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Sie gehn und bringen dann die toten ohne Beben,
Als follt, ein Wundermann, der Meister sie beleben.
Der jüngste aber bringt sein Vögelein lebendig.

Was würgtest du es nicht?" Er sprach darauf verständig:
Weil ich den Ort nicht fand, o Meister, welchen du
Mich suchen hießest, da kein Blick mir sähe zu:

Ein Blick fieht überall, er sieht aufs Leben nieder,

Wie mein's, des Vögeleins; drum bring' ich's lebend wieder."
Der Meister sah sich um, die Schüler waren stumm ;

Den jüngsten zog er vor nun wußten sie warum.

170. Der Kampf mit dem Drachen. (26. August 1798.)
Bon F. v. Schiller.

Sämtliche Schriften. Historisch-kritische Ausgabe von K. Goedete Stuttgart 1871. TI. XI, S. 272.

1. Was rennt das Volk, was wälzt sich dort
Die langen Gassen brausend fort?
Stürzt Rhodus unter Feuers Flammen ?
Es rottet sich im Sturm zusammen,
Und einen Ritter, hoch zu Roß,
Gewahr' ich aus dem Menschentroß,
Und hinter ihm, welch Abenteuer!
Bringt man geschleppt ein Ungeheuer,
Ein Drache scheint es von Gestalt
Mit weitem Krokodilesrachen,
Und alles blickt verwundert bald
Den Ritter an und bald den Drachen.

2. Und tausend Stimmen werden laut:
„Das ist der Lindwurm, kommt und schaut!
Der Hirt und Herden uns verschlungen,
Das ist der Held, der ihn bezwungen!
Biel' andre zogen vor ihm aus,
Zu wagen den gewalt'gen Strauß,
Doch teinen sah man wiederkehren,
Den fühnen Ritter soll man ehren!"
Und nach dem Kloster geht der Zug,
Wo Sankt Johanns des Täufers Orden,
Die Ritter des Spitals, im Flug
Zu Rate sind versammelt worden.

3. Und vor den edlen Meister tritt
Der Jüngling mit bescheidnem Schritt,
Nachdrängt das Volk mit wildem Rufen,
Erfüllend des Geländers Stufen.

Und jener nimmt das Wort und spricht:
Ich hab' erfüllt die Ritterpflicht.

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Der Drache, der das Land verödet,
Er liegt von meiner Hand getötet,
Frei ist dem Wanderer der Weg,
Der Hirte treibe ins Gefilde,
Froh walle auf dem Felsensteg
Der Pilger zu dem Gnadenbilde."

4. Doch strenge blickt der Fürst ihn an Und spricht: Du hast als Held getan;

Der Mut ist's, der den Ritter ehret,
Du hast den kühnen Geist bewähret.
Doch sprich! was ist die erste Pflicht
Des Ritters, der für Christum ficht,
Sich schmücket mit des Kreuzes Zeichen ?"
Und alle ringsherum erbleichen.
Doch er, mit edlem Anstand, spricht,
Indem er sich errötend neiget:
„Gehorsam ist die erste Pflicht,

Die ihn des Schmuckes würdig zeiget."

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5. Und diese Pflicht, mein Sohn", versetzt
Der Meister, hast du frech verlegt.
Den Kampf, den das Gesetz versaget,
Hast du mit frevlem Mut gewaget!"
Herr, richte, wenn du alles weißt",
Spricht jener mit geseßtem Geist,

"

Denn des Gesetzes Sinn und Willen
Bermeint' ich treulich zu erfüllen.
Nicht unbedachtsam zog ich hin,
Das Ungeheuer zu betriegen;
Durch List und flug-gewandten Sinn
Versucht' ich's, in dem Kampf zu siegen.

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6. Fünf unsres Ordens waren schon,
Die Zierden der Religion,

Des kühnen Mutes Opfer worden;
Da wehrtest du den Kampf dem Orden.
Doch an dem Herzen nagte mir
Der Unmut und die Streitbegier,
Ja selbst im Traum der stillen Nächte
Fand ich mich feuchend im Gefechte,
Und wenn der Morgen dämmerud kam
Und Kunde gab von neuen Plagen,
Da faßte mich ein wilder Gram,
Und ich beschloß, es frisch zu wagen.

7. Und zu mir selber sprach ich dann:

, Was schmückt den Jüngling, ehrt den Mann?
Was leisteten die tapfern Helden,
Von denen uns die Lieder melden?

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Die zu der Götter Glanz und Ruhm
Erhub das blinde Heidentum ?
Sie reinigten von Ungeheuern
Die Welt in kühnen Abenteuern,
6 Begegneten im Kampf dem Leu'n
Und rangen mit dem Minotauren,
Die armen Opfer zu befrei'n,
Und ließen sich das Blut nicht dauren.

8.,3ft nur der Sarazen es wert,
10 Daß ihn bekämpft des Christen Schwert?
Bekriegt er nur die falschen Götter?
Gesandt ist er der Welt zum Retter.
Bon jeder Not und jedem Harm
Befreien muß sein starker Arm,
16 Doch seinen Mut muß Weisheit leiten,
Und List muß mit der Stärke streiten.'
So sprach ich oft und zog allein,
Des Raubtiers Fährte zu erkunden;
Da flößte mir der Geist es ein,

20 Froh rief ich aus:, Ich hab's gefunden!' 9. Und trat zu dir und sprach dies Wort: ,Mich zieht es nach der Heimat fort'. Du, Herr, willfahrtest meinen Bitten, Und glücklich war das Meer durchschnitten. 25 Kaum stieg ich aus am heim'schen Strand, Gleich ließ ich durch des Künstlers Hand, Getreu den wohlbemerkten Zügen, Ein Drachenbild zusammenfügen. Auf kurzen Füßen wird die Last 30 Des langen Leibes aufgetürmet, Ein schuppicht Panzerhemd umfaßt Den Rücken, den es furchtbar schirmet.

10. Lang strecket sich der Hals hervor,
Und gräßlich, wie ein Höllentor,
35 Als schnappt' es gierig nach der Beute,
Eröffnet sich des Rachens Weite.

Und aus dem schwarzen Schlunde dräu'n
Der Zähne stachelichte Reih'n,
Die Zunge gleicht des Schwertes Spize;
40 Die kleinen Augen sprühen Blige,
In einer Schlange endigt sich
Des Rückens ungeheure Länge,
Rollt um sich selber fürchterlich,

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Daß es um Mann und Roß sich schlänge.

11. Und alles bild' ich nach genau, Und kleid' es in ein scheußlich Grau; Halb Wurm erschien's, halb Molch und Drache,

Gezeuget in der gift'gen Lache.

60 Und als das Bild vollendet war, Erwähl' ich mir ein Doggenpaar,

Gewaltig, schnell, von flinken Läufen,
Gewohnt, den wilden Ur zu greifen ;
Die het' ich auf den Lindwurm an,
Erhize sie zu wildem Grimme,
Zu fassen ihn mit scharfem Zahn,
Und lenke sie mit meiner Stimme.

12. „Und wo des Bauches weiches Vlies
Den scharfen Bissen Blöße ließ,
Da reiz' ich sie, den Wurm zu packen,
Die spizen Zähne einzuhacken.
Ich selbst, bewaffnet mit Geschoß,
Besteige mein arabisch Roß,
Bon adeliger Zucht entstammet;
Und als ich seinen Zorn entflammet,
Rasch auf den Drachen spreng' ich's los
Und stadhl' es mit den scharfen Sporen,
Und werfe zielend mein Geschoß,
Als wollt' ich die Gestalt durchbohren.

13. „Ob auch das Roß sich grauend bäumt Und knirscht und in den Zügel schäumt, Und meine Doggen ängstlich stöhnen, Nicht raft' ich, bis sie sich gewöhnen. So üb' ich's aus mit Emsigkeit, Bis dreimal sich der Mond erneut, Und als sie jedes recht begriffen, Führ' ich sie her auf schnellen Schiffen. Der dritte Morgen ist es nun, Daß mir's gelungen, hier zu landen ; Den Gliedern gönnt' ich kaum zu ruhn, Bis ich das große Werk bestanden.

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Auf dreimal dreißig Stufen steigt Der Pilgrim nach der steilen Höhe, Doch, hat er schwindelnd sie erreicht, Erquickt ihn seines Heilands Nähe.

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16. Tief in den Fels, auf dem es hängt,

Ist eine Grotte eingesprengt,

Bom Tau des nahen Moors befeuchtet,
Wohin des Himmels Strahl nicht leuchtet.
Hier hausete der Wurm und lag,
Den Raub erspähend, Nacht und Tag.
So hielt er, wie der Höllendrache,
Am Fuß des Gotteshauses Wache;
Und kam der Pilgrim hergewallt
Und lenkte in die Unglücksstraße,
Hervorbrach aus dem Hinterhalt
Der Feind und trug ihn fort zum Fraße.
17.,,Den Felsen stieg ich jest hinan,
Eh' ich den schweren Strauß begann;
Hin kniet' ich vor dem Christuskinde
Und reinigte mein Herz von Sünde.
Drauf gürt' ich mir im Heiligtum
Den blanken Schmuck der Waffen um,
Bewehre mit dem Spieß die Rechte,
Und nieder steig' ich zum Gefechte.
Zurücke bleibt der Knappen Troß;
Ich gebe scheidend die Befehle,
Und schwinge mich behend aufs Roß,
Und Gott empfehl' ich meine Seele.
18.,,Kaum seh' ich mich im ebnen Plan,
Flugs schlagen meine Doggen an,
Und bang beginnt das Roß zu keuchen
Und bäumet sich und will nicht weichen;
Denn nahe liegt, zum Knäu'l geballt,
Des Feindes scheußliche Gestalt
Und sonnet sich auf warmem Grunde.
Aufjagen ihn die flinken Hunde:
Doch wenden sie sich pfeilgeschwind,
Als es den Rachen gähnend teilet
Und von sich haucht den gift'gen Wind
Und winselnd wie der Schakal heulet.

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19. Doch schnell erfrisch' ich ihren
Mut;

Sie fassen ihren Feind mit Wut,
Indem ich nach des Tieres Lende
Aus starker Faust den Speer versende;
Doch machtlos, wie ein dünner Stab,
Prallt er vom Schuppenpanzer ab.
Und eh' ich meinen Wurf erneuet,
Da bäumet sich mein Roß und scheuet
An seinem Basiliskenblick
Und seines Atems gift'gem Wehen,

Und mit Entseßen springt's zurüď, Und jego war's um mich geschehen

--

20. Da schwing' ich mich behend vom
Roß,

Schnell ist des Schwertes Schneide bloß;
Doch alle Streiche sind verloren,
Den Felsenharnisch zu durchbohren.
Und wütend mit des Schweifes Kraft
Hat es zur Erde mich gerafft;
Schon seh' ich seinen Rachen gähnen,
Es haut nach mir mit grimmen Zähnen,
Als meine Hunde, wutentbrannt,
An seinen Bauch mit grimm'gen Bissen
Sich warfen, daß es heulend stand,
Bon ungeheurem Schmerz zerrissen.
21.,,Und eh' es ihren Bissen sich
Entwindet, rasch erheb' ich mich,
Erspähe mir des Feindes Blöße
Und stoße tief ihm ins Gekröse
Nachbohrend bis ans Heft den Stahl.
Schwarzquellend springt des Blutes Strahl;
Hinsinkt es und begräbt im Falle
Mich mit des Leibes Riesenballe,
Daß schnell die Sinne mir vergehn,
Und als ich neugestärkt erwache,
Seh' ich die Knappen um mich stehn,
Und tot im Blute liegt der Drache."
22. Des Beifalls lang gehemmte Lust
Befreit jezt aller Hörer Brust,
Sowie der Ritter dies gesprochen;
Und zehnfach am Gewölb' gebrochen
Wälzt der vermischten Stimmen Schall
Sich brausend fort im Widerhall.
Laut fordern selbst des Ordens Söhne,
Daß man die Heldenstirne kröne,
Und dankbar im Triumphgepräng'
Will ihn das Volk dem Volke zeigen.
Da faltet seine Stirne streng

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Der Meister und gebietet Schweigen.

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16 Werke. Nach den vorzüglichsten Quellen revidierte Ausgabe. Berlin 1868. Tl. I (Gedichte, herausgegeben von F. Strehlle) 6. 233.

1. Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,

Ein Fischer saß daran,

Sah nach dem Angel ruhevoll,

20 Kühl bis ans Herz hinan.

25

Und wie er sitt und wie er lauscht,
Teilt sich die Flut empor:
Aus dem bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor

2. Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
"Was lockst du meine Brut
Mit Menschenwiß und Menschenlist
Hinauf in Todesglut?

Ach, wüßtest du, wie's Fischlein ist

30 So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.

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3. „Labt sich die liebe Sonne nicht,

Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht,
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ew'gen Tau?"

4. Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Nest' ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.

Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war's um ihn geschehn:

Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.

172. Der Reiter und der Bodensee. (1826.)

Von 6. Schwab.

Gedichte. Stuttgart und Tübingen 1851. S. 402.

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7. In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus,

Die Bäume gingen, die Felsen aus;

8. So flieget er hin eine Meil' und zwei, Er hört in den Lüften der Schneegans Schrei; 9. Es flattert das Wasserhuhn empor, Nicht anderen Laut vernimmt sein Ohr; 10. Keinen Wandersmann sein Auge schaut,

Der ihm den rechten Pfad vertraut.

11. Fortgeht's wie auf Samt auf dem
weichen Schnee.

Wann rauscht das Wasser, wann glänzt der
See?

12. Da bricht der Abend, der frühe, herein: Von Lichtern blinket ein ferner Schein.

13. Es hebt aus dem Nebel sich Baum an Baum,

Und Hügel schließen den weiten Raum.

14. Er spürt auf dem Boden Stein und Dorn,

Dem Rosse gibt er den scharfen Sporn.

15. Und Hunde bellen empor am Pferd, Und es winkt im Dorf ihm der warme Herd.

16. Willkommen am Fenster, Mägdelein, An den See, an den See, wie weit mag's sein?"

17. Die Maid sie staunet den Reiter an: „Der See liegt hinter dir und der Kahn. 18. Und dect' ihn die Rinde von Eis nicht zu,

Ich spräch', aus dem Nachen stiegest du." 19. Der Fremde schaudert, er atmet schwer:

"Dort hinten die Ebne ritt ich her!" 20. Da recet die Magd die Arm' in die Höh':

,,Herr Gott! so rittest du über den See! 21. Au den Schlund, an die Tiefe bodenlos,

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Hat gepocht des rasenden Hufes Stoß!

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Schlund,

Sein Geist versinkt in den schwarzen Grund.

30. Im Ohr ihm donnert's wie krachend Eis, Wie die Well' umrieselt ihn falter Schweiß.

31. Da seufzt er, da sinkt er vom Roß herab: Da ward ihm am Ufer ein trocken Grab.

173. Der Normann.
Von L. Giesebrecht.

Gedichte (VI. Buch des Meeres). Leipzig 1836. S. 112.

1. Siehst du die Krone auf den Sparren?

"

Bald wird mein Häuschen fertig sein,
Und ehe Wald und Bach erstarren,
Zieh' ich in meine Wohnung ein.
Da unter ihr die Meereswogen,
Von aller Völker Schiffen bunt,
Und dorther kommt der Strom gezogen
Zur Westjee aus dem Öresund.

So liegt, wenn ich im Frieden raste,
Bor meinen Augen noch das Feld,
Das mir, dem unruhvollen Gaste,
Die vor'ge Zeit entgegenhält;
Denn ich bin lang' zur See gefahren,
Und ohne Heimat, da und hier,
Sah ich in mehr als dreißig Jahren
Nur fremde Flaggen über mir.
Nun will ich erst als Normann hausen,
Zu lieber Erde heimgekehrt,
Genießend, was in Sturmes Brausen
Die Fremde meinem Fleiß gewährt.

"

2. Seitdem das Hoffen und Erwarten Mit meinem Bau zu Ende ging, Deucht mir im Hause und im Garten Doch meine Arbeit gar gering. Zu jung, um müßig dreinzuschauen, Zu alt für Sturm und Meeresnot, Laß ich zum andern Male bauen Ein schwimmend Haus, ein Segelboot. Das ist gemacht für Norwegs Küste, Genau gefügt von festem Holz; Es bleibt dem Seemann sein Gelüste, Es bleibt ihm auch der alte Stolz. Ja, wer es kauft, der soll es loben, Wer mit dem Boot zum Meere geht, Wenn es dem Steuermann die Proben Gelchrig und gewandt besteht. Doch, Schifflein, wer wird auf dir fahren? Wohl gar der Schalk, der Unverstand? Owär' ich noch in meinen Jahren, Du kämst in keine fremde Hand.

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