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Nachrichten und Notizen.

Ein sehr beachtenswerter Aufsatz von Johannes Volkelt, das Recht des Individualismus (Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik Bd. 111), wendet sich gegen die Allherrschaft, die der soziale Gedanke in Wissenschaft und Leben vielfach errungen hat, und bezeichnet einige uneinnehmbare Stellungen des Individualismus. Besonders die Punkte 11 und 12 der Ausführungen bieten dem Historiker wichtige Anregung. „Das Individuum steht der Umwelt als eine ursprüngliche, selbständige Macht, als ein von Hause aus eigentümlich geprägtes Etwas gegenüber." (S. 18). ,,Der geschichtliche Verlauf ist auch nicht annäherungsweise in die unpersönliche Entwickelung der Zeit- und Volksbewegungen aufzulösen; vielmehr gehören zu ihm die grossen Individuen in dieser ihrer Individualität als ebenbürtiger Faktor. In den grossen Individuen muss der geschichtliche Verlauf Quellpunkte treibender, schöpferischer Kräfte anerkennen.“ (S. 20). G. S.

Curt Wachsmuth wendet sich in seiner Leipziger Rectoratsrede ,,Ueber Ziele und Methoden der griechischen Geschichtschreibung“ gegen die Uebertragung naturwissenschaftlicher Forschungsmethoden auf das Gebiet der Geisteswissenschaften, vornehmlich der Geschichte, und weist auf die fundamentalen Verschiedenheiten hin, unter denen Naturwissenschaften und Geschichte ihre Arbeit auszuführen haben. G. S.

Dem Bestreben, ein möglichst kurzgefasstes Hilfsmittel für Auflösung mittelalterlicher Daten zu bieten, verdankt das Werkchen von Georgius T. Turchányi S. J. sein Dasein: Tabellae chronographicae ad solvenda diplomatum data, Innsbruck, Wagner, Preis 2 M. Ein dünnes Heftchen bringt eine Erläuterung und auf sechs Seiten! ein natürlich ganz unzulängliches Verzeichnis der kirchlichen Feste. 3 grössere Tafeln dienen der Auflösung der Daten. Nicht ohne Scharfsinn ward hier das Nötige auf wenigen Blättern zusammengepresst. Aber schon das Format ist unhandlich, die Zusammenstellung für regelmässigen und raschen Gebrauch wenig übersichtlich, der kunstvolle Mechanismus der dritten Tafel, soweit er überhaupt funktioniert, jedenfalls allzu kurzlebig. Turchányis Tafeln dürften kaum Freunde finden.

Gute Dienste bietet dagegen vermutlich das Schriftchen von Dr. Max Bär: Leitfaden für Archivbenutzer (8°, 71 S., Leipzig, Hirzel). Es handelt über Archivbenutzung, giebt Verzeichnisse der wichtigsten deutschen und ausserdeutschen Archive und bietet einige Hinweise auf den Selbstunterricht in historischen Hilfswissenschaften. Auch chronologische Hilfstafeln enthält es, darunter statt der 35 Kalender nur 7 Jahrestafeln, wo

durch zwar einiger Raum erspart wurde, aber die leichte Brauchbarkeit leiden musste. Denn für Laien ist ja das Büchlein geschrieben, d. i. für solche, die in Archiven historische Studien vornehmen wollen, ohne auf einer Universität die entsprechende Vorbildung erlangt zu haben. Aufgefallen ist mir, dass der Verfasser (s. S. 36) die von Thommen und vom Wiener Kriegsarchiv herausgegebenen Schrift proben, die sich ja speziell mit den Jahrhunderten des späteren Mittelalters und der neueren Zeit beschäftigen, nicht gekannt hat. Uebrigens berücksichtigen auch die Handbücher von Chassant, Prou, Thompson u. s. w. die Entwicklung der Schrift im späteren Mittelalter und in der neueren Zeit. G. S.

Die in England geschätzte ,,Englische Wirtschaftsgeschichte" von W. J. Ashley ist von R. Oppenheim ins Deutsche übersetzt worden und in der von Brentano und Leser herausgegebenen Sammlung (älterer und neuerer staatswissenschaftlicher Schriften des In- und Auslandes Nr. 7 u. 8) erschienen. Der erste Band behandelt die Zeit vom 11. bis zum 14. Jahrhundert; der zweite Band die Zeit vom 14. bis zum 16. Jahrhundert; das hier beabsichtigte Kapitel über den auswärtigen Handel ist auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden. Autor und Uebersetzer heben es hervor, wieviel das Werk deutschen Forschungen und deutscher Methode verdankt; gerade im Hinblick auf deutsche Arbeiten ist darum zu bemerken, dass das Originalwerk 1892 abgeschlossen wurde (soweit es bisher vorliegt), so dass manches jetzt nachzutragen wäre. Das geschieht seitens v. Belows (Litterarisches Centralblatt 1896 Nr. 39 u. 48). Die deutsche Kritik hat das Werk willkommen geheissen. F. S.

J. Marchand giebt in seiner Schrift La faculté des arts de l'université d'Avignon. Notice historique, accompagnée des statuts inédits de cette faculté. Paris 1897, einen kurzen Ueberblick über die Geschichte der philosophischen Fakultät der Universität Avignon. Ueber die Anfänge bis zum Ende des 16. Jahrhunderts sind wir nur sehr unvollkommen unterrichtet, zeitweise war die Fakultät ganz aufgehoben. Auch die weitere Geschichte der Fakultät bietet nicht viel Interesse, zu Bedeutung ist sie niemals gelangt. Die scholastischen Streitigkeiten der Jesuiten und Dominikaner zerrissen sie im Innern, nach aussen stellte sie das Uebergewicht der oberen Fakultäten, namentlich der juristischen, in den Schatten. Im Anhang giebt der Verfasser einen Abdruck der Statuten von 1674, ein Verzeichnis der 22 philosophischen Professoren 1667-1791 und ein Magisterdiplom der Fakultät.

Kn.

Für die von Professor Prothero herausgegebene ,,Cambridge Historical Series" hat William O'Connor Morris die Geschichte Irlands geschrieben: ,,Ireland 1494-1868", (Cambridge University Press, 372 S. 6 sh.). Das Werk passt sich dem Charakter der Serie an: es wendet sich an weite Kreise, denen es einen Ueberblick giebt, ohne auf die Selbständigkeit der Forschung den Nachdruck zu legen. Seinen Zweck erfüllt dieser Band vollkommen: leidenschaftslos und doch nicht farblos geschrieben lässt er die wichtigsten Phasen der Entwicklung deutlich hervortreten, zugleich den Leser anregend den Problemen weiter nachzugehen, welche die Geschichte dieses Landes stellt. Ueber dieser scheint dem Autor ein böses Fatum ge

waltet zu haben: eine Reihe von Zufällen stellt er fest, die scheinbar ohne innere Notwendigkeit in die natürliche Entwicklung schädigend eingegriffen haben. Eine weitere Forschung wird darnach streben das zufällig Erscheinende historisch zu begründen. Das nächstliegende Material für ein selbständiges Vorwärtsgehen bietet ein dem Bande beigegebenes willkommenes, wenn auch nicht vollständiges Litteraturverzeichnis. Von Einzelheiten sei nur erwähnt, dass die Darstellung der Verfassung von 1782 sowie die der Unionsverhandlungen (hier liegen selbständige Forschungen zu Grunde) der Korrektur bedürftig ist. Die beiden ersten Kapitel des Buches behandeln die Geschichte Irlands bis 1494 und sind als „,einleitend" bezeichnet, weil nur die neuere Geschichte in das Programm der Serie aufgenommen ist. F. S.

,,Ausgewählte Selbstbiographien aus dem 15. bis 18. Jahrh.“ hat Christian Meyer herausgegeben (Leipzig, J. J. Weber 1897), die einen weiteren Leserkreis mit den Aufzeichnungen Burkhart Zinks, Albrecht Dürers, Thomas und Felix Platters, Sastrows, Geizkoflers, Elias Holls und Joh. Ludw. Hockers bekannt machen sollen. Der Fachgelehrte findet darin nichts Neues, ebenso wenig in den Einleitungen, die der Herausgeber den einzelnen Biographien vorausgeschickt hat und die, in manchmal nicht ganz glücklicher Form, die Ergebnisse der bisherigen Forschung zusammenzufassen suchen.

,,Ueber Herberstein und Hirsfogel" handelt der Berliner Zoologe A. Nehring in einer Schrift (Berlin 1897), die dem Zoologen, dem Historiker und dem Kunsthistoriker in gleicher Weise Lehrreiches bietet. Die umstrittene Frage nach der Existenz des Ur hat den Verf. dazu geführt, die Angaben des vielgereisten Staatsmannes Sigmunds Freiherrn von Herberstein († 1566) eingehend zu prüfen, seinen Lebensgang und die zeitliche Folge seiner schriftstellerischen Arbeiten genau festzustellen und die Herkunft der beigegebenen Abbildungen zu untersuchen. Dadurch wird der Radierer Augustin Hirsfogel in den Kreis der Betrachtung gezogen und über sein Leben und seine Werke zuverlässigere Nachricht geboten, als wir sie bisher besassen. Die Schrift, in der die Existenz des Ur bejaht wird, ist sehr dankenswert und ehrenvoll für die Vielseitigkeit des Verfassers.

Von den ,,Akten und Urkunden der Universität Frankfurt a. O., herausgegeben von Georg Kaufmann und Gustav Bauch unter Mitwirkung von Paul Reh" ist das 1. Heft, welches das Dekanatsbuch der philosophischen Fakultät 1506 bis 1540 enthält, von Gustav Bauch veröffentlicht worden. (Breslau, M. & H. Marcus 1897 M. 3.-). Dieses Dekanatsbuch ist erst vor einigen Jahren von dem Herausgeber wieder aufgefunden worden. Es reicht bis 1597; es ist also nur die kleinere erste Hälfte, welche in der Publikation vorliegt. Die Einleitung behandelt eingehend die technischen Fragen, deren Erörterung am Platze ist, und weist zunächst die Lückenhaftigkeit der Matrikel nach, deren Ausgabe durch den gleichfalls erst jüngst wieder entdeckten Band der eigentlichen Rektoratsmatrikel vielfache Berichtigungen und Ergänzungen erfährt. Wir erhalten die nötigen Aufschlüsse über die Wahl des Dekans, über den Einfluss der Nationen hierauf und über die

Promotionen, welche naturgemäss den Hauptinhalt des Dekanatsbuches bilden. Eine sich anschliessende Tabelle giebt die Reihenfolge der Dekane und die Zahl der Magister- und Bakkalaureats-Promotionen in jedem Dekanate. Der Abdruck des Textes ist buchstäblich genau. Die Benutzung wird durch den jedem Promovenden beigefügten Nachweis des Matrikeleintrags sehr erleichtert. Die aufgelösten Daten würden besser an den Rand als unter den Text gesetzt worden sein. Ein Register ist wohl bei Abschluss der Ausgabe zu erhoffen. Keussen.

Im Athenaeum (Januar-Februar 1898) veröffentlicht W. Fraser Rae unter dem Titel „The Franciscan Myth" eine Reihe von Artikeln, welche Beachtung verdienen, weil sie eine Frage, welche die historische wie litterarische Forschung Englands viel beschäftigt hat, in einem, wenn auch negativen Sinne endgültig erledigen. Es handelt sich um die Autorschaft der berüchtigten,,Juniusbriefe"; galt als deren Verfasser bisher ziemlich allgemein Sir Philip Francis, so wird diese Annahme nunmehr als völlig haltlos zu betrachten sein. F. S.

Eine schöne und unerwartete Gabe bieten die bei Fisher Unwin erschienenen Private Papers of William „Wilberforce", London 1897, VII, 285. Was aus dem Nachlasse von W. sich zur Veröffentlichung eignete, durfte nach den von den Söhnen W.'s veranstalteten Publikationen (1838-40) als erschöpft angesehen werden. Hier wird eine reiche Nachlese geboten, deren historischer Wert vorzüglich in einer Reihe von Briefen von Pitt an Wilberforce zu sehen ist, welche sich in gewisser Hinsicht von allen bisher bekannt gewordenen Schreiben Pitts unterscheiden. Sie sind in einem Tone jugendlichen Uebermuts geschrieben, den wir bei Pitt sonst nicht finden; einmal in einem ernster gehaltenen Briefe erörtert P. auch mit seinem Freunde religiöse Fragen. Von grossem Werte ist dazu eine in späteren Jahren von W. verfasste ,,Skizze“ von Pitt, welche von feiner psychologischer Beobachtung zeugt und wesentliches zum Verständnis dieses Mannes beiträgt. Von geringerer Bedeutung sind die sonstigen Bestandteile des Bandes: Briefe aus dem Familien- und Freundeskreise. Aus dem Jahre 1815 befinden sich zwei Briefe von Blücher darunter. F. S.

Eine Sammlung, die auch im Kreise der Historiker Beachtung verdient, erscheint im Verlage der Photographischen Gesellschaft in Berlin: Das neunzehnte Jahrhundert in Bildnissen, herausgegeben von Karl Werckmeister. Die erste Lieferung bringt beide Brüder Grimm, Ludwig Richter, Felix Mendelsohn-Bartholdy, Werner von Siemens, Thorwaldsen, Lamartine und Lord Byron im Bilde zur Darstellung nebst den wichtigsten Angaben über ihren Lebensgang

Eine Serie von ,,Litteraturgeschichten" beginnt in dem Verlage von F. Unwin zu erscheinen. Sie wird eröffnet durch R. W. Fraser's „Literary History of India".

Zu ordentlichen Mitgliedern der Königlich Sächsischen Kommission für Geschichte sind die Herren Rektor Professor Kämmel in Leipzig, Hofrat Professor Flathe in Loschwitz bei Dresden und Professor Herm. Knothe in Dresden ernannt worden.

Zeitschriften. Die ersten Hefte einer Zeitschrift für historische Waffenkunde liegen vor, die seit 1897 erscheint, herausgegeben von dem Custos der Kaiserlichen Waffensammlung in Wien, Wendelin Boeheim, als Organ eines im Jahre 1896 gebildeten Vereins. Ein Aufsatz des Herausgebers belehrt im allgemeinen über die Zwecke, deren Dienst die Zeitschrift sich widmen wird. Entstanden in einem Zeitpunkte, wo die Waffenkunde in allmählicher Entwicklung vom Sammeln altertümlicher Merkwürdigkeiten und von der blossen Freude an kunstvollen Leistungen dazu übergeht, mit ernster Wissenschaftlichkeit die Waffe vergangener Kulturzeitalter zu betrachten, will sie diese Entwicklung an ihrem Teile fördern. Die vorliegenIden beiden Hefte enthalten unter anderem Berichte über mehrere Waffensammlungen, Untersuchungen über einzelne Schutz- und Trutzwaffen, z. B. einen sogenannten Säbel Karls des Grossen, einen Prunkharnisch in Stockholm, einen Streitkolben in der Leibwache Kaiser Karls V., auch über eine bulgarische heilige Fahne aus dem 14. Jahrhundert, dazu Literaturbesprechung und Vereinsnachrichten.

Professor Julius Wolf in Breslau giebt vom Januar dieses Jahres eine ,,Zeitschrift für Sozialwissenschaft" heraus, die sich nach den Worten der Einführung die Aufgabe stellt, die Einsichten der politisch-sozialen Wissenschaften den Kreisen der Gebildeten zugänglich zu machen, einen Vereinigungspunkt abzugeben für die Vertreter aller Wissenschaften, insofern sie sich mit sozialen Dingen beschäftigen, und endlich die Versöhnung sozialer Theorie und Praxis anzubahnen. Monatlich erscheint ein Heft, das Aufsätze, unter dem Stichwort Sozialpolitik vermischte Mitteilungen, Miszellen, eine Revue der Revuen und Buchbesprechungen in deutscher und fremdländischer Sprache enthält. Im vorliegenden ersten Heft verdienen die Aufmerksamkeit auch der Fachhistoriker eine Besprechung von P. Barths Buch,,Die Philosophie der Geschichte als Soziologie" aus der Feder Friedr. Ratzels und ein Aufsatz Aug. Onckens in Bern, der Adam Smith historisch zu würdigen unternimmt.

Die rührige historische Gesellschaft in Utrecht, die der freien Vereinigung landesgeschichtlicher Publikationsinstitute beigetreten ist, legt uns auch dieses Jahr in dem 18. Bande ihrer ,,Bijdragen en mededeelingen“ eine Reihe zum Teil sehr interessanter Publikationen zur niederländischen Geschichte des 14.-17. Jahrhunderts vor. Anschliessend an seine Veröffentlichung der Register und Rechnungen des Bistums Utrecht (1325—1336) ediert S. Muller Fz. die Rechnungen des Drostes von Twenthe aus den Jahren 1336-1339, sodass für den grössten Teil der Regierungszeit des Bischofs Johann III. v. Diest in den beiden Publikationen ein ergiebiges Material vorliegt. J. S. van Veen giebt einen interessanten Beitrag zu dem Kampfe zwischen Herzog Arnold von Geldern und seinen Unterthanen, in dem der eigene Sohn Partei gegen den Vater ergriff. (Eine Beschreibung der Zusammenkunft zwischen Arnold und Adolf bei der Belagerung von Venlo. 24. August 1459). Kulturgeschichtlich interessant ist das Fragment einer Autobiographie des als Staatsmann und Dichter bekannten Konstantin Huygens in lateinischer Prosa, das, in den Jahren 1629-1631 niedergeschrieben und somit zeitlich bei weitem beschränkter als seine Selbst

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