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Geistliche Oden und Lieder.

Sie sind charakteristisch für die geistliche Poesie des 18. Jahrhunderts im Gegensatz zu der des siebzehnten. Die klassische Vollendung ging in mystische Überschwenglichkeit über und schlug endlich wieder in Lehrhaftigkeit und Reflexionum.

21. Bitten.

Gott, deine Güte reicht so weit,
So weit die Wolken gehen;
Du krönst uns mit Barmherzigkeit
Und eilst, uns beizustehen.

5 Herr, meine Burg, mein Fels, mein Hort,
Vernimm mein Flehn, merk' auf mein Wort;
Denn ich will vor dir beten!

Ich bitte nicht um Überfluß

Und Schäße dieser Erden.

10 Laß mir, so viel ich haben muß,
Nach deiner Gnade werden!

15

Gib mir nur Weisheit und Verstand,
Dich, Gott, und den, den du gesandt,
Und mich selbst zu erkennen!

Ich bitte nicht um Ehr' und Ruhm,
So sehr sie Menschen rühren;
Des guten Namens Eigentum
Laß mich nur nicht verlieren!
Mein wahrer Ruhm sei meine Pflicht,
20 Der Ruhm vor deinem Angesicht
Und frommer Freunde Liebe.

So bitt' ich dich, Herr Zebaoth,
Auch nicht um langes Leben.
Jm Glücke Demut, Mut in Not,

25 Das wollest du mir geben!

In deiner Hand steht meine Zeit;
Laß du mich nur Barmherzigkeit
Vor dir im Tode finden!

10

22. Die Ehre Gottes aus der Natur.
Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre;
Ihr Schall pflanzt seinen Namen fort.
Ihn rühmt der Erdkreis, ihn preisen die Meere;
Vernimm, o Mensch, ihr göttlich Wort!
5 Wer trägt der Himmel unzählbare Sterne?
Wer führt die Sonn' aus ihrem Zelt?
Sie kömmt und leuchtet und lacht uns von ferne
Und läuft den Weg, gleich als ein Held.
Vernimm's und siehe die Wunder der Werke,
Die die Natur dir aufgestellt!

Verkündigt Weisheit und Ordnung und Stärke
Dir nicht den Herrn, den Herrn der Welt?
Kannst du der Wesen unzählbare Heere,

Den kleinsten Staub fühllos beschaun? 15 Durch wen ist alles? O gib ihm die Ehre! Mir, ruft der Herr, sollst du vertraun.

20

Mein ist die Kraft, mein ist Himmel und Erde;
An meinen Werken kennst du mich.

Ich bin's und werde sein, der ich sein werde,
Dein Gott und Vater ewiglich.

Ich bin dein Schöpfer, bin Weisheit und Güte,
Ein Gott der Ordnung und dein Heil;
Ich bin's! Mich liebe von ganzem Gemüte
Und nimm an meiner Gnade teil!

23. Die Güte Gottes.

Wie groß ist des Allmächt'gen Güte!
Ist der ein Mensch, den sie nicht rührt?
Der mit verhärtetem Gemüte

Den Dank erstickt, der ihm gebührt?

5 Nein, seine Liebe zu ermessen,
Sei ewig meine größte Pflicht!
Der Herr hat mein noch nie vergessen;
Vergiß, mein Herz, auch seiner nicht!

Wer hat mich wunderbar bereitet?
10 Der Gott, der meiner nicht bedarf.
Wer hat mit Langmut mich geleitet?
Er, dessen Rat ich oft verwarf.
Wer stärkt den Frieden im Gewissen?
Wer gibt dem Geiste neue Kraft?
15 Wer läßt mich so viel Glück genießen?
Ist's nicht sein Arm, der alles schafft?

Schau', o mein Geist! in jenes Leben, Zu welchem du erschaffen bist, Wo du, mit Herrlichkeit umgeben, 20 Gott ewig sehn wirst, wie er ist! Du hast ein Recht zu diesen Freuden; Durch Gottes Güte sind sie dein. Sieh, darum mußte Christus leiden, Damit du könntest selig sein.

25

Und diesen Gott sollt' ich nicht ehren?
Und seine Güte nicht verstehn?

Er sollte rufen, ich nicht hören?
Den Weg, den er mir zeigt, nicht gehn?
Sein Will' ist mir ins Herz geschrieben;

30 Sein Wort bestärkt ihn ewiglich.

Gott soll ich über alles lieben

Und meinen Nächsten gleich als mich.

Dies ist mein Dank, dies ist sein Wille:
Ich soll vollkommen sein wie er.

35 So lang ich dies Gebot erfülle,
Stell' ich sein Bildnis in mir her.
Lebt seine Lieb' in meiner Seele,
So treibt sie mich zu jeder Pflicht;
Und ob ich schon aus Schwachheit fehle,
40 Herrscht doch in mir die Sünde nicht.

Gott! laß deine Güt' und Liebe
Mir immerdar vor Augen sein!
Sie stärk' in mir die guten Triebe,
Mein ganzes Leben dir zu weihn!

45 Sie tröste mich zur Zeit der Schmerzen;
Sie leite mich zur Zeit des Glücks;
Und sie besieg' in meinem Herzen
Die Furcht des legten Augenblicks!

24. Morgengesang.

Mein erst' Gefühl sei Preis und Dank;
Erheb' ihn, meine Seele!
Der Herr hört deinen Lobgesang;
Lobsing ihm, meine Seele!

5 Mich selbst zu schüßen, ohne Macht,
Lag ich und schlief im Frieden.
Wer schafft die Sicherheit der Nacht
Und Ruhe für die Müden?

10

Wer wacht, wenn ich von mir nichts weiß,
Mein Leben zu bewahren?

Wer stärkt mein Blut in seinem Fleiß

Und schüßt mich vor Gefahren?

Wer lehrt das Auge seine Pflicht,
Sich sicher zu bedecken?

15 Wer ruft dem Tag und seinem Licht,
Die Seele zu erwecken?

20

Du bist es, Herr und Gott der Welt,
Und dein ist unser Leben.

Du bist es, der es uns erhält

Und mir's ist neu gegeben.

Gelobet seist du, Gott der Macht,

Gelobt sei deine Treue!

Daß ich nach einer sanften Nacht
Mich dieses Tags erfreue.

25 Laß deinen Segen auf mir ruhn,
Mich deine Wege wallen,
Und lehre du mich selber tun
Nach deinem Wohlgefallen!

Denkmäler älterer deutscher Literatur. IV, 2. 2. Auflage.

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25. Preis des Schöpfers.

Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht,
Die Weisheit deiner Wege,

Die Liebe, die für alle wacht,
Anbetend überlege:

5 So weiß ich, von Bewundrung voll,
Nicht, wie ich dich erheben soll,
Mein Gott, mein Herr und Vater!

Mein Auge sieht, wohin es blickt,
Die Wunder deiner Werke.

10 Der Himmel, prächtig ausgeschmückt,
Preist dich, du Gott der Stärke!
Wer hat die Sonn' an ihm erhöht?
Wer kleidet sie mit Majestät?
Wer ruft dem Heer der Sterne?

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