33. Da lösten sie den Bracken; der Bär sprang hindann. Da wollt ihn erreiten der Kriemhilde Mann. Er kam in eine Bergschlucht: da konnt' er ihm nicht bei; 34. Da sprang von seinem Rosse der stolze Ritter gut 35. Kraßen oder beißen konnt' es nicht den Mann; 36. Er ritt zur Herberge in welcher Herrlichkeit! 37. Von besserm Birschgewande hört' ich niemals sagen. 38. Ein Vlies von einem Panther war darauf gezogen Wer ihn spannen wollte, er hätt' es selbst denn getan. An dem fühnen Jägermeister schien mancher Flitter von Gold. 40 Auch führt er Balmungen, das breite, schmucke Schwert; Das war solcher Schärfe, nichts blieb unversehrt, Wenn man es schlug auf Helme: seine Schneiden waren gut. 41 Wenn ich euch der Märe ganz bescheiden soll, Mit goldenen Röhren, die Eisen händebreit. Was er traf mit Schießen, dem war das Ende nicht weit. Gunthers Leute sahen, wie er ritt heran. Sie liesen ihm entgegen und hielten ihm das Roß; 43. Als er vom Roß gestiegen, löst' er ihm das Band Vom Mund und von den Füßen; die Hunde gleich zur Hand Begannen laut zu heulen, als sie den Bären sahn. Das Tier zu Walde wollte, das erschreckte manchen Mann. 44. Der Bär in die Küche von dem Lärm geriet; 45. Da sprang von den Sißen Herr und Knecht zumal. 46. Mit Bogen und mit Spießen, man säumte sich nicht mehr, Liefen hin die Schnellen, wo da ging der Bär; Doch wollte niemand schießen, von Hunden war's zu voll. 47. Der Bär begann zu fliehen vor der Hunde Zahl; 48. Da sprachen, die es sahen, es wär' ein starker Mann. Die stolzen Jagdgesellen rief man zu Tisch' heran. Auf schönem Anger saßen der Helden ta genug. Hei! was man Ritterspeise vor die stolzen Jäger trug! 49. Die Schenken waren säumig, sie brachten nicht den Wein; So gut bewirtet mochten sonst Helden nimmer sein. Wären manche drunter nicht so falsch dabei, So wären wohl die Degen aller Schanden bloß und frei. 50. Des wurde da nicht inne der verratne kühne Mann, Daß man solche Tücke wider sein Leben spann. Er war in höf'schen Tugenden alles Truges bar; " Seines Todes mußt' entgelten, dem es nie ein Frommen war. 52. Ich möcht' es doch verdienen, bedächte man mich gut." 53. Da sprach von Tronje Hagen: „Lieber Herre mein, Ich wähnte, das Birschen sollte heute sein 15 20 25 30 Fern im Spechtsharte: den Wein hinsandt' ich dort. Hent' gibt es nichts zu trinken, doch vermeid' ich es hinfort." 85 54. Da sprach der edle Siegfried: „Ich weiß Euch wenig Dant: Man sollte sieben Säumer mit Met und Lautertrank Mir hergesendet haben; konnte das nicht sein, So sollte man uns näher gesiedelt haben dem Rhein." 55. Da sprach von Tronje Hagen: 40 Ihr edeln Ritter schnell, Ich weiß hier in der Nähe einen fühlen Quell: Der Rat war manchem Degen zu großem Leide geschehn. 45 57. Man hieß das Wild auf Wagen führen in das Land, Wer es auch sehen mochte, sprach großen Ruhm ihm nach. 58. Als sie von dannen wollten zu der Linde breit, 59. Da sprach von Niederlanden der Degen unverzagt: " 60. Wohl, laßt es uns versuchen", sprach Hagen der Degen. Als er das erhörte, wie lieb war König Gunthern das! 61. Da sprach der kühne Degen: „Noch mehr will ich euch sagen: Gewand und Gewaffen will ich bei mir tragen, Den Speer samt dem Schilde und all mein Birschgewand." Das Schwert und den Köcher um die Glieder schnell er band. 62. Die Kleider vom Leibe zogen jene da; In zwei weißen Hemden man beide stehen sah. Wie zwei wilde Panther liefen sie durch den Klee; Man sah bei dem Brunnen den schnellen Siegfried doch eh'. 63. Den Preis in allen Dingen vor manchem man ihm gab. 64. Die höf'sche Zucht erwies da Siegfried daran; Also hätt' auch gerne der kühne Siegfried getan 66. Da entgalt er seiner höf'schen Zucht; den Bozen und das Schwert Trug beiseite Hagen von dem Degen wert. Dann sprang er zurücke, wo den Speer er fand, Und sah nach einem Zeichen an des Kühnen Gewand. 67. Als der edle Siegfried aus dem Brunnen trant, 68. Den Speerschaft im Herzen ließ er ihm stecken tief. Wie im Fliehen Hagen da so grimmig lief, So lief er wohl auf Erden nie vor einem Mann! Als da Siegfried Kunde der schweren Wunde gewann, 69. Der Held in wildem Leben von dem Brunnen sprang; Ihm ragte von der Achsel eine Speerstange lang. Nun wähnt' er da zu finden Bogen oder Schwert, 70. Als der Todwunde da sein Schwert nicht fand, Da blieb ihm nichts weiter als der Schildesrand. Den rafft' er von den Brunnen und rannte Hag'nen an: 71. Wie wund er war zum Tode, so kräftig doch er schlug, Daß von dem Schilde nieder wirbelte genug Des edeln Gesteincs; der Schild zerbrach auch fast: 72. Da mußte Hagen straucheln von seiner Hand zu Tal; 73. Seine Farbe war erblichen; er konnte nicht mehr stehn. Seines Leibes Stärke mußte ganz zergehn, Da er des Todes Zeichen in lichter Farbe trug. Er ward hernach betrauert von schönen Frauen genug. 74. Da fiel in die Blumen der Kriemhilde Mann. 75. Da sprach der Todwunde: „Weh', ihr bösen Zagen, 76.,,Die sind davon bescholten, was ihrer auch geborn Mit Schanden geschieden sollt ihr von guten Necken sein." Wer Treue kannt' und Ehre, der hat ihn beklagt: 78. Der König der Burgunden klagt' auch seinen Tod. Da sprach der Todwunde: „Das tut nimmer not, 79. Da sprach der grimme Hagen: „3ch weiß nicht, was Euch reut. Nun hat doch gar ein Ende, was uns je gedräut. Es gibt nun nicht manchen, der uns darf bestehn; Wohl mir, daß seiner Herrschaft durch mich ein End' ist geschehn.“ 80. 3hr mögt Euch leichtlich rühmen", sprach der von Niederland. " Hätt' ich die mörderische Weis' an Euch erkannt, Vor Euch behütet hätt' ich Leben wohl und Leib. Mich dauert nichts auf Erden als Frau Kriemhild, mein Weib. 45 " 81. Nun mög' es Gott erbarmen, daß ich gewann den Sohn, Der fest auf alle Zeiten den Vorwurf hat davon, Daß seine Freunde jemand meuchlerisch erschlagen: Hätt' ich Zeit und Weile, das müßt' ich billig beklagen. 82.,,Wohl nimmer hat begangen so großen Mord ein Mann", Sprach er zu dem König,,,als 3hr an mir getan. Ich erhielt Euch unbescholten in großer Angst und Not; Ihr habt mir schlimm vergolten, daß ich so wohl es Euch bot." 83. Da sprach im Jammer weiter der todwunde Held: ,Wollt Ihr, edler König, noch auf dieser Welt An jemand Treue pflegen, so laßt befohlen sein Doch auf Eure Gnade Euch die liebe Traute mein. 84.,,Es tomm' ihr zugute, daß sie Eure Schwester ist: 85. Er frümmte sich in Schmerzen, wie ihm die Not gebot, " Hlaubt mir in rechten Treuen, daß Ihr Euch selber habt erschlagen.“ 86. Die Blumen allenthalben waren vom Blute naß. Da rang er mit dem Tode, nicht lange tat er das, Da mechte nicht mehr reden dieser Degen kühn und hehr. Daß es verhohlen bliebe, es sei von Hagen geschehn. 88. Da sprachen ihrer viele: Ein Unfall ist geschehn; Erschlugen ihn die Schächer, als er fuhr durch den Tann." 190. Aus „Hermann und Dorothea“. (1796.) Werke. Nach den vorzüglichsten Quellen revidierte Ausgabe. Berlin 1868. Tl. II, S. 68 (I. Gesang). Hab' ich den Markt und die Straßen doch nie so einsam gesehen! Ist doch die Stadt wie gekehrt! wie ausgestorben! Nicht fünfzig, Deucht mir, blieben zurück von allen unsern Bewohnern. Was die Neugier nicht tut! So rennt und läuft nun ein jeder, Bis zum Dammweg, welchen sie ziehn, ist's immer ein Stündchen, Und da läuft man hinab im heißen Staube des Mittags. Möcht' ich mich doch nicht rühren vom Plaz, um zu sehen das Elend Trefflich hast du gehandelt, o Frau, daß du milde den Sohn fort |