150 Er war mein Herr, erwidert er, doch mehr Mein Vater. Ich war, als er lebt', ihm treu; Sollt' ich vergessen, es anißt zu sein? Ihr habt ihn mir geraubt, raubt mir nur auch Das Leben, meine Last!.. Ein Tränenguß 155 Negt' ihm das Angesicht. Leofthenes Raubt ihm das Leben nicht, dem redlichen 165 Ein prächtig Denkmal baun und zog sich drauf Und so ward durch der beiden Freunde Mut 170 Des Vaterlands Verderben abgewandt. * * Ihr Krieger! die ihr meiner Helden Grab 175 Verehrung wert. . . Wie gern sterb' ich ihn auch, Mit Feu'r und Schwert in eine Wüstenei Der teuren Tage nicht für Volk und Land, 183 teure Tage, sein kostbares Leben. Denkmäler älterer deutscher Literatur. IV, 2. 2. Auflage. 8 185 Doch es verzagt nicht drin, das treue Land, Und Pfälzer in possierlichem Gemisch 6. Die Freundschaft. Leander und Selin, zween Freunde, die 20 Uns beide nicht! O Freund, leb' ewig wohl! 190 Schon hätte Friedrich einen Triumphzug nach der Art der Römer veranstalten können. Du mußt erhalten sein, an dir verliert Das Wohl der Welt zu viel, und ohne dich Wär' mir das Leben doch nur eine Qual. Nein, sprach Leander, nein, ich sterb', o Freund! 25 Allein Selin verließ zu schnell das Brett Und übergab getrost dem nassen Grab Der Wasserwogen sich. Die Vorsehung, Die über alles wacht, sah seine Treu Und seine Großmut an und ließ das Meer 30 Ihm nicht zum Grabe sein. Mitleidig trug's Auf seinen Wellen ihn zum Ufer hin. Er fand Leandern schon daselbst. - wer Beschreibt die Regungen der Freude, die Sie beide fühlten! Sie umarmten sich 35 Mit Zähren in dem Aug'. Leander sprach: allzutreuer Freund, in was für Qual Hat deine Freundschaft mich gestürzt! ich hab' Um dich des Todes Angst zehnfach gefühlt. Was du tatst, wollt' ich tun; denn ohne dich 40 Wünscht' ich das Leben nicht. Geliebtester, Was wär' ich ohne dich? versett Selin. Der Himmel sei gelobt, der dich mir schenkt! Und ihre Regung drang die Wolken durch. An Gütern und nur reich an Tugend war, IX. Johann Wilhelm Ludwig Gleim, geb. 2. April 1719 in Ermsleben bei Halberstadt, studierte seit 1738 in Halle die Rechte und schloß innige Freundschaft mit Johann Peter Uz, mit dem er sich unter dem Einflusse Hagedorns für die anakreontische Dichtung begeisterte. Später trat ihm Ewald von Kleist am nächsten, mit dem ihn die Begeisterung für Friedrich den Großen und der die Zeit beherrschende Freundschafts- und Naturkultus verbanden. Während des zweiten schlesischen Kriegs war er Sekretär eines preußischen Prinzen und lernte so das Kriegsleben aus eigener Anschauung kennen. 1747 wurde er Domsekretär (Kanonikus) in Halberstadt und ist als solcher 1803 gestorben. Die Verehrung für Friedrich den Großen und warme Begeisterung für sein Vaterland hat er bis an sein Ende bewahrt, und den „Kriegsliedern eines preußischen Grenadiers“, die Lessing mit einem rühmenden Begleitworte einführte, hat er immer neue zugefügt, bis zu Friedrichs Tode. Auch er hat, dem Geschmacke der Zeit folgend, Fabeln und Erzählungen gedichtet, von denen wenigstens eine „die Milchfrau“, noch heute allgemein bekannt ist. Ist auch der poetische Wert seiner Dichtungen nicht bedeutend, so sind sie doch ein beredtes Zeugnis für die wiedererwachenden nationalen Interessen und überhaupt für die neuerstehenden Ideale, die in die neue Glanzzeit der deutschen Literatur hinüberführten. 1. Auf Kleist's Grabe. In Nacht und Schauer sig' ich hier 5 Hinauf zu Gott entfloh er euch, Hoch über dir, im Geisterreich, Schwebt er und sieht herab. Wenn mir im Traum mein Kleist erscheint, 10 Dann hab' ich himmlisch Glück; Hier seh' er seinen alten Freund Mit einem halben Blick. Welch' eine Seele, welch' ein Herz, 15 Er liebte Liebe, Wahrheit, Scherz Und Waffen und Gesang. Dacht' er an Gott, so dacht' er groß, Er dachte nimmer klein, Und dann wollt' er von Erde los 20 Und nur Gedanke sein! 25 Mit dem Gedanken, Gott, an dich Für Vaterland, für Friederich, Und ging in seinen Tod. Und ging zu Gott! Mit keinem halben Blick Du finstres Grab, Sieht er auf dich und mich herab, Still, mein Klage! Herz, sei still, 30 Der Held, von dir beweint, Der habe besser, was er will, Nur keinen bessern Freund. 2. Der Wanderer. 10 Deine Berge schöner blau, Deine Kirchenglocken tragen. Süßer labt dein Bach den Matten, Und in deinem kühlen Schatten 20 Schläft sich's, ach so süß, so süß! |