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Wer sind die Romänen oder Walachen? 1) So lange

diesem an der untern Donau über weite Länderstrecken verbreiteten, und über das Balkangebirge nach Macedonien und Thessalien hinein ragenden Volksstamme in den genealogischen Tafeln der europäischen Völkerfamilie seine Stelle nicht mit Sicherheit angewiesen werden kann, so lange darf sich die Geschichtsforschung nicht rühmen, dass die Vergangenheit der östlichen Länder Europa's überhaupt, und jene von Siebenbürgen insbesondere aufgehellt sei. Es hat daher auch jene Frage nicht nur ein allgemeines, sondern für uns, die wir seit Jahrhunderten mitten unter den Romänen leben, ausserdem noch ein specielles vaterländisches Interesse. Der vorliegende Aufsatz hat den Zweck, die verschiedenen Lösungen jenes Problemes in einer systematischen Uebersicht neben einander zu stellen.

1) Mit Ausnahme weniger localer Benennungen, die von ihrer Tracht, Lebensweise und anderen Eigenthümlichkeiten hergenommen sind, der allgemeine Name des Volksstammes. So werden z. B. die walachischen Hirten in Thessalien von den Griechen von ihrem scythischen Wanderleben Cambises, von ihren Hütsen Colovani (v. nahúßn), von ihren schwarzen Röcken Caragouli oder Carawlachi, und von ihrer hässlichen Gestalt Pittiki (v. tenuós Affe, hässlicher Mensch) genannt. Der Name Zinzaren, welchen ein kleiner Zweig des Volkes in Macedonien führt, ist ein Spottname, durch die gräcisirende Aussprache des walachischen tsintsch (fünf) wie zinz veranlasst. Walachische Mährchen herausgegeben von Arthur und Albert Schott. Stuttgart und Tübingen 1845. 8. S. 15. Dasselbe ist auch der Fall mit den Cuzzowlachen (hinkende Walachen) und einigen andern. Schott 45. A. Fuchs, die romanischen Sprachen in ihrem Verhältnisse zum Lateinischen. Halle. 1849. S. 88. ff. Der Name,,Romanen" bleibt füglich auf den Geschäftsstyl beschränkt; in der Wissenschaft veranlasst er als

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eines Volksstammes, zu dem bekanntlich ausserdem noch die italiae und portugiesische, provenzalische, französische und rhätoromawälsche Sprache gehören, um so leichter Irrungen, als er schon rn Zweigen desselben, wie z. B. von den Rhätoromanen in der 1. a. O. S. 804. gebraucht wird.

Um das Unbekannte zu enträthseln, müssen wir von dem Bekannten ausgehen das ist der Weg jeder gründlichen Speculation. Wenden wir nun diesen Grundsatz auf die vorliegende Frage an, so bietet sich uns zunächst als ein gegebener Anhaltspunct der Doppelname des Volkes dar. In seiner eignen Muttersprache nennt es sich das Volk der Rumunen; bei fremden Völkern führt es verschiedene Namen, welche sich jedoch etymologisch alle auf die Benennung Wlachen oder Walachen zurückführen lassen. Dass diese Mehrheit der Benennungen für ein und dasselbe Volk nichts befremdendes habe, und nicht etwa als eine höchst seltene Ausnahme und Abweichung von einer festen Regel erscheine, braucht nicht bemerkt zu werden.

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Eben so gewiss ist ferner auch der etymologische Ursprung von jedem dieser beiden Volksnamen. Was nämlich zuvörderst den Namen Rumunen betrifft, so könnte allerdings eine Wortforschung, welche sich bloss an die äusseren Laut- und Begriffszeichen hält, denselben an die altdeutschen Wörter „rumo“ weit, entfernt, und „ruman" herumschweifen, anknüpfen, und darin ebenso wie in dem Fremdnamen Walachen eine Anspielung auf ehemaliges nomadisches Wanderleben des Volkes, welches ihn sich gegeben hat, vermuthen2). Sobald wir dagegen, wie dies die Pflicht besonnener Untersuchung ist, alle Erscheinungen und Eigenthümlichkeiten des romänischen Volksthumes genau und in ihrem Zusammenhange erwägen, so ist die Aufeinanderbeziehung der beiden Namen Rumune und Romanus über allen Zweifel erhoben. Ebenso fest steht es auch, dass der Name Walach mit allen Formen, welche er in verschiedenen Mundarten und Sprachen erhalten hat, germanischen Ursprunges ist und mit dem angels. vealh, veal, dem altd. walah peregrinus, dem mittelhochd. walch, dem neuhochd. Wälsche (der Italiäner) und den verwandten Wörtern in eine Reihe gehört 3).

2) J. C. Schuller argumentorum pro latinitate linguae Valachicae s. rumunae epicrisis. Cibinii 1831. 8. p. 14.

3) Walah, Wälscher, Fremde, romanus; walahise wälsch, walahisgen, latinc. Graff althochd. Sprachschatz I. S. 841. der nicht deutsch sprechende, insonderheit der von romanischer Geburt und Zunge, Franzose, Gallicus. Ziemann mittel

Wenden wir uns von den Namen zu der Sprache des romänischen Volkes, so genügt schon eine flüchtige Betrachtung derselben, uns darüber zu belehren, dass ihr Bau dem Bau der sogenannten romanischen Sprachen im Wesen gleich, von jenem der lateinischen Sprache dagegen durchaus verschieden sei, eine Thatsache, welche so offenbar ist, dass sogar die leidenschaftlichsten Verfechter der Latinität des romänischen Idiomes sie eingestehen müssen*).

Eben so entschieden ist es ferner, dass die romanische Sprache in materieller Hinsicht sehr viele Wörter aus verschiedenen Sprachen organisch in sich aufgenommen hat, und daher, so wie die englische, französische u. a. m. in die Zahl der Mengsprachen gehört. Es ist dieses eine Eigenthümlichkeit, welche sie mit ihren Schwestersprachen gemein hat. Ueber den Ursprung dieser Buntscheckigkeitwofern dieser Ausdruck erlaubt ist - und die Bestandtheile der romanischen Sprachen verdienen die scharfsinnigen Untersuchungen von Diez u. a. m nachgelesen zu werden 5).

Das arithmetische Verhältniss der Mischungselemente ist aus sehr nahe liegenden örtlichen Gründen bei den verschiedenen Zweigen dieses Volksstammes selbst auch verschieden und wechselnd); ausserdem macht es auch die Verwandtschaft und das Ineinandergreifen einzelner Sprachen manchmal dem Sprachforscher fast unmöglich,

hochd. Wörterbuch. S. 604. P. J. Schaffarik slawische Alterthümer. Deutsch von Mosig von Aehrenfeld, herausg. von H. Wuttke. Leipzig. B. 1. S. 377. Ueber den Zusammenhang dieses Namens mit dem Volksnamen Galer, Gallier u. s. w. kann hier nicht gesprochen werden.

4) S. die dem in Ofen 1825 erschienenen romänischen Wörterbuche vorgedruckte Unterredung über den Ursprung der romänischen Sprache. S. 56. Die Versuche einzelner Grammatiker, auch den Sprachbau durch Einführung lateinischer Flectionsendungen zu latinisiren, sind eben so unwissenschaftlich, als lächerlich.

5) F. Diez Grammatik der romanischen Sprachen. B. 1. S. 4 ff. Desselben etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen. Bonn. 1853. 8.

6) So hat 7. B. die macedonisch-walachische Mundart durch den natürlichen Einfluss des Verkehrs mit den umwohnenden Griechen einen stärkeren Zusatz von Griechisch, als die dacische, vergl. Kopitar Albanische, walachische und bulgarische Sprache, in den Wiener Jahrbüchern der Literatur. B. 46, S. 102, obgleich auch diese eine beachtenswerthe Menge griechischer Wörter enthält.

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