Es ist im menfchlichen Geschlechte Ihr Anhang grösser, als man glaubt. Doch wenn fie nicht Vergnügen brächte: So wär' ihr schon die Macht geraubt. · LOB DER ZIGEUNER. Uraltes Landvolk, eure Hütten Verfchont der Städter Stolz und Neid: Und fehlt es euch an feinen Sitten; So fehlts euch nicht an Fröhlichkeit. Ihr scherzt auf Gras und unter Zweigen, Ohn' allen Zwang und ohne Zeugen. Ihr übet euch in fteten Reifen: Die Welt ift euer Vaterland. Man lobte diefs an alten Weisen: Und nur in euch wirds nicht erkannt. Warum? Ihr gleichet nicht den Reichen, Die prächtig durch die Fremde fireichen. Zu groffe Furcht, zu groffes Hoffen Euch fteht das Buch des Schick fals offen: Es wird der Muth euch angebohren: Dann fuchet ihr zwar nicht zu fliehen; Man weis, ihr zählet wenig Freunde; Allein ihr kennt den Lauf der Welt. Die Gröfften haben ihre Feinde:Verdienften wird ftets nachgeftellt. Wie mancher Römer wird gepriesen, Den die Gewalt, wie euch, verwiesen! Ihr rennet nicht nach hohen Ehren: Ihr wünscht euch nicht an Titeln reich. Kein Zwielpalt in geweihten Lehren, Kein Federkrieg verhetzet euch. Ihr feyd (was kann den Vorzug rauben?) Von Einer Farb' und Einem Glauben. DIE VERLEUMDUNG. Stolzer Schönen Grausamkeiten Unempfindlichkeit und Tugend Diefer Vorzug lautrer Ehre, Diefe Strenge, diese Zucht Stammen aus der Mutter Lehre, Sind nur ihres Beyspiels Frucht. Dennoch fagt und glaubet man, Dafs man fie erbittén kann. Redet nicht von Scherz und Küssen, Wo ihr Martha kommen feht: Ihr empfindliches Gewissen Liebe kann zwar Huld erwerben; Weil fie nimmer ohn' Entfärben Sylvia wird hoch gepriesen : Denn fie hat in kurzer Zeit Zehn Verehrer abgewiesen, Und den eilften hart bedräut. Dennoch fagt und glaubet man Dass man fie erbitten kann. Edle Freyheit, mein Vergnügen! |