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189. Aus dem Nibelungenliede.

Das Nibelungenlied, überseßt von K. Simrod. Stuttgart 1872.

Bweites Abenteuer: Bon Siegfrieden. (S. 6.)

1. Da wuchs im Niederlande eines edeln Königs Kind, Siegmund hieß sein Vater, die Mutter Sieglind, In einer mächt'gen Feste, weithin wohlbekannt,

Unten am Rheine: Xanten war sie genannt.

2. Ich sag' euch von dem Degen, wie so schön er ward.
Er war vor allen Schanden immer wohl bewahrt.
Stark und hohes Namens ward bald der kühne Mann:
Hei! was er großer Ehren auf dieser Erde gewann!

3. Siegfried war geheißen der schnelle Degen gut.
Er erprobte viel' der Recken in hochbeherztem Mut.
Seine Stärke führt' ihn in manches fremde Land:
Hei! was er schneller Degen bei den Burgunden fand!

4. Bevor der fühne Degen voll erwuchs zum Mann,
Da hat er solche Wunder mit seiner Hand getan,
Davon man immer wieder singen mag und sagen;
Wir müssen viel verschweigen von ihm in heutigen Tagen.

5. In seinen besten Zeiten, bei seinen jungen Tagen Mochte man viel Wunder von Siegfrieden sagen,

Wie Ehr' an ihm erblühte und wie schön er war zu schau'n:
Drum dachten sein in Minne viel der weidlichen Frau'n.

6. Man erzog ihn mit dem Fleiße, wie ihm geziemend war;
Was ihm Zucht und Sitte der eigne Sinn gebar!
Das ward noch eine Zierde für seines Vaters Land,
Daß man zu allen Dingen ihn so recht herrlich befand.

7. Selten ohne Hüter man reiten ließ das Kind. Mit Kleidern hieß ihn zieren seine Mutter Siegelind; Auch pflegten sein die Weisen, denen Ehre war bekannt:

Drum mocht' er wohl gewinnen so die Leute wie das Land.
8. Er war nun so erwachsen, mit an den Hof zu gehn.
Die Leute sahn ihn gerne; viel Frau'n und Mädchen schön
Wünschten wohl, er käme dahin doch immerdar;
Hold waren ihm gar viele,

9. Nun war er in der

des ward der Degen wohl gewahr.
Stärke, daß er wohl Waffen trug:

Wes er dazu bedurfte, des gab man ihm genug.
Schon sann er zu werben um manches schöne Kind;
Die hätten wohl mit Ehren den schönen Siegfried geminnt.
10. Da ließ sein Vater Siegmund kundtun seinem Lehn,

Mit lieben Freunden woll' er ein Hofgelag begehn.
Da brachte man die Märe in andrer Kön'ge Land.
Den Heimischen und Gästen gab er Ross' und Gewand.

11. Wen man finden mochte, der nach der Eltern Art
Ritter werden sollte, die edeln Knappen zart
Lud man nach dem Lande zu der Lustbarkeit,

Wo fie das Schwert empfingen mit Siegfried zu gleicher Zeit.

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12. Man mochte Wunder sagen von dem Hofgelag.
Siegmund und Siegelind gewannen an dem Tag
Viel Ehre durch die Gaben, die spendet' ihre Hand:
Drum sah man viel' der Fremden zu ihnen reiten in das Land.
13. Vierhundert Schwertdegen sollten gekleidet sein
Mit dem jungen Könige. Manch schönes Mägdelein
Sah man am Werk geschäftig; ihm waren alle hold.
Biel' edle Steine legten die Frauen da in das Gold,

14. Die sie mit Borten wollten auf die Kleider nähn
Den jungen, stolzen Recken; das mußte so ergehn.
Der Wirt ließ Size bauen für manchen kühnen Mann
Zu der Sonnenwende, wo Siegfried Ritters Stand gewann.

15. Da ging zu einem Münster mancher reiche Knecht
Und viel der edlen Ritter. Die Alten taten recht,
Daß sie den Jungen dienten, wie ihnen war geschehn.
Sie hatten Kurzweile und freuten sich es zu sehn.

16. Als man da Gott zu Ehren eine Messe sang,
Da hub sich von den Leuten ein gewalt'ger Drang,
Da sie zu Rittern wurden dem Ritterbrauch gemäß
Mit also hohen Ehren, so leicht nicht wieder geschäh's.

17. Sie eilten, wo sie fanden geschirrter Rosse viel'.
Da ward in Siegmunds Hofe so groß das Ritterspiel,
Daß man ertojen hörte Pallas und Saal.

Die hochbeherzten Degen begannen fröhlichen Schall.

18. Von Alten und von Jungen mancher Stoß erklang,
Daß der Schäfte Brechen in die Lüfte drang.

Die Splitter sah man fliegen bis zum Saal hinan.
Die Kurzweile sahen die Frau'n und Männer mit an.

19. Der Wirt bat es zu lassen. Man zog die Rosse fort;
Wohl sah man auch zerbrochen viel' starke Schilde dort
Und viel der edlen Steine auf das Gras gefällt
Von des lichten Schildes Spangen:

die hatten Stöße zerschellt.
20. Da setten sich die Gäste, wohin man ihnen riet
Zu Tisch, wo von Ermüdung viel' edle Kost sie schied,
Und Wein der allerbeste, des man die Fülle trug.
Den Heimischen und Fremden bot man Ehren da genug.
21. Soviel sie Kurzweile gehabt den ganzen Tag,

Das fahrende Gesinde doch keiner Ruhe pflag:

Sie dienten um die Gabe, die man da reichlich fand;

Solch Lob ward zur Zierde König Siegmunds ganzem Land.

22. Da ließ der Fürst verleihen Siegfried, den jungen Mann,

Das Land und die Burgen, wie sonst er selbst getan.

Seinen Schwertgenossen gab er mit milder Hand:

So freute sie die Reise, die sie geführt in das Land.
23. Das Hofgelage währte bis an den siebten Tag.

Sieglind, die reiche, der alten Sitte pflag,

Daß sie dem Sohn zuliebe verteilte rotes Gold:

Sie fonnt' es wohl verdienen, daß ihm die Leute waren hold.

24. Da blieb zuletzt kein armer Fahrender mehr im Land, Ihnen stoben Kleider und Rosse von der Hand,

Als hätten sie zu leben nicht mehr denn einen Tag.
Man sah nie Ingesinde, das so großer Milde pflag.

25. Mit preiswerten Ehren zerging die Lustbarkeit.
Man hörte wohl die Reichen sagen nach der Zeit,
Daß sie dem Jungen gerne wären untertan;
Das begehrte nicht Siegfried, dieser tugendreiche Mann.

26. Solange sie noch lebten, Siegmund und Sieglind,
Wollte nicht Krone tragen der beiden liebes Kind;
Doch wollt er herrlich wenden alle die Gewalt,

Die in den Landen fürchtete der Degen kühn und wohlgestalt.
27. 3hn durfte niemand schelten; seit er die Waffen nahm,
Pflag er der Ruh' nur selten, der Recke lobesam.
Er suchte nur zu streiten, und seine starke Hand
Macht' ihn zu allen Zeiten in fremden Reichen wohlbekannt.

Sechzehntes Abenteuer: Wie Siegfried erschlagen ward. (S. 150.)
1. Gunther und Hagen, die Recken wohlgetan,
Berieten mit Untreuen ein Birschen in den Tann.
Mit ihren scharfen Spießen wollten sie jagen Schwein'
Und Bären und Wisente: was mochte Kühneres sein?
2. Da ritt auch mit ihnen Siegfried mit stolzem Sinn.
Man bracht' ihnen Speise aller Art dahin.

An einem fühlen Brunnen

ließ er da das Leben.

Den Rat hatte Brunhild, König Gunthers Weib, gegeben.

3. Da ging der kühne Degen hin, wo er Kriemhild fand.
Schon war aufgeladen das edle Birschgewand
Ihm und den Gefährten: sie wollten über Rhein.
Da konnte Kriemhilden nicht leider zumute sein.

"

4. Seine liebe Traute füßt' er auf den Mund:

Gett laffe mich dich, Liebe, noch wiedersehn gesund,

Und mich auch deine Augen; mit holden Freunden dein

Kürze dir die Stunden: ich kann nun nicht bei dir sein.“

5. Da gedachte sie der Märe, sie durft' es ihm nicht sagen,

Nach der sie Hagen fragte: da begann zu klagen

Die edle Königstochter, daß sie geboren ward:
Ohne Maßen weinte die wunderschöne Fraue zart.

6. Sie sprach zu dem Recken: „Laßt Euer Jagen sein; Mir träumte heunt von Leide, wie Euch zwei wilde Schwein' Über die Heide jagten: da wurden Blumen rot.

Daß ich so bitter weine, das tut mir armen Weibe not.
7.,,Wohl muß ich fürchten etlicher Verrat,

Wenn man den und jenen vielleicht beleidigt hat,
Die uns verfolgen könnten mit feindlichem Haß.
Bleibt hier, lieber Herre, mit Treuen rat' ich Euch das."

8. Er sprach:,,Liebe Traute, ich kehr' in kurzer Zeit;
Ich weiß nicht, daß hier jemand mir Haß trüg' oder Neid.
Alle deine Freunde sind insgemein mir hold;
Auch verdient' ich von den Degen

wohl nicht anderlei Sold."

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9.,,Ach nein, lieber Siegfried: wohl fürcht' ich deinen Fall. Mir träumte heunt von Leide, wie über dir zu Tal

Fielen zwei Berge, daß ich dich nie mehr sah:

Und willst du von mir scheiden, das geht mir inniglich nah'.“
10. Er umfing mit Armen das tugendreiche Weib,
Mit holden Küssen herzt' er ihr den schönen Leib.
Dann nahm er Urlaub und schied in kurzer Stund';
Sie ersah ihn leider darnach nicht wieder gesund.

11. Da ritten sie von dannen in einen tiefen Tann
Der Kurzweile willen; manch fühner Rittersmann
Ritt mit dem König; hinaus gesendet ward

Auch viel der edeln Speise, die sie brauchten zu der Fahrt.

12. Manch Saumroß zog beladen vor ihnen über Rhein,
Das den Jagdgesellen das Brot trug und den Wein,
Das Fleisch mit den Fischen und Vorrat aller Art,
Wie sie ein reicher König wohl haben mag auf der Fahrt.
13. Da ließ man herbergen bei dem Walde grün

Vor des Wildes Wechsel die stolzen Jäger kühn,

Wo sie da jagen wollten auf einem Werder breit,

Auch Siegfried war gekommen: des wurde Gunthern Bescheid.
14. Von den Jagdgesellen ward umhergestellt
Die Wart' an allen Enden; da sprach der kühne Held,
Siegfried, der starke:,,Wer soll uns in den Tann
Nach dem Wilde weisen, ihr Degen kühn und wohlgetan?“

"

15. Wir müssen uns scheiden", sprach Hagen alsbald,
,,Eh' wir beginnen zu jagen hier im Wald:

So mögen wir erkennen, ich und der Herre mein,
Wer die besten Jäger bei dieser Waldreise sei'n.

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17. Da sprach der edle Siegfried: Der Hunde hab' ich Rat Bis auf einen Bracken, der so genossen hat,

Daß er die Fährte spüre der Tiere durch den Tann.

Wir kommen wohl zum Sagen!" sprach der Kriemhilde Mann. 18. Da nahm ein alter Jäger einen Spürhund hinter sich Und brachte den Herren, eh' lange Zeit verstrich,

Wo sie viel Wildes fanden; was des erstöbert ward,

Das erjagten die Gesellen, wie heut' noch guter Jäger Art.

19. Was da der Brack ersprengte, das schlug mit seiner Hand

Siegfried, der fühne, der Held ans Niederland.

Sein Roß lief so geschwinde, daß ihm nicht viel entrann;
Das Leb er bei dem Sagen vor ihnen allen gewann.

20. Er war in allen Dingen mannhaft genug.

Das erste der Tiere, die er zu Tode schlug,

Ein gewaltig Wildschwein, das traf des Helden Hand;
Nicht lang darauf der Degen einen grimmen Leuen fand.

21. Als den der Hund ersprengte, schoß er ihn mit dem Bogen und dem scharfen Pfeile, den er darauf gezogen;

Der Leu lief nach dem Schusse nur dreier Sprünge lang.
Seine Jagdgesellen, die sagten Siegfrieden Dank.

22. Einen Wisent schlug er wieder darnach und einen Elk,
Vier starker Auer nieder und einen grimmen Schelk.
So schnell trug ihn die Mähre, daß ihm nichts entsprang:
Hinden und Hirsche wurden viele sein Fang.

23. Einen großen Eber trieb der Spürhund auf.

Als der flüchtig wurde, da kam in schnellem Lauf

Alles Jagens Meister und nahm zum Ziel ihn gleich;

Anlief das Schwein im Zorne diesen Helden tugendreich.

24. Da schlug es mit dem Schwerte der Kriemhilde Mann;
Das hätt ein andrer Jäger nicht so leicht getan.
Als es nun gefällt lag, fing man den Spürhund.
Seine reiche Beute wurde den Burgunden alle fund.

25. Da sprachen seine Jäger: ,,Kann es füglich sein,
So laßt uns, Herr Siegfried, des Wilds ein Teil gedeihn;
Ihr wollt uns heute leeren den Berg und auch den Tann."
Darob begann zu lächeln der Degen kühn und wohlgetan.

26. Da vernahm man allenthalben Lärmen und Getos.
Von Leuten und von Hunden ward der Schall so groß,
Man hörte widerhallen den Berg und auch den Tann.
Vierundzwanzig Meuten hatten die Jäger losgetan.

27. Da wurde viel des Wildes vom grimmen Tod ereilt.
Sie wähnten es zu fügen, daß ihnen zugeteilt
Der Preis des Jagens würde: das konnte nicht geschehn,
Als bei der Feuerstätte der starke Siegfried ward gesehn.

28. Die Jagd war zu Ende, doch noch nicht ganz und gar.

Zu der Feuerstelle brachte der Jäger Schar

Häute mancher Tiere und des Wilds genug.

Hei! was des zur Küche des Königs Ingesinde trug!

29. Da ließ der König fünden den Jägern wohlgebor'n,

Einmal gestoßen: so machten sie bekannt,

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Daß er zum 3mbiß wolle; da wurde laut ins Horn

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Daß man den edeln Fürsten nun bei den Herbergen fand.

30. Da sprach ein Jäger Siegfrieds: „Mit eines Hornes Schall

Ward uns kundgegeben, Herr, daß wir all'

Zur Herberge sollen; erwidr' ich's, das behagt."

Da ward nach den Gesellen mit Blasen lange gefragt.

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31. Da sprach der edle Siegfried: „Nun räumen wir den Wald“.

Sein Roß trug ihn eben; die andern folgten bald.

Sie ersprengten mit dem Schalle ein Waldtier fürchterlich,

Einen wilden Bären; da sprach der Degen hinter sich:

32. 3ch schaff' uns Jagdgesellen eine Kurzweil.

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Da seh' ich einen Bären; den Bracken löst vom Seil.
Zu den Herbergen soll mit uns der Bär:

Er kann uns nicht entrinnen, und flöh' er auch noch so sehr."

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