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dige Einheit der Sichtbarkeit als Naturgefühl in seiner höchsten Schärfe und im weitesten Umfange kund gegeben hat. Die Naturpoesie der Hebräer erfaßt das Ganze des Weltalls in seiner Einheit: sowohl das Wohnhaus der Erde als die einzelnen Himmels räume. Der hebräische Sänger erkennt die Natur ftets in ihrer Beziehung auf eine höher waltende, geistige Macht. Die Natur ist ihm ein Geschaffenes, Angeordnetes, der lebendige Ausdruck der Allgegen: wart Gottes in den Werken der Sinnenwelt. Die: ses ists, was der lyrischen Dichtung der Hebräer ihren großartigen Ausdruck, ihren feyerlichen Ernst verleihet: das Erkennen des einen Gottes, Schöpfers Himmels und der Erde strahlet wie die Tageshelle einer aufgehenden Sonne weithin über den ganzen Kreis der Naturanschaung und giebt dem Erkennen wie dem Ausdruck der Sprache ben aller Sinnbildlichkeit des letzteren eine Klarheit und Einfachheit, davon wir bey keinem andern Volke des Alterthums etwas Aehnliches finden. Was uns in den Naturschilderungen der Araber, wie dieselben etwa in dem Gedicht von Antars Thaten gefunden werden, am meisten entzückt, das ist doch nur ein schwacher Abglanz der großartigen Naturanschauung, welche dem semitischen Stamme in ungleich höherem Aufschwunge schon mehrere Jahrtausende früher eigen gewesen.

Auch die frühesten Regungen des Triebes zum Erforschen, Messen und Ergründen der äußern Sicht barkeit, worin das Wesen der zweyten Epoche der Naturkenntniß besteht, lassen sich bey den Völkern des semitischen Stammes nachweisen. Namentlich waren es die Phönicier, welche zum Erforschen des Gebietes der Länderkunde den ersten großartigen Unlauf nahmen. Sie sind als die frühesten Vermittler der Völkerverbindung vom indischen Meere an bis in den Westen und Norden des alten Continents zu betrachten. Es war der eigenthümliche Beruf jenes merkwürdigen Volkes, welches übrigens in manchen Sphären der geistigen Bildung sehr be schränkt, in den schönen Künsten jeder großartig schöpferischen Kraft fast beraubt gewesen scheint, die ersten Faden eines äußern und selbst eines innern. geistigen Verkehres der Völker des fernen Ostens wie des Westens, des Nordens wie des Südens über Länder und Meere hinüberzuspinnen. Der phönicische

Volksstamm hatte ein geregeltes (babylonisches) M1aß und Gewicht, er führte früher als selbst die hoch: gebildeten Aegypter geprägte metallische Münzen als Mittel des Handelsverkehres mit sich, vor allem aber brachte er den Völkern, mit welchen er in nähere Berührung kam, das Mittel eines geistigen Verkehres der weit von einander geschiedenen Zeiten und Länder: die Buchstabenschrift, welche die Hel lenen lange nachher noch phönicische Zeichen nannten. Es waren nicht allein technische Fertigkeiten, wie die der Glasbereitung, der Gewebe und der Purpurfárbereyen, worin die Phönicier sich auszeichneten, son: dern jener Trieb des Forschens, der dieselben über die Länder und Meere führte, brach dem Wissen auch nach andern Richtungen hin eine Bahn, vor: nämlich in die Erforschung des Sternenhimmels, dessen Lichter dem Schiffer auf seinen nächtlichen Fahrten zu Anhaltspunkten dienen, und, was auch mit ihrem Handelsgeschäft in Beziehung stand, in das Gebiet der Zahlenlehre und Rechenkunst.

Wir finden schon im Thierreich jene beyden Gaben an einem und demselben Wesen vereint: die Gabe des sinnlichen Erkennens so wie des Blickes in die Ferne und die Kraft der Fortbewegung nach dieser Ferne hin. Während in der Schnecke der Gesichtssinn eben so stumpf und beschränkt als die Be wegung langsam ist, hat der Bogel mit seinem fern: sichtigen Auge zugleich die Kraft eines schnellen über weite Raume hingehenden Bewegens erhalten. Er führt seine junge Brut, wenn diese zum Aufschwung kräftig geworden ist, von einem Land, von einem Welttheil zum andren. In ähnlicher Weise war auch den Phöniciern zugleich mit dem Forscherblick und dem Triebe des Erkennens der Erdenräume die Kraft zum Durchmessen, zum Durchwandeln dieser Räume verliehen. Die Schiffahrten der Phönicier erstreckten sich von den nördlichen und nordwestlichen Fundorten des Zinnes und Bernsteines (England und die Ostseeküsten) bis über die Tropengegenden der westafrikanischen Küste hinab; tyrische Wimpel wehten zugleich in Britannien und im indischen Ocean. Die Phönicier hatten Handelsniederlassungen in dem nördlichsten Theile des arabischen Meerbusens: in den Häfen von Elath und Ezion: Geber, wie im persischen Meerbusen, zu Aradus und Tylas, wo nach

Strabo Tempel standen, im Styl ihrer Architectur denen am Mittelmeere ähnlich. Auch der Karawa nenhandel, welchen die Poönicier trieben, um Ge würze und Weihrauch zu holen, war über Palmyra nach dem glücklichen Arabien und dem chaldäischen oder nabathäischen Gerrha, am westlichen oder arabischen Gestade des persischen Meerbusens gerichtet.

Es ist ein höchst bedeutungsvolles Moment in der Geschichte unsres Geschlechtes, welches hier unfre Aufmerksamkeit an sich zieht. Wie der Kunsttrieb, wenn der Frühling anbricht, zu gleicher Zeit alle bauende Insekten einer und derselben Art, in der Nähe wie in der Ferne ergreift, wie der Trieb zum Wandern im Herbste alle Zugvögel derselben Art im Westen wie im Osten unsres Welttheiles erfaßt und sie hinüberführt über das Meer, in ein nie gesehenes Land; so ist auch öfters eine und dieselbe geistige Regung, eine und dieselbe Hoffnung und Erwartung zu gleicher Zeit in den verschiedensten Völkern, in den Ländern des östlichen Asiens wie in Europa er: wacht. In derselben Zeit, wo im christlichen Europa die Baukunst ihre erhabensten Meisterwerke: die Tempel von vollkommen sogenannt gothischer Form errichtete, sind auch Indiens schönste Tempel entstanden; die Erwartung einer neuen, Alles um= gestaltenden Zeit hat sich vor dem Aufgang des Christenthumes in den entferntesten Völkern der Erde in Often wie in Westen, in Norden wie in Süden zugleich kund gegeben. Man darf die zweyte Epoche des Verkehres des Menschengeistes mit der ihm zunächst stehenden irdischen Sichtbarkeit, die des Erforschens der Länder und Meere als eine solche bezeichnen, wo sich in mehreren Völkern zugleich auch der kräftige Drang des Ausziehens und Wanderns, über Länder und Meere hinüber, in eine neue Hei math geregt hat. Das Volk der Phönicier und die von ihm begründete, später an Macht das MutterLand überbietende Colonie an der nordafrikanischen Küste, die der Karthaginenser, liegen in jener Hin sicht unsrer Beachtung am nächsten. Von Karthago, und wahrscheinlich von den um zwey Jahrhunderte älteren Ansiedlungen Tartessus und Gades (im südlichen Spanien) aus haben die Phönicier einen bedeutenden Theil der Westküste von Afrika erforscht und mit neuen Colonien besegt. Dort lagen die vie

len Städte der Tyrier, deren Zahl Strabo bis zu 300 angiebt, und welche von den Pharusiern und Nigriten zerstört wurden. Cerne bildete vor ihnen allen den Hauptstapelplaß der Schiffe. Die cana= rischen Inseln und die Azoren konnten von dort aus gegen Westen und Südwest, eben so wie in späterer Zeit die Drcaden, die Färoë Inseln und Island gegen Norden hin vermittelnde Stationen werden für den Uebergang aus dem östlichen nach dem westlichen Continent. Von Indien aus mag aber wahr: scheinlich zu gleicher Zeit ein Weg der Inseln nach der Westküste des südlichen Amerikas betreten worden seyn. Um zwey volle Jahrtausende später brach sich Erich Nauda die Bahn durch das nördliche Meer nach Grönland; dritthalb Jahrtausende vergiengen bis zum Anfang einer neuen Epoche des erwachenden Forschungs- und Wandertriebes: bis zu den Ente deckungsreisen des Christoph Columbus und des

Basco de Gama.

Wie das Nachtwandeln oder der Traum neben dem gewöhnlichen, alltäglichen Wachen, so steht ne ben der praktischen Richtung, namentlich der Phōnicier in der Epoche des Erforschens eine andre da, welche vorzugsweise am tuskischen Stamme erkannt wird. Ein eigenthümlicher Charakterzug dieses Stam: mes war die Neigung zum Erforschen jenes geheimnißvollen Zusammenhanges, in welchem gewisse Naturerscheinungen mit allgemeineren Ereignissen und selbst mit den Schicksalen des Menschen stehen. Ungleich näher lag dieses Bestreben dem wissenschaftlichen Erkennen des Einflusses gewisser Naturkräfte der sogenannt unwägbaren Principien auf die irdische Körperwelt; ungleich näher jenem Wissen, welches die Grundlage unsrer neuern physikalischen Disciplin bildet, als die Sterndeuterey der Chaldäer. Die Divination der Zusker, ein Geschäft der ritter: lichen Priesterkaste, veranlaßte eine tägliche Beobachtung der meteorologischen Vorgänge des Luftkreises.

(Fortschung folgt.)

Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg.

(Fortschung.)

Die Soldaten erlaubten sich alle Urten von Unfug, z. B. die Fuhrleute und Holzkärner unter den Thoren zu „ranzioniren," Bürger und Bauern in und außer der Stadt zu berauben ze. Ulle seine Beschwerden wider die Soldaten beschloß der Magistrat in einer Vorstellung dem Herzog Ernst zu überreichen, da gerade der Landesfürst, Herzog Bernhard, selbst in der Stadt anwesend ipar. Nur noch einen Monat, so vertröstete dieser in der Audienz die Magistrats: Deputirten, möchten sie Con tribution zahlen, alsdann hoffe er durch seine getroffenen Unordnungen seine Hauptstadt zu erleichtern. Die ge= steigerten Ausbrüche von Uufgeregtheit und unbestrafter Uusgelassenheit des schwedischen Militairs sollten von oben herab als Einschüchterung und von unten als Bestrafung einer Bevölkerung gelten, die sich so wenig zum Schwe dischen oder Sächsischen oder Evangelischen hinneigen mochte. Häufig kehrten die Beschuldigungen leßterer wieder, als hielten Magistrat und Bürger heimliche Zu fammenkünfte und als ließen sie sich in Verschwörungen ein. Vergeblich behauptete die Bürgerbehörde das Grundlose solcher Beschuldigungen. Um den, wie sie meinten, in den Köpfen der Bamberger und Würzburger Unterthanen spuckenden Geist der Unzufriedenheit, Unruhe und Aufwiegelung in etwas zu dämpfen, erließ der schwedische Kriegsrath am 26. Septemb. a. St. ein strenges Verbot gegen feindliche Conspiration (Beylage VI, p. 181) und am selben Darum cine Verordnung, daß alle Obrig keiten, Ucltern und Vormünder die Bamberger und Würzburger Unterthanensöhne aus kaiserlichen Kriegsdiensten zurückberufen sollten ben Strafe der Vermögens: Confis cation und des Heimathsverlustes (Beylage VII, p. 183); auch wurde dem Magistrate befohlen, nach allen Jenen, die sich verlauten lassen, daß sie bey Annäherung des Feindes in hellen Haufen zu demselben überlaufen würz den, fleißig zu forschen und die entdeckten Uebertreter der Regierung anzuzeigen (Beylage VIII, p. 185).

Zur bessern Ueberwachung der loyalen Gesinnungen des Magistrats beschloß Herzog Ernst, zwey evangelische Bürger zu Rathsgliedern desselben zu ernennen, woge: gen 2 von den 9 neugewählten katholischen Rathsfreunden austreten sollten. Uller Vorstellungen des Magistrats ungeachtet wurde wenigstens ein Evangelischer zu den 9 katholischen Räthen vom Herzog präsentirt und mit den andern vereidigt.

Un die Stelle der vom Magistrate erwarteten Er:

ledigung seiner vielen Beschwerden und Bitten traten neue Forderungen, Beskuldigungen, Drohungen und Ver: weise. Gar manche dieser Verweise würden unterblieben seyn, hätte der Magistrat die öftere Unregung von lee ren Händen" gehörig verstehen wollen. Der Kanzler Fabritius legte ihm, was seine Person anlangte, die Sache schon näher und redete von einem auch unter sächsischer (wie vorher unter schwedischer) Regierung zu empfangenden Geschenke, welches er gewiß, wie früher, wiederum zu verdienen suchen werde. Der Magistrat sandte ihm sogleich 6 Eimer des besten Weines.

4. Schwedische Administration der Abtey Ebrach. Ub tretung der Stadt Kizingen an Brandenburg: Onolz bach. Vergabung der Abtey Neustadt a/M. Neue Eintheilung der Landämter-Bezirke. Aufforderung

zur Unzeige verheimlichter an die Stifte 2c. zu ents richtender Zinsen 2c. Neue Würzburgische Regiments Verfassung. Polizenverfügung gegen die Gastwirthe. Herzog Ernst eröffnet der Stadt Würz burg Aussichten zu vortheilhaf en Einrichtungen. Beschwerden dieser Stadt. Beeidigung des Klerus. Ernennung und Instruirung einiger Repräsentanten des Klerus.

Bestimmung der Sustentations: Bezüge der Stiftsgeistlichen. Dank: und Gedächt nißfest für weil. den König Gustav Adolph von Schweden.

Gustav Adolphs Schenkungen an seine Glaubensund Kampfgenossen aus dem fränkischen Adel zur Be lohnung geleisteter und ferner noch zu leistender Dienste hatten das alte schöne Fürstenthum Würzburg überall zersplittert. Und noch war manches zur Verfügung der Krone Schweden vorbehalten. So wurde die Ubtey Ebrach im Namen Schwedens durch den schwedischen Rath und Hauptmann Hanns Heinr. von Königsberg administrirt; Stadt und Umt Kisingen an Brandenburg Onolzbach als vormalige Pfandschaft am 20. September durch von Seckendorf von Ulstadt an den brandenburgischen Vicekanzler Dr. Eyselin übergeben. Um 21. October nahmen die Schweden die Abtey Neustadt asM. samint allen Zugehörungen in Befih für den Geheimschreiber Gustav Adolphs, Lorenz Gruber de Nabben, zum Lohn für geleistete Dienste. In Folge dieser Gebietsveränderung wurde nun eine neue Eintheilung der äußern Umtsbezirke vorgenommen und 8 sogenannte Hauptmannschaften gebildet. Als Civilbehörde ward in jeder Hauptmannschaft ein Aseliger als Hauptmann (Oberamtmann) und in jedem der Hauptmannschaft einverleibten Umte ein Justiz und ein Kameralbeamter angestellt.

(Fortseßung folgt.)

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Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbe: auf ihrem Wege über Meer und Land erforscht und schreibung von Alexander von Humboldt.

(Fortseßung.)

Die Blitschauer oder Fulguratoren beschäftigten sich mit der Beobachtung der Blite, sogar (angeblich wenigstens) mit dem Herabziehen und Abwenden derselben. Sie unterschieden sorgfältig Blize aus der hohen Wolkenregion von denen, welche Saturn, ein Erdgott, von unten aufsteigen läßt und die sie sa turnische Erdblihe nannten; ein Unterschied, dessen Wirklichkeit auch unsere neuere Physik anerkannt hat. So entstanden officielle Verzeichnisse täglicher Ge= witter-Beobachtungen. Die Kunst des Wasserspürens, wie die des Hervorlockens der Quellen läßt bey den Aquilegen ein aufmerksames Erforschen natürlither Merkmale von der Schichtung des Gesteins und den Unebenheiten des Bodens voraussetzen. Mit Recht preiset deßhalb Diodor die Tusker als for: schende Naturkundige.

Fast eben so hoch als das selbstbewußte Handeln über dem Walten des Instinktes steht das, was die Griechen, und ihrer Bahn folgend zum Theil auch die Römer in dieser Epoche des For: schens der Natur geleistet, über dem, was wir so eben als das Werk andrer Völker des Alterthums in diesem Gebiet des Erkennens bezeichneten. Die Tempelweisheit der Priester, ein Eigenthum fast nur Der einzelnen Kaste, ist bey den Griechen zur eigent: lichen klar ausgesprochenen Wissenschaft und zu ei nem Gemeingut Aller durch Wort und Schrift ge= worden. Was die Flotten und Caravanen der Tyrer

geschaut hatten, das ist nur zum kleinsten Theil zur Kunde der damals lebenden Völker und noch we niger der Nachwelt gekommen; das aber, was auf dem Wege der Heereszüge Aieranders des Macedo niers vor Augen lag, das wurde alsbald eine für immer gesicherte Beute der Wissenschaft. Männer aus der Schule des Aristoteles, vor allen der redliche Antisthenes, waren Theilnehmer an dem Heereszuge des großen Eroberers der Länder; überhaupt waren es Aristoteles und seine Schüler, durch deren vereintes Wirken die Naturforschung einen Gipfel der Meisterschaft erreichte, den sie erst in einer fast um zwey Jahrtausende späteren Epoche von neuem wieder erstieg.

Die Araber waren es, nach der schon vorhin erwähnten Ansicht des Verfassers des Kosmos, welche durch ihre Arbeiten im Gebiete der Naturwissenschaft eine dritte Epoche der Entwicklungsgeschichte derselben herbeyführten: die Epoche des Experimen tirens, des Zerlegens und Wiedervereinens der Elemente des irdischen Bestehens, des Hervorrufens ei nes neuen Werdens aus der Auflösung eines schon Dagewesenen. Wenn man so fagen will, schon die Religion der moslemitischen Araber war in monstroser Weise das Erzeugniß eines solchen experimentirenden Bestrebens, eines Vorganges der Zerlegung und neuen Zusammenfügung, ähnlich allerdings nur dem Zerstossen kostbarer Perlen und der Zusammenkittung des Staubes derselben zu einer andren Form. Die Araber gehörten einem Lande an, welches ganz des Palmen und zum großen Theil des Tropen= Klimas genießt; einer Weltgegend mithin, in der

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bey erhöhter Lebenskraft der Organe das Pflanzen: reich eine Fülle der Gewürze, der balfamischen Säfte fo wie der mannigfaltigsten für die Natur des Men schen zuträglichen und heilsamen, oder auch gefahr bringenden Stoffe hervorbringt. In diesen Gegenden der heißen Zone „individualisiren" sich die organi: schen Gestalten in den kleinsten Erdräumen; es lag hierin eine Veranlassung zur vielseitigen Entwicklung einer finnlich scharfen Unterscheidungsgabe, einer Prüfung der inwohnenden Kräfte und Benuhbarkeit des reichen natürlichen Upparates durch unmittelbare er perimentirende Anwendung auf lebende, gesunde wie kranke Körper. Die Arzneymittellehre, allerdings schon durch Dioskorides gegründet, ist ihrer wissen: schaftlichen Ausbildung nach zunächst ein Werk der Araber. Sie waren es, welche die eigentliche che mische Apothekerkunst erfanden; die ersten obrigkeit: lichen Vorschriften über Bereitung der Arzneymittel, die jest sogenannten Dispensatorien, sind von ihnen ausgegangen. Diese wurden später von der salernitanischen Schule durch das südliche Europa verbreitet. Pharmazie und Materia medica, die ersten Bedürfnisse der praktischen Heilkunst, leiteten nach zwen Richtungen gleichmäßig zum Studium der Bo tanik und der Chemie. Nicht die Nüglichkeit und einseitige Anwendung allein wurde jezt an der Pflanze beachtet, sondern die Beschaffenheit der organischen Zusammenfügung und die Beziehung, in welcher die Gestaltung mit den inwohnenden Kräften steht. Eine solche physiognomische Betrachtungsweise mußte den Grund legen zur Erkenntniß der Familien und na türlichen Ordnungen, zunächst des Pflanzenreiches, zu einer Systemkunde, welche auch nach andern Sei: ten hin ihre Anwendbarkeit bewährte.

Der Kreis des Erkennens hatte schon in der zweyten Epoche des Forschens in auffallender Weise über die Meere und Länder der Erde sich erweitert, aber die Beleuchtung jenes Kreises war öfters nur eine bligartig schnell vorübergehende gewesen; die länger fortgeseßte ruhige Anschauung, die Sicherheit order eignen Erfahrung war bey gewerbtreibenden Seefahrern und bey den Begleitern einer eilenden Heeresmacht nicht vorauszusehen. Dagegen dehnte sich die Herrschaft der Araber nicht nur vom Quadalquivir bis zum Euphrat, sondern schon am Ende

des siebenten Jahrhunderts bis nach Kaschgar, Ka= bul und dem Pendschab aus, und die fast beyspiellose weltgeschichtliche Beweglichkeit jenes Volkes gab demselben zugleich mit der durch die Schärfe des Schwertes oder durch friedlichen Verkehr weit vordringenden Macht auch den tiefer gründenden, weiter reichenden Forscherblick. Aus Reinauds scharfsinni gen Forschungen lernen wir, welche gründliche Bekanntschaft die arabischen Schriftsteller mit Indien und, selbst nach dem Einfall der Mongolen in China, durch Vermittlung dieser Eroberer, mit den fernsten Länderstrichen des östlichsten Asiens besaßen. Die Geographie des Ptolemäus wurde nach Frähn schon auf Befehl des Chalifen Mamun, zwischen 813 und 833, ins Arabische überseht und es ist sogar nicht unwahrscheinlich, daß bey dieser Uebersetzung einige nicht auf uns gekommene Fragmente des Marimus Tyrius benust werden konnten. Auf diese fremde Basis gründeten jedoch die Araber durch eigne Anschauung und mühsames Forschen ihre Erdbeschrei bungen, welche den weiten Kreis von den Küsten des stillen Meeres bis zu denen von Westafrika, von den Pyrenäen bis zu dem Sumpflande Wangarah in Innerafrika umfaßten. Und nicht nur auf die Darstellung räumlicher Verhältnisse, auf Breiten und Längenbestimmungen, auf Beschreibung von Flußgebieten und Bergketten blieb die Erdkunde jezt beschränkt, sondern die Naturkräfte des Bodens, die Gaben, vor allem des Pflanzenreiches wurden ein wesentliches Element derselben. Ein wechselseitiger Austausch der Güter des einen von jenem Volksstamm bewohnten Landes mit dem andren wurde hierdurch vorbereitet und begründet; es war dieß ein Experimentiren nach größerem Maaßstab mit den Erzeugnissen und Völkern ganzer Länder und Erdstriche.

Auffallend muß es erscheinen, daß die Araber, während sie in der Pflanzenkunde so bedeutende Fortschritte machten, in der Thierkunde so wenig leisteten. Der Abscheu vor anatomischen Untersuchungen so wie vor der Menge jener Thierarten, welche nach den Vorschriften des Islam als unrein geachtet sind, mag der Grund dieses Zurückbleibens der naturgeschichtlichen Forschungen gewesen seyn. Man begnügte sich in der Boologie mit jenem Stoffe, den die Ue

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