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Lesen beurteilen kann, wohlgelungen. Das Werk enthält tief poetische Scenen, die des Kontrastes wegen stellenweise von weniger poetischen abgelöst werden. Ein großer einheitlicher Zug geht durch das Ganze; die Handlung bewegt sich mit wirklicher Kraft vorwärts. Auch der Vers ist fast immer glücklich behandelt, die Sprache ist frei von Phrase und taubem Geröll. Ganz besonders fesselt uns aber die tiefe Symbolik des Ganzen: Wo kann die Idealwelt unsers Herzens, die sich in der höchsten Sittlichkeit, in der reinsten Entfaltung des religiösen, wissenschaftlichen und künstlerischen Schaffens offenbart, eine Stätte finden gegenüber den andringenden wilden Mächten des Mammonismus und Materialismus ? Dazu kommt die durch die wunderbare Welt des Sonnenreiches und seines seltsamen Kultus, die Sonnenmädchen u. s. w., und durch die peruanische Landschaft, die gewaltige Gebirgsnatur der Anden u. s. w. belebte Scene: das alles vereinigt sich zu einer mächtig anregenden und fesselnden Wirkung. Und gegenüber den stahlharten Charakteren der Spanier hebt sich die sanfte und gemütstiefe Gestalt der Kaiserin Tschuke, der Gemahlin Atahuallpas, um so anmutiger und ergreifender hervor. Der Dichter hat mit diesem Werke einen glücklichen Wurf gethan, und wir können nur wünschen, daß sich unsere Bühne solcher Stoffe bemächtige. Das ist der Weg, der beschritten werden muß, wenn wir zum Höchsten und Vollendetsten in unserer Kunst und damit in unserem gesamten Geistesleben vordringen wollen.

Dresden.

Otto Lyon.

Hermann Dunger, Kinderlieder und Kinderspiele aus dem Vogtlande. Mit einem einleitenden Vortrage über das Wesen der volkstümlichen Kinderlieder. Zweite, vermehrte Auflage. Plauen i. V. Neupert 1894. XII, 194 S. Preis M. 1,50.

Eine köstlichere Gabe für den Weihnachtstisch als Dungers Kinderlieder kann man sich kaum denken; denn was könnte unseren Kindern und auch den Erwachsenen Besseres geboten werden, als die aus dem Munde des Volkes hervorquellenden Lieder und Tanzgefänge, die von unsern Kindern sofort wieder in die Wirklichkeit umgesezt werden und ihrer Phantasie und ihrem Gemütsleben reiche Nahrung nicht nur, sondern auch Gelegenheit zur Bethätigung, gleichsam zur Übung und Ausbildung geben? Und noch dazu, wenn diese Lieder von solcher Hand gesammelt werden, von der Hand eines Meisters auf dem Gebiete volkstümlicher Sprachkunde, von der Hand des Mannes, der mit unerschrockenem Mute, allen Feindseligkeiten einer absterbenden Geisteswelt zum Troß, das Banner des Sprachvereins hochhält und für die Wiedererweckung deutschen Lebens und deutschen Geistes mit immer wachsendem Erfolge

kämpft. Und nicht nur die zahlreichen Liedchen und Spiele selbst erfreuen unser Herz, auch die philologischen Anmerkungen und besonders die vortreffliche Einleitung zu dem Büchlein, in der so viel Geisterfrischendes und Herzbelebendes in einer anmutigen Form gesagt wird, sind ihres wissenschaftlichen Gehaltes wegen, der die ganze Schrift in eine höhere vornehme Atmosphäre hebt, von hervorragendem Werte. Jeder Gebildete kann an der Hand dieses Buches tiefe Blicke in unser Volksleben thun. Und wir müssen wünschen, daß jeder Deutsche mit seinem Volkswesen sich innig vertraut macht. Hier findet er reiche Gelegenheit dazu. Darum sollte es keine deutsche Familie geben, in der diese Schrift nicht zu finden wäre. Was uns ein Dunger bietet, kann nur gut und vortrefflich sein.

Dresden.

Otto Lyon.

Gotthold Klee, Das Buch der Abenteuer. Fünfundzwanzig Geschichten, den deutschen Volksbüchern nacherzählt. Mit 16 Abbildungen. Gütersloh, C. Bertelsmann 1894. 592 S.

Es sind natürlich alte deutsche Geschichten, zum größten Teile den sogenannten deutschen Volksbüchern entnommen, die hier der vortreffliche Erzähler der deutschen Jugend zu Weihnachten darbietet. Daß diese Geschichten, so wie Klee sie ausgewählt hat, ihres frischen deutschen Sinnes und Lebens, ihres Humors, ihrer sinnigen Poesie oder ihres ittlichen Gehaltes wegen von bleibendem Werte sind, das dürfte wohl niemand in Abrede stellen, der in diesem prächtigen Buche liest. Fortunat und seine Söhne, die schöne Melusine, die schöne Magelone, die Schildbürger, die vier Haimonskinder, Till Eulenspiegel, der gute Gerhard von Köln, Herzog Ernst, die sieben Schwaben, Otto mit dem Barte u. a. u. a. ziehen an uns vorüber, und wir werden von dieser töstlichen deutschen Welt innig ergriffen und gepackt. Es wird uns wohl ums Herz, wenn wir in dem Buche lesen. Und ich dächte, das wäre unserer heutigen Welt recht dringend nötig, in ihrer Unzufriedenheit und Zerrissenheit, in ihrer Selbstsucht und unbefriedigten Geldgier. Das ist auch ein Kampf gegen den Umsturz, wenn jemand danach strebt, solche Gedanken und Geschichten in unsere Kinderherzen einzupflanzen; die Erinnerung an solche edle und wahrhaft erquickende Jugendlektüre giebt einen hellen Schein fürs ganze Leben. Darum Dank dem unermüdlich thätigen Verfasser, der hier wieder unserer Jugend etwas darbietet, das nach Form und Inhalt echt und körnig ist, eine gesunde Nahrung für Herz und Geist.

Dresden.

Otto Lyon.

Gotthold Klee, Tiecks Leben und Werke. Meyers Volksbücher 1028. 1029. Leipzig und Wien. Bibliographisches Institut. 95 S. Preis M. 0,20.

Die Lebensgeschichte Tiecks, die Klee seiner großen Tieckausgabe vorausgeschickt hat, erscheint hier in einem für weitere Kreise berechneten Sonderabdruck in Meyers Volksbüchern. Wir können nur wünschen, daß dadurch eine größere Bekanntschaft unseres Volkes mit dem Schöpfer und Meister des deutschen Kunstmärchens und der deutschen Novelle herbeigeführt werde. Möchte daher dieses Schriftchen die weiteste Verbreitung finden. Klee hat seine Aufgabe vortrefflich gelöst, und die ganze Tiecksche Geisteswelt tritt in dem Büchlein in lebendiger Gestalt in ihrer ganzen Tiefe und Ausdehnung vor unser geistiges Auge.

Dresden.

Otto Lyon.

Hermann Unbescheid, Mein Heim in Liedern. Dresden, Warnaß u. Lehmann. 199 S.

Vielen ist Hermann Unbescheid als tüchtiger Gelehrter bekannt; aber wir besigen in ihm auch einen feinsinnigen Poeten, der gerade in dem vorliegenden Werke anmutige und zu Herzen dringende Töne gefunden hat. Formgewandt und innig empfunden stellen sich uns seine Dichtungen dar, und der Stoff, den er gewählt, ist ja die reinste und tiefste Quelle alles Menschenglückes: unser Haus, unser Heim. Schon durch diesen Stoff erhebt sich Unbescheids schöne Gabe bedeutsam über die Durchschnittsware unserer Tage, aber auch die Behandlung ist mit geringen Ausnahmen eine recht glückliche. Hier eine Probe:

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So seien diese anmutigen Gedichte, die den Herzensbund zweier Liebenden, ihr Glück und Wehe am eignen Herde, das heimatliche Dorf und die ewige Heimat in innigtrauter Weise besingen, allen aufs beste empfohlen.

Dresden.

Otto Lyon.

Heinrich Löbner, Wintersonnenwende. Erzählung aus den Kämpfen der Sachsen um Heimat und Glauben. Mit 5 Autotypien nach Originalen von Hans Looschen. Berlin, Herm. J. Meidinger. 202 S. Preis geb. M. 3.

Heinrich Löbner schildert in diesem Roman mit großer historischer Treue, die auf gründliche altdeutsche Studien schließen läßt, wovon auch die Anmerkungen zeugen, den legten Aufstand der Sachsen gegen Karl den Großen. Die Sprache zeigt altdeutsche Wucht, kraftvolle Stabreimformeln und durchweg einfachen und klaren Bau. Der Dichter hat den spröden Stoff mit großem Talent zu einem ergreifenden Gemälde jener Zeit gestaltet. Das Vorbild Gustav Freytags ist nicht zu verkennen, aber doch ist der Dichter keineswegs ein Nachahmer, sondern weiß aus seinem Eignen zu schöpfen. Das Werk verdient Beachtung und eignet sich zum Weihnachtsgeschenk für die reifere Jugend.

Dresden.

Otto Lyon.

G. Berlit, Worte der Liebe und Dankbarkeit am Sarge des verehrten Lehrers Dr. Rudolf Hildebrand, ord. Professors der neueren deutschen Litteratur und Sprache, gesprochen in der Universitätskirche zu Leipzig am 30. Oktober 1894. Als Handschrift ge= druckt für Freunde des Heimgegangenen.

Aus innerstem Herzen quellende, tiefempfundene Worte widmete G. Berlit, einer der ältesten und begabtesten Schüler Hildebrands, der dem Verstorbenen durch innige Freundschaft verbunden war, bei der Trauerfeier in der Universitätskirche dem geliebten Lehrer und Freunde. Den Gefühlen, die uns alle beim Tode Hildebrands bewegten, hat er einen so vollendeten Ausdruck gegeben, daß alle Schüler, Freunde und

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Anhänger Hildebrands ihm dafür zum wärmsten Danke verpflichtet sind. Wir heben daraus hier die herrlichen Schlußworte hervor: Eine himmlische, hehre Göttin war Dir die Wissenschaft, und nie hast Du durch Selbstsucht ihren Dienst entweiht. Der Schild Deiner Ehre blieb rein und ohne Makel. Wenn einer, durftest Du mit Lessing von Dir sagen: „Die Ehre habe ich nie gesucht" die Ehre, die, nur ein schimmerndes Festkleid, dem wahren Wesen angeborenen Menschenadels nichts zufügt.

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So steht Dein Bild vor uns, Deinen Getreuesten; so wird es in uns fortleben!

Wie ein Held hast Du gekämpft, treu ausgeharrt auf Deinem Posten. Leise umschwebte schon oft der Todesengel Dein Haupt; da ist er denn genaht als milder Friedensbote, mit sanftem Gruße Dich hinüberrufend in Deines Geistes wahre Heimat. Seiner irdischen Hülle ist draußen das Grab bereitet, und die Geister der vor Dir geschiedenen Lieben empfangen Dich. Verklungen ist das ehrenreiche Lied von dem thatenvollen Leben des Heimgegangenen; es gilt den lezten Scheidegruß:

Habe Dank, Du lieber Mann, der uns für die verborgene Pracht unserer Muttersprache Herz und Sinn erst voll erschlossen, für die ewige Schönheit unserer Dichtung uns begeistert, all die Heiligtümer unseres Volkes geehrt und gehütet hat; dessen Herz ohne Falsch war und überquoll von Liebe zu den Seinen, seinem Volke, der Menschheit; dessen Menschlichkeit geläutert und verklärt war von der Weihe eines männlich durchkämpften Lebens, das, vollgenossen, am Ziele der Laufbahn harmonisch verklungen ist!

Derselbe Geist, der Deine edle Persönlichkeit erfüllte, lebt auch in Deinen Schriften; durch sie ist der Kreis Deiner Schüler weit über die Grenzen der Heimat gewachsen: in allen deutschen Gauen trauern. deutsche Lehrer um den Hingang ihres Meisters.

An der Bahre solch eines Mannes ziemt uns nicht Klage. Der tapfere, hoffende, gläubige Sinn, der ihn über schwerstes Leid erhob, wird auch von unserer Seele die bleierne Schwere nehmen, mit der der Schmerz des Verlustes sie jezt bedrückt. Sein Leben, sein Leiden und Sterben weist uns auf den rechten Trost in den herrlichen Worten unseres großen Dichters:

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Des Todes rührendes Bild steht ,,Nicht als Schrecken dem Weisen und nicht als Ende dem Frommen.“ Dresden.

Otto Lyon.

Für die Leitung verantwortlich: Dr. Otto Lyon. Alle Beiträge, sowie Bücher u.s. w. bittet man zu senden an: Dr. Otto Lyon, Dresden - A., Gußkowstraße 24 II.

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