein, es mag nur ein einzeles Tönen oder ein Inbegriff von Tönen sein, und wird auch auf ähnliches Tönen von Dingen übergetragen, die feine Stimme haben, z. B. wenn wir sagen, daß ein Topf mit siedendem Wasser finge, daß die die Luft durchpfeifenden Kugeln singen u. f. f. Die übrigen Ausbrücke bezz. einen Inbegriff von dem genannten Tönen. Das Wiederholungswort (Iterativum) das Gesinge drückt ein wiederholtes, anhaltendes Singen aus, wie ehedem in gutem Sinne das Gesäng (b. Hoffmannswaldau); aber man gebraucht das Wort besonders, wenn das Singen in diesem Wiederholten, An

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