Frühmorgens nach der Stadt und trug auf ihrem Kopfe Vier Stübchen süße Milch in einem großen Topfe. 5 Sie lief und wollte gern,, Kauft Milch!" am ersten schrein. Denn", dachte sie bei sich, die erste Milch ist teuer. " " Ich nehme heut, will's Gott, zwölf bare Groschen ein Die bringt mein einzig Huhn mir dann auf einmal aus. 10 Gras stehet rund herum um unser kleines Haus: Da werden sie sich schon im Grünen selbst ernähren, Die kleinen Kuchelchen, die meine Stimme hören. Und ganz gewiß, der Fuchs muß mir sehr listig sein, Läßt er mir nicht so viel, daß ich ein kleines Schwein, 15 Nur eins zum wenigsten, dafür ertauschen kann. Wenn ich mich etwa schon darauf im Geiste freue, So denk' ich nur dabei an meinen lieben Mann. Zu mästen kostet es ja nur ein wenig Kleie. Ist es dann fett gemacht, dann kauf' ich eine Kuh 20 In unsern kleinen Stall, auch wohl ein Kalb dazu. Das will ich allemal selbst vor den Hirten bringen. Wie fröhlich wird es dann um seine Mutter springen! „Hei", sagt sie, und springt auch. Und von dem Kopfe fällt Der Topf mit Milch herab, und ach! ihr bares Geld 25 Und Kalb und ihre Kuh, Glück, Reichtum und Vergnügen Sieht sie nun vor sich da in kleinen Scherben liegen. Betrübt steht sie dabei, schielt sie barmherzig an: " Die schöne weiße Milch“, sagt sie, „auf schwarzer Erde!“ Weint laut und geht nach Haus, erzählt es ihrem Mann, 30 Der ihr entgegenkommt, mit zitternder Gebärde. Was sagte der dazu? Erst sah er ernsthaft aus, Als wär' er bös' auf sie, ging schweigend in das Haus, 35 Am Wagen, welcher läuft, dreht sich so schnell kein Rad, Als sie verschwinden in den Wind! Wir haben alles Glück, das unser Junker hat, 37 Junker, die allgemeine Bezeichnung für den adligen Gutsherrn, aus dem mhd. junkhêrre, der junge Adlige, solange er Knappe war. X. Karl Wilhelm Ramler, geb. zu Kolberg 25. Febr. 1725, besuchte Schule und Universität zu Halle und lebte seit 1745 mit geringer Unterbrechung erst als Hauslehrer, dann als Professor der schönen Literatur an der Kadettenschule, endlich als Mitdirektor der Königl. Schauspiele in Berlin, wo er 1798 starb. Er war kein eigentlich dichterisches, wohl aber ein bedeutendes formales Talent. Befreundet mit Gleim und Kleist, stimmte er mit ihnen in die Verherrlichung Friedrichs d. Gr. ein. Kleist sandte ihm seine Gedichte zur Begutachtung, und nach Kleists Tode gab er sie heraus, aber zum Teil so überarbeitet, daß von der ursprünglichen Gestalt wenig mehr vorhanden war. Seine eigentliche Bedeutung lag in seinen Überseßungen, besonders Horazischer Oden, die für die Bildung des Formgefühls entschieden von Einfluß gewesen sind. " Ramler singt auf eine andere, höchst würdige Weise die Taten seines Königs. Alle seine Gedichte sind gehaltvoll, beschäftigen uns mit großen, herzerhebenden Gegenständen und behaupten schon dadurch einen unzerstörlichen Wert." (Goethe, Dichtung u. Wahrheit. VII.) 1. An den Frieden. 1760. Wo bist du hingeflohn, geliebter Friede? 5 Wohnst du nicht noch auf einer von den Fluren Wohin kein Wuchrer, keine Missetäter fuhren, Nicht, wo, mit Wüsten rings umher bewehret, 10 Der Wilde fich in deinem Himmel dünkt, Sich ruhig von den Früchten seines Palmbaums nähret, , wo du wohnst, laß endlich dich erbitten! Sieh diese Schäferfiße, deine Freude, Wie Städte lang, wie Rosengärten schön, Nun sparsam, nun wie Bäumchen auf verbrannter Heide, 20 Wie Gras auf öden Mauern stehn. Die Winzerinnen halten nicht mehr Tänze, Trägt ohne Saitenspiel und Lieder ihre Kränze 25 Dennoch! Der Krieg verwüstet Saat und Reben Mit unsern Rossen fährt er Donnerwagen, 30 Mit unsern Sicheln mäht er Menschen ab; Den Vater hat er jüngst, er hat den Mann erschlagen, Nun fordert er den Knaben ab. Erbarme dich des langen Jammers! rette Von deinem Volk den armen Überrest! 35 Bind' an der Hölle Tor mit siebenfacher Kette Auf ewig den Verderber fest. 2. Auf die Wiederkunft des Königs. Der Held, um den du bebtest, wann im Streite, Der eh'rne Donner von den Bergen ihm zur Seite 5 Da wider ihn mehr Feinde sich gesellten, Als dir die Nachwelt glauben darf, Und er sich mit entschloßner Seele zweien Welten Dein König, o Berlin, durch den du weiser 10 Als alle deine Schwestern bist, Voll Künste deine Tore, Felsen deine Häuser, Dein Vater, der dich oft in deinem Mangel 15 und hat in Fesseln an der Höllenpforten Angel Fall an sein Herz, o Königin, mit Zähren 25 Dich reden läßt! Vermählte seiner Brüder, Willkommen, Schuhgeist deines Volkes! und sagt wieder: Ihr Jungfraun, deckt mit immergrünen Zweigen, Den Weg! mischt Blumen, die der offnen Erd' entsteigen, Ihr edeln Mütter, opfert Epezereien, 30 Die Maraba den Tempeln zollt, Da, wo sein goldner Wagen durch gedrängte Reihen Heil uns, daß unser Morgen in die Tage Des einzigen Monarchen fiel! 35 So sagt ihr Jünglinge. Du, Chor der Alten, sage: Heil uns, daß wir das Ziel So viel gekrönter Taten sahn! wir sterben Von Wonne trunken: Friederich Bleibt hinter uns; ihr stolzen Enkel sollt ihn erben! 40 Triumph! so sag' auch ich, Wenn unter hohen, jubelvollen Zungen Ein süßer Ton auch mir geriet: Triumph! ich hab' ein Lied dem Göttlichen gesungen, 21 Der Dichter fordert die Königin und mit ihr alle Frauen der königlichen Familie auf, dem Könige ihren Dank entgegenzubringen. 30 Maraba, Hauptstadt von Arabia felix, Heimat des Weihrauchs und der Spezereien. Buchdruckerei des Waisenhauses in Halle a. S. |