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vermuthet hatte: „Ueber ihr Leben und Eigenthum möchte die Königinn gebieten; aber ihre Ehre wäre ihnen zu theuer, um sie mit einer solchen Missethat auf ewig zu beflecken." Elisabeth war erzürnt und beleidiget; sie beklagte sich gegen Davison in heftigen Ausdrücken über Paulet's und Drury's zärtliche Gewissenhaftigkeit; sie ging so weit, zu behaupten, daß man ihr långst diese Sorge abgenommen haben würde, wenn man es wirklich so gut mit ihr meinte, als gewisse öffentliche Aeußerungen andeuteten. Als Davison sie bestimmt fragte, ob sie noch Willens sei, die Hinrichtung vollziehen zu lassen, antwortete sie ihm mit Lebhaftigkeit: Ja! kam aber immer wieder auf den Plan einer geheimen Ermordung zurück. An eben dem Abende des 3. Februars, wo diese Unterredung vorgefallen war, entschloß sich das Conseil, auf Burleigh's Rath und Ermunterung, ohne weitere Anfrage—den Befehl zur Hinrichtung abgehen zu lassen.

Die Grafen von Shrewsbury und Kent erhielten den Auftrag, der Vollziehung des Todesurtheils beizuwohnen. Się erschienen am 7. Februar in Fotheringay, verkündigten ihre Absicht, und bezeichneten den folgenden Tag als den legten in Maria's Leben. Maria hörte sie mit einiger Verwunderung aber ohne alle Be= stürzung an. ,,Wenn es der Wille der Königinn von England, wenn es der Beschluß der Vorsehung ist," sagte sie, „so sterbe ich willig und gern: der Tod, der allen meinen Qualen ein Ende machen wird, soll mir willkommen sein: eine Seele, die sich vor der flüchtigen Bitterkeit eines schmerzhaften Augenblickes fürchtete, wåre nicht werth, die Freuden des Himmels zu genießen." Sie bat hierauf die beiden Grafen, ihr bei dem legten Auftritte ihres Lebens die Gegenwart eines Beichtvaters nicht zu versagen; aber diese Bitte that sie umsonst: man antwortete ihr, daß der Dechant von Peterborough sie nach den Grundsågen der wahren Religion unterrichten und trösten würde.

Als die Grafen sie verlassen hatten, bereitete sie sich mit großer Ruhe und Besonnenheit zu dem Schritte, der ihr bevorstand. Sie

segte ihr Testament mit eigner Hand auf: sie vertheilte das Geld, die Juwelen und die Kleider, die ihr noch übrig geblieben waren, unter die Personen ihres kleinen Gefolges. Sie schrieb einen kurzen, aber edlen und würdevollen Brief an den König von Frankreich, einen andern an den Herzog von Guise, denen sie, den Grundsågen der Religion gemåß, die Sorge für die Ruhe ihrer Seele, außerdem aber die Sorge für ihren guten Namen und für den Unterhalt ihrer zurückbleibenden Bedienten empfahl. Darauf nahm sie ihr Abendessen mit ihrer gewöhnlichen Heiterkeit zu fid). Gegen das Ende desselben rief sie alle ihre Leute in das Zimmer, trank einem jeden unter ihnen mit liebreichem Unstande zu, erbat sich ihre Verzeihung, wenn sie sich auf irgend eine Weise von ihr beleidigt glaubten, und verzieh ihnen wechselseitig jeden begangenen Fehler. Alle waren in Thrånen gebadet und in namenlosen Schmerz versunken; sie allein blieb aufrecht und entschlossen, unter der Last des Jammers, der Alles um sie her darnieder warf.

Sie legte sich zur gewöhnlichen Stunde zum Schlafe nieder, und schlief einige Stunden sehr ruhig: den übrigen Theil der Nacht brachte sie mit Religionsübungen zu. Gegen Morgen zog sie ein sammtnes Trauerkleid an, und schmückte sich mit einer Sorgfalt, die man lange nicht mehr an ihr bemerkt hatte. Um acht Uhr trat der Oberrichter und sein Begleiter in ihr Zimmer: sie erhob sich sogleich und folgte ihm, auf zwei von Paulet's Leuten gelehnt, weil eine Schwäche in den Gliedern ihr seit einiger Zeit das Gehen erschwerte, in den Saal, wo das Todesurtheil vollzogen werden sollte. Ein Agnus-Dei hing an einem Rosenkranze um ihren Hals; in der Hand trug sie ein Kruzifix von Elfenbein. In dem Gemache, welches unmittelbar an ihr Zimmer stieß, fand sie Shrewsbury, Kent, Paulet und Drury, außer ihnen aber Sir Andreas Melvil, ihren Hofmeister, einen treuen Diener, dem sie mit ganz besonderem Wohlgefallen zugethan war. Er warf sich, von Schmerz und Verzweiflung zerrissen, zu ihren Füßen nieder, und stammelte einige Worte des Jammers über das unglückliche

Verhångniß, welches ihn ausersehen hatte, der Ueberbringer solcher traurigen Neuigkeiten in Schottland zu seyn. ,, Höre auf zu weinen," rief ihm die Königinn zu, „ guter Melvil; hier ist volle Ursache zur Fröhlichkeit, denn heute wird Maria Stuart von allen ihren Leiden befreit; die Welt ist eine Wohnståtte des Jammers, so reich an Elend, daß ein ganzes Meer von Thrånen nicht hinreichte, es zu beweinen.-Ich sterbe mit der Ueberzeugung, meiner Religion getreu geblieben zu sein, und meinem Königreiche nichts von seinen Rechten und Vortheilen vergeben zu haben. Sage dies meinem Sohne! Der Himmel verzeihe allen denen, die so lange nach meinem Blute dürfteten." Sie verlangte die Erlaubniß, drei månnliche Bedienten und zwei weibliche mit zum Richtplag zu nehmen. Der Graf von Kent weigerte sich lange, ihr dies zu gewåhren; er fürchtete, daß das Betragen dieser Begleiter ihn in Verlegenheit sehen möchte. Seine Weigerung schien einen tiefen und empörenden Eindruck auf Maria zu machen. Ich bin die nächste Verwandtinn Eurer Monarchinn,“ rief sie mit majestätischem Stolze aus, „, von dem königlichen Blute Heinrichs des Siebenten entsprossen, eine vermählte Königinn von Frankreich, eine gesalbte Königinn von Schottland. Wie könnt ihr mir einen Trost versagen, den man einer Frau von weit geringerem Stande unbedenklich gewähren würde ?" Die Kommis= farien berathschlagten mit einander, und gestanden ihr endlich die sehnlich gewünschte Begleitung zu. ▾

Das Blutgerüft war in eben dem Saale, wo vier Monate zuvor ihr Kriminalprozeß geführt wurde, errichtet, nur wenig über den Fußboden erhoben, und sammt dem Stuhle, dem Kissen und dem Blocke mit schwarzem Tuche bekleidet. Sie bestieg es mit ruhiger und unveränderter Miene, segte sich in den für sie bestimmten Stuhl, und hörte den Befehl zu ihrer Hinrichtung mit vollkommener Gleichgültigkeit ablesen, und so, als wenn er eine fremde Person betroffen håtte. Das Zimmer war gedrångt voll Menschen, welche das außerordentliche Schauspiel herbeigezogen hatte, und die

der Kontrast zwischen so viel großen und liebenswürdigen Eigenschaften und einem so jammervollen Ende, zur innigsten Bewunderung und zur tiefsten Wehmuth hinriß.

Der Dechant von Peterborough begann nunmehr seinen fruchtlosen und traurigen Zuspruch, ermahnte die Königinn zur Bekehrung, zeigte ihr den Himmel bei der protestantischen Lehre, die Hölle bei der ihrigen. Sie schien anfänglich gar nicht auf ihn zu hdren: zulegt unterbrach sie seine unzeitige Rede mit sichtbarer Ungeduld. Die beiden Grafen bemerkten nun selbst, daß es eben so thôricht als unmenschlich war, sie långer durch diese eitlen Versuche zu quålen: sie überließen sie einige Augenblicke der Neigung ihres Gemüths, und Maria benußte diese Augenblicke, um für eine baldige glückliche Auflösung, für ihre gebeugte Kirche, für ihren Sohn, endlich für die Königinn Elisabeth, der sie eine lange und glückliche Regierung wünschte, zu beten. Als sie ihr Kruzifir mit vieler Inbrunst küßte, rief ihr der Graf von Kent, noch einmal vom unduldsamen Eifer ergriffen, zu, sie möchte Chriftum lieber im Herzen als in den Hånden haben. Sie antwortete ihm mit völliger Geistesgegenwart: es sey nicht möglich, einen solchen Gegenstand in der Hand zu tragen, ohne die Rührung, die er erregte, auch tief im Herzen zu fühlen.

Endlich fing fie an, sich mit Hülfe ihrer beiden Frauen zu entkleiden. Da der Nachrichter ihr Beistand leisten wollte, wendete sie sich um, und bemerkte mit Lächeln, sie sei nicht gewohnt, sich vor einer so großen Gesellschaft, und von solchen Dienern umringt, auszuziehen. Einige ihrer Leute wollten von neuem in Wehklagen ausbrechen: sie hielt den Finger auf den Mund, zum Zeichen, daß sie ihnen Stillschweigen gebdte. Gleich darauf band eine ihrer Frauen ihr ein Tuch um die Augen, und M ari a legte, ohne das geringste Merkmal von Muthlosigkeit oder Angst, ihr Haupt auf den Block. Indeß einer von den Nachrichtern sie sanft bei den Hånden faßte, machte der andere auf den zweiten Streich ihrem Leben ein Ende. Nachdem er das Haupt abgelöset hatte, hielt er es vor

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Blut stråmend den Zuschauern vor. Der Dechant von Peterborough rief allein: So müssen alle Feinde der Königinn Elisabeth umkommen! Der Graf von Kent antwortete allein: Amen Alle übrige Anwesende waren mit starrem Erstaunen und sprachloser Traurigkeit auf das entseßliche Schauspiel geheftet, und der Empfindung, die dieses Schauspiel gebot, mußten für einen Augenblick, Furcht, und Haß, und Eifersucht, und Parteigeist, und Streben nach Gunst, und Anbetung der Macht, und alle andere Empfindungen weichen.

17.-Alexanders Enthaltsamkeit.

Alexander der Große kam auf seinem Zuge, die Welt zu erobern, durch eine lange Sandwüste Asiens, in der sich nirgends Wasser befand. Endlich hatte ein Soldat etwas aufgefunden, und brachte es in seinem Helm dem Alexander. Da dieser aber sah, daß seine Soldaten eben so wie er vor Durst lechzten, sprach er : soll ich der einzige seyn, der da trinkt? und goß das Wasser auf die Erde. Alle, voll Bewunderung über die Enthaltsamkeit des Königs, riefen: auf! führe uns fort! wir sind nicht ermatter, mir sind nicht durstig; wir halten uns nicht für sterblich, führt uns ein solcher König!

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