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7. Die Ratten sind verpfiffen, nun frisch den güldnen Lohn,
Zum Säckel rasch gegriffen! O weh! Da sprach mit Hohn
Der Rat: „Mit Zaubertücken

Soll uns kein Schelm berücken;
Geh nur, du hast ihn schon!"

8. Er ging, doch kam er wieder, schön war die Sommerzeit,
Froh sah der Himmel nieder, still war es weit und breit.
Vom Gotteshause mächtig

Klang Orgelton; andächtig
Saß dort die Christenheit.

9. 3m Jägerkleide kam er, sein Hut war feuerrot;
Sein Pfeiflein wiedernahm er, sein Antlik böse droht.
Es war so voller Grauen,

So furchtbar anzuschauen,
Als käm' der grimme Tod.

10. Er pfeift, die Kinder springen aus Hof und Haus hervor;
Es war ein seltsam Klingen; sie hörten's nie zuvor.
Die Knaben und die Mädchen,

Er führt sie durch das Städtchen,
Er führt sie durch das Tor.

11. Am Koppelberg sie halten, der Berg ist aufgetan;
Sie gehn, tief in die Spalten geht pfeifend er voran.
Es sah, wie dort sie standen,

Es sah, wie sie verschwanden,
Nur eine Magd mit an.

12. Leer standen Haus und Kammer o du betrübte Zeit!
Es irrt der Mütter Jammer wehklagend weit und breit. -

Weh' euch, die's also wollten!

Untreu' ward schwer vergolten

Mit ew'gem Herzeleid.

131. Der wilde Jäger im Odenwalde.

Bon A. Schreiber.

Sagen aus den Rheingegenden, dem Schwarzwalde und den Vogesen. Frankfurt a. M. 1848. 6. SIL

1. Bei Hörnerklang,

85 Bei Gejohl und Gesang,

Was zieht dahin das Tal entlang?

Die Rosse trappeln, die Rüden bellen,

Und es will kein Sternlein die Nacht erhellen.

2. Sieh Fackelschein

40 Dort auf Rodenstein,

Da geht der brausende Zug hinein;
Es frächzte der alte Unglücksrabe

Und weckte den Jäger aus dem Grabe.

3. Um Mitternacht

45 Da ist er erwacht,

Er witterte Blut der nahen Schlacht;
Da schlug er ans Schwert mit knöchernen
Händen,

Daß schnell zu ihm die Genossen sich fänden.

4. Sein Felsenhaus

Dort liegt es in Graus,

Dort zog er im Leben ein und aus,

Und freute sich, Menschen und Wild zu heßen
Und mit rauchendem Blut den Forst zu neßen.
5. Auf Rodenstein
Da lehrt' er einst ein,

Da war eine Maid, gar hold und fein,
Wie die Engel Gottes auf Erden wallen;
Der Jäger, er fand an ihr Gefallen.

6. Er sprach zu ihr
Mit frecher Begier:

"Hinüber auf Schnellerts folgst du mir!“ Die holde Jungfrau ergreift ein Zagen, Doch hat sie den Mut, Nein, nein!" sagen.

"

zu

7. Der Jägersmann Blickt grimmig fie an:

"Nun sollst du erfahren, was Rache kann!" Mit diesen Worten eilt er von dannen Und sammelt um Mitternacht seine Mannen.

8. Er jagt zu Roß Weit voran dem Troß,

Er umzingelt der Jungfrau stilles Schloß; Bald lodern empor die wilden Flammen Und schlagen über dem Dache zusammen.

9. Die Glut so rot, Das Geheul der Not,

In wirbelnder Lohe der preisliche Tod!
Es möchten sich wohl die Stein' erbarmen,
Der Jäger, er spottet noch frech der Armen.

10. Im Morgengrau Stürzt prasselnd der Bau,

Und der Rauch umdüstert den Wald und die Au.

Jezt läßt der Jäger mit gräßlichem Höhnen Ringsum die jubelnden Hörner ertönen.

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132. Graf Hugo von Egisheim1).
Von Aug. Stöber.

Gedichte. Mühlhausen i E. 1867. S. 155.

1. Lawinen donnern, es rast der Föhn,
Ein Mann irrt auf den Alpenhöh'n;
Die dunkeln Haare fliegen wild,
Kaum hält der Stab das Jammerbild.

2. Sturzbäche brausen ins Gletschertal,
Er schreitet drüber, er achtet's keinmal;
Er ruft ins dumpfe Wellengetös':
O heiliger Vater, die Seel' erlös'!"

3. Schon winket ihm drüben das blühende
Land,

Er schürzet rascher das Bußgewand;
Aus der schwellenden Goldorange Saft
Saugt er sich gierig belebende Kraft.

4. So wankt er fürder zum Tiberstrom, Vor den Blicken liegt ihm das heilige Nom; Doch will er nicht gönnen den Gliedern Rast, Bis er losgewälzet des Frevels Last.

5. Er wirft sich flehend vor Leos Thron: ,,Gib Gnade! Gnade! dem sündigsten Sohn!

Berkünd ihm, ob der Kirche Huld
Kann tilgen des Kindermordes Schuld!

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8. Laut jammernd verhüllt er sein Angesicht, Und Leo hält sich länger nicht. "Graf Hugo! mein Vater! Brunos Herz

Soll brechen dein letter Erdenschmerz!

9. DerKnappe, dem du bezahlt mein Blut, Er ließ mich wandern in Gottes Hut; Ein Hirschlein hat er statt meiner erlegt, Sein Herz dir gebracht; das meine schlägt!

10. "Das meine schlägt, o Bater, so hell, Laut ruft es und fleht zum Gnadenquell: Heiland, der am Kreuz erblich,

Des Vaters, des Vaters erbarme dich!"

1) Sein Sohn Bruno, den 21. Juni 1002 geboren, gelangte als Leo IX. 1049 auf den päpstlichen Thron und starb den 19. April 1054.

22

133. Elifabeths Rosen. Bon L. Bechstein.

Gedichte. Frankfurt a. M. 1836. S. 237.

1. Sie stieg herab, wie ein Engelbild, 5 Die heil'ge Elisabeth, fromm und mild, Die Gaben spendende, hohe Frau Bom Wartburgschloß auf die grüne Au.

2. Sie trägt ein Körbchen, es ist verhüllt, Mit milden Gaben ist's vollgefüllt. 10 Schon harren die Armen am Bergesfußz Auf der Herrin freundlichen Liebesgruß. 3. So geht sie ruhig - doch Argwohn stahl Durch Verräters Mund sich zu dem Gemahl, Und plößlich tritt Ludwig ihr zürnend nah 15 Und fragt die Erschrockne: „Was trägst du da?"

4. Herr, Blumen!" bebt's von den Lippen ihr.

"Ich will sie sehen! Zeige sie mir!" Wie des Grafen Hand das Körbchen enthüllt, Mit duftenden Rosen ist's erfüllt.

5. Da wird das zürnende Wort gelähmt, Vor der edlen Herrin steht er beschämt; Vergebung erflehet von ihr sein Blick, Vergebung lächelt fie sanft zurüď.

6. Er geht, und es fliegt ihres Auges Strahl Fromm dankbar empor zu dem Himmelssaal. Dann hat sie zum Tal sich herabgewandt Und die Armen gespeiset mit milder Hand.

134. Das wilde Heer.

Bon L. Bechstein.

Gedichte. Frankfurt a. M. 1886. S. 269.

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3. Da wird vom Berg die Kunde Oft in den Hütten laut, 30 So schaurig, daß der Runde. Der Spinnerinnen graut.

4. Es wohnen dunkle Mächte
Tief in des Berges Schoß,
Und während der zwölf Nächte
35 Läßt sie die Hölle los.

5. Da dröhnt's wie Horngeschmetter
Tief aus des Berges Kluft,
Da braust's wie Hagelwetter
Hoch oben in der Luft.

40 6. Da schallt ein lautes Heulen
Bon Stimmen, dumpf und hell,
Bald wie der Schrei der Eulen,
Bald wie der Hunde Gebell.

7. In Menschen- und Tiergestalten

45 Zeigt sich ein Geistertroß, Von Jungen, wie von Alten, Und Jäger, hoch zu Rog.

8. So zieht das Spukgelichter,
Ein grausenvoller Schwarm,
Im Nacken die Gesichter,
Oder Schädel unterm Arin.

9. Die dumpfen Hörner schallen
Weit über der Wälder Nacht,
Die Beitschenhiebe knallen,
Und Eich' und Fichte kracht.

10. Boran den Höllenbränden
Da schreitet stets ein Greis;
Der trägt in seinen Händen
Ein Stäbchen silberweiß.

11. Der Alte warnt getreulich,
Daß jeder schnell entflieht,
Wenn jenes Jagdheer greulich
Mit Lärm waldüberzieht.

12. Oft, wenn das Heer in Lüften
Daherrauscht über die Höh'n,
Sieht man auf Waldestriften
Den treuen Ecart gehn.

13. Und will's im Osten tagen,
Und dämmert Morgenschein,
Da zieht das tolle Jagen
All' wieder zum Berg hinein.

14. Oft tönt die Klage vom weiten
Von Geistern, im Berg gebannt,
Drum ward er vor alten Zeiten
Hör-Seelen- Berg genannt.

135. Jesus und das Moos.

Von H. v. Chezy.

Hier nach: 3. Hammer, Leben und Heimat in Gott. Leipzig 1862. S. 41.

1. In tiefer Schlucht, in Waldes Schoß Entsproßt das falbe, zarte Moos,

Ein Teppich fanft und weich,
Den Blicken zeigt es sich nur klein,
Doch schließt sein Bau ein Wunder ein
Bon Wipfel, Laub und Zweig. -

2. Zu Rosenglut und Waldesgrün Schaut hin das Moos und seufzt: "Solch Blühn

Gab mir der Himmel nicht!
Biel' Tritte rauschen über mir,
Und nicht ein Auge steht mich hier;
Denn alle lockt das Licht."

3. Und sieh! da tommt im Abendschein Der Heiland wandelnd durch den Hain Mit bleichem Angesicht;

Mit wundem Fuß er weiter mußt',
Und fühlt nun solches Moos mit Luft
Zu seinen Füßen dicht.

-

4. Er fam erst durch die Wüste her, Da brannte Sand und Sonne sehr; Nun kühlt das sanfte Moos.

Da spricht der Heiland: "Vatershand
Hat solche Lieb' auf mich verwandt,
In Zartheit ernst und groß!

5. "Welch Auge mag so blöde sein,
Erkennt nicht in der Kleinheit dein
Des Schöpfers Macht und Huld? —
Du zierlich Kraut, so außer acht —
Dein hat der Vater auch gedacht!
Dein Los, trag's mit Geduld!" -

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6. Dies Wort bracht Jesus kaum her

vor,

Da sprießt es aus dem Moos empor,
Ein Röslein wundermild;
Moosröslein wurd' es bald genannt;
Das blühet nun in jedem Land,
Der Demut stilles Bild.

7. Des Heilands Erdenleid versüßt
Hat es die Füß' ihm sanft gefügt,
Da wurd' ihm solch ein Lohn!

Herz! sei immer rein und weich);
Bist du bedrückt dem Moose gleich,
Dann knospt die Rose schon!

136. Die Trauerweide.
Bon L. v. Plönnies.

Hier nach: A. Hungari, Gottesblumen. Frankfurt a. M. 1850. TL. II, S. 44.

Trauerweide, Trauerweide!

Warum senkst in tiefem Leide

Du die Zweige still herab,

Neigeft dich auf jedes Grab?
Warum nicht in heitre Lüfte,
In das Meer der Ätherdüfte
Hebft du frisch und frei das Haupt?
Wer hat dir das Glad geraubt?
Trauerweide, laß dich fragen:
Welches Leid hat dich geschlagen?"

Bon dem letzten Wort erschüttert,
Sah ich bang die Weide schwanken;
Wie vom mächt'gen Blitz zersplittert,
Sah ich beben sie und wanken.
Säuselnd durch die schwanken Zweige
Drang ihr Wort, das schmerzensreiche:
Trauerweide ist mein Namen,
Und mit Recht,

Leid und Trauer trägt im Samen
Mein Geschlecht!

An der Trauer ich mich weide
Ewiglich;

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137. Der gerettete Jüngling.

Von G. v. Herder.

Sämtliche Werke. Herausgegeben von B. Suphan. Berlin 1882. Bd. XXVIII, S. 179.
Ift (mit Tränen fag' ich es) ein Räuber."
"Dieses Jünglings Seele", sprach Johannes,
"Fobr' ich einst von dir. Jedoch, wo ist
er?"

Eine schöne Menschenseele finden
3st Gewinn; ein schönerer Gewinn ist,
Sie erhalten, und der schönst' und schwerste,
Sie, die schon verloren war, zu retten.

Sankt Johannes, aus dem öden Patmos
Wiederkehrend, war, was er gewesen,
10 Seiner Herden Hirt. Er ordnet' ihnen
Wächter, auf ihr Innerstes aufmerksam.

In der Menge sah er einen schönen
Jüngling; fröhliche Gesundheit glänzte
Bom Gesicht ihm, und aus seinen Augen
16 Sprach die liebevollste Feuerseele.

"Diesen Jüngling", sprach er zu dem Bischof,

„Nimm in deine Hut! Mit deiner Treue Stehst du mir für ihn! Hierüber zeuge 20 Mir und dir vor Christo die Gemeine!"

25

Und der Bischof nahm den Jüngling zu sich,
Unterwies ihn, sah die schönsten Früchte
In ihm blühn, und weil er ihm vertraute,
Ließ er nach von seiner strengen Aufsicht.

Und die Freiheit war ein Neg des Jüng-
lings.

Angelockt von füßen Schmeicheleien, Ward er müßig, kostete die Wollust, Dann den Reiz des fröhlichen Betruges, 30 Dann der Herrschaft Reiz; er sammelt' um fich

Seine Spielgesellen, und mit ihnen Zog er in den Wald, ein Haupt der Räuber. Als Johannes in die Gegend wieder= 35 Kam, die erste Frag' an ihren Bischof War: Wo ist mein Sohn ?" . storben!"

40

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Er ist ge= Sprach der Greis und schlug die Augen nieder. "Wann und wie ?" Er ist Gott abge

storben!

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Auf dem Berge dort." "Ich muß ihn

sehen."

"

Und Johannes, kaum dem Walde nahend,
Ward ergriffen (ebendieses wollt' er).
"Führet", sprach er, mich zu eurem Führer!"
Vor ihn trat er, und der schöne Jüngling
Wandte sich; er konnte diesen Anblic
Nicht ertragen. "Fliehe nicht, o Jüngling,
Nicht, o Sohn, den waffenlosen Vater,
Einen Greis! Ich habe dich gelobet
Meinem Herrn und muß für dich antworten.
Gerne geb' ich, willst du es, mein Leben
Für dich hin; nur dich fortan verlassen
Kann ich nicht! Ich habe dir vertrauet,
Dich mit meiner Seele Gott verpfändet."
Weinend schlang der Jüngling seine Arme
Um den Greis, bedeckete sein Antlig,
Stumm und starr; dann stürzte statt der Ant-

wort

Aus den Augen ihm ein Strom von Tränen.

Auf die Kniee sant Johannes nieder,
Küßte seine Hand und seine Wange,
Nahm ihn neugeschenket vom Gebirge,
Läuterte sein Herz mit süßer Flamme.
Jahre lebten sie dann unzertrennet
Miteinander; in den schönen Jüngling
Goß sich ganz Johannes' schöne Seele.
Sagt, was war es, was das Herz des
Jünglings

Also tief erkannt' und innig festhielt
Und es wiederfand und unbezwingbar
Rettete? Ein Sankt-Johannes-Glaube,
Zutrau'n, Festigkeit und Lieb' und Wahrheit.

138. Der Tapfere.

Von G. v. Herder.

Sämtliche Werle. Herausgegeben von B. Suphan. Berlin 1882. Bd. XXVIII, S. 182.
Ein edler Held ist, der fürs Vaterland,
46 Ein edlerer, der für des Landes Wohl,
Der edelste, der für die Menschheit kämpft.
Ein Hoherpriester, trug er ihr Geschick
In seinem Herzen und der Wahrheit Schild
Auf seiner Brust. Er steht im Felde, Feind |
60 Des Aberglaubens und der Üppigkeit,

Und fällt, der höchsten Majestät getreu,
Dem redlichen Gewissen, das ihm sagt:
Er suchte nicht und floh nicht seinen Tod.

Des Irrtums und der Schmeicheleien Feind,

"Was tötet ihr die Glieder?" rief die
But

Des Heidenpöbels. „Sucht und würgt das
Haupt!"

Man sucht den frommen Polykarpus, ihn,

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