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erforschen möchte.

Dem Jüngling ward alle Freiheit verstattet, aber heimlich beachtete Serujah, sein alter Lehrer, des Jünglings Wege und Wandel.

Uls nun Hafael in Persien angekommen war, reizten ihn die Freuden der Stadt und das Gewühl des üppigen Lebens, daß er seiner Bestimmung vergaß, und gedankenlos sein Herz den Lüften hingab. Also gedachte er nicht mehr seines fürstlichen Berufes.

Als er nun eines Tages in den Luftgårten von Ispahan wandelte, ging Serujah bei ihm vorüber, in der Gestalt eines Pilgers, einen Stab in seiner Rechten. 7

Hasael aber erkannte Serujah und sprach zu ihm: Von wannen kommst du, und wohin gehet dein Weg? Serujah antwortete und sprach: Das weiß ich nicht. Da erstaunte der Jüngling und sagte: Wie, du hast die Heimath verlassen, und bist hinausgewandelt, und weißt nicht wohin!—Serujah antwortete: Ich habe es vergessen; so wandle ich hin und her, und welcher von zweien Wegen mir der breiteste und lieblichste dünket, den erwähle ich.—Und wohin wird solch irres Wandern dich führen? fragte erstaunt der Jüngling. Serujah antwortete: Das weiß ich nicht; wie sollte es mich kümmern ?

Da wandte sich Hafael zu den Andern, die um ihn waren, und sprach: Dieser Mann war der Lehrer meiner Jugend und voll Weisheit; aber sehet, er ist zum Narren geworden, und entbehret des Verstandes. Ach, wie ist er verwandelt und ein Anderer geworden!

Da trat Serujah zu dem Jüngling, und warf sein Reisebündel zur Erde und sprach: Du sagest es, Hasael—mein Wesen hat sich verwandelt, gleichwie das deinige. Ehemals war ich dein Führer, und du folgtest mir auf dem Wege, den ich dir zeigte. Nun aber, seit ich aufgehört dein Führer zu sein, habe ich mich aufgemacht, dir zu folgen. Siehe, mein Wandel, wobei ich des Weges und Zieles vergesse, ist der deine, und so wie mir,

so ist auch dir der Geist entwichen. Wer ist der größere Thor, du oder ich? und wer wandelt den schlimmeren Irrweg?...

Also redete Serujah. Da erkannte Hafael seine Sünde, und kehrete zurück auf den Weg der Weisheit, den ihm Serujah gelehrt hatte.

5. Die Reise nach Babylon.

Kaum schimmerten die ersten Strahlen des Tages, als ich mich auf meinen Esel seßte, und den Pfad einschlug, der auf die große Straße nach Babylon führet. „O, wie gern," rief ich aus, wie vergnügt und heiter irren meine Blicke auf diesen neuen Hügeln umher! Wie viel Blumen auf diesen Wiesen! mit welchen stärkenden, süßen Gerüchen durchströmen sie die Lüfte! Ein Lustgang, von Bäumen umgrenzt, ist mein Weg, in deren Schatten mein Esel und ich ruhen können, wenn es uns gefällt. Wie glänzend ist der Himmel! wie lieblich der Tag! wie rein die Luft, die ich athme! Der Eile bedarf es auch nicht, denn mit meinem guten Lastthier komme ich noch zu guter Stunde des Tages in Babylon an."

So sprach ich, und war trunken vor Freuden; ich sah meinen Esel mit Wohlgefallen an, und streichelte ihn mit meiner Hand, als ich plöglich ein Geräusch hinter mir hörte, und da ich meinen Blick wandte, sah ich auf schönen Kameelen einen Trupp Männer und Weiber heranziehen. Sie blickten mit ernsthaften und verachtenden Mienen umher; alle waren mit langen purpurnen Röcken bekleidet, mit Gürteln von Gold geschmückt und mit Edelgesteinen besået.1 In wenig Augenblicken hatten ihre Kameele mich eingeholt, und in der Nähe ward ich durch ihren Glanz noch mehr geblendet. Wie klein kam ich mir jest auf meinem Esel vor! wie ich mich auch emporrichtete, dennoch erschien ich nicht größer. Kaum reichte

Covered.

2 However much I raised myself.

mein Haupt an die Sohlen ihrer Füße; mein Stolz fühlte sich beleidigt, und dennoch wollte ich ihnen nachfolgen.

Mit verachtender Ungeduld trieb ich meinen Esel an; ich wünschte, daß er sich auf einmal zur Höhe des größten Kameels erhdbe, und seine beiden langen Ohren weit über ihre Häupter vorstreckte. Ich trieb, ich spornte; er eilte auch, was er eilen konnte; aber kaum sechs seiner Schritte legten so viel Weges zurück, als ein Schritt des Kameels. Ich verlor sie aus dem Gesichte, und gab zugleich alle Hoffnung auf, sie zu erreichen.

Welch ein Unterschied," rief ich aus,,, zwischen ihrem Schicksal und dem meinigen! warum sind sie nicht an meinem Plak? warum bin ich nicht an dem ihrigen? Ich Elender reise allein, auf dem schlechtesten und elendesten der Thiere; sie hingegen traben stolz daher, und schåmen sich sogar meines Gefolges."

Unter diesen Betrachtungen sank mein Zügel; mein Esel nahm bald wahr, daß ich ihn nicht mehr trieb. Er ging lang= sam und langsamer fort; endlich bog er ab von dem Wege; die Wiese lockte ihn; er stand still, ließ seinen Kopf sinken und fraß. Das schöne Gras war ihm süß; es schien ihn auch zur Ruhe einzuladen; er legte sich, und ich fiel. Ich fiel, und erwachte aus meinem Traum, voll Zorns über meinen lässigen Gefährten, als eben ein neues Geräusch von tausend Stimmen mein Ohr erfüllte. Ich öffnete meine Augen, und erblickte einen weit zahlreicheren Trupp als der erste war. Ihre Saumthiere waren so bescheiden als das meinige; ihre langen leinenen Röcke beschämten den meinigen nicht; vertraulich besprachen sie sich unter einander, und ich nahm mir ein Herz, den Nächsten bei mir anzureden. Wie sehr ihr auch eilt," sagte ich zu ihm,,,so werdet ihr auf euren Thieren jene nie erreichen, die auf ihren sto zen Kameelen euch so weit zuvor sind." „Davor werden wir uns wohl hüten," antwortete er. Die Unsinnigen sehen ihr Leben in Gefahr, und wozu? damit sie einige Augenblicke eher anlangen als wir. Wir gehen alle nach Babylon. Eine Stunde eher

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eine Stunde spåter, in einem leinenen oder in einem Purpurrock, auf einem Esel oder auf einem Kameel, was liegt daran, wenn man angelangt ist? und selbst auf der Reise, was liegt daran, wenn man sich zu ergößen weiß? Ihr zum Beispiel, wie stünd' es um euch, wenn ihr bei eurem jeßigen Fall ein Kameel gehabt håttet?"-Ich schämte mich, und antwortete Nichts, sah aber hinter mich und erstaunte. Månner, Weiber und Kinder folgten uns als Fußgånger, und noch dazu waren ihre Rücken mit Lasten beschwert. Indessen sangen die Einen, die Andern hüpften auf dem weichen Grafe: „Wir gehen alle nach Babylon," riefen sie fröhlich, und die Kinder lalleten nach, was die Alten sprachen. "Sie gehen alle nach Babylon," sprach ich, und sind fröhlich unter ihrer Bürde; und ich, ich wåre betrübt?// Vergnügt seßte ich mich auf mein Thier, und ritt meinem Tröster zur Seite.2 Ich unterredete mich mit ihm, und fühlte mich wie Einer, dem eine Bürde von seinen Schultern genommen, oder ein Stein von seiner Brust gewålzt ist.

So zogen wir fort, und ehe wir noch anlangten, trafen wir den größten Theil jener Reisenden unvermuthet und in einem schlechten Zustand wieder. Ihre Kameele hatten sie abge= worfen; ihre langen Purpurröcke, ihre Gürtel mit Gold und Edelgesteinen besået, waren mit Koth bedecket.—Damals, ihr Mächtigen der Erde, damals lernte ich die Kleinheit der menschlichen Größe kennen, und ward zwar nicht gleichgültig, aber doch sehr getröstet über der Menschen verschiedenes Schickfal. Wir kommen alle nach Babylon," sprach ich, und der Fußgånger langt oft fröhlicher und glücklicher daselbst an, als der stolze Reiter. Indessen ist's angenehm, eine gute Reisegesellschaft, und ein gemächlich treues Lastthier zu haben, das uns selbst und unsern kleinen Vorrath bis zur gemeinen Herberge trage."

Distressed, melancholy.

consoled me.

2 By the side of him who

6. Das Rothkehlchen.

Ein Rothkehlchen kam in der Strenge des Winters an das Fenster eines frommen Landmanns, als ob es gern hinein möchte.' Da öffnete der Landmann sein Fenster, und nahm das zutrauliche Thierchen freundlich in seine Wohnung. Nun pickte es die Brosamen und Krümchen auf, die von seinem Tisch fielen. Auch hatten die Kinder des Landmanns das Vöglein lieb und werth. Aber als nun der Frühling wieder in das Land kam und die Gebüsche sich belaubten, da öffnete der Landmann sein Fenster, und der kleine Gast entflog in das nahe Wäldchen, und bauete sein Nest, und sang sein fröhliches Liedchen.

Und siehe, als der Winter wiederkehrte, da kam das Rothkehlchen abermals in die Wohnung des Landmanns, und hatte sein Weibchen mitgebracht. Der Landmann aber sammt seinen Kindern freuten sich sehr, als sie die beiden Thierchen sahen, wie sie aus den klaren Neuglein zutraulich umherschauten. Und die Kinder sagten: die Vögelchen sehen uns an, als ob sie etwas sagen wollten! Da antwortete der Vater: wenn sie reden könnten, so würden sie sagen: Freundliches Zutrauen erwecket Zutrauen, und Liebe erzeuget Gegenliebe.

As if it wished to get in.

2 With their.

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