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mit der Epexegese: bei Tage, um den Gegensaz dieses WorBilde tes gegen das vorangehende ante diem hervorzuheben: „ Herz und Geist in den dem Schlaf abgebrochenen Nachtstunden aus (lucubrans), um in den zum Wachen geschaffenen Stunden (vigil) desto glücklicher zu sein."

Orelli verbindet die Ablative mit vigil nach Porphyrio: Si non propter philosophiam vigilaveris, propter invidiam vel amorem dormire non poteris. Allein von der unpassenden Hyperbel im Gedanken selbst abgesehen, wäre das auch ein Missbrauch von vigil statt insomnis; denn Tacitus unterscheidet Ann. I, 65 sehr scharf: insomnes magis quam pervigiles.

Unter invidia und amor verstehe ich jedoch nicht die speciellen Leidenschaften des Neids und der Verliebtheit, sondern die allgemeineren des Missmuths und der Begierde, unter welche sich sämmtliche Leidenschaften als Unterarten subsumiren lassen, ähnlich wie unter metus und spes, unter dolor und gaudium.

V. 44. Quaeritur argentum.

Troz Orelli's Verbot verstehe ich unter argentum nicht Geld, sondern Silbergeräth. Der Dichter warnt hier nicht blos vor der einen Leidenschaft, der Geldsucht, sondern vor drei Leidenschaften, die dem ruhigen Lebensgenuss Eintrag thun, vor der Prunksucht, der Geldgier und der Bauwuth. Erstens die Prachtliebe ist durch argentum angedeutet, zunächst Silbergeräth; diess schliesst aber zugleich alles in sich, was Ep. I, 6, 17 specificirt wird, argentum, marmor vetus aeraque et artes (denn eine Kunstsammlung war in des Römers und auch in Horazens Augen zunächst nur ein Luxus artikel) und cum gemmis Tyrios colores. Zweitens die Geldgier erscheint hier als Jagd nach einer reichen Heirath; beata uxor wie Ep. I, 6, 36. uxor cum dote und v. 21. dotales agri; denn beata ist hier der Hauptbegriff, dagegen pueris creandis ein entbehrlicher Zusaz, veranlasst durch eine Art Anacoluthon, indem der Dichter das allgemeinere mulier und nicht uxor wollte folgen lassen. Drittens mit incultae pacantur vomere silvae bezeichnet der Dichter jene geschäftige Unruhe der Grossen, durch die sie immer schaffen und umschaffen, bauen und einreissen, Meer in Land, und Land in Meer, Wald in Ackerland und wohl auch

umgekehrt, alles der Natur zum Troz verwandeln; was er Ep. I, 1, 83 ausführt. Dieser Trieb kräftigerer Naturen ist grundverschieden von jener eitlen Prunksucht und gemeinen Geldgier; er hat seinen Grund in dem Bedürfniss einer beständigen Thätigkeit und ist edlerer Art, aber er ist doch gleichfalls für jene Seelenruhe, die Horaz verlangt, nicht minder störend als die zwei andern Leidenschaften.

Diese Trias kehrt auch Vers 47 wieder: Non domus et fundus, non aeris acervus et auri; man muss nur aeris et auri nicht als distributive Umschreibung von pecunia ansehen. Mit aeris acervus deutet er eine grosse Sammlung von Erzbildern, aerum Corinthiorum, an, und so entspricht es dem obigen argentum, wie domus et fundus den pacatis vomere silvis, und auri acervus der Mitgift der beata uxor. Der Singular aes ist so collectiv wie in argentum und stellt absichtlich die Vielheit der Statuen als eine blose formlose Masse von Metall dar.

V. 46. Quod satis est cui contigerit, nihil amplius optet.

Die Ausgaben haben sämtlich contingit; aber da die Handschriften zwischen contingit, contigit, contigit hic, contigit is schwanken, so darf man das für das wahre halten, was den Gesezen der Grammatik und zugleich dem Versbau am angemessensten ist: cui contigerit. Denn ein Tempus perfectum (wie es das Futurum exactum ist) verlangt der Sinn; schwerlich aber wird sich contingit in Perfectbe deutung nachweisen lassen.

V. 52. Ut lippum pictae tabulae, fomenta podagram.

Da fomenta mit tabulae und citharae mit blosen Vergnügungen coordinirt ist, so kann hier damit unmöglich ein Heilmittel, wärmende Ueberschläge für einen Podagristen, gemeint. sein. Es ist vielmehr in erotischem Sinn zu fassen; wie in Virg. Aen. VIII, 388. Fovet cunctantem amplexu molli. Wie Horaz Ep. I, 3, 25 die leidenschaftlichen Triebe überhaupt fomenta nennt, so ist es hier eine ähnlich modeste Bezeichnung wie irritamenta libidinum in Tac. Ann. I, 88. Ein launiger Schiffscapitän pflegte seine von der Seekrankheit gequälten Passagiere zu fragen: „, will you a beautifull girl?“ Podagram ist als Masculinum zu fassen, und dient dazu, die Lesart avg rodάyons bei Pollux IV, 189 gegen W. Dindorfs

Aenderung in das gewöhnlichere ποδαγρός oder ποδαλγής zu

schüzen.

V. 60. Infectum volet esse, dolor quod suaserit et mens.

Die Interpunction dieser ganzen Stelle habe ich dreifach geändert; habe ein Punctum statt des Comma nach et mens; ein Comma nach ira statt des Punctum nach inulto; ein Punctum statt des Colon nach brevis est gesezt. So schliesst der erste Gedanke mit et mens ab, ohne dass noch etwas zu seiner Vollständigkeit oder Deutlichkeit vermisst wird. So bilden zweitens die Worte, welche bisher mens zum Subject hatten und dem vorigen Saz fast nachhinkten: dum poenas odio per vim festinat inulto ira, vielmehr den Vordersaz von furor brevis est, mit dem gemeinschaftlichen Subject ira; wodurch der Gedanke wesentlich modificirt wird; denn nun heisst nicht der Zorn überhaupt und unter allen Umständen verdammlich (es gibt ja auch einen edlen sittlichen Zorn, mit dem besondern Namen indignatio), sondern nur dann, wenn er aus unbefriedigtem Hass hervorgeht und zur rohen Gewalt greift; nur in diesem Fall ist er Wahnsinn, und von dem förmlichen Wahnsinn nur durch seine kürzere Dauer verschieden. So gehört endlich die Ermahnung: animum rege! und compesce catena! nicht ausschliesslich zu der nächst vorhergehenden Warnung vor dem Zorn, sondern schliesst die ganze Diatribe über die Leidenschaften: Wollust, Habsucht, Neid und Zorn als Paränesis ab, welche der Dichter, wenn er bequem gekonnt hätte, vielleicht gern durch denique angeschlossen haben würde. Denn jene Leidenschaften stammen sämtlich aus dem animus, dem ungezügelten natürlichen Trieb, den Gelüsten, der Laune, und sind gebändigt, sobald die Laune der Vernunft zu gehorchen gewöhnt wird. So häufig dieser Gedanke: animus nisi paret imperat vorkommen mag, so erinnert seine Fassung doch speciell an den Anfang von Cäsars Rede in Sallusts Catilina:,,Ubi intenderis ingenium, valet; si lubido possidet, ea dominatur, animus nihil valet." Dabei ist jedoch der verschiedene, fast entgegengesezte Gebrauch von animus bemerkenswerth. Sallusts animus bedeutet die Willenskraft im Dienste jener Vernunft, welche die Leidenschaft beherrscht, synonym mit ratio, mithin im Gegensaz von libido; Horazens animus dagegen bedeutet das natürliche Gefühl

und die Leidenschaft, welche dem wahren Ich, der Vernunft und dem Geist, nur unterthan sein soll, aber oft nicht ist, also synonym mit libido, und im Gegensaz von ratio. Vgl. zu Ep. I, 14, 14.

V. 68. Pectore verba puer, nunc le melioribus offer.

Wer hier puer als Vocativ nimmt, bedenkt nicht genug, dass es nicht einerlei ist, ob man gelegentlich als puer bezeichnet, oder als puer ausdrücklich angeredet wird. Schwerlich hörte sich ein junger Mann von etwa zwanzig Jahren, wie ich mir den Lollius denke, gern puer nennen.

EPISTOLA III.

V. 10. Pindarici fontis qui non expalluit haustus.

Aus diesen Worten folgt mit nichten das, was man annimmt dass Titius aus Pindar bereits geschöpft und ihn nachgebildet, sondern nur dass er aus ihm getrunken und ihn gelesen hatte. Denn schon die blosse Lecture Pindars war sicherlich eine Seltenheit in Rom, und galt bei den Dunkelheiten und Schwierigkeiten dieses Dichters als ein kühnes Unternehmen, während sich die meisten Freunde griechischer Poesie an die leichtverständlichen Epiker und Elegiker, rivos apertos, halten mochten. Dass Titius damals höchstens erst daran dachte, den Pindar auch nachzubilden, geht aus der folgenden Doppelfrage hervor: Fidibusne Latinis Thebanos aptare modos studet, an tragica desaevit in arte?

V. 14. An tragica desaevit et ampullatur in arte?

Wie ampullatur auf die Form der Tragödie, auf ihre pathetische hochtrabende Sprache, so bezieht sich desaevit auf ihren meist blutigen Stoff, schauderhaftes Unglück und Mordgeschichten. Einen Dichter, der an grausigen Darstellungen Freude findet und seine eigenen Geschöpfe, die tragischen Personen, also wüthen lässt, nennt Horaz scherzhaft selbst einen Wütherich.

u. a.

V. 26. Frigida curarum fomenta relinquere posses.

Hiemit bezeichnet Horaz den Ehrgeiz, der nach Ehrenstellen und politischem Einfluss strebt und dem sein junger Freund entsagen soll. Das Oxymoron, durch das der Dichter. den Ehrgeiz umschreibt, lässt sich in curas frigidas easdemque foventes auflösen; Interessen, welche der Seele, wie jede Leidenschaft, warm machen oder für sie erhizen, aber im Unterschied von den edleren Leidenschaften, der Liebe, der Poesie zugleich ein frostiges Ziel verfolgen, bei welchem niemand im guten Sinn warm wird, und welche dieselbe Seele zugleich kalt lassen, weil aller Ehrgeiz egoistischer Natur ist, immer berechnen muss und nach Horazens Lebensansichten und - erfahrungen sogar mit beständigen Intriguen zu thun hat. So ist das politische Streben keine stille Friedenskunst wie die Beredsamkeit, die Rechtskunde, die Poesie, in denen Florus bereits Meister, und durch deren Ausübung er auf dem Wege zur sapientia, der philosophischen Seelenruhe, war; jezt aber drohte sein Anschluss an den diplomatischen und militärischen Feldzug des Thronfolgers ihn in das rein weltliche Treiben zurückzuwerfen.

Demnach ist coelestis kein ästhetisches Epitheton der sapientia, sondern ein logisches, und bezeichnet die Himmelsweisheit im Gegensaz der Weisheit des Welt- und Staatsmannes, ganz wie in Tac. Agr. 4. Vgl. zu Ep. I, 1, 50.

V. 28. Hoc opus, hoc studium parvi properemus et ampli. Allgemein wird opus als ein mit studium coordinirtes Nomen gefasst. In diesem Fall ist opus wie VI, 48 die objective Aufgabe eines höheren Interesses, und studium die subjective Liebe zu dieser Aufgabe, und lässt sich beides als v dia Svoiv ansehn. Ich wüsste nichts gegen diese Erklärung einzuwenden, aber eben so wenig Anstoss darf es finden, wenn meine Uebersezung Hoc opus als eigenen Saz genommen hat, wie hac re opus est. Die Copula kann so gut fehlen wie in Virg. Aen. VI, 260. Nunc animis opus, Aenea, nunc pectore firmo. Tibull. I, 7, 39. Quid tenera tibi coniuge opus? und bei zoɛov, déov. In diesem Fall bezieht sich das erstere substantivische hoc auf die Pflicht, dem Ehrgeiz zu entsagen, und hoc studium auf die Liebe zur sapientia.

δέον.

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