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über diefelbe Sache urteilen. Während nämlich der eine meint, beir Schreiben werde jede Schrift rund, behauptet ein anderer, den Engländer. werden die Buchstaben unter den Händen kraft der germanischen Ar unwillkürlich spitzig, und wieder ein anderer fagt missmutig, die Engländer feien gar nicht mehr für Germanen anzufehen.'

'Di Fraktur geradezu für ein Unheil zu erklären, fie zu verfolge und mit Gewalt ausrotten zu wollen, halte ich für übertrieben und unbillig. Auch wird fie in England und Frankreich noch gar wohl verstanden, Kaufleute gebrauchen fie z. B. auf ihren Waarenhüllen (Refuser tout ce qui ne portera pas ma signature)'

'Das wollen wir bedenken. Darum stehet ab vom nutzlofen Streite, der wakkere Männer verfeindet! Wir achten die Gefühle derer, die mit warmem Herzen ehren, was fie, ob auch irrig, für ein teures Erbe der Heldenväter, für ein hehres Kleinod der trauten Mutter Germania halten. und lassen auch die in Frieden gehen, die fich mit ruhigem Gewissen dem gefunden Wehen der Zeit bequemen und den ehrlichen Vorteil munter ergreifen.'

* Im Zentralblatt der Bauverwaltung', XIV. Jrg. Nr. 42A. (24. 10. 94) steht folgende Anzeige:

Reform, Monatsschrift a) des allgemeinen Vereines für vereinfachte Rechtschreibung, b) des Vereines für Lateinschrift (Mitgliederzahl z. Z. über 12 000). Der Lateinverein erstrebt die Befeitigung der lästigen Zweischriftigkeit durch Abschaffung der überflüssigen (nicht deutschen!) Eckenschrift. Der Rechtschreibverein will unfere ausgeartete, unvernünftig verwickelte, Volk und Jugend schwer belastende Orthographie durch Rückführung auf ihren lauttreuen Grundcharakter einfach, regelmässig, auch für den gewöhnlichen Mann leicht erlernbar gestalten.

Obmann beider Vereine Dr. Edward Lohmeyer in Kassel. Beitritt ohne Reformbezug unentgeltlich, mit Reformbezug Jahresbeitrag 2 Mark; Anmeldung und Einzahlung an die Geschäftsführerin Frl. P. Lobmeyer in Kassel, die auf Wunsch Prospekte beider Vereine frei zufendet. (Preis der Reform bei der Post und im Buchhandel 3 Mark jährlich.)

* Zu den im Ausland erscheinenden deutschen Zeitungen in Antiquadruck gehören auch die in Valparaiso gedruckten 'Deutschen Nachrichten, von denen Herr Dr. Storch, Realgymnafiallehrer zu Meiningen, dem Schriftleiter freundlichst eine Nummer zugefandt hat. (XXIV. Jahrg. Nr. 2371).

* Dem Schriftleiter ist eine fehr ausführliche Arbeit, 'Über die Entwickelung unferer fogenannten deutschen Buchstaben. Von Gustav Daneck, Lehrer in Dresden, zugegangen. Da diefelbe vorausfichtlich über 13 Reformfeiten umfassen wird, alfo nicht leicht in zwei Nummern untergebracht werden kann, eine Verteilung auf zwei Jahrgänge aber misslich ist, fo wird die Arbeit erst im nächsten Jahrgang erscheinen.

* Günstiges Angebot. Auf Anfuchen des Schriftleiters hat fich der Verlag F. Sönnecken in Bonn bereit erklärt, den Vereinsgenossen von dem bekannten Werk 'Sönnecken, das deutsche Schriftwefen und die Notwendigkeit feiner Reform' Exemplare mit kleinen Beschädigungen oder angeschmutzten Umschlägen zum herabgefetzten Preife von 1 Mk. abzugeben. Der Ladenpreis des für unfere Bestrebungen geradezu grundlegenden und mit zahlreichen Abbildungen ausgestatteten Buches beträgt 4 Mk. Unfer! rühriges Vereinsmitglied L. Schröder in Pforzheim hat dem Verein schon zahlreiche neue Mitglieder einfach dadurch zugeführt, dass er ihnen diefes ! Werk zu lefen gab. Seiner geschmackvollen Ausstattung wegen eignet fich das Buch ganz vorzüglich zum Geschenk.

Ferein für fereinfachte rechtschreibung.

Unterhaltender teil.

(Übergangsschreibung.)

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Umgeben fon luksus und komfort fas in einem der elegantesten zimmer des hotels 'kronprinz zu B. Artur Helmstedt, ein reicher gūtsbefitzer. Aber der ärmste taglöner in der grosen stat mochte wōl heute beneidenswerter fein, als der ferwönte, mit glüksgütern aller art gefegnete man. Ein schwerer schlag hatte in getroffen, ein noch schwererer drote îm. feine junge, fon im abgöttisch gelibte frau war ganz plözlich auf der reife erkrankt und zwar fo heftig, das offenbar höchste gefär für īr leben bestand. Nun fas er an irem krankenlager, di heise fiberglüende hand der fantafirenden in feiner haltend und harte mit kwalfolster unrue der ankunft des ärztes, nach dem fofort geschikt worden war. Was zögerte der doch fo lange! Wi wird fein urteil lauten? Leben oder tōd? O, welche marter, di leiden, di gefar einer uns teuren perfon feen zu müssen und nicht lindern, nicht helfen zu können, ferdamt zu fein zu müsiger ōnmacht! Doch da pochte es nicht eben? Der ärzt! Got fei dank! Mit schnellen und doch leifen schritten eilte Helmstedt in den falò hinaus und öfnete di türe zum korridor. Drausen stand der langerfente, ein hochgewaksener man mit durchgeistigten, tīfernsten zügen. Dr. Randow war, obwōl erst mitte der dreisiger jare steend, schon der bedeutendste frauenarzt der stat. Gedigenes wissen, befonnene rue auch in den schwirigsten fällen, richtiger blik in der diagnofe und nicht zum wenigsten jene glükliche nachgibigkeit, welche der individualität jedes kranken rechnung zu tragen ferstēt, hatten schnel feinen ruf begründet und in nicht blos zum helfer, fondern auch zum freunde fo mancher familie gemacht. Er war einer fon den feltenen ärzten, di neben dem körperlichen auch den gemütszustand des leidenden in betracht zien und nicht da miksturen ferordnen, wo tröst und hofnung nötig find. Deshalb libte er es auch,

fich stets genau über di begleitenden umstände der krankheit unterrichten zu lassen.

fo tät er auch jezt, als er dem gemal feiner neuen pazientin gegenüberstand. Was er da fernām, war freilich fo karakteristisch, das er über das wefen der krankheit, noch one di leidende gefeen zu haben, keinen augenblik im zweifel fein konte. Rasch traf er darum feine anordnungen: 'Eine tüchtige wärterin ist unbedingt nötig und för allem eis, damit wir das fiber mit erfolg bekämpfen können.'

Wärend Helmstedt klingelte, dan aber, fon ängstlicher ungeduld getriben, hinaus, dem zimmermädchen entgegeneilte, um di nötigen befele zu erteilen, trät der ärzt in das schläfgemach, aus dem di hastigen atemzüge der kranken ertönten. Leife wolte er fich näern, da für er zufammen, peinlichste bestürzung in den minen.

fa er recht?! Tauschte in eine frappante änlichkeit?! Hastigen schrittes trät er zur kranken ein schrei und wi fom schlag getroffen wankte der starke man zurük. fein geficht wär leichenblas geworden, der ganze körper bebte, unficher tastend fachten feine hände nach einem halt, in kurzen stösen keuchte fein atem durch di blutleren lippen.

'fi ist es!'

Ein widerfeen! Aber ein widerfeen, wi es nur der zufal in feiner bittersten ironî über uns ferhängen kan!

Di da för im lag, in wildem fibertraum befangen, di hatte er einst heis und innig gelibt, mit der glüt eines schwärmerischen jünglingsherzens - gelibt one hofnung! Den wi fo oft im leben, waren auch feiner neigung di ferhältnisse hindernd in den weg getreten. Das er, der fon armer eltern, di tochter des reichsten mannes feiner faterstat ni freien konte, war ja gewis, um fo gewisser, als feine libe fon der, welcher fi galt, nicht einmal bemerkt zu werden schin. Taufendmal hatte er fich in jener zeit gefagt, wi wanwitzig feine leidenschaft fei, wi unglüklich fi in noch machen müsse

umfonst! fi wūks und wüks, als habe fi an der ausfichtslosigkeit gerade di fōrnemste kwelle ires gedeiens. Zu stolz, irgend jemanden di kämpfe feines innern auch nur anen zu lassen, in gleicher weife der möglichkeit beraubt, zu fergessen, wi glüklich zu werden, lit er unfäglich.

Wi eine erlöfung hatte er es deshalb begrūst, als im nach folendung feiner humanistischen studien durch das wolwollen eines entfernten ferwanten di möglichkeit zum univerfitätsbefuche fich bot. Dort in der grosen stat, und unter den filen neuen eindrükken hofte er fergessen zu können. Es gelang im auch wen man milderung, abstumpfung des schmerzes auf kosten jeder lebensfreude 'fergessen nennen kan. feine ganze zeit, al feine kraft hatte er dem erwälten beruf gewidmet, genefung fuchend, indem er andern genefung brachte.

Mēr als zen jare waren fo ferstrichen, feine eltern gestorben, er selbst ein berumter arzt geworden. Alle fülung mit feiner faterstat hatte er ferloren und nur höchst felten, da er di kwalen der erinnerung scheute und fi mit aller willenskraft fich fern zu halten füchte, gedachte er feiner ersten, feiner einzigen libe.

Und nun nach fo langer frist, nach jaren bittern ringens, di în ernst und alt gemacht for der zeit, nun muste er di gelibte widerfinden, muste fi fo widerfinden! Al di schmerzen, di er in feiner brust begraben wänte,

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das ganze, stürmisch wilde fenen feiner jugend mit einem schläg erwachte es nun aufs neue! Es wär, als ob di leidenschaft, fo lange unterdrükt, nur kraft gefammelt habe, um jezt mit doppelter gewalt herförzubrechen, lämend, finferwirrend. Di aufregung, in welche in ein widerfeen auch unter normalen ferhältnissen gebracht hätte, fi wurde nun ferzenfacht durch di begleitenden umstände: Da lag fi, tōtkrank und Idas weib eines anderen!

Mit jenem eigentümlichen ausdruk, dēn man im auge geistig gestörter findet, heftete der ärzt feinen blik auf di unruig schlummernde; ganz nae trat er heran und beugte fich über fi: 'Wi schön fi ist, wi schön! felbst in difer schweren krankheit schön! Der tōd ist ir nae das geringste ferfeen, das kleinste ferfaümnis, und fi ist ferloren, unretbar! Und wen dis ferfeen begangen, wer wüste, das es abfichtlich begangen wurde? Wer fermag dem arzt hir nachzuweifen, das er gefelt? Und was für mich, was dan für mich? O, das wäre leicht! Eine unbedeutende wunde bei der fekzion, ein fernachlässigter hautris leichengift tötet schnel! Und nimand denkt an felbstmord!'

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Er richtete fich auf, das geficht fol finsterer entschlossenheit. 'Leben konte ich nicht mit dir, aber sterben, sterben, das kan ich mit dîr! Du durch mich, ich durch dich !'

Einen scheuen blik warf er rükwärts zur türe, dan beugte er fich schnel zu dem weibe herab und berürte in langem kusse di heisen lippen.

Da ging eine merkwürdige feränderung mit der kranken för: der fibertraum schîn fon ir zu weichen und einem ruigen schlummer plaz zu machen; ein glükliches lächeln ferklärte das libliche geficht, der kleine mund öfnete fich und: 'Artūr, mein liber Artür! klang es in zärtlichem flüstertone durch das gemach.

'O Got!' Schaudernd preste der unglükliche feine hände auf di brust, als wolle er damit das wilde schlagen feines herzens fänftigen; jäe röte schos im ins geficht, dan wante er fich stönend ab:

'fi traumt!' murmelte er, fi traümt fon irem gatten! fi libt in und ist glüklich in difer libe! Und du, elender, was hast du för? Ein schändliches ferbrechen, einen mord! Das fertrauen eines guten menschen wilst du taüschen, hast es schon getauscht und misbraucht, indem du di willenlofe in fündigem ferlangen küstest! Weil du felbst nicht glüklich werden kanst, wilst du das glük anderer fernichten?! Nein fi fol leben!"

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Wider ruten feine blikke auf der leidenden, dismal aber forschend, unterfuchend; dan nam er ire zärte hand, um di pulsschläge zu zälen. Er schin es gär nicht zu bemerken, das jezt fein befōrzügter nebenbuler eintrat; erst als difer beforgten tones fich erkundigte, gab er mit kurzen worten bericht und fügte hinzu: 'Momentan ist nichts zu tun, da di kranke schläft; fobald fi erwacht, lassen fi ir eisumschläge auf kopf und brust geben. Haupterfordernis ist natürlich folkommenste rue. Ich werde in der ersten zeit täglich zweimal kommen, überhaupt fofil als möglich di ganze pflege in eigene hand nemen.'

Und fo gescha es.

Randow überwachte mit peinlichster genauigkeit den ferlauf der schweren krankheit; mit feiner imponirenden rue, di fich jeden willen

dinstbär machte, erteilte er feine befele, stets felbst zeigend und unter-di weifend, wo es nötig wär. felbst das umbetten gescha meist in feiner gegenwart; da nam er jedesmal di zarte gestalt in feine arme und höbl fi, ängstlich forgfam, wi man ein kind trägt. Was er dabei fülte, wen di fo heis gelibte in feinen armen rute, wen er di schläge ires herzens a dem feinen spurte, wen er fi pflegte und wartete, um fi einem anderen zu retten welche feder könte das beschreiben? Täglich war er zeuge der libefollen worte, der zärtlichen blikke, welche di kranke mit irem manne tauschte in, iren retter, hatte fi nicht erkant, hatte fich feiner ērst erinnert, als fi feinen namen hörte!

Drei wochen, eine zeit der furchtbärsten felenkwal für den ärzt, waren fergangen, da konte er feine befuche einstellen: feine pazientin wär gerettet.

Etwa ein monat später weilten di einander widergeschenkten gatten in einem füddeutschen kūrort. Da brachten di zeitungen aus B. eines tages folgende notiz: 'Dr. Randow, einer unferer bedeutendsten ärzte, ist, wi wir mit innigem bedauern fernemen, ein opfer feines berufes geworden. Eine kleine ferletzung, di er fich am fezirtisch zugezogen und di er augenscheinlich fernachlässigte, brachte im einen früen tōd. Er starb an blütfergiftung. An dife mitteilung waren im hastigen reporterstil einige fätze gefügt, welche 'di wissenschaftliche bedeutung des ferstorbenen würdigen' folten. Als Helmstedt tif erschüttert den er hatte den ernsten, kentnisreichen man libgewonnen di trauerbotschaft feiner gattin mitteilte, starte dife einen moment wi grübelnd for fich hin, dan schlug fi di hände förs geficht und weinte bitterlich.

fi hatte den zufammenhang erraten.

*

Katrein.

Fon E. Hermann.

Nachdruk ferboten.

Lustig war das treiben in dem kleinen dorfe, wenige stunden oberhalb Koblenz an der Mofel. Es wurde kirchweie gefeiert und da durfte es ja an lust und freude nicht felen. Es war im höchfommer und di fonne schin mit feuriger glüt in das flustal, aber doch waren di tanzfäle fon stättern und bauern dicht befezt. Aus den weit geöfneten fenstern der wirtschaften erschalte lautes fingen, lustiges gläferklingen und das unermüdliche blafen und geigen der mufiker, di zum tanz aufspilten. In den fälen herschte eine drükkende hitze, di noch unangenemer und unerträglicher wurde durch den dichten tabakskwalm und den dunst ferschütteter getränke.

Im garten unter schattigen baümen und in külen weinlauben fasen di älteren stätter und dorfbewoner, denen di glider zum tanzen zu steif geworden waren und di wenigen jüngeren leute, welche in der frischen gartenluft erholung fon der schwüle im fale füchten. Der garten läg dicht am mofelufer. Der flus, über den hinweg man nach dem bergigen jenseitigen ufer blikken konte, war fon känen belebt, di mit grünen reifern und bunten flaggen geschmükt waren. fi brachten neue gäste fon den weiten, oberhalb an der Mofel ligenden dörfern. Es war ein fergnügen,

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