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Leben des Dichters. *)

Ewald Christian von Kleist.

Geboren 3. May 1715. Gestorben 20. August 1759.

Alle bisher gedruckte Nachrichten geben Ewald

von Kleist's Geburtstag auf den 5. May 1715 an; das Kirchenbuch seines Geburtsortes aber nennt den dritten May desselben Jahrs. Gewiß also ist es, daß der Sänger des Frühlings im Beginn des Mayenmondes zur Welt kam, und zwar in ländlichen Umgebungen, auf dem Rittergute seines Vaters, Zeblin in Pommern, unweit Köslin. Sein Vater, auf seinem Rittergut unabhängig lebend, hatte ihn

*) Größtentheils Auszug aus der trefflichen Schilde. rung von Friedrich Baron de la Motte Fouqué.

zu einer Laufbahn im Civilstande bestimmt und ließ ihn bis in sein neuntes Jahr durch Hauslehrer unterrichten. Aber dem feurigen, kerngesunden Knaben ging das Leben in freier Luft und in rüstigem, arbeits- oder kampfähnlichem Spiel über Alles, obgleich er pflichtgemäß seine Lernstunden abwartete, wie denn eine strenge Gewissenhaftigkeit in Beobachtung jeder übernommenen Pflicht, ihn durch alle Verhältnisse seines Lebens begleitet hat.

So verhielt er sich auch auf der JesuitenSchule zu Cron in Groß- Polen, wohin er in seinem zehnten Jahre gesandt ward; so auch auf dem Gymnasium zu Danzig, welches er in seinem vierzehnten Jahre betrat. Dazu verlieh ihm eine hohe, aufwachsende Gestalt und fröhlich starker Muth hinlängliches übergewicht bei seinen Genossen, um all die lustigen, aber immer harmlosen Neckereien auszus führen, die ihm durch den kecken Geist hinzogen. Vermuthlich hat er schon in dieser Zeit ge dichtet.

Kleist bezog im Jahr 1731 die Universität in Königsberg. Er beschränkte sich nicht auf das von ihm erkorne Studium der Jurisprudenz allein, mit so wackerem Fleiß er diesem auch oblag. Er drang nach Kräften ein in die Tiefen der

Philosophie, Physik und Mathematik, und ergab sich einem echten Dichterstudium der antiken Welt. Er schrieb in dieser Zeit lateinisch eine philosophische Dissertation, trat häufig als Opponent der Doctoranden auf, und ließ sich sogar obzwar anonym bei Gelegenheit eines damals ausgebrochenen theologischen Streites, auch hierüber in einem gedruckten lateinischen Briefe vernehmen, der großes Aufsehen erregte, ohne daß man den Verfasser errieth.

Nach beendigten Universitätsjahren harrte der Jüngling lange, aber vergeblich auf eine Anstellung, da seine desfallsigen Bewerbungen erfolglos blieben.

Eine Reise nach Kopenhagen, wo zwei Schwestern seines Vaters angesehenen Männern vermählt waren, sollte ihm vermuthlich die Thätigkeit, welche der heimische Boden versagte, unter dem Schuße des Auslandes erringen.

Jene Oheime waren der General-Lieutenant von Staffeld und der General von Fol kersahm. Kleist ward liebevoll von den Verwandten empfangen, und gewann ihr Wohlwollen in hohem Grade. Begreiflicher Weise aber konnten ihm beide Kriegsmänner zu einer

Anstellung im Civilfach nur auf sehr bedingte Weise nügen. Den kräftig kühnen, gut unterrichteten Neffen als Offizier eintreten zu lassen, war leicht. Zudem hatte Kleist den Umgang

mancher andern dänischen Kriegsleute lieb gewonnen, und vermuthlich schon die Billigung seines Vaters zu einem etwanigen Schritte dieser Art mitgebracht. So trat er denn im ein und zwanzigsten Jahre seines Alters (1736) als Offizier in den Dienst des Königs von Dänemark.

Unter den Berufsarbeiten seines neuen Standes vergaß Kleist sein poetisches Studium keinesweges, und richtete es vorzüglich auf die altrömischen Dichter. Aber mit gleichem Eifer arbeitete er sich in die Kriegswissenschaft hinein, und verabsäumte dabei weder Parade noch Ererziren, frei immerdar von der leisesten Vernachlässigung oder Zerstreutheit. Überhaupt konnte man auf sein gesammtes Leben den Sak anwenden: dem wahrhaft großen Menschen kommt nichts klein vor; oder anders ausgedrückt: ein ganzer Mann thut Alles ganz; oder auch in näherer Beziehung für den echten Poeten giebt e 8 nicht s absolut uns poetisches.

Sein pflichtstrenges Betragen veranlaßte es, daß ihm schon zwei Jahre nach seinem Eintritt in den Kriegsdienst ein Werbungsauftrag in Danzig zu Theil ward. Das mochte wohl das erstemal seyn, daß sein treues Herz gegen ein Berufsgeschäft anrang. Eine Weigerung in dessen galt natürlich auf keine Weise für ein als ehrsam anerkanntes Commando, und Kleist hat es gewiß dergestalt ausgeführt, daß er den schweren Mittelweg festhielt zwischen Versäumnis empfangener Befehle und zwischen Belei: digung menschlichen Gefühls und gegebener Verheißungen.

Vermuthlich hatte er um diese Zeit seine Ältern, oder doch mindestens seinen Vater verloren, denn wir finden ihn als Mitbesiger eines kleinen Gutes im Stolpeschen Kreise, daran sein jüngerer Bruder einen Antheil hatte, sich aber 1740 durch die Versicherung eines Kapitals abfinden ließ. Das Dörfchen war Rusche oder Ruschiß geheißen, und nachdem Kleist seinen Werbeauftrag rasch vollendet hatte, erhielt er den erbetenen Urlaub dorthin.

Während Kleist eine verheirathete Schwester in Polnisch-Preußen besuchte, sah er zum ers stenmale das Mädchen, dem er noch viel der füßen Wehmuthsklagen singen sollte. Sie hieß

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