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150 Er war mein Herr, erwidert er, doch mehr Mein Vater. Ich war, als er lebt', ihm treu; Sollt' ich vergessen, es anißt zu sein?

Ihr habt ihn mir geraubt, raubt mir nur auch Das Leben, meine Last!.. Ein Tränenguß 155 Negt' ihm das Angesicht. Leofthenes

Raubt ihm das Leben nicht, dem redlichen
Schildträger, sondern pries die seltne Treu
Und tröstete den immer jammernden
Und schenkt ihm viel, betrachtete nachher
160 Samt dem gerührten Volk den Cissides
Und glaubte die entwichne Seele noch
In großen Zügen des Gesichts zu sehn,
Beweint' ihn, ließ die Asche beider Freund'
In einer Urn' bewahren, ihnen auch

165 Ein prächtig Denkmal baun und zog sich drauf
Schnell nach Athen zurück. Sein Heer war so
Geschwächt, daß er vergaß, in einer Schlacht
Antipatern zu überwältigen.

Und so ward durch der beiden Freunde Mut 170 Des Vaterlands Verderben abgewandt.

*

*

Ihr Krieger! die ihr meiner Helden Grab
In später Zeit noch seht, streut Rosen drauf
Und pflanzt von Lorbeern einen Wald umher!
Der Tod fürs Vaterland ist ewiger

175 Verehrung wert. . . Wie gern sterb' ich ihn auch,
Den edlen Tod, wenn mein Verhängnis ruft!
Ich, der ich dieses sang im Lärm des Kriegs,
Als Räuber aller Welt mein Vaterland

Mit Feu'r und Schwert in eine Wüstenei
180 Verwandelten; als Friedrich selbst die Fahn',
Mit tapfrer Hand ergriff und Blitz und Tod
Mit ihr in Feinde trug und achtete

Der teuren Tage nicht für Volk und Land,
Das in der finstern Nacht des Elends seufzt.

183 teure Tage, sein kostbares Leben. Denkmäler älterer deutscher Literatur. IV, 2. 2. Auflage.

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185 Doch es verzagt nicht drin, das treue Land,
Sein Friedrich lächelt, und der Tag bricht an.
Der Tag bricht an! Schon zöge Schwab' und Russ’
Lappländer und Franzos, Jllyrier

Und Pfälzer in possierlichem Gemisch
190 Den Helden im Triumph, verstattet' es
Desselben Großmut. Schon fliegt himmelan
Die Ehr' in blizendem Gewand und nennt
Ein Sternenbild nach seinem Namen! Ruh
Und Überfluß beglücken bald sein Reich!

6. Die Freundschaft.
An Herrn Gleim.

Leander und Selin, zween Freunde, die
Verstand und Edelmut und gleicher Trieb
Zur Tugend fest verband, vertrauten sich
Einst in Geschäften dem treulosen Meer.
5 Die Winde wehten erst der Gegend zu,
Die schon die Reisenden im Geiste sahn;
Das Ufer floh, und bald erblickten sie
Ringsum nur Luft und See. Das Firmament
War heiter und voll Glanz. Sie segelten
10 In seinem Widerschein geruhig fort
Und nahten sich bereits der Reise Ziel,
Als schnell die Wellen sich empöreten.
Ein reißender Orkan erwacht' und schlug
Das Schiff von seiner Bahn. Es scheiterte
15 Am Felsen. Jeder sucht den Tod zu finden;
Das kleinste Stück vom Schiff wird ißt sein Schiff -
Den beiden Freunden ward ein Brett zu teil;
Allein es war zu leicht für seine Last.
Wir sinken! sprach Selin; das Brett erträgt

20 Uns beide nicht! O Freund, leb' ewig wohl!

190 Schon hätte Friedrich einen Triumphzug nach der Art der Römer veranstalten können.

Du mußt erhalten sein, an dir verliert Das Wohl der Welt zu viel, und ohne dich Wär' mir das Leben doch nur eine Qual. Nein, sprach Leander, nein, ich sterb', o Freund! 25 Allein Selin verließ zu schnell das Brett Und übergab getrost dem nassen Grab Der Wasserwogen sich. Die Vorsehung, Die über alles wacht, sah seine Treu Und seine Großmut an und ließ das Meer 30 Ihm nicht zum Grabe sein. Mitleidig trug's Auf seinen Wellen ihn zum Ufer hin. Er fand Leandern schon daselbst. - wer Beschreibt die Regungen der Freude, die Sie beide fühlten! Sie umarmten sich 35 Mit Zähren in dem Aug'. Leander sprach: allzutreuer Freund, in was für Qual Hat deine Freundschaft mich gestürzt! ich hab' Um dich des Todes Angst zehnfach gefühlt. Was du tatst, wollt' ich tun; denn ohne dich 40 Wünscht' ich das Leben nicht. Geliebtester, Was wär' ich ohne dich? versett Selin.

Der Himmel sei gelobt, der dich mir schenkt!
Komm laß uns ihn, der uns vom Tod befreit,
Verehren und ihm ganz das Leben weihn.
45 Sie knieten weinend an das Ufer hin
Und dankten dem, der sie errettete,

Und ihre Regung drang die Wolken durch.
Leander teilte mit Selin, der arm

An Gütern und nur reich an Tugend war,
50 All' seine Schäße, die Selin nur nahm,
Weil sich sein Freund dadurch glückselig pries.
Und Segen kam auf sie und auf ihr Haus;
Und lange waren sie das Wohl der Welt.

IX.

Johann Wilhelm Ludwig Gleim,

geb. 2. April 1719 in Ermsleben bei Halberstadt, studierte seit 1738 in Halle die Rechte und schloß innige Freundschaft mit Johann Peter Uz, mit dem er sich unter dem Einflusse Hagedorns für die anakreontische Dichtung begeisterte. Später trat ihm Ewald von Kleist am nächsten, mit dem ihn die Begeisterung für Friedrich den Großen und der die Zeit beherrschende Freundschafts- und Naturkultus verbanden. Während des zweiten schlesischen Kriegs war er Sekretär eines preußischen Prinzen und lernte so das Kriegsleben aus eigener Anschauung kennen. 1747 wurde er Domsekretär (Kanonikus) in Halberstadt und ist als solcher 1803 gestorben.

Die Verehrung für Friedrich den Großen und warme Begeisterung für sein Vaterland hat er bis an sein Ende bewahrt, und den „Kriegsliedern eines preußischen Grenadiers“, die Lessing mit einem rühmenden Begleitworte einführte, hat er immer neue zugefügt, bis zu Friedrichs Tode. Auch er hat, dem Geschmacke der Zeit folgend, Fabeln und Erzählungen gedichtet, von denen wenigstens eine „die Milchfrau“, noch heute allgemein bekannt ist. Ist auch der poetische Wert seiner Dichtungen nicht bedeutend, so sind sie doch ein beredtes Zeugnis für die wiedererwachenden nationalen Interessen und überhaupt für die neuerstehenden Ideale, die in die neue Glanzzeit der deutschen Literatur hinüberführten.

1. Auf Kleist's Grabe.

In Nacht und Schauer sig' ich hier
Auf deinem Grab, o Kleist!
Gebeine, heilig unter mir,
Wohin entfloh der Geist?

5 Hinauf zu Gott entfloh er euch,
O, du mein liebes Grab,

Hoch über dir, im Geisterreich,

Schwebt er und sieht herab.

Wenn mir im Traum mein Kleist erscheint,

10 Dann hab' ich himmlisch Glück;

Hier seh' er seinen alten Freund

Mit einem halben Blick.

Welch' eine Seele, welch' ein Herz,
Zum Guten welch' ein Hang!

15 Er liebte Liebe, Wahrheit, Scherz

Und Waffen und Gesang.

Dacht' er an Gott, so dacht' er groß,

Er dachte nimmer klein,

Und dann wollt' er von Erde los

20 Und nur Gedanke sein!

25

Mit dem Gedanken, Gott, an dich
Stritt er, ein Patriot,

Für Vaterland, für Friederich,

Und ging in seinen Tod.

Und ging zu Gott!

Mit keinem halben Blick

Du finstres Grab,

Sieht er auf dich und mich herab,
zu hoch in seinem Glück!

Still, mein Klage! Herz, sei still,

30 Der Held, von dir beweint, Der habe besser, was er will, Nur keinen bessern Freund.

2. Der Wanderer.
Vaterland, auf deiner Erde
Atm' ich leichter! Wenn ich sie
Wieder einst betreten werde,
Vaterland, dann küss' ich sie!
5 Herz, beklommnes, hochbetrübtes,
Schwimm in Tränen! Strafe mich,
Vaterland, o du geliebtes,
Ach, warum verließ ich dich!
Schöner grün sind deine Felder,

10 Deine Berge schöner blau,
Schöner dunkel deine Wälder,
Schöner perlenhell dein Tau!

Deine Kirchenglocken tragen.
Weiter ihren Silberklang;
15 Deine Nachtigallen schlagen
Stärker ihren Nachtgesang!

Süßer labt dein Bach den Matten,
Der an ihm sich niederließ;

Und in deinem kühlen Schatten

20 Schläft sich's, ach so süß, so süß!

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