Imágenes de páginas
PDF
EPUB

die Mitteilung einer sowohl Gloede als Bieling unbekannt gebliebenen Quelle darf bei den Lesern auf Teilnahme rechnen. Zur Charakteristik des Verfassers schicke ich einige einleitende Bemerkungen voraus.

Dietrich von Pleningen, zu Schaubeck und Eisenhofen, Ritter und Doktor, stammt aus einer alten schwäbischen Adelsfamilie und muß zwischen 1450 und 1455 wahrscheinlich in Plieningen bei Stuttgart ge= boren sein. 1475-1479 hat er mit Agricola in Pavia und Ferrara studiert und erhielt 1482 durch Vermittelung Johannes von Dalberg eine Stelle als Rat und Begleiter des Kurfürsten Philipp von der Pfalz. Philipp hat ihn mit manchen wichtigen politischen Missionen beauftragt und ihn 1495 zum Assessor beim Reichskammergericht ernannt, 1499 ist er zum Kanzler der Pfalz erhoben worden. Dies ist die lezte Nachricht, welche wir über Pleningens Heidelberger Wirksamkeit besigen. 1501 finden wir ihn bereits im Dienste Albrechts von Bayern München, ohne daß sich mit Bestimmtheit feststellen ließ, wann und warum er nach Bayern übergesiedelt ist. Im Dienste Albrechts und seiner Söhne Wilhelm und Ludwig entfaltet er gleichfalls eine rege politische Thätigkeit, benußt aber zugleich seine Mußestunden, um eine Anzahl lateinischer Schriftsteller ins Deutsche zu übertragen. Aus dem Jahre 1511 stammt seine erste Überjeung, die des Panegyricus Traiani vom jüngeren Plinius. 1519 schließt er diese seine Thätigkeit mit der Übertragung von Senecas De consolatione philosophiae ad Marciam. 1520 ist er gestorben und in Kleinbottwar in Württemberg, wo seine Familie ansässig war, beigesetzt worden.

Diese geringen Notizen mögen zur Orientierung genügen, hier interessiert besonders die im Jahre 1511 vollendete und 1515 im Druck erschienene Übersetzung des Panegyricus Traiani, der eine eingehende Betrachtung über die Interpunktion, welche er in seinen Werken anzuwenden beabsichtigt, vorausgeht. Durch das Buch von Bieling: Das Brinzip der deutschen Interpunktion (Berlin 1888) und besonders durch die beigefügten Quellenabdrucke bot sich die beste Gelegenheit, eine Vergleichung der zeitgenössischen Ansichten mit dem neuen Fund anzustellen. Mag Pleningen zunächst selbst sprechen, ich werde mir dann erlauben einige Bemerkungen anzufügen.

Der Druck, welcher die Übersetzung des Panegyricus enthält (Göttinger Universitätsbibliothek Auct. cl. lat. 1946), beginnt mit einer Widmung an Kaiser Maximilian und Herzog Wilhelm von Baiern, daran schließt sich die Erörterung über die Interpunktion folgendermaßen:

Ich Dietrich von Pleningen hab in meiner vorrode versprochen Natur der puncten in einer kurtz: vor anfanng der lobsagung anzuzeigen das thun ich also. Ain punct: ist ain zaichen das do! oder durch figur oder sein verziechen: die clausel zertailt! die stymm

vnderschait: das gemuet wider erkuckt1) vnnd verlast) ain Zeit den gedencken: das geschicht oder durch verzug des aussprechens vnnd der zeit! oder durch zaichen der Feder. Wollicher puncten ainer des andern zaichen ist. Dann wan der durch die feder gerecht formiert: so zaigt er dem loser: an den wege aus zu sprechen vnd verstentlichen zu lösen. vnd domit thût er aus trucken vnd einpilden im selbs vnd den zuhörern dy begirlichen vnd rechte verstentnus der wörter vnd der Oration. Es sind auch mancherlay figurn der puncten die dann dy versamelten wörter: von recht erfordern thůnd. domit die begirden des rödners vnd seiner sententz zubedeuten. Namlichen thůnd dy latinischen sechserlay puncten sich geprauchen. Ainer haist virgula / der an der coma! der dryt Colum: der fierdt Interrogatio ain fragender punct? der funfft parentesis: vnnd der letzst periodus; Virgula: ist ain hangende lini gegen der rechten handt sich aufrichten die man ordenliche thůt setzen nach worten die do noch volbekomenhait der bedewtnus oder worter in mangel stende; Coma. ist ain punct mit ainem virgelein oben erhebt! gleicherweis wie dy erst virgel: also: wirt geschicklichen gesatzt nach wörtern die do ain volkomen bedeutnus hand das man haist ain zertailung. vn wiewol das der zimlichen: nach volkomener bedeutnus vnnd worten gesatzt: so bezaichet er doch das man der råden so ain namen ainer clausel behalten noch was nit ongehorlichs zufuegen moge; Colum ist ain punct mit zwayen tüpflen. also: Wirt schier gleich mit ainer weniger mere auffhaltung der zeit dann Coma gepraucht aber auch: noch so mag was zierliche angehenckt werden; Interrogatio. ain fragender punct ist ain punct mit ainem virguli herumb gekrompt also? Parentesis. dise puncten prauchent die latinischen so sy in einer noch onuolendter angefangner clauseln eingeworffne worter vnderschaiden wollend: das thûnd sy mit zwayen halben zirckel also (((). Periodus. ist ain punct mit einer virgel onden angegenckt also; wurd gepraucht am ende ains gantzen sententzien. Das sind die puncten domit man die clauseln thůt vnderschaiden vnd so du Virgulam in deiner anssprechung recht bedeuten wilt. bedarff der in der pronunction vnd der zeit ainer ganntzen kurtzer auffhaltung/Coma ainer klainer zeit mere Parentesis: ainer hupffend ausprechung. Der fragend: erfordert senis selbs geperde / Periodus ains gueten erholten Autemps/ das ist mein vnderricht;

Stellen wir nun einen kurzen Vergleich zwischen Pleningens Interpunktionsregeln und denen seiner Zeitgenossen an. Pleningen hat wie

1) belebt, aufweckt. 2) überläßt.

die obige Auseinandersetzung zeigt, punct (.), virgula (/), coma (!), colum (:), interrogatio (?), parentesis ([]), periodus (;). Niklas von Wyle kennt von diesen nur das coma nicht, er nennt das colum Punkte und behauptet, die periodus würde von einigen statt des schlechten Bunktes gesezt; im übrigen stimmt er mit Pleningen überein. Valentin Icelsamer in seiner „Teütschen Grammatica“ (nicht vor 1531) nennt einen vollständigen Sag Periodus, dessen Glieder in Cola, und diese wieder in Commata zerfallen. Doch werden bei ihm alle nur durch die virgula getrennt. Er kennt die Unterscheidung von: und, gebraucht sie aber nicht. Die italienischen Drucke jener Zeit gebrauchten mit Vorliebe den Doppelpunkt, aber noch ziemlich willkürlich. Daneben Parenthese, Fragezeichen, Punkt und in griechischen Texten Komma (,). Kolroß in jeinem Enchiridion gebraucht Comma und Colum gleichbedeutend, für Periodus gebraucht er. und für Interrogativus ? als Zeichen. Aldus Manutius in seiner 1566 zu Venedig erschienenen Orthographiae ratio hat schon, wie Bieling sagt, unsere heute übliche Stufenleiter der Interpunktionszeichen. Betrachten wir nun, was Bieling zu unsern heutigen Interpunktionszeichen gerechnet wissen will, so finden wir, daß Pleningen alle wichtigen gleichfalls aufweist. virgula entspricht unserem Komma, coma dem Semikolon; punct, interrogatio, parentesis, colum decken sich mit den heutigen Begriffen. Die periodus als Schluß eines größeren Sabgefüges ist allerdings eine Eigentümlichkeit Pleningens und seiner Zeit. Es zeigt sich also, daß keine Zusammenstellung diese Fülle der Zeichen und zugleich deren finngemäße Verwendung wie Pleningen hat. Entweder sind wie bei Wyle zwar die meisten Zeichen vorhanden, aber der Verfasser betont noch nicht so sehr den feinen Unterschied, oder man kennt wie Ickelsamer wohl die einzelnen Saßteile genau nach ihrer Beziehung zum Ganzen, giebt aber diesem Unterschied keinen Ausdruck durch entsprechende Interpunktionen. Pleningen vereinigt beides, er legt durch die Fälle der Interpunktionen, von denen jede ihre ganz bestimmte Stelle erhält, sein sicheres Gefühl für die Feinheit des Unterschiedes zwischen den einzelnen Saßteilen an den Tag. Daß er sich an ein lateinisches Muster hält, deutet er verschiedentlich an, doch scheint er auch über dieses hinausgegangen zu sein; denn eine solche Reichhaltigkeit der Zeichen läßt sich wohl kaum in einem lateinischen Text der damaligen Zeit nachweisen. Jedenfalls scheint es bemerkenswert, daß der Mann, der als Diplomat und Jurist eine hervorragende Rolle spielte, der als Überseßer seine Zeitgenossen weitaus überragte, auch der erste war, der sorgfältig ausgebildete und fast erschöpfende Regeln für die deutsche Interpunktion gab.

Dramatische Schüleraufführungen.
Von L. Koch in Bremerhaven.

Im 5. Heft des 7. Jahrgangs dieser Zeitschrift (S. 386) ist Heinrich Gloël (Wesel) mit sehr warmen Worten für die dramatischen Schüleraufführungen eingetreten. Seine Ausführungen verdienen Beachtung, um so mehr als sie sich auf einen reichen Schaß von Erfahrungen stüßen, die Gloël persönlich gesammelt hat. So wenig er sich den Bedenken verschließt, die gegen die Zweckmäßigkeit solcher Aufführungen erhoben werden, er weiß eine solche Fülle von Gründen für sie vorzubringen, daß selbst ganz scharfe Gegner dieser Veranstaltungen sich von ihm umstimmen lassen dürften.

Es ist daher kaum nötig, sich noch nach neuen Kampfmitteln um= zusehen, um unsrer guten Sache endlich allgemeine Anerkennung zu verschaffen. Nur in einem Punkte glaube ich Gloëls Beweisführung noch unterstüßen zu können. Er meint, die öffentlichen Schulfeste brächten erfrischende Abwechselung in das eintönige, stille Schulleben und ermöglichten auch den außerhalb stehenden Freunden der Anstalt zu sehen, was die Schule auf einigen Gebieten leisten könne, und welcher Geist in ihr herrsche. Beides ist ohne Zweifel wesentlich, aber noch ein Anderes und meinem Gefühl nach Höheres wird durch sie erreicht. Es wird immer von der erziehlichen Thätigkeit der Schule gesprochen und kein Lehrer, der es mit seinem Berufe ernst meint, entzieht sich den Aufgaben, die seiner auf diesem Gebiete warten. Auf jeder Stufe suchen wir doch auf die sittliche Haltung unserer Zöglinge einzuwirken, ihre gemütlichen Eigenschaften zu entwickeln, sie aufzuklären über ihre Stellung zu ihren Eltern, Lehrern und Mitschülern, sie zur Beachtung auch der Regeln des äußeren Anstandes anzuhalten. Sollten wir nicht auch berufen sein, den Schülern der oberen Klassen auch das zu geben, was oft drückender Verhältnisse wegen das Haus versagt? Ich meine, ein festes, sicheres Auftreten unter Gleichgebildeten, eine Beherrschung der gesellschaftlichen Form, wie sie nun einmal in all ihren, oft genug wunderlichen Teilen gilt? Das mag in großen Städten überflüssig erscheinen, wo die Söhne reicher angesehener Familien Gelegenheit zur Ausbildung nach dieser Seite in und außer dem Hause finden, wenngleich auch dort der Sohn manch armen Wichts unter der Unkenntnis so bedeutsamer Geseze oft schwer zu leiden haben wird. In kleineren Städten aber, für die ja auch Gloël Aufführungen wünscht, sollte jede Gelegenheit wahrgenommen

werden, die Zöglinge der höheren Anstalten zur Selbstbethätigung zu veranlassen. Und neben den Schülerbällen, denen ich aus dem ebenerwähnten Grunde stets das Wort geredet habe, giebt es kein besseres Mittel, den jungen Leuten eine unangebrachte Scheu vor dem Auftreten in der Öffentlichkeit zu nehmen, als die dramatischen Aufführungen. Ich kann daher auch nicht für einen Ausschluß der Öffentlichkeit bei diesen Schaustellungen sein. Fürchtet man üble Folgen von der Besprechung der Aufführung in den Zeitungen für das Selbstbewußtsein der betreffenden Schauspieler, nun die Presse wird von dem Leiter der Aufführung unschwer zu beeinflussen sein und schon durch Verschweigen der Namen ungebührliche Überhebung vermeiden. Das Bewußtsein, auch vor andern als vor dem vertrauten Kreise der Lehrer und Mitschüler eine Probe bestanden, Gutes geleistet zu haben ist mir für die Gewährung einer gewissen Zuversicht doch zu wichtig, als daß ich darauf wegen einiger ich kann wohl sagen kleinlicher Bedenken verzichten möchte.

Die gleiche Überzeugung von solchen Pflichten der Schule gegenüber ihren älteren Zöglingen zwingt mich auch zur Abweichung von Gloëls Grundfäßen, die ihn bei der Wahl der aufzuführenden Stücke leiten. So wenig wie er bin ich für die Aufführung von Dramen wie Maria Stuart, Jungfrau von Orleans und Iphigenie, aber nicht aus dem Grunde, weil „besondere Frauenrollen für die meisten Schüler zu schwierig sind". Ich habe nicht Anstand genommen, so oft mir die Leitung von Aufführungen anvertraut wurde, Frauenrollen auch durch Mädchen und Frauen zu besehen. So gern ich glaube, daß ein Untersekundaner in Wesel die frische, entschlossene Rose in Heyses Kolberg täuschend gegeben habe, ich bezweifle, daß diese Täuschung immer oder auch nur in den meisten Fällen gelingen wird. Jedenfalls würde dieser Schüler mit unserer Vertreterin dieser Rolle an Anmut der Erscheinung und Natürlichkeit der Bewegungen nicht haben wetteifern können. Und nun gar die Darstellung älterer Frauen mit ihrem ausgeprägten Gestenund Mienenspiel wer wird sie einem Schüler anvertrauen wollen ohne die Besorgnis, es könnte an unrechter Stelle Heiterkeit erzielt werden. Man muß nicht allzu ängstlich sein", sage ich in umgekehrtem Sinne wie Gloël; der Lehrer überwacht doch die Proben, kennt die Schüler, denen er die Rollen übertragen, genau und wird es in der Hand haben, allen Unzuträglichkeiten, die aus einem Zusammenspiel von Schülern und jungen Mädchen entstehen könnten, vorzubeugen. Wie in allen Punkten so kommt besonders hier alles auf das Geschick des Lehrers an. Ich habe immer gefunden, daß die Schüler sich des Vertrauens, das in sie gesezt wurde, würdig zeigten und frisch und ungezwungen aber auch taktvoll in ihrem Benehmen waren. Selbstverständlich ist da=

[ocr errors]
« AnteriorContinuar »