Ein Sturm mich tief im Holz. Ich suche Schirm In einer Felsenhöhl'. Ein enger Gang
Der in den Berg hinein sich windet, lockt mich an, Zu seh'n, wohin er führe. Immer abwärts, Immer dunkler, tiefer geht's hinab.
Auf ein Mal wendet sich der Gang, und nun Steht offen eine Höhle vor mir da,
Von Menschenhand gehauen und gewölbt, Gleich einer Todtengruft · und in der Gruft,
Bei'm schwachen Glimmer einer Lampe vom Gewölb’ Herunter, seh' ich, wie zwei heil'ge Leiber, Einander gegenüber, still und hehr
Zwei alte Ritter sigen. Jezund noch, Nach siebzig Jahren, da ich euch davon
Erzähle, fährt mir's kalt durch's Rückenmark hinauf. Es war, als weckete mein Anblick fie
Aus einem sanften Schlummer. Unbefremdet, mild Und freundlich sahen sie mich an, und wohl zu thun schien's ihnen, wieder einen Menschen Zu seh'n. Sie hießen mich mit dumpfer Stimme Willkommen, sagten mir, sie wären Beide, Nachdem sie auf dem Lebensmeere lang' Herum getrieben, alt und ruhesehnend In diese stille Gruft Herabgeftiegen, da In ihrem Grab des Todes zu erwarten. Sie würden in der Welt, wo man sie suchte Und nirgends fand, schon längst für todt gehalten; Erdgeifter pflegten ihrer, brächten ihnen auch Zuweilen Kundschaft, was die Lebenden Auf Erden machten. Brehus war der Name Des einen, Geron hieß der andre,
Geron, der ältere. Vor Zeiten hatte der
In Gallien geherrscht, drauf seinem ätt'sten Sohne Das Reich gelassen, um der Ritterschaft Sich ganz zu widmen. Bald ergriff den Sohn Der gleiche Trieb. Er übergab sein Reich Dem jüngren Bruder, zog auf Abenteuer
Viel Jahre lang, kam endlich auch in diese Gruft, Sein mühvoll Leben hier mit seinem alten Vater In strenger Buße zu beschließen. Hier,
So sprach der Alte, der mir dies erzählte,
Hier ist sein Grab! Wo meines zweiten seines ist, Weiß Gott. Ihm raubte Faramund, der Franke, Thron
und Leben. Noch ein einziger ist übrig
Von meinem Blut und Stamm, mein Enkel, Geron Der Adeliche. Was von Zeit zu Zeit
Die Geister von ihm melden, ist die Nahrung, glaub' ich, Die mich nicht sterben läßt. Er ist ein Mann! und Gott vergelt's ihm, daß er meinem Blut Und Namen Ehre macht! Hier schwieg der Greis.
In diesem Augenblick entschloß ich mich Den Ritter Geron aufzusuchen, und ich zog An Uther's Hof. Da hört' ich Rühmens viel Von Geron's Tugenden; er selbst war nicht Zugegen. Und ich zog ihm nach,
Fand ihn, und wunderte mich seiner Schöne,
Der Stärke seines Urms, und seines Muths, doch mehr Der Treue seines Herzens; und er ward mir hold,
Und ich begleitet' ihn auf mancher Fahrt,
Und war der Zeuge seiner lezten Thaten.
,,Noch Knabe war er, als sein Vater Kron'
und Leben gegen Faramund verlor.
Ein alter Freund von Geron seinem Ahnherrn, Hektor der Braune, rettete den Knaben, Floh nach Britannien mit ihm, und ward Der Führer seiner Jugend, und sein Meister in Der Ritterschaft; und Geron war ihm wie
Sein eigner Sohn. Und als in einer großen Schlacht Der Alte schwer verwundet fiel, empfing ihn Geron In seine Arme, schlug mit Löwenmuth'
Zu Boden Jeden, der an seinen Freund Hand legen wollt', und trug ihn auf dem Rücken In fein Gezelt; allein das Leben ihm zu fristen Vermocht' er nicht. Und sterbend reichte Hektor Sein gutes Schwert ihm hin: Da, sprach er, nimm! Ich kenne keinen Andren, der's nach mir -
Groß und selten war Des Schwertes Tugend, reich der goldne Griff, Und reicher viel die fest gestählte Klinge; Und auf der Klinge stand in goldner Schrift:
Bermeß sich keiner, untugendlich Dies Schwertes anzumuthen sich! Treu geht über Alles, Untreu schändet Alles;
Hohn dem Mann, der seinen Schalk Verbergen will in Löwenbalg!
Der edle Jüngling nahm das heil'ge Schwert Mit nassem Aug' aus seines sterbenden Pflegvaters Hand, und hielt sich reicher drum Als wär' ein Königreich ihm angefallen. Wie er's verwaltete, deß will ich euch Ein Beispiel geben
Nicht müde seid."
Braga Bd. VIII.
Und Lanzelot vom See und seine Dame,
Die schöne Königin, betheuerten
Im Namen aller Gegenwärtigen,
Sie würden ihm den ganzen Rest der Nacht
So zuzuhören nimmer müde werden.
Der Alte, unter seinen grauen Augenwimpern Hervor, schießt einen scharf gespigten Blick Auf Lanzelot und auf die Königin,
und Beider Augen sinken vor dem Blick Des Edlen. Eine kurze Stille folgt,
Und fort fuhr Branor:,,In denselben Tagen lebte Im Brittenland ein edler Ritter, Danayn Der Rothe, Herr der Burg zu Matbank. Geron der Adeliche ward sein Spießgesell und Freund; sie schworen sich den Todesbund, Und ihrer Beider Liebe ward im Land umher Zum Sprüchwort. Und die Frau zu Maloank, Des Danayn's Vermälte, war das schönste Weib Im ganzen Brittenland, das schöner Weiber Vor allen Landen sich berühmen mag.
Sie ohne Liebesregung anzuschauen, war Unmöglich. Geron, wie er sie zum ersten Mal Erblickte, dacht' in seinem Herzen: Ah! Der thäte wahrlich keinen theuren Kauf, Der eine Nacht in dieses Weibes Urm
Mit seinem Leben kaufte! Und von diesem Nu Vermied er streng, in's Auge ihr zu seh'n, Sprach selten bei ihr an, und nie allein, Noch anders, als in seines Freundes Gegenwart, In dessen treues Herz und Biederauge
Kein Argwohn kam. Sie zogen Monden lang Und länger oft zusammen aus auf Abenteuer
In fremden Landen, oder an die Höfe, Der Fürsten, wo in Ritterspielen Ruhm Zu holen war: und wenn nach Maloank Sie wieder kamen, blieb Herr Geron fest Bei seiner Weise, haltend ob dem Bund, Den er gemacht mit seinen Augen; so Daß, wer ihn fah, geschworen hätt', ihm sei Die schöne Frau pon Maloank nicht mehr Noch weniger, als jedes andre Weih.
,,3um Unglück war das Herz der schönen Frau So nicht verwahrt, wie feines. Ihr erschien Bei'm ersten Anblick Geron als der Mann Aus allen Männern, dem ein edles Weib Den Sold der Minne nicht versagen könnte; Und ungewahrsam läßt sie auf und ab Die Augen schweifen auf der stattlichen Gestalt, und schaut ihn an und wieder an, Wie schön er ist, berauscht ihr Aug' und Herz An ihm, nichts Böses ahnend; nennt es Freundschaft und Höflichkeit, und täuschet sich mit Namen, So lange bis sie sich nicht länger täuschen kann, Und nun zu heiß die Wunde brennt, fie dem Zu bergen, der allein fie heilen mag.
,,Des Weibes Liebe hat ein Falkenauge. Wie sehr sich Geron ihr verbergen will, Sobald fein Auge mit dem ihrigen
Zusammentrifft, so sieht sie, oder glaubt zu seh'n, Es glimm' in seinem trüben Feuer
In dieser Hoffnung lau'rt fie auf Gelegenheit Allein mit ihm zu sein, und wie es ihr Gelingt, bekennt sie ihm ihr Liebesweh.
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