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Wilhelmine von der Golz, eine gleich schöne als geistvolle und würdige Erscheinung. Ewalds edle Liebe fand Erwiederung, und die Mutter der Geliebten billigte das Verhältniß, scheint aber gewünscht zu haben, daß Kleist den Kriegsdienst verlasse, und sich in polnischen oder sächsischen Civildienst begebe. Wenigstens war es eine nothwendige Bedingung, daß Kleist den dänischen Dienst mit irgend einer Anstellung in Sachsen oder Polen vertausche. Der von seinen ländlichen Bildern noch umblühete, in den strahlenden Wonnen der ersten Liebe lebende Dichterjüngling hätte wohl damals sein liebes Schwert hingegeben um die schönere Braut. Aber es ward mit allen Versuchen zu jener Anstellung nichts. Der Urlaub lief ab, Kleist mußte sich von der Geliebten trennen, ohne irgend eine bestimmte Hoffnung auf einstige Verbindung. Es war ein tiefer Schmerz, aber noch kein verlegender, an dergleichen es jedoch leider späterhin auf keine Weise in dem Leben des Dichters fehlen sollte. —

Seine Rückkehr nach Kopenhagen galt nicht für lange Zeit.

wie

Bald, nachdem König Friedrich der Große den preußischen Thron bestieg, bericf er mehrere seiner ansässigen Edelleute

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auch

Ewald von Kleist aus den fremden Kriegsdienste: in die seinigen. Man hat darin ein Anerkenntniß von Kleist's Verdiensten zu finden gemeint, aber es scheint nicht anzunehmen, daß der 25jährige Jüngling einen Glanz um sich her ausgestrahlt habe, der von Kopenhagen bis Potsdam gedrungen sey. Er that in einem untergeordneten Posten streng seine Pflicht, und zeigte sich im Umgange liebenswürdig und geistvoll. Das war Alles, was damals die Aussenwelt von ihm wissen konnte; oder höchstens noch mochte sie Notiz von seinem militärischen Studium nehmen.

Als Dichter war kaum vor

er durchaus nicht hervorgetreten sich selbst, — und es ist also weder der Welt noch dem großen Könige zu verargen, wenn Kleist ihnen eben nur für das galt, wofür er sich gab: für einen unbescholtenen Offizier von pommerschem Adel.

Eh' Kleist noch in den preußischen Dienst gelangte, war der erste schlesische Krieg beendet. Der tägliche Dienst ging seinen ruhigen Gang fort; ohne Zweifel durch Kleist in Potsdam mit derselben Tüchtigkeit und Gründlichkeit behandelt, als früher in Kopenhagen. Aber es mischte sich manche Störung für ihn mit ein. Die Mehrzahl seiner Waffen

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brüder, tüchtig im Dienst, anständig in der Gesellschaft, hatte für das drüber Hinausliegende keinen sonderlichen Sinn, und war das bei dem Bacchus in ihren vertraulichen Zusammenkünften fast über die Gebühr ergeben, Wollte Kleist mit ihnen leben, so mußte er mit ihnen trinken, und weit entfernt von jeder Völlerei hatte doch Kleist, wie die mehrsten Dichter, seine herzliche Freude am Wein, und wie die mehrsten Dichter auch, liebte er mehr zu bewirthen, als bewirthet zu werden, und war dabei kein besonderlicher Rechenmeister für seine Einnahmen und Ausgaben. Das Gütlein Ruschiß sendete nur schmalen Zuschuß, und so sah sich denn der Jüngling nach und nach in kleine Schulden verstrickt, die ihn bisweilen in Verlegenheit setzten, obgleich seine wenigen Gläubiger sich in der Regel ruhig verhielten, und er entweder durch Vorrücken im Dienst oder im Fall seines frühern Todes durch das nachbleibende kleine Vermögen mit Zuversicht hoffen durfte, alle seine Verpflichtungen zu erfüllen. Es nagte also eben kein prometheischer Geier an seinem Innern.

Erheiternd vielmehr mochte ihn die Aussicht anlächeln, doch vielleicht eher noch das

mütterliche Ja zur Heimführung seiner gelieb ten Wilhelmine nach Potsdam, als nach dem fernen, meergetrennten Kopenhagen zu erbit ten, sobald ihm eine höhere Stellung im Heere die Mittel anweise, der Gattin ein anständiges äusseres Leben zu sichern.

In dieser Stimmung wohl, und überhaupt in seinem ganzen edelzarten Gefühle fand sich eines Tages Kleist — es war im Jahre 1743 — empfindlich verlegt durch die unzarten Äußerungen eines rohen Kameraden über einige Potsdamer Damen. Ritterlich das zarte Geschlecht vertheidigend, gerieth er in einen Zweikampf, der ihm eine tüchtige Ehrenwunde in den Arm zu Wege brachte.

Daß edle Frauen und Jungfrauen mit Theilnahme von dem Vertheidiger der guten Sache redeten, war natürlich. Auf diese anmuthige Weise erfuhr der damals in Potsdam lebende Gleim von dem Hergange, und beeilte sich, den verwundeten Kämpfer aufzusuchen. Er fand ihn matt auf dem Bette liegen, vor sich aufgeschlagen den Caesar de bello Gallico. Aber das war eine fast tantalische Anstalt; denn die Wundärzte hatten ihm das Lesen verboten. So ward denn der freundliche Gleim sein Vorleser, wobei er nicht bei Cäsar's

gallischem Kriege blieb, sondern man sich bald in das fröhliche Reich der Poesie hinüberspielte. Unter andern las einmal Gleim das folgende seiner anakreontischen Liedchen:

,,Tod, kannst du dich auch verlieben?
Warum holst du denn mein Mädchen?
Hole lieber ihre Mutter!

Ihre Mutter sieht ihr ähnlich:
Frische, rosenrothe Wangen,
Schöngefärbt von meinem Kusse,
Blühen nicht für blaffe Knochen!
Lod, was willst du mit dem Mädchen?
Mit den Zähnen ohne Lippen

Kannst du es ja doch nicht küssen !"

man

Die seltsame Laune dieser Worte möchte sie schauerlich nennen, beinahe schrecklich erwies ihre Gewalt auf eine wunderbare Weise an Kleist. Er brach in ein lautes Lachen aus, vorzüglich über den Schluß, und dadurch sprang seine Wunde auf, und eine heftige Verblutung erfolgte. Der herbeigeru fene Wundarzt aber erklärte, dieser Blutverlust werde wohlthätige Folgen nach sich ziehen, und dem Verwundeten vielen Schmerz erspaDer bald nachher völlig wieder hergestellte Kleist sprach zu Gleim: "Der Dichtkunst und Ihnen verdanke ich meine Gene

ren.

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